Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 29.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: allgemeine geschäftsbedingungen, auktion, agb, grundstück, auslobung, beurkundung, unterlassen, schadenersatz, form, zivilprozessrecht

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
14. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 U 169/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2
Nr 1 BGB, § 652 BGB, § 675
BGB
Allgemeine Geschäftsbedingung: Verbot des Eigenverkaufs
in den AGB eines Auktionshauses
Leitsatz
Wird ein Auktionshaus mit dem Verkauf eines Grundstücks im Rahmen einer Auktion
unter Vereinbarung einer Nachverkaufsfrist beauftragt, unterscheidet sich dieser
Geschäftsbesorgungsvertrag von einem Maklervertrag, weil der Einlieferer bereits eine
bindende Erklärung zur Veräußerung des Grundstücks abgibt, weshalb auch eine
notarielle Beurkundung erforderlich wird und weil das Auktionshaus nicht lediglich
vermittelnd tätig wird. Dann widerspricht das in den allgemeinen Geschäftsbedingungen
des Auktionshauses enthaltene Verbot des Eigenverkaufs auch während der
Nachverkaufsfrist aber nicht dem Wesen des Vertrags und ist nicht nach § 307 Abs. 1
bzw. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird - unter ihrer Zurückweisung im Übrigen - das
am 24.September 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 10.Zivilkammer
des Landgerichts Lübeck teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 57 % und der Beklagte zu 43
%. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Klägerin zu 77 %, der Beklagte zu
23 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs.1, 540 Abs.2 ZPO
abgesehen.
Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz aus §§
280, 252 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag.
Der Beklagte hat durch den Verkauf des Grundstücks an einen Dritten innerhalb
der Nachverkaufsfrist seine Pflichten aus dem Vertrag verletzt, wodurch der
Klägerin ein Schaden in Form entgangenen Gewinns entstanden ist.
Indem der Beklagte das Grundstück vor Ablauf der zweimonatigen
Nachverkaufsfrist ohne Mitwirkung und Zustimmung der Klägerin an einen Dritten,
nämlich Herrn S, veräußert und zudem aufgelassen hat, hat er gegen ihm
obliegende Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen
Einlieferungsvertrag vom 23. Februar 2006 verstoßen.
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Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, war der Beklagte nach den
Bestimmungen des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages verpflichtet,
den Verkauf des Grundstücks ohne Mitwirkung oder Zustimmung der Klägerin
innerhalb der Nachverkaufsfrist zu unterlassen. Diese Pflicht ergibt sich aus den
Bestimmungen in § 2 Ziff. 3, 4 und 6 des Vertrages Anlage 2. In § 2 Ziff. 3 des
Vertrages ist bestimmt, dass der Beklagte die Auslobung bis zur Beendigung des
Auktionstermins einschließlich der vereinbarten Frist zum Nachverkauf aufrecht zu
erhalten hat. Dieser Pflicht steht die Pflicht der Klägerin zur öffentlichen Ausbietung
in § 2 Ziff. 4 der Vertragsbestimmungen gegenüber, die spätestens nach Ablauf
der 2-Monatsfrist endet. Dass der Beklagte als Einlieferer durch den Vertrag
gebunden sein sollte, wird nochmals dadurch klargestellt, dass in § 2 Ziff. 4 S. 3
der Vertragsbestimmungen der Anlage 2 festgehalten wird, dass er verpflichtet ist,
den Geschäftsbesorgungsvertrag nicht vor dem Ablauf der vereinbarten
Nachverkaufsfrist zu kündigen. Verfügt der Einlieferer anderweitig über den
Einlieferungsgegenstand, so verstößt er auch gegen seine Pflicht, die Auslobung
aufrecht zu erhalten, da diese auch beinhaltet, nicht mit Dritten bindende Verträge
zu schließen. Dass der Beklagte als Einlieferer sogar die Pflicht hatte, jegliche
Handlungen zu unterlassen, durch die der Nachverkauf verhindert oder wesentlich
erschwert würde, ergibt sich im Rückschluss aus § 2 Ziff. 7 der Anlage 2, in dem
bestimmt ist, dass die vereinbarte Courtage auch zu bezahlen ist, wenn der
Einlieferer gegen die vertraglich vereinbarten Verpflichtungen verstößt oder in
sonstiger Weise die Durchführung der Auktion oder des Nachverkaufs verhindert
oder erschwert.
Die maßgeblichen Bestimmungen in Anlage 2 des Einlieferungsvertrages waren
auch wirksam vereinbart worden.
Bei diesen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305
BGB, die wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Das Verbot des
Eigenverkaufs ist nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Das Verbot des
Eigenverkaufs innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach dem
Versteigerungstermin stellt keine unangemessene Benachteiligung des
Einlieferers dar.
Eine unangemessene Benachteiligung wäre zwar nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
anzunehmen, wenn es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag um einen
Maklervertrag oder einen Vertrag, der nach seinem Inhalt einem Maklervertrag im
Wesentlichen gleichgestellt ist, handelt. Denn da nach § 652 BGB der Maklerkunde
bei allen Vertragsgestaltungen einschließlich des Alleinauftrages der „Herr des
Geschäfts“ bleibt (Schwerdtner/Hamm, Maklerrecht, 5. Aufl., Rnr. 293) und ihm
nach § 652 BGB immer die Freiheit bleibt, sich persönlich ohne Mitwirkung des
Maklers um das Zustandekommen des gewünschten Vertrages zu bemühen,
weicht eine Klausel, die den Alleinverkauf untersagt, vom Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung des § 652 BGB ab (vgl. OLG Schleswig, 14 U 41/00; BGH
NJW 1984, 360).
Der hier streitgegenständliche Vertrag war jedoch kein Maklervertrag, sondern ein
Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB (vgl. KG, NJW-RR 2001, 1098; auch
BGH NJW 1983, 1186 für das Verhältnis zwischen Auktionator und Bieter; offen
gelassen in BGH NJW 1996, 527). Durch den Vertrag, der in § 1 des
Einlieferungsvertrages auch als Geschäftsbesorgungsvertrag bezeichnet wurde,
wurde die Klägerin als Auktionshaus mit dem Verkauf im Rahmen der Auktion und
innerhalb der Nachverkaufsfrist beauftragt. Der Vertrag unterscheidet sich insofern
von einem Maklervertrag, als der Einlieferer bereits eine bindende Erklärung zur
Veräußerung des Grundstücks abgibt, weshalb auch eine notarielle Beurkundung
erforderlich ist und erfolgte. Er weicht ferner vom typischen Maklervertrag in § 652
BGB ab, weil das Auktionshaus auch eine Pflicht zur Tätigkeit übernimmt. Anders
als beim Maklervertrag wird der Auktionator nicht lediglich vermittelnd tätig. Dies
gilt nicht nur während der Versteigerung, sondern auch in der Nachverkaufsfrist, in
der der Auktionator weiterhin einen Vertrag ohne Mitwirkung des Einlieferers
abschließen kann. Eine Ähnlichkeit zum Maklervertrag besteht lediglich darin, dass
die Vergütung vom Abschluss eines Kaufvertrages abhängt. Dies führt aber nicht
dazu, dass der Vertrag so stark dem Maklerrecht angelehnt ist, dass das Verbot
des Eigenverkaufs seinem Wesen widerspricht.
Auch ansonsten wird der Einlieferer durch die entsprechenden Bestimmungen
nicht unangemessen benachteiligt. Die Frist von 2 Monaten ist nicht übermäßig
lang, so dass der Einlieferer in seinen Rechten dadurch nicht erheblich
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lang, so dass der Einlieferer in seinen Rechten dadurch nicht erheblich
eingeschränkt wird. Ferner besteht ein berechtigtes Interesse des Auktionshauses
daran, dass - so lange das Auktionshaus ohne weitere Mitwirkung des Einlieferers
die Veräußerung vornehmen kann - der Einlieferer diese nicht vereitelt, indem er
das Grundstück selbst veräußert oder gar übereignet.
Durch die Pflichtverletzung ist der Klägerin ein Gesamtschaden in Höhe von
4.800,00 € entstanden, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom
13.Juni 2008 im Berufungsverfahren unstreitig gestellt haben. Diesen Schaden hat
der Beklagte der Klägerin zu ersetzen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92,97 ZPO. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Die Revision war nicht nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache
keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des
Revisionsgerichts nicht erfordert. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft lediglich eine
Einzelfallentscheidung, die ihre Grundlage in den tatsächlichen Feststellungen hat.