Urteil des OLG Zweibrücken vom 10.09.2002

OLG Zweibrücken: hauptsache, vergütung, gebühr, eltern, ermessen, mittelwert, einzelrichter, quelle, prozess, jugendamt

OLG
Zweibrücken
10.09.2002
6 WF 105/02
Aktenzeichen:
6 WF 105/02
1 F 477/01
Amtsgericht Germersheim
Pfälzisches Oberlandesgericht
Zweibrücken
Beschluss
In der Familiensache
wegen Änderung der Regelung des Umgangs des nicht sorgeberechtigten Elternteils und Regelung des
Umgangs der Großeltern mit dem Kind
M... K...
an der beteiligt sind:
1. die Mutter M...
K...
Antragsgegnerin,
Verfahrensbevollmächtigte, Antragsteller und
Beschwerdeführer:
Rechtsanwälte ..., ..., ...,
2. der Vater M...
K...
Antragsteller,
3. a) der Großvater W...
K...
b) die Großmutter G...
K...
Antragsteller,
Verfahrensbevollmächtigte zu 2. und 3.:
Rechtsanwälte ..., ..., ...,
4. das Jugendamt des Landkreises ..., ..., ...,
zu Az.: ...,
hier: Kostenfestsetzung gemäß § 123 ff. BRAGO,
hat der 6. Zivilsenat – Familiensenat – des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken
durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Morgenroth und die Richterinnen am
Oberlandesgericht Euskirchen und Schlachter
auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 6./8. August 2002
gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 15. Juli 2002
ohne mündliche Verhandlung am 10. September 2002
beschlossen:
I. Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss geändert:
Die den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aus der Staatskasse zu
zahlende Vergütung wird gemäß § 123 BRAGO auf 498,20 € festgesetzt.
II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Beschwerdeführer wurden der Antragsgegnerin durch Beschluss des Amtsgerichts ‑
Familiengericht – Germersheim vom 21. Januar 2002 für das Verfahren erster Instanz, welches die
Antragsteller mit Schriftsatz vom 14. November 2001 eingeleitet hatten, beigeordnet. Das Verfahren ist in
der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2001 durch eine Umgangsvereinbarung, welche vom
Familiengericht bestätigt wurde, beendet worden. Über einen Antrag der Antragsteller vom 14. November
2001 auf Erlass einer vorläufigen Anordnung wurde nicht entschieden. Der Gegenstandswert wurde durch
Beschluss des Familiengerichts vom 3. Dezember 2001 auf 5.000,-- DM für die Hauptsache und 1.000,--
DM für das Verfahren der vorläufigen Anordnung festgesetzt.
Mit Antrag vom 14. Februar 2002 haben die Beschwerdeführer die Festsetzung ihrer Vergütung in Höhe
von 583,31 € begehrt. Der Urkundsbeamte hat mit Beschluss vom 5. März 2002, welcher auf Erinnerung
der Beschwerdeführer vom Familiengericht mit Beschluss vom 15. Juli 2002 bestätigt worden ist, die
Vergütung auf 403,31 €, entsprechend je einer 5/10-Prozess- und ‑Verhandlungsgebühr und einer 10/10-
Vergleichsgebühr aus einem Streitwert von 5.000,00 DM nach altem Gebührenrecht zuzüglich 40,00 DM
Auslagenpauschale und 16% Mehrwertsteuer, festgesetzt.
Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihrem Rechtsmittel, mit dem sie Festsetzung
entsprechend ihrem ursprünglichen Antrag erstreben.
I.
Das Rechtsmittel ist gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 BRAGO statthaft. Auf das Beschwerdeverfahren finden
gemäß den §§ 128 Abs. 1 Satz 2, 10 Abs. 3 Satz 4 BRAGO die für die Beschwerde in der Hauptsache
geltenden Verfahrensvorschriften Anwendung.
Die Hauptsache ist vorliegend ein selbständiges Verfahren zur Änderung einer Regelung des
Umgangsrechts bzw. zur Regelung des Umgangsrechts gemäß § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, für welches
gemäß § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit (FGG) anzuwenden sind. Über die Beschwerde hat das Oberlandesgericht gemäß § 64
Abs. 3 Satz 1 FGG zu entscheiden. Eine Verweisung auf § 568 ZPO, dass das Beschwerdegericht durch
eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zu entscheiden habe, besteht nicht.
II.
Das Rechtsmittel führt in der Sache teilweise zum Erfolg. Den Beschwerdeführern steht gemäß § 123
BRAGO eine aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung in Höhe von € zu.
1. Auszugehen ist von dem vom Familiengericht auf 5.000,00 DM festgesetzten Streitwert. Ein Streitwert
für die vorläufige Anordnung ist nicht anzusetzen. Bis zum 1. Januar 2002 handelte es sich bei einer
vorläufigen Anordnung innerhalb einer isolierten Familiensache gebührenrechtlich um einen
unselbständigen Zwischenstreit im Sinne des § 37 Nr. 7 BRAGO, für den keine Gebühren anfallen.
Vielmehr ist die Tätigkeit insoweit mit den Gebühren in der Hauptsache abgegolten (Senat, Beschluss
vom 22. August 2001, Az.: 6 WF 35/01).
2. Die Höhe der Gebühr ergibt sich aus § 118 BRAGO, nicht § 31 BRAGO. Danach stehen dem
Rechtsanwalt 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr zu für das Betreiben des Geschäfts (Verfahrensgebühr)
und die Mitwirkung bei der mündlichen Verhandlung (Verhandlungs-/Erörterungsgebühr), wobei sich
gemäß § 12 BRAGO die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der
Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der
Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen des Anwalts richtet.
Dabei ist in der Praxis im Normalfall von dem Mittelwert der einschlägigen Rahmengebühr, also 7,5/10,
auszugehen, während der Mindestwert nur bei einem mindestbemittelten Auftraggeber und nur dann in
Betracht kommt, wenn die Sache gleichzeitig einfach liegt und keine Schwierigkeiten bereitet (Hartmann,
Kostengesetze, 28. Aufl., §12 BRAGO Rdn. 13, 17). In Anbetracht des Umstandes, dass vorliegend die
Antragsgegnerin sich gegen die Geltendmachung des Umgangsrechts durch den Vater des Kindes und
die Großeltern des Kindes zu verteidigen hatte und die rechtliche Wertung, ob alleine durch die Vorlage
der ärztlichen Bescheinigung des Epilepsiezentrums Kork vom 13. März 2001 die Voraussetzungen für
eine Änderung der mit dem Vater bereits früher getroffenen Umgangsrechtsvereinbarung vorgelegen
haben, erscheint die Annahme der Mittelgebühr von 7,5/10 durch die Beschwerdeführer nicht unbillig.
Für die 10/10-Vergleichsgebühr gilt § 23 BRAGO.
Danach errechnen sich die Gebühren bei Anwendung der vor dem 1. Januar 2002 geltenden
Gebührentabelle auf 2 x 240,00 DM + 320,00 DM = 800,00 DM.
3. Als Auslagen können gemäß § 26 Satz 2 BRAGO höchstens 40,00 DM festgesetzt werden. Die
Voraussetzungen für die Geltendmachung von Auslagen für Fotokopien gemäß § 27 Abs. 1 Ziff. 1. bis 3.
BRAGO sind nicht dargetan.
Einschließlich der Mehrwertsteuer beläuft sich der Vergütungsanspruch der Beschwerdeführer somit auf
974,40 DM, das sind 498,20 €.
Die weitergehende Beschwerde ist unbegründet.
Die Festsetzung eines Beschwerdewertes erübrigt sich im Hinblick auf § 128 Abs. 5 BRAGO.
Morgenroth Euskirchen Schlachter