Urteil des OLG Stuttgart vom 07.02.2008

OLG Stuttgart (zpo, rechtliches gehör, anfechtung, rechtskraft, gabe, anlass, beschränkung, ausdrücklich, gesetzgebungsauftrag, rechtsbehelf)

OLG Stuttgart Beschluß vom 7.2.2008, 2 U 18/06
Kostenbeschluss nach Berufungsrücknahme: Zulässigkeit einer Gegenvorstellung;
rechtskraftdurchbrechende Anfechtung nach Maßgabe der Gehörsrüge
Leitsätze
1. Gegenüber einem die Instanz abschließenden und rechtskräftig gewordenen Beschluss (hier: Kostenbeschluss
nach Berufungsrücknahme, § 516 III ZPO) ist eine Gegenvorstellung nicht zulässig.
2. Eine rechtskraftdurchbrechende Anfechtung ist in solchen Fällen nur nach Maßgabe der auf einen Verstoß nach
Art. 103 I GG abstellenden Gehörsrüge nach § 321 a ZPO eröffnet. Ob diese Anfechtungsmöglichkeit für Fälle
anderer schwerwiegender grundrechtsverletzender Verfahrensverstöße analogiefähig ist, kann mangels
entsprechender Rüge hier offen bleiben.
Tenor
1. Der Gegenvorstellung des Beklagten vom 13.09.2007 gegen den Beschluss des erkennenden Senates vom 08.
August 2007 wird keine Folge gegeben.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1 Die Gegenvorstellung des Beklagten vom 13.09.2007 gegen den Beschluss des erkennenden Senates vom 08.
August 2007 ist unzulässig.
2 1. Der formlose Rechtsbehelf der Gegenvorstellung kann nur dort stattfinden, wo ihm nicht die Rechtskraft
entgegensteht. Rechtskräftige Entscheidungen können nur ausnahmsweise und unter den im Gesetz hierfür
normierten Voraussetzungen abgeändert werden.
3 2. Der Beschluss des erkennenden Senates vom 08. August 2007, in dem über die Kostentragung entschieden
wurde, ist rechtskräftig.
4 3. Die rechtskraftdurchbrechende Anfechtung eines die Instanz abschließenden, der Rechtskraft fähigen
Beschlusses hat der Gesetzgeber in § 321 a ZPO geregelt. Er hat unter Hinweis auf den Gesetzgebungsauftrag
des BVerfG ausdrücklich klargestellt, dass § 321 a ZPO nur dazu dienen soll, einen Verstoß gegen das in Art.
103 Abs. 1 GG verbürgte Recht auf rechtliches Gehör zu rügen (vgl. Musielak-Musielak, ZPO, 5. Aufl. [2007],
Rn. 6 zu § 321 a, m.w.N.; Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 28. Aufl. [2007], Rn. 14 vor § 567).
5 4. Eine Gehörsrüge erhebt der Beklagte jedoch nicht.
6 5. Auch einen der anderen schwerwiegenden grundrechtsverletzenden Verfahrensverstöße, bei denen eine
analoge Anwendung des § 321 a ZPO erwogen wird (vgl. Thomas/Putzo-Reichold, a.a.O., Rn. 14 vor § 567
m.w.N.), legt der Beklagte nicht dar. Der Senat hat daher keinen Anlass, über die Frage zu entscheiden, ob §
321 a ZPO als Ausnahmevorschrift und trotz der willentlichen Beschränkung des Gesetzgebers analogiefähig
ist.
II.
7 Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen (§ 574 ZPO),