Urteil des OLG Stuttgart vom 29.08.2013

OLG Stuttgart: abrede, baugewerbe, vollstreckbarkeit, teilzahlung, überprüfung, erkenntnis, sicherheitsleistung

OLG Stuttgart Beschluß vom 29.8.2013, 4 U 74/13
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15.03.2013 (5 O
12/13) wird durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 15.03.2013 (5 O 12/13) ist ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 16.303,00 EUR.
Gründe
I.
1 Der Senat hat mit Beschluss vom 15.07.2013 darauf hingewiesen, dass die Berufung keine
Aussicht auf Erfolg hat, weil es an ausreichenden Indiztatsachen für eine Kenntnis bei der
Beklagten fehlt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf diesen Beschluss
Bezug genommen.
2 Die Beklagte hat sich der Auffassung des Senats angeschlossen.
3 Der Kläger führt in seiner Stellungnahme zum Beschluss des Senats aus, die Kenntnis der
Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit werde auf Tatsachen und Umstände
aus dem Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin gestützt. Insoweit könne auch nicht
davon ausgegangen werden, dass diese aus dem Zahlungsverhalten herzuleitende
Kenntnis durch spätere Umstände oder Zeitablauf schwächer geworden sei, weshalb es
nicht auf die zeitliche Nähe zum Insolvenzantrag ankomme. Die Auffassung des Senats und
des Landgerichts Ulm (richtig: Tübingen) würden zu einer stillschweigenden Abbedingung
des § 266 BGB und einer stillschweigenden „pay when paid-Abrede“ führen, was nicht der
höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche. Die Rechnung sei sofort zur Zahlung fällig
gewesen, abrede- und rechtswidrig aber in Teilleistungen erbracht worden. Würden nach
Fälligkeit durch den Schuldner Teilzahlungen geleistet, sei dem Anfechtungsgegner
bekannt, dass der Schuldner seine Zahlungen nicht zur Fälligkeit bewirke und trotz eines
Liquiditätsvorteils nicht in der Lage sei, seine Zahlungsverpflichtungen vollständig zu
erbringen. Diese Erkenntnis müsse zur Feststellung der Kenntnis von der drohenden
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners führen.
II.
4 Auch der weitere Vortrag des Klägers und eine nochmalige Überprüfung der Sach- und
Rechtslage führt nicht zu einem Erfolg der Berufung. Der Rechtsstreit spitzt sich auf die
Frage zu, ob alleine die nicht vereinbarten erbrachten Teilzahlungen der
Insolvenzschuldnerin ein hinreichendes Beweisanzeichen darstellen, dass eine
Zahlungsunfähigkeit drohte, weil der Kläger ansonsten keine weiteren
Anknüpfungstatsachen vorgetragen hat.
5 Der Kläger führt zutreffend aus, dass eine nicht vereinbarte Teilzahlung gegen § 266 BGB
verstößt (auch der Senat geht insoweit nicht von einer stillschweigenden Abrede aus,
sondern hat nur darauf hingewiesen, dass dies gerade im Baugewerbe ein häufig zu
beachtendes Phänomen ist, weshalb dies kein schwerwiegendes und zwingendes
Beweisanzeichen für die Kenntnis von einer [drohenden] Zahlungsunfähigkeit ist).
Teilzahlungen sind auch durchaus als ein Indiz für Zahlungsschwierigkeiten anzusehen,
alleine die Tatsache von – abredewidrigen – Teilzahlungen genügt aber nicht, um daraus
im Rahmen der notwendigen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles die
Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit herzuleiten. Denn Teilzahlungen oder
Zahlungsstockungen können auch auf anderen Umständen beruhen und sind deshalb ohne
das Hinzutreten weiterer Beweisanzeichen grundsätzlich nicht ausreichend, um daraus die
Feststellung einer entsprechenden Kenntnis anzuknüpfen. In den dazu entschiedenen
vergleichbaren Fällen sind jeweils auch weitere Umstände hinzugekommen und festgestellt
worden.
6 Ergänzend nimmt der Senat auf den Beschluss vom 15.07.2013 Bezug.
III.
7 Die Kostenfolge der Zurückweisung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils aus § 708 Nr. 10 Satz 2 ZPO.