Urteil des OLG Stuttgart vom 28.07.2014

OLG Stuttgart: liechtenstein, anschlussberufung, prozesskostensicherheit, ausländisches urteil, wirtschaftliche identität, gegenseitigkeit, erblasser, bedingung, bindungswirkung, leistungsklage

OLG Stuttgart Urteil vom 28.7.2014, 5 U 146/12
Leitsätze
1. Urteile des Fürstentums Liechtenstein sind, da die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, nicht
anerkennungsfähig, § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.
Allein auf Grund der Tatsache der Existenz eines Liechtensteinischen Titels kann eine
entsprechende Verurteilung in Deutschland daher nicht erfolgen.
Es bedarf vielmehr einer selbständigen Überprüfung des Sachverhalts und einer eigenständigen
Entscheidung, ggfs. auch auf der Basis des Liechtensteinischen Rechts.
2. Die Umstellung einer zunächst nur auf die Existenz des Liechtensteinischen Titels gestützten
Klage auf den dahinter stehenden Streitgegenstand stellt eine Klagänderung dar, die in der
Berufung nur unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO zulässig ist.
Rechtskräftig
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart
vom 26.7.2012 - Geschäftsnummer 10 O 92/12 - abgeändert und insgesamt gefasst wie folgt:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert in beiden Instanzen: Bis 22.000 Euro.
Gründe
I.
1 Die Klägerin verlangt vom Beklagten als Nachlassverwalter nach ihrem verstorbenen
Ehemann Prozesskosten aus einer Reihe von gerichtlichen Verfahren, die sie gegen ihren
damals noch lebenden, im Jahr 2011 verstorbenen Ehemann in Liechtenstein geführt und
jeweils gewonnen hat; Liechtenstein war der letzte gemeinsame Wohnsitz der Eheleute.
2 Die Klägerin legt dazu liechtensteinische Kostentitel über einen Betrag von insgesamt
21.869,36 Euro vor. Bei den Verfahren, die den geltend gemachten Kosten und
Kostentiteln zugrundeliegen, handelt es sich um ein Verfahren wegen (Trennungs-
)Unterhalts, ein vom Erblasser gegen die Klägerin geführtes Verfahren wegen
Herausgabe eines in ihrem Besitz befindlichen PKW, ein Verfahren zur Abgabe des
Offenbarungseides durch den Erblasser, sowie Kosten diverser Vollstreckungsversuche
gegen den Erblasser aus den erstrittenen Titeln in Liechtenstein. Da Verfahren teils über
mehrere Instanzen geführt wurden, liegen teils mehrere Kostentitel zum selben
Verfahrensgegenstand vor.
3 Der Erblasser ist verstorben, während in Liechtenstein ein Scheidungsverfahren zwischen
den Eheleuten anhängig war. In der Folge haben die Klägerin und Verwandte des
Erblassers sowohl in Liechtenstein, als auch in Deutschland gerichtlich darum gestritten,
wer den Erblasser beerbt habe. Dabei war die Klägerin der Auffassung, dass sie auf
Grundlage eines vor der gemeinsamen Auswanderung aus Deutschland mit ihrem Mann
geschlossenen Ehe- und Erbvertrags Alleinerbin sei. Dem sind die liechtensteinischen
Gerichte unter Anwendung liechtensteinischen Erbrechts gefolgt; das Fürstliche
Landgericht in Vaduz hat daher das in Liechtenstein belegene bewegliche und
unbewegliche Vermögen des Ehemanns, sowie das bewegliche Vermögen des
Ehemanns im Ausland, „auf welches das fürstliche Landgericht Zugriff hat“, der Klägerin
eingeantwortet (Beschluss des Fürstlichen Landgerichts Vaduz v. 27.12.2012, in Kopie Bl.
183 d. A.). Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Hamm insbesondere aufgrund
Anwendung von § 2077 Abs. 1 BGB zwischenzeitlich - nach Erlass des angefochtenen
Urteils im hiesigen Verfahren - für das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen
rechtskräftig entschieden, dass die Klägerin nicht Erbin geworden sei (OLG Hamm, Urteil
vom 4.7.2013 – 10 U 122/12 –, juris).
4 Näher zum Hintergrund der in Liechtenstein geführten Verfahren hat die Klägerin in erster
Instanz nicht vorgetragen. Sie hat sich vielmehr auf die Vorlage des jeweiligen Tenors der
fraglichen Entscheidungen beschränkt, aus denen sich die Verurteilung bzw. Verpflichtung
des Erblassers zur Tragung der im vorliegenden Verfahren eingeklagten Kosten ergibt.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte auf Grundlage der liechtensteinischen
Titel ohne Weiteres gleichlautend zu verurteilen sei.
