Urteil des OLG Schleswig-Holstein vom 13.03.2017

OLG Schleswig-Holstein: grundstück, wirtschaftliche einheit, vorkaufsrecht, kaufpreis, grundbuch, begriff, mehrheit, gesetzestext, bayern, amt

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Gericht:
Schleswig-
Holsteinisches
Oberlandesgericht
Senat für
Landwirtschaftssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 WLw 39/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 Abs 3 Nr 2 GrdstVG, § 4
Abs 1 RSiedlG
Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken:
Voraussetzungen für die Ausübung des
siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts
Leitsatz
Die unterschiedlichen Grundstücksbegriffe im Grundstücksverkehrsgesetz – dort ist das
Grundstück im Rechtssinne gemeint – und im Reichssiedlungsgesetz – dort ist das
Grundstück im wirtschaftlichen Sinne gemeint – führen bei der Frage nach der
Notwendigkeit der Genehmigung eines Kaufgeschäftes und der Ausübung des
siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil das
Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden kann, wenn die Veräußerung auch der
Genehmigung nach dem GrdstVG bedarf, was innerhalb der Freigrenzen nach § 2 Abs.
3 GrdstVG nicht der Fall ist.
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des
Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Niebüll vom 16. März 2006 geändert:
Es wird festgestellt, dass der notarielle Kaufvertrag vom 24. August 2005 - UR-Nr.
… nicht der Genehmigung des Amtes für ländliche Räume bedarf.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 20.000,00 €.
Gründe
I.
Die Antragsteller kauften mit notariellem Vertrag vom 24. August 2005 von Frau A.
aus deren im Grundbuch von B. Blatt … eingetragenem Grundbesitz von rund 13
ha die im Bestandsverzeichnis unter den laufenden Nummern 4, 5 und 6
eingetragenen Flurstücke … der Flur … der Gemarkung B. mit einer Größe von
1,2003 ha, 1,0120 ha und 1,0042 ha, zusammen mithin landwirtschaftliche
Flächen von 3,2165 ha zum Kaufpreis von 20.000,00 €. Den Antrag des Notars auf
Genehmigung des Vertrages nach § 2 Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) bzw.
Erteilung eines Negativattestes nach § 5 GrdstVG lehnte das Amt für ländliche
Räume als Genehmigungsbehörde fristgerecht innerhalb der Frist des § 6 GrdstVG
mit Bescheid vom 17. November 2005 ab unter gleichzeitiger Bekanntgabe, dass
die Beteiligte zu 3) ihr Vorkaufsrecht gemäß §§ 4 Abs. 1, 6 Reichssiedlungsgesetz
(RSG) ausgeübt habe. Zur Begründung führte die Genehmigungsbehörde aus,
dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens im Sinne
des § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdstVG bedeute, weil sie Maßnahmen zur
Verbesserung der Agrarstruktur widerspreche. Die Antragsteller seien keine
Landwirte. Demgegenüber sei ein hauptberuflicher Landwirt vorhanden, der die
landwirtschaftlichen Flächen für die Aufstockung seines entwicklungsfähigen
Betriebes zu dem im Vertrag vereinbarten Kaufpreis erwerben wolle und könne.
Für diesen wolle die Beteiligte zu 3) die Flächen erwerben. Gegen diesen Bescheid
haben die Antragsteller fristgerecht einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung
eingereicht.
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Die Antragsteller haben die Auffassung vertreten, die Veräußerung habe gemäß §
2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG keiner Genehmigung bedurft, weil jedes der veräußerten
Flurstücke unterhalb der Freigrenze von 2 ha gemäß Art. 1 des Gesetzes zur
Durchführung des Grundstücksverkehrsgesetzes des Landes Schleswig-Holstein
liege. Jedes der Flurstücke sei ein eigenständiges Grundstück im Sinne des
Grundstücksverkehrsgesetzes. Denn das Grundstücksverkehrsgesetz verstehe
unter einem Grundstück ein Grundstück im Rechtssinne, also einen räumlich
abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines
Grundbuchblatts ohne Rücksicht auf die Art der Nutzung unter einer besonderen
Nummer eingetragen sei. Die Veräußerung mehrerer Grundstück im Rechtssinne
sei auch dann nicht genehmigungspflichtig, wenn sie in ihrer Summe die
Genehmigungsfreigrenze überschritten. Anderenfalls würde, wie bereits Hötzel in
Agrarrecht 1983, 176, überzeugend ausgeführt habe, durch die Hintertür der
wirtschaftliche Grundstücksbegriff in das Genehmigungsverfahren eingeführt,
obgleich der Gesetzgeber vom Begriff des Grundstücks im Rechtssinne
ausgegangen sei.
Zu berücksichtigen sei, dass die Eigentümerin ohne weiteres nacheinander die
Grundstücke im Rechtssinne innerhalb der Freigrenze hätte veräußern können,
ohne dass dies grundstücksverkehrsrechtlich zu beanstanden gewesen wäre. Die
Zusammenfassung dieser Grundstücke in einem Vertrag sei lediglich aus Gründen
der Zweckmäßigkeit erfolgt. Der wirtschaftliche Grundstücksbegriff -definiert als
Mehrheit von Grundstücken, die räumlich oder wirtschaftlich zusammenhängen -
finde nur in der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrdstVG Anwendung, wo nämlich
zwischen dem Grundstück und einer Mehrheit von Grundstücken differenziert
werde und es um die unwirtschaftliche Verkleinerung oder Aufteilung dieser
Grundstücke gehe. Diese Vorschrift sei indes hier nicht anwendbar, weil die
Veräußerung wegen Unterschreitung der Freigrenzen gar nicht
genehmigungspflichtig sei.
Die Antragsteller haben beantragt,
festzustellen, dass der Kaufvertrag nicht der Genehmigung des Amtes für
Ländliche Räume bedürfe.
Die Beteiligte zu 3) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, das Reichssiedlungsgesetz verstehe unter
Grundstück nicht das Grundstück im Rechtssinne, sondern stelle auf die
wirtschaftliche Zusammengehörigkeit ab. Das entspreche auch der ständigen
Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts. Dazu hat sie
auf die Entscheidung des Senats vom 9. November 2004 - 3 WLw 21/04 -
verwiesen, der die Veräußerung von zwei Grundstücken der Größe von 1,775 ha
bzw. 1,6997 ha zugrundegelegen hätte und in der davon ausgegangen worden sei,
dass die Freigrenze nach dem Reichssiedlungsgesetz überschritten worden sei.
Das angehörte Amt für Ländliche Räume hat die Auffassung vertreten, die
Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3)
gemäß § 4 RSG seien erfüllt. Entscheidend sei, dass landwirtschaftliche
Grundstücke von mehr als 2 ha veräußert worden seien, die zusammenlägen und
eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Sie seien zu einem einheitlichen, nicht nach
einzelnen Flurstücken aufgegliederten Kaufpreis verkauft worden. Die
Zusammengehörigkeit werde auch dadurch untermauert, dass die Flurstücke in
einer Einheit an einen Pächter verpachtet seien, der die Fläche seit Jahren in einem
Stück bewirtschafte. Natürliche Grenzen seien zwischen den Flurstücken nicht
gegeben und nicht zu erkennen. Im Übrigen seien die Flurstücke im
Bestandsverzeichnis unter derselben Wirtschaftsart und Lage erfasst. Die
Qualifizierung der Flurstücke als ein einheitliches Grundstück sei daher
gerechtfertigt.
Das Landwirtschaftsgericht hat den Feststellungsantrag der Antragsteller
zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, immer dann, wenn
zusammenhängend liegende und bewirtschaftete Grundstücke von mehr als 2 ha
verkauft würden, bestehe die Genehmigungspflicht nach dem
Grundstücksverkehrsgesetz. Hiervon sei auch der Senat in dem Verfahren 3 WLw
21/04 in einem vergleichbaren Fall ausgegangen. Die Betrachtungsweise der
Antragsteller, die sich lediglich auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 des
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Antragsteller, die sich lediglich auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 des
Grundstücksverkehrsgesetzes beziehe, überzeuge nicht. Einzubeziehen sei auch
das Reichssiedlungsgesetz. Danach sei von einem in beiden Gesetzen gleichen
Grundstücksbegriff auszugehen, weil ansonsten ein Vorkaufsrecht bestehen, auf
der anderen Seite aber Genehmigungsfreiheit vorliegen könnte.
Mit der sofortigen Beschwerde halten die Antragsteller daran fest, dass das
Grundstücksverkehrsgesetz unter einem Grundstück das Grundstück im
Rechtssinne und nicht im wirtschaftlichen Sinne verstehe, wie der
Bundesgerichtshof wiederholt entschieden habe. Die Frage, ob eine Mehrheit von
Grundstücken räumlich oder wirtschaftlich zusammenhänge, sei gemäß § 9 Abs. 1
Nr. 2 GrdstVG lediglich bei der Verkleinerung oder Aufteilung eines wirtschaftlichen
Grundstücks zu beantworten. Daraus könne ohne weiteres der Umkehrschluss
gezogen werden, dass die Frage der räumlichen oder wirtschaftlichen
Zusammengehörigkeit mehrerer Grundstücke für die Frage der
Genehmigungspflicht im Falle der Veräußerung mehrerer Grundstücke im
Rechtssinne unbedeutend sei, soweit die einzelnen Grundstücke die Freigrenze
von 2 ha nicht überschritten.
Die Beteiligte zu 3) und die Genehmigungsbörde verteidigen den angefochtenen
Beschluss.
II.
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller ist gemäß §§ 22 LwVG, 22 Abs. 1 FGG
statthaft, insbesondere auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat in
der Sache auch Erfolg.
Der Feststellungsantrag ist zulässig, weil die Antragsteller damit der Sache nach
ein Negativzeugnis gemäß § 5 GrdstVG begehren. Er ist auch begründet.
Das Veräußerungsgeschäft ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG i.V.m. dem Gesetz
des Landes Schleswig-Holstein zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung des
Grundstücksverkehrsgesetzes vom 21. Februar 1996 (GVOBl. Schl.-H, Seite 231)
genehmigungsfrei. Danach bedarf die Veräußerung von Grundstücken, die nicht
größer als 2 ha sind, keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz.
Die Frage, was unter Grundstück im Sinne des Grundstücksverkehrsgesetzes zu
verstehen ist, hat der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom
19. Dezember 1967 (BGHZ 49, 145, 146) entschieden. Er hat dort ausgesprochen,
das Grundstücksverkehrsