Urteil des OLG Zweibrücken vom 26.04.1999

OLG Zweibrücken: elterliche sorge, eltern, trennung, jugendamt, persönlichkeit, kauf, verantwortlichkeit, quelle, lebenserfahrung, verbal

OLG
Zweibrücken
26.04.1999
5 UF 8/99
5 UF 8/99
3 F 291/94
AmtsG –FamG- Pirmasens
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken
Beschluß
In der Familiensache
betreffend die Regelung der elterlichen Sorge für die minderjährigen Kinder
B...
M...
J.
M.
an der weiter beteiligt sind:
1. der Vater der Kinder, R... K...
M...,
Antragsgegner und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., ...,
2. die Mutter der Kinder, I...
M...
Antragstellerin und Beschwerdegegnerin,
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., ...,
3. das
Jugendamt des Landkreises S...,
hat der 5. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken als Familiensenat durch den
Vizepräsidenten des OLG Dr. Mörsch sowie die Richter am Oberlandesgericht Hoffmann und Weisbrodt
ohne mündliche Verhandlung am 26. April 1999
beschlossen:
Dem Antragsgegner wird die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe zur Durchführung der befristeten
Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgericht -Familiengericht- Pirmasens vom 16. Dezember 1998
versagt.
Gründe:
I.
Die Parteien waren seit 15. September 1988 miteinander verheiratet. Seit November 1994 leben sie
getrennt. Zur Trennung kam es, als der Antragsgegner unvermutet zu einem Zeitpunkt nach Hause kam,
als die Antragstellerin Männerbesuch hatte. Der Antragsgegner will die Antragstellerin, die dies bestreitet,
bei dieser Gelegenheit beim Geschlechtsverkehr mit diesem Mann gesehen haben.
Der Antragsgegner ist arbeitslos. Die Antragsgegnerin geht nur aushilfsweise einer Erwerbstätigkeit nach.
Die Kinder leben seit der Trennung bei der Antragstellerin. Der Antragsgegner übt bisher ein
wöchentliches Umgangsrecht aus.
Beide Elternteile haben beantragt, jeweils ihm die elterliche Sorge für beide Kinder allein zu übertragen.
Hilfsweise begehrt der Antragsgegner wenigstens das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei im übrigen
gemeinsamer elterlicher Sorge.
Im Wege einstweiliger Anordnung vom 27. November 1997 hat das Familiengericht die (gesamte)
elterliche Sorge auf die Antragstellerin übertragen.
Das Amtsgericht -Familiengericht- Pirmasens hat Sachverständigenbeweis erhoben, das Jugendamt, die
Kinder und die Eltern angehört und sodann durch Beschluß vom 16. Dezember 1998 die elterliche Sorge
für beide Kinder der Antragstellerin allein übertragen. Zwischen den Eltern bestehe ein so hohes
Konfliktpotential, daß die elterliche Sorge auch nicht in Teilen von beiden gemeinsam ausgeübt werden
könne. Beide Eltern seien grundsätzlich gleichermaßen geeignet für die Kinder, die zu beiden enge
Bindung hätten, zu sorgen. Abgesehen von der zu wahrenden Kontinuität biete aber die Antragstellerin
besser die Gewähr, daß der Kontakt zu beiden Elternteilen aufrechterhalten bleibe. Die Mutter trage trotz
der gegen sie vom Antragsgegner auch den Kindern gegenüber erhobenen Vorwürfe ein umfangreiches
Umgangsrecht mit, das der Antragsgegner seinerseits nur in wesentlich verringertem Umfang einräumen
würde. Im Gegensatz zum Antragsgegner, der den Kindern ein negatives Bild von der Mutter vermittle, das
sich bezüglich deren Sorge um die Kinder als haltlos erwiesen habe, wolle sie den elterlichen Konflikt von
den Kindern abhalten. Die Kinder seien dadurch in einen (schweren) Loyalitätskonflikt gebracht worden.
Demgegenüber lasse die von der Antragstellerin gezeigte Einstellung erwarten, daß diese den
Elternkonflikt nicht über die Kinder zu bewältigen suche. Der von den Kindern, insbesondere dem älteren
Kind, verbal verlautbarte Wille, beruhe nicht auf einer eigenständigen Beurteilung, sondern sei Ausdruck
des Loyalitätskonflikts, der im Sinne einer Idealisierung des Vaters entschieden werde, der in einer
benachteiligten Rolle gesehen wird, weil er von der Mutter verlassen worden sei. Auf diesen Beschluß
und das Sachverständigengutachten wird Bezug genommen.
Gegen diesen ihm von Amts wegen am 29. Dezember 1998 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller
am 21. Januar 1999 die befristete Beschwerde eingelegt und sein Rechtsmittel am 22. März 1999
innerhalb gewährter Fristverlängerung begründet. Er will das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein und die
elterliche Sorge im übrigen gemeinsam mit der Antragstellerin ausüben.
Der Antragsgegner rügt:
Er sei für die Kinder genauso Bezugsperson wie die Antragstellerin. Sein Umfeld sei diesen nicht zuletzt
durch das seit der Trennung ausgiebig wahrgenommene Umgangsrecht vertraut. Er lebe in geordneten
Verhältnissen, während die Antragstellerin Partnerschaftsprobleme habe. Die Kinder könnten die
Situation zweier Väter nicht verkraften.
Der Antragsgegner bittet für dieses Beschwerdebegehren um Bewilligung der Prozeßkostenhilfe,
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokolle und die anderen
Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die befristete Beschwerde ist zulässig. Sie hat aber aus den nach sorgfältiger Aufklärung des
Sachverhalts gewonnenen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, denen sich der Senat
anschließen kann, ohne die Beteiligten erneut anzuhören, keine Erfolgsaussicht.
Am angefochtenen Beschluß ist nur noch hervorzuheben:
Es entspricht dem Wohl der Kinder am besten, die elterliche Sorge der Mutter allein zu übertragen, § 1671
Abs. 2 Nr. 2 BGB. Gemäß § 17 SGB VIII (KJHG) gewährte Beratungen haben beim Antragsgegner auch
noch keine Bereitschaft geschaffen, mit der Antragstellerin gedeihlich zum Wohle der Kinder
zusammenzuwirken.
Die fehlende Konsensfähigkeit der Eltern, die das Familiengericht, gestützt durch sorgfältig ermittelte
sachverständige Feststellungen und Bewertungen, festgestellt hat, beruht ausschließlich oder wenigstens
ganz überwiegend auf aus der zerbrochenen Partnerschaft herrührenden Konflikten. Auch aus solchen
Umständen kann sich die Unfähigkeit zu gemeinsamem Handeln dokumentieren (Senat NJW 1998, 3786
= FamRZ 1999, 40).
Dem Antragsgegner mag es, soweit es um die Betroffenheit in seiner eigenen Persönlichkeit geht,
nachgesehen werden können, daß er aus – deren Richtigkeit unterstellt, teils von der Antragstellerin auch
eingeräumt – nachvollziehbaren Gründe, das Scheitern der ehelichen Partnerschaft der Antragstellerin
anlastet und das Zerbrechen der Ehe auch nach jahrelanger Trennung nicht überwunden hat. Daß er den
Kindern gegenüber aber ein Verhalten an den Tag legt, das diese zwangsläufig einem inneren – teils
auch äußeren – Konflikt mit der Person der Mutter aussetzt, schließt es derzeit aus, ihn an der
gemeinsamen elterlichen Sorge zu beteiligen. Wenn es im Interesse der Kinder weiterhin möglich bleiben
soll, daß diese in bestmöglicher Weise Umgang mit beiden Elternteilen haben sollen, bedarf es einer
Stärkung der Verantwortlichkeit der Antragstellerin, um Einflüsse, die der Antragsgegner beiden Kindern
gegenüber ausübt und die auf Dauer deren Wohl abträglich werden können, kompensieren zu können.
Das geschieht derzeit nicht zuletzt auch in der Weise, daß die Antragstellerin, um den Umgang der Kinder
mit dem Antragsteller aufrechtzuerhalten, persönliche Mißachtung in Kauf nimmt, ihrerseits dies den
Kindern gegenüber nicht gegen den Antragsgegner gebraucht.
Im vorliegenden Fall kommt ein Umstand zum Tragen, der der Lebenserfahrung entspricht, von einem
persönlich Betroffenen jedoch nicht leicht akzepiert werden kann. Die Kinder orientieren sich in der
Beziehung zur Mutter nicht an deren Lebenswandel, mag er auch mit mancherlei Wertmaßstäben nicht
harmonieren. Die Kinder, die sich von der Mutter umsorgt und verstanden fühlen, sehen deren
Persönlichkeit mit anderen Augen. Will der Antragsgegner im wohlverstandenen Interesse seiner Kinder
handeln, muß er auch Verständnis für deren Blick haben. Das gelingt ihm bisher nicht, weil er nur eine
eigene persönliche Enttäuschung verarbeiten will (vgl. Sachverständigengutachten S. 31). Dieses
regressive Verhalten ist aber derzeit noch keine Basis für eine gemeinsame Sorge.
Nebenentscheidungen sind nicht veranlaßt, § 127 Abs. 4 ZPO.
Mörsch Hoffmann Weisbrodt