5 Im Hinblick darauf, dass die Klägerin weiterhin ihren Wohnsitz in Liechtenstein hat, hat der
Beklagte in erster Instanz die Einrede des § 110 ZPO erhoben.
6 Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
7 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
8 Die Klage sei zulässig, insbesondere fehle der erhobenen Leistungsklage das
Rechtsschutzbedürfnis auch bei anerkennungsfähigen ausländischen Titeln nicht und
auch dann nicht, wenn statt eines Sachurteils auch ein Vollstreckungsurteil erwirkt werden
könnte. Im Fall vorliegender ausländischer Entscheidungen bestehe dann
Bindungswirkung, mit der Folge, dass nur ein mit den ausländischen Titeln
übereinstimmendes Urteil möglich und dementsprechend vorliegend die Klage begründet
sei. Soweit zum Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung das Verfahren um die
Erbenstellung der Klägerin in Deutschland noch nicht rechtskräftig entschieden war, hat
das Landgericht angenommen, dass der Streit um die Erbenstellung für seine
Entscheidung nicht vorgreiflich sei.
9 Auf die vom Beklagten erhobene Einrede des § 110 ZPO hat das Landgericht im
ansonsten zusprechenden Urteil und ohne der Klägerin eine Frist hierfür zu setzen,
ausgesprochen, dass die Klägerin dem Beklagten Prozesskostensicherheit i. H. v. 5.000
Euro zu leisten habe.
10 Mit seiner Berufung möchte der Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage
erreichen. Er verweist darauf, dass Liechtenstein weder Mitglied der EU ist, noch
staatsvertragliche Regelungen mit Liechtenstein über die Anerkennung und Vollstreckung
von Urteilen bestehen. Da außerdem im Verhältnis zu Liechtenstein die Gegenseitigkeit
nicht verbürgt sei, könnten gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die liechtensteinischen
Entscheidungen auch nicht nach § 328 ZPO anerkannt werden. Es sei daher gerade nicht
richtig, dass nur ein mit den liechtensteinischen Titeln übereinstimmendes Sachurteil
ergehen könne.
11 Soweit im Zeitpunkt der Berufungseinlegung das in Deutschland um die Erbenstellung der
Klägerin geführte Verfahren noch nicht rechtskräftig entschieden war, hat der Beklagte
außerdem gemeint, die Klage sei bereits unschlüssig, da auf Grundlage der von der
Klägerin in jenem Verfahren vertretenen Auffassung, wonach sie Alleinerbin sei,
Konfusion eingetreten sein würde.
12 Der Beklagte beantragt:
13 Unter Abänderung des am 26.07.2012 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, AZ
10 O 92/12 wird die Klage abgewiesen.
14 Die Klägerin beantragt,
15 die Berufung zurückzuweisen.
16 Sie hat zunächst im Wesentlichen das landgerichtliche Urteil in der Sache als richtig
verteidigt.
17 Mit Verfügung vom 7.11.2012 hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Berufung
Aussicht auf Erfolg haben dürfte, weil es im Verhältnis zu Liechtenstein tatsächlich an der
Verbürgung der Gegenseitigkeit fehlen dürfte, und dass die klägerischen Ansprüche
außerdem durch Konfusion erloschen sein dürften, falls die Klägerin tatsächlich Erbin
ihres Ehemannes geworden wäre. Die Parteien haben daraufhin übereinstimmend das
Ruhen des Verfahrens beantragt, das antragsgemäß angeordnet wurde. Mit Schriftsatz
vom 15.4.2014 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen. Sie hat dabei ergänzend
zu den Sachverhalten vorgetragen, die ihrer Auffassung nach die liechtensteinischen Titel
in der Sache rechtfertigen, was Trennungsunterhalt und den Streit um einen PKW betrifft.
Gegenüber dem Ausspruch des Landgerichts, wonach sie, die Klägerin, eine
Prozesskostensicherheit i. H. v. 5.000 Euro zu tragen habe, hat sie außerdem mit dem
genannten Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt mit der Begründung, dem Beklagten
stehe die Einrede des § 110 ZPO nicht zu, da nach Absatz 1 dieser Vorschrift eine solche
Sicherheit von Einwohnern eines Mitgliedsstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes
nicht verlangt werden könne, und Liechtenstein ein solcher Mitgliedstaat sei.
18 Der Beklagte hat den neuen Sachvortrag bestritten und geltend gemacht, die
liechtensteinischen Entscheidungen beruhten auf unvollständigen und unrichtigen
Angaben und seien deshalb nach liechtensteinischem Recht unrichtig. Weiter hält er die
Klage für unzulässig, da sie vor das Amtsgericht - Familiengericht - gehöre.
19 In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte die Einrede des § 110
ZPO zurückgenommen. Die Parteien haben daraufhin im Hinblick auf die darauf bezogene
Anschlussberufung keine Anträge gestellt.
II.
20 Die Berufung ist zulässig und begründet. Abweichend von der landgerichtlichen
Entscheidung kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg auf die vorliegenden
liechtensteinischen Titel stützen, weil im Verhältnis zu Liechtenstein die Gegenseitigkeit
nicht verbürgt ist (1.).
21 Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz ergänzend vorträgt, liegt darin eine auf eine
Klageänderung gestützte Hilfsanschlussberufung, die zwar zulässig, jedoch nicht
begründet ist, weil die Klageänderung jedenfalls nicht sachdienlich ist (2.).
1.
22 Das Landgericht hat zwar die Klage richtig für zulässig gehalten, weil das
Rechtsschutzbedürfnis für eine inländische Leistungsklage selbst dann nicht zu verneinen
ist, wenn ein anerkennungsfähiges ausländisches Urteil vorliegt und daher (auch) ein
Vollstreckungsurteil nach §§ 722, 723 ZPO erwirkt werden könnte (BGH, Urteil vom
26.11.1986 - IVb ZR 89/85 -, juris).
23 Das Landgericht hat jedoch die Voraussetzungen verkannt, unter denen das dann zu
erlassende Sachurteil durch die ausländische Entscheidung vorgezeichnet ist.
Richtigerweise ist die allein auf die ausländischen Titel gestützte Klage daher
abzuweisen.
a)
24 Das Landgericht hat im Ergebnis angenommen, dass das Vorliegen der
liechtensteinischen Entscheidungen für sich und ohne Weiteres dazu führe, dass vom
deutschen Gericht nur eine mit den ausländischen Entscheidungen übereinstimmende
Sachentscheidung getroffen werden könne.
25 Damit hat das Landgericht übersehen, dass Voraussetzung dieser Wirkung ist, dass die
ausländische Entscheidung gemäß § 328 ZPO anerkennungsfähig ist. Kann das Urteil
danach nicht anerkannt werden, kann es auch dem deutschen Sachurteil nicht
zugrundegelegt werden.
b)
26 Dann kann die allein auf die Bindungswirkung der liechtensteinischen Entscheidungen
gestützte Klage jedoch keinen Erfolg haben.
27 Denn zutreffend weist die Berufung darauf hin, dass die streitgegenständlichen
liechtensteinischen Entscheidungen wegen § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht
anerkennungsfähig sind, weil im Verhältnis zu Liechtenstein die Gegenseitigkeit nicht
verbürgt ist. Das entspricht der ganz herrschenden Meinung (vgl. nur Zöller/Geimer, ZPO,
30. Aufl., Anhang IV „Liechtenstein“ m. w. N.; die a. a. O. zitierte Entscheidung BGH, Urteil
vom 10. Dezember 1976 – V ZR 145/74 –, BGHZ 68, 16-18 [=DB 77, 718], lässt die Frage
allerdings ausdrücklich offen); Vortrag, aus dem sich anderes ergeben könnte, hat die
Klägerin auch nach Hinweis des Senats auf die fehlende Verbürgung der Gegenseitigkeit
nicht gehalten.
2.
28 Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz ergänzend zu den hinter den
liechtensteinischen Titeln liegenden Sachverhalten vorträgt, liegt darin eine hilfsweise
Klageänderung (a)).
29 Die Klageänderung ist aber jedenfalls nicht i. S. d. § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich. Es kann
daher offenbleiben, ob sie auf der Entscheidung über die Berufung ohnehin
zugrundezulegende Tatsachen gestützt werden könnte (b)).
30 Die auf die beabsichtigte, jedoch unzulässige Klageänderung gestützte
Hilfsanschlussberufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen, über die gleichfalls als
Hilfsanschlussberufung auszulegende Anschlussberufung gegen die Festsetzung einer
Prozesskostensicherheit ist nicht zu entscheiden (c)).
a)
31 Soweit die Klägerin ihre Klage statt auf die in erster Instanz nur vorgelegten
liechtensteinischen Titel nunmehr auf die diesen Titeln zugrunde liegenden Sachverhalte
stützen möchte, liegt darin eine Klageänderung i. S. d. § 533 ZPO. Denn eine mit dem jetzt
neu gehaltenen Vortrag begründete Klage hat einen anderen Streitgegenstand, als ihn die
bisher erhobene und mit der Existenz als anerkennungsfähig behaupteter
liechtensteinischer Entscheidungen begründete Klage hatte.
32 Während die Klage bisher auf die schlichte Existenz der ausländischen Titel gestützt war
– deren materieller Hintergrund gleichgültig bleiben konnte und offen blieb –, soll sie jetzt
auf die nach liechtensteinischem Recht zu beurteilenden Ehe- und
Vermögensverhältnisse während der Ehe bzw. auf die Eigentumsverhältnisse an einem
PKW, auf daraus nach liechtensteinischem Recht resultierende Ansprüche und die nach
liechtensteinischem Recht eintretenden kostenrechtlichen Folgen obsiegender
Entscheidungen gestützt werden. Damit wird aber ein anderer Lebenssachverhalt zur
Grundlage der begehrten Entscheidung gemacht, so dass eine Klageänderung vorliegt.
b)
33 Diese Klageänderung ist in der Berufungsinstanz nicht zulässig.
34 Da der Beklagte nicht eingewilligt hat, indem er umgekehrt die Zulässigkeit der Klage
auch im Hinblick auf den neuen Vortrag gerügt hat, wäre die Klageänderung gemäß § 533
ZPO nur zulässig, wenn sie sachdienlich wäre und auf Tatsachen gestützt werden könnte,
die das Berufungsgericht der Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrundezulegen
hat. Das ist jedoch nicht der Fall; es fehlt bereits an der Sachdienlichkeit.
aa)
35 Der Klageänderung fehlt die Sachdienlichkeit unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt der
Prozessökonomie schon deswegen, weil sie zur Beurteilung völlig neuen Prozessstoffs
führen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet
werden könnte (zum Fehlen der Sachdienlichkeit in diesem Fall vgl. Zöller/Heßler, a. a. O.,
§ 533 Rn. 6); denn weder war bislang näherer Vortrag erforderlich oder gehalten zu den
tatsächlichen Verhältnissen, die den Erlass der liechtensteinischen Titel berechtigt
erscheinen lassen sollen, noch zum liechtensteinischen Recht, auf dessen Grundlage
diese Beurteilung zu erfolgen hätte.
36 Hinzu kommt, dass über den Hauptsacheausspruch des liechtensteinischen Urteils zum
Trennungsunterhalt bereits ein erstinstanzliches Verfahren beim Familiengericht anhängig
ist, in dem der für die geänderte Klage im hiesigen Verfahren gegebenenfalls erforderliche
Vortrag zu den tatsächlichen wie rechtlichen Verhältnissen gleichermaßen erforderlich ist,
und in dem ggf. über dieselben Fragen Beweis zu erheben ist. Es liegt auf der Hand, dass
es allein prozessökonomisch ist, diese Fragen in einem Verfahren zu konzentrieren, das -
nachdem der Senat über jenes Verfahren nicht entscheiden kann - allein das anhängige
erstinstanzliche Verfahren sein kann.
37 Es kommt daher bereits nicht mehr darauf an, dass die Sachdienlichkeit auch deshalb
fehlen dürfte, weil (auch) der geänderte Streitgegenstand - bezüglich des
Trennungsunterhalts ohnehin, bezüglich der Auseinandersetzung um den PKW nach §
266 FamFG und für die Titel bezüglich der Vollstreckungskosten als Annex zu den
entsprechenden Verfahren - zur Zuständigkeit der Familiengerichte gehört, so dass die
erstmalige Erhebung einer darauf gestützten Klage beim Zivilsenat des
Oberlandesgerichts unzulässig und eine entsprechende Klageänderung auch deshalb
nicht sachdienlich wäre.
bb)
38 Offen bleiben kann damit, dass die Klageänderung auch nach § 533 Nr. 2 ZPO nicht
zuzulassen sein dürfte, weil die geänderte Klage nicht auf Tatsachen gestützt werden
kann, die nach § 529 ZPO der Entscheidung über die Berufung ohnehin zugrundezulegen
sind (vgl. dazu Musielak/Ball, ZPO, 11. Aufl., § 533 Rn. 22).
c)
39 Die Klägerin hat in erster Linie beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das
landgerichtliche Urteil zurückzuweisen.
40 Ihr Schriftsatz vom 15.4.2014 (Bl. 137 ff. d. A.), mit dem sie den nach dem soeben
Gesagten als Klageänderung auszulegenden ergänzenden Vortrag gehalten hat, ist daher
als Hilfsanschlussberufung auszulegen, soweit die Klage auf den neuen Streitgegenstand
gestützt werden soll. Insoweit ist die Anschlussberufung zurückzuweisen (aa)).
41 Soweit mit dem genannten Schriftsatz ausdrücklich Anschlussberufung eingelegt ist
gegen den Ausspruch des Landgerichts zur Prozesskostensicherheit, bedarf es nach
Rücknahme der Einrede des § 110 ZPO durch den Beklagten im Ergebnis keiner
Entscheidung mehr (bb)).
aa)
42 Soweit die Klägerin die Klage auf einen nach oben a) neuen Streitgegenstand stützen
möchte, liegt darin eine zulässige Hilfsanschlussberufung ((1)), die jedoch nach dem
Gesagten zurückzuweisen ist ((2)).
(1)
43 Anschlussberufung kann auch hilfsweise eingelegt werden für den Fall, dass dem - wie
hier - in erster Linie gestellten Antrag auf Zurückweisung der Berufung nicht gefolgt wird
(Zöller/Heßler, a. a. O., § 524 Rn. 17).
44 Die Anschlussberufung kann außerdem stillschweigend eingelegt werden (Zöller/Heßler,
a. a. O., § 524 Rn. 6), so dass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob sich die
ausdrückliche Einlegung einer Anschlussberufung im Schriftsatz der Klägerin vom
15.4.2014 nur auf den landgerichtlichen Ausspruch zur Prozesskostensicherheit bezieht,
oder auch auf die Klageänderung.
45 Die Hilfsanschlussberufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere rechtzeitig
eingelegt, nachdem der Klägerin eine Frist zur Berufungserwiderung nicht gesetzt war.
(2)
46 Indem auf die Berufung das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage
abzuweisen ist, ist die Bedingung eingetreten, unter der die Hilfsanschlussberufung
eingelegt ist; über die Hilfsanschlussberufung ist daher zu entscheiden.
47 Sie ist jedoch ohne Weiteres zurückzuweisen, da die Klageänderung, auf die sie sich
allein stützen könnte, nach dem oben b) Gesagten als unzulässig zurückzuweisen ist. Die
Klägerin ist damit frei, den fraglichen Anspruch anderweitig anhängig zu machen.
bb)
48 Soweit sich die ausdrücklich eingelegte Anschlussberufung der Klägerin gegen den
Ausspruch des Landgerichts zur Prozesskostensicherheit gerichtet hat, handelt es sich,
sachgerecht ausgelegt, gleichfalls um eine Hilfsanschlussberufung.
49 Denn sie ist nur sinnvoll für den Fall, dass die Einrede des § 110 ZPO aufrechterhalten
wird und zugleich die Berufung des Beklagten keinen Erfolg hat. Denn in dem -
eingetretenen - Fall, dass der Beklagte die Einrede fallen lässt und auf die Berufung die
Klage abzuweisen ist, kann die Festsetzung einer Prozesskostensicherheit ohnehin nicht
aufrechterhalten bleiben.
50 Insoweit ist daher bereits die Bedingung nicht eingetreten, unter der die
Anschlussberufung eingelegt ist, so dass eine Entscheidung nicht veranlasst ist.
III.
1.
51 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die
Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
2.
52 Bei der Streitwertfestsetzung wirken sich die Hilfsanschlussberufungen der Klägerin nicht
aus.
53 Bezüglich der gegen die Festsetzung einer Prozesskostensicherheit gerichteten
Hilfsanschlussberufung ist die Bedingung nicht eingetreten, so dass über sie nicht zu
entscheiden war und sie nach § 45 Abs. 2, 1 S. 2 GKG nicht streitwerterhöhend wirkt.
Bezüglich der mit neuem Streitgegenstand begründeten Hilfsanschlussberufung ist
darüber zwar entschieden, jedoch besteht zwischen dem ursprünglichen und dem neuen
Streitgegenstand wirtschaftliche Identität.