Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 02.04.2017

OLG Schleswig-Holstein: fassade, erneuerung, sanierung, nichtigkeit, ausführung, versammlung, kostenbeteiligung, kompetenz, reparatur, amortisation

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
2. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 W 111/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 2 WoEigG, § 16 Abs 3
S 2 WoEigG, § 21 Abs 3
WoEigG, § 22 Abs 1 WoEigG, §
45 Abs 2 S 2 WoEigG
Wohnungseigentumsrecht: Verpflichtung eines
Wohnungseigentümers zur Kostenbeteiligung an einer auf
einem Mehrheitsbeschluss basierenden Instandsetzung
einer Fassade
Leitsatz
1. Voraussetzung einer sog. modernisierenden Instandsetzung ist stets ein
schwerwiegender Mangel des Gemeinschaftseigentums, der dessen Reparatur von
einem gewissen Gewicht oder dessen Erneuerung erforderlich machen würde.
2. Liegt eine bauliche Veränderung vor, die eine ordnungsgemäße Instandsetzung
überschreitet, und hat ein Wohnungseigentümer der Maßnahme nicht zugestimmt, so
ist er nach § 16 Abs. 3 Satz 2 WEG grundsätzlich nicht verpflichtet, sich an den Kosten
zu beteiligen. Das gilt auch dann, wenn er unvermeidbar aus der Maßnahme Nutzungen
zieht, weil er hiervon wegen der Beschaffenheit der Maßnahme nicht ausgeschlossen
werden kann.
Tenor
Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3. und des Beteiligen zu 2.
werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerden
werden den Beteiligten zu 3. und 2. jeweils zur Hälfte auferlegt.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. trägt der Beteiligte zu 2.
die Hälfte. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Geschäftswert beträgt 18.803,07 Euro.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 3. verlangen von der Beteiligten zu 1. Zahlung des auf sie
entfallenden Anteils einer Sonderumlage für die Durchführung einer
Fassadensanierung. Der Beteiligte zu 2. ist ebenfalls Wohnungseigentümer der
Anlage.
Die 5 Wohnblöcke der Anlage mit 81 Wohnungen wurden 1973/1974 mit einer
vorgehängten hinterlüfteten Fassade errichtet, die 1996 für 400.000,00 DM neu
gestrichen wurde. 1999 wies die Fassade erneut Verschmutzungen auf. In der
Folgezeit erörterten die Wohnungseigentümer, ob die Fassade erneut gestrichen
oder grundlegend saniert werden sollte. In der Versammlung am 6.05.2004
beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Erneuerung der Fassade
mit einem Wärmedämmsystem (TOP 5 des Protokolls). In der Versammlung am
21.04.2005 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die Ausführung
der Sanierung in Keramik mit dem System Ker-Aion und die damit verbundene
nach Miteigentumsanteilen umzulegende Sonderumlage von 1.685.348,56 Euro
(TOP 3 b des Protokolls). Die Beteiligte zu 1. nahm an den Versammlungen nicht
teil. Die Beschlüsse wurden nicht angefochten. Die Beteiligten zu 3. haben am
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teil. Die Beschlüsse wurden nicht angefochten. Die Beteiligten zu 3. haben am
1.08.2005 mit der Ausführung der beschlossenen Fassadensanierung begonnen.
Die Beteiligten zu 3. haben am 3.08.2005 beantragt, die Beteiligte zu 1. zu
verpflichten, zu Händen des Verwalters ihren Anteil an der Sonderumlage in Höhe
von 22.078,07 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Dem ist das Amtsgericht durch
Beschluss vom 10.10.2005 in der berichtigten Fassung vom 21.10.2005
nachgekommen. Hiergegen haben die Beteiligte zu 1. und der Beteiligte zu 2.,
gegen den die Beteiligten zu 3. im Verfahren 69 II 30/05 AG Flensburg gleichfalls
eine anteilige Sonderumlage wegen der Fassadensanierung in Höhe von 25.111,69
Euro geltend gemacht haben, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht
hat die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. als unzulässig verworfen. Auf
die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat es unter Änderung des
angefochtenen Beschlusses diese verpflichtet, zu Händen des Verwalters 3.275,00
Euro nebst Zinsen zu zahlen. Gegen den Beschluss des Landgerichts, auf den zur
weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 341 - 353 d.A.), richten sich
die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3. und 2. Die Beteiligten zu
3. erstreben die Verpflichtung der Beteiligen zu 1., weitere 18.803,07 Euro zu
zahlen, der Beteiligte zu 2. will erreichen, dass "auch auf seine sofortige
Beschwerde" die Beteiligte zu 1. verpflichtet wird, zu Händen des Verwalters
3.275,00 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Die Beteiligte zu 1. ist dem Rechtsmittel
der Beteiligten zu 3. entgegengetreten.
II.
Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29, 20, 22 FGG zulässigen sofortigen weiteren
Beschwerden sind unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf
einer Verletzung des Rechts (§§ 27 FGG, 546 ZPO).
1. Das Landgericht hat mit Recht die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2.
als unzulässig verworfen. Diesem fehlte im vorliegenden Verfahren die
Beschwerdebefugnis, weil der Beschluss des Amtsgerichts unmittelbar
ausschließlich materielle subjektive Rechte der Beteiligten zu 1. beeinträchtigte (§
20 Abs. 1 FGG; vgl. BGH FGPrax 2003, 254, 255). Dem steht § 45 Abs. 2 Satz 2
WEG, wonach die Entscheidung für alle Beteiligten bindend ist, entgegen der
Auffassung des Beteiligten zu 2. nicht entgegen. Diese Bindungswirkung hat nicht
zur Folge, dass die Gerichte im Verfahren 69 II 30/05 im Verhältnis zum Beteiligten
zu 2. gleichinhaltlich wie im vorliegenden Verfahren entscheiden müssen. Er
übersieht, dass beide Verfahren unterschiedliche Streitgegenstände haben,
nämlich hier die Zahlungspflicht der Beteiligten zu 1. und im anderen Verfahren
seine Zahlungspflicht. Die Frage der Nichtigkeit des
Wohnungseigentümerbeschlusses vom 21.04.2005, von deren Beantwortung die
Zahlungspflicht abhängt, ist in beiden Verfahren nicht gemeinsamer
Streitgegenstand, sondern nur eine gemeinsame Vorfrage, über die deshalb im
vorliegenden Verfahren nicht mit Rechtskraft entschieden wird und über die im
Verfahren 69 II 30/05 abweichend entschieden werden kann (vgl.
Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Vor § 322 Rn. 34, 28 und 36 m.w.Nw.). Die
Bindungswirkung des § 45 Abs. 2 WEG beschränkt sich auf die
Zahlungsverpflichtung der Beteiligten zu 1.
2. Hinsichtlich der sofortigen Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat das Landgericht
im Wesentlichen ausgeführt:
Die Beteiligte zu 1. sei nach § 16 Abs. 3 Hs. 2 WEG nicht verpflichtet, den auf sie
entfallenden Teil der Sonderumlage vollen Umfangs zu zahlen, weil sie der
beschlossenen Sanierung nicht nach § 22 Abs. 1 WEG zugestimmt habe. Der nicht
angefochtene Mehrheitsbeschluss über die Erhebung der Sonderumlage vom
21.04.2005 stehe dem nicht entgegen. Er sei mangels Beschlusskompetenz der
Wohnungseigentümer nichtig, soweit die Umlage Kosten betreffe, die für eine über
die ordnungsmäßige Instandsetzung hinausgehende bauliche Veränderung
anfielen, und § 16 Abs. 3 Hs. 2 WEG dadurch abbedungen werde. Die beschlossene
Fassadensanierung stelle eine bauliche Veränderung dar. Zwar könne auch die
Erneuerung einer Fassadenverkleidung unter Anbringung eines zusätzlichen
Wärmeschutzes unter bestimmten Voraussetzungen als
Instandsetzungsmaßnahme angesehen werden. Hier habe aber die Kammer nicht
feststellen können, dass die alte Fassade gravierende Beschädigungen
aufgewiesen habe, die eine Erneuerung erforderlich machten. Nach den
eingereichten Fotos sei sie an den Wetterseiten lediglich oberflächlich
verschmutzt. Sie sei nicht undicht. Die Vernehmung der Zeugen habe nicht
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verschmutzt. Sie sei nicht undicht. Die Vernehmung der Zeugen habe nicht
ergeben, dass Feuchtigkeit, die in fünf Wohnungen aufgetreten sei, auf Mängel der
Fassade zurückzuführen gewesen sei. Die Wärmedämmung entspreche dem
Stand von vor 30 Jahren und das Mauerwerk sei teilweise fehlerhaft. Nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme sei Anlass für die beschlossene Sanierung nicht
eine akute Reparaturbedürftigkeit der Fassade, sondern der - verständliche -
Wunsch der Mehrheit der Eigentümer, die von ihnen selbst bewohnte Anlage
optisch aufzuwerten und durch eine bessere Wärmedämmung Energiekosten
einzusparen. Hierdurch werde jedoch die Grenze zur baulichen Veränderung
überschritten, da eine Amortisation der Sanierungskosten erst nach Jahrzehnten
eintreten werde. Die Kostenfreistellung nach § 16 Abs. 3 Hs. 2 WEG hänge nicht
davon ab, dass der nicht zustimmende Wohnungseigentümer nach § 16 Abs. 3 Hs.
1 EG auch von den Nutzungen ausgeschlossen sei. Es sei jedoch unbillig, die
Beteiligte zu 1. völlig von Kosten freizustellen. Sie müsse sich an den Kosten
beteiligen, soweit als ordnungsgemäße Instandsetzungsmaßnahme ein neuer
Anstrich der Fassade in Betracht gekommen wäre. Ein solcher Anstrich wäre
möglich und auch erforderlich. Die Kosten seien auf 250.000,00 Euro zu schätzen,
so dass die Beteiligte zu 1. verpflichtet sei, entsprechend ihrem Anteil von
131/10.000 3.275,00 Euro zu zahlen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung Stand. Die Beteiligte zu 1.
ist nicht zur Zahlung der am 21.04.2005 beschlossenen Umlage verpflichtet, weil -
wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - (a) die Fassadenrenovierung eine
bauliche Veränderung darstellt, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder
Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht (§§ 22 Abs. 1, 16
Abs. 2, 15 Abs. 2, 21 Abs. 3 WEG), und (b) der Umlagebeschluss wegen Verstoßes
gegen § 16 Abs. 3 Satz 2 WEG mangels Beschlusskompetenz der
Wohnungseigentümer nichtig ist.
a) Zwar ist allgemein anerkannt, dass die Wohnungseigentümer im Rahmen der
ordnungsgemäßen Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht
darauf beschränkt sind, bei notwendig gewordenen Renovierungsarbeiten oder
Ersatzbeschaffungen lediglich den früheren Zustand wiederherzustellen. In einem
gewissen Rahmen kann eine Instandsetzung über die Reproduktion hinausgehen,
wenn sie die technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung ist und damit
dem technischen Fortschritt und den allgemeinen Änderungen in den
Lebensgewohnheiten und insbesondere dem Wohnverhalten Rechnung getragen
wird (sog. modernisierende Instandsetzung - vgl. Gottschalg NZM 2001, 729, 732
m.w.Nw.). Voraussetzung bleibt jedoch stets ein schwerwiegender Mangel des
Gemeinschaftseigentums, der dessen Reparatur von einem gewissen Gewicht
oder dessen Erneuerung erforderlich macht (Gottschalg a.a.O. Seite 732 und 733;
hinsichtlich einer Fassadenrenovierung: HansOLG WuM 1999, 55; OLG Düsseldorf
NZM 2000, 1067, 1068; NZM 2002, 704; NZM 2003, 28; BayOblG NJW-RR 1989,
1293; NZM 2002, 75).
Hieran fehlt es vorliegend. Nach den Feststellungen des Landgerichts auf Grund
der Auswertung der eingereichten Fotos und der Vernehmung der Zeugen D., N.
und B. wies die alte Fassade keine schwerwiegenden Mängel auf. Insbesondere war
sie nicht undicht und führte ihre Beschaffenheit nicht zu Feuchtigkeitsschäden.
Zweck der Sanierung war nicht eine akute Reparaturbedürftigkeit, sondern eine
optische Aufwertung und die Einsparung von Energiekosten durch eine bessere
Wärmedämmung. An diese Tatsachenwürdigung ist das Rechtsbeschwerdegericht
gebunden, weil das Landgericht den maßgebenden Sachverhalt ausreichend
ermittelt (§ 12 FGG), sich bei der Beurteilung des Beweisstoffs mit allen
wesentlichen Umständen auseinandergesetzt (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen
Beweisregeln und Verfahrensvorschriften (§ 15 FGG) verstoßen hat (vgl.
Keidel/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rn. 42 m.w.Nw.). Wenn die Beteiligten zu 3.
in ihrer weiteren Beschwerde die Beweise abweichend würdigen, ist dies
unerheblich. Insbesondere verkennen sie, dass die Feuchtigkeitserscheinungen der
letzten Jahre in (nur) 5 Wohnungen von insgesamt 81 Wohnungen auf Mängel im
Mauerwerk zurückzuführen sind, die „lokal“ beseitigt werden können, und ein
neuer Anstrich der Fassade mit üblicher Haltbarkeitsdauer möglich ist, wie schon
daraus hervorgeht, dass diese Variante in der Versammlung am 6.05.2004 nach
sachverständiger Beratung neben der Erneuerung zu Abstimmung gestellt wurde
(Ergebnis: 2.365/10.000 Miteigentumsanteile dafür). Die Frage, ob im Hinblick auf
die Wärmedämmung eine Kosten- /Nutzenanalyse (Amortisation) erforderlich ist
(so KG NJWE-MietR 1996, 133; dagegen BayObLG NZM 2002, 75) kann
offenbleiben.
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b) Da nach allem von einer baulichen Veränderung auszugehen ist, die eine
ordnungsgemäße Instandsetzung überschreitet, und die Beteiligte zu 1. der
Maßnahme nicht zugestimmt hat, ist sie grundsätzlich nach § 16 Abs. 3 Satz 2
WEG nicht verpflichtet, sich an den Kosten zu beteiligen. Es kann offenbleiben, ob
diese Vorschrift nur dann eingreift, wenn der Wohnungseigentümer im Sinne des §
22 Abs. 1 Satz 2 WEG durch die Veränderung in seinen Rechten nicht über das in §
14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wird (so BayObLGZ 1989, 437, 441;
WuM 1996, 787, 789) oder auch im Falle einer solchen Beeinträchtigung (OLG
Hamm NJW-RR 1997, 970, 971; Gottschalg in NZM 2004, 529 m.w.Nw.). Denn es
ist nicht ersichtlich, dass der Beteiligten zu 1. aus der beschlossenen
Fassadensanierung, die in jeder Hinsicht eine Verbesserung bringt, ein Nachteil
erwächst (vgl. BayObLG NZM 2002, 869, 871; NJW-RR 1993, 206, 207).
§ 16 Abs. 3 Satz 2 WEG ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts auch nicht
deshalb unanwendbar, weil die Beteiligte zu 1. unvermeidbar aus der Maßnahme
entgegen § 16 Abs. 3 Satz 1 WEG Nutzungen zieht, weil sie hiervon wegen der
Beschaffenheit der Maßnahme nicht ausgeschlossen werden kann. Denn würde
man in einem solchen Fall den Wohnungseigentümer doch zwingen, sich voll an
den Kosten zu beteiligen, müsste ihm auch ein Vetorecht gegen die Maßnahme
eingeräumt werden, welches ihm § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG gerade nicht gibt
(BayObLG ZMR 1987, 190; Staudinger/Bub, 2005, § 16 Rn. 261 m.w.Nw.). Die
Beteiligten zu 3. sind indessen nicht gehindert, zu gegebener Zeit Ansprüche aus
ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 ff. BGB jedenfalls wegen eventuell
ersparter Heizkosten wegen einer verbesserten Wärmedämmung gegen die
Beteiligte zu 1, geltend zu machen (BayObLG NJW 1981, 690, 691; OLG Hamm
NZM 2002, 874; Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 16 Rn. 27 m.w.Nw.;
Gottschalg in NZM 2004, 529), die vorliegend jedoch nicht zur Entscheidung
stehen.
Der grundsätzlichen Freistellung von einer Kostenbeteiligung steht auch nicht
entgegen, dass der Mehrheitsbeschluss über die Umlage vom 21.04.2005
mangels Anfechtung nach § 23 Abs. 4 WEG bestandskräftig geworden ist. Dieser
Beschluss ist, soweit er gegen
§ 16 Abs. 3 Satz 2 WEG verstößt, wegen fehlender Beschlusskompetenz der
Wohnungseigentümer grundsätzlich nichtig (Palandt/ Bassenge, WEG, 66. Aufl., §
22 Rn. 29; Engelhardt in MünchKomm, WEG, 4. Aufl., § 23 Rn. 17; Staudinger/Bub
a.a.O. § 16 WEG Rn. 263; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 22 Rn. 255;
Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 16 Rn. 57a; Gottschalg in NZM 2004, 529,
530 - jeweils m.w.Nw.; str., a.A. Bielefeld DWE 2001, 5, 11). Der Umstand, dass die
Wohnungseigentümer über die Vornahme baulicher Veränderungen durch
Beschluss entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2000 - V ZB 58/99 - NJW
2000, 3500, 3503), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Diese Kompetenz
umfasst nicht auch die Rechtsmacht, durch Beschluss die Kostentragung
abweichend von § 16 Abs. 3 Satz 2 WEG zu regeln. Eine entsprechende "Annex-
Kompetenz" oder „Kompetenz des Sachzusammenhangs“ ist aus Gründen der
Rechtssicherheit nicht gegeben. Der einer baulichen Veränderung nicht
zustimmende Wohnungseigentümer muss auf die Kostenfreistellung, die eindeutig
im Gesetz angeordnet ist und dem eindeutigen Gerechtigkeitsgebot entspricht,
vertrauen dürfen, ohne den hiervon abweichenden Wohnungseigentümerbeschluss
anfechten zu müssen. Soweit in der älteren Rechtsprechung - ohne nähere
Erörterung dieser Frage - vertreten worden ist, dass der Verstoß eines
Mehrheitsbeschlusses gegen § 16 Abs. 3 Satz 2 WEG nicht zur Nichtigkeit führt
(vgl. BayObLGZ 1977, 89, 92; NJW 1981, 690, 691; OLG Braunschweig MDR 1977,
583; OLG Frankfurt OLGZ 1979, 145, 146; OLG Hamm NJW-RR 1995, 909, 910), ist
diese Auffassung mit Rücksicht auf die vorerwähnte Entscheidung des
Bundesgerichtshofs überholt. Der Fall ist nicht anders zu beurteilen, als wenn ein
vereinbarter oder gesetzlicher Kostenverteilungsschlüssel geändert werden soll.
Auch dies wäre nur durch eine Vereinbarung und nicht durch einen
Mehrheitsbeschluss zulässig (vgl. BGH a.a.O.).
Die Nichtigkeit ergreift den Mehrheitsbeschluss vom 21.04.2005 allerdings nur
insoweit, als er gegen § 16 Abs. 3 Satz 2 WEG verstößt. Im übrigen - insbesondere
wegen der bestandskräftigen Entscheidung der Wohnungseigentümer über die
Ausführung der Sanierungsmaßnahme und der zustimmenden
Wohnungseigentümer (vgl. BGH a.a.O.) - ist er wirksam, weil anzunehmen ist, dass
die Wohnungseigentümer nicht anders entschieden hätten, wäre ihnen die
Nichtigkeit bekannt gewesen (§ 139 BGB). Sie haben in Kenntnis der rechtlichen
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Nichtigkeit bekannt gewesen (§ 139 BGB). Sie haben in Kenntnis der rechtlichen
Problematik Anfang August 2005 mit der Sanierung begonnen und diese auch
während des Verfahrens fortgesetzt.
c) Mit Recht hat das Landgericht die Beteiligte zu 1. für verpflichtet gehalten,
anteilig den Betrag zu entrichten, der auf sei entfallen wäre, wenn die
Wohnungseigentümer als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung den Anstrich
der Gebäude beschlossen hätten. Gegen die Berechnung der Kosten in anteiliger
Höhe von 3.275,00 Euro bestehen keine Bedenken.
3. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beteiligten im Umfang ihres jeweiligen
Unterliegens die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren
Beschwerde tragen (§ 47 Satz 1 WEG). Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten
ist es billig, abweichend vom Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine
außergerichtlichen Kosten selbst trägt, den Beteiligten zu 2. anteilig mit diesen
Kosten zu belasten, weil seine Rechtsverfolgung von vornherein keine Aussicht auf
Erfolg versprach (§ 47 Satz 2 WEG). Deshalb ist entgegen der Auffassung des
Beteiligten zu 2. auch die Kostenentscheidung des Landgerichts nicht zu
beanstanden. Im Übrigen bleibt es schon wegen der divergierenden
Entscheidungen von Amts- und Landgericht beim vorerwähnten Grundsatz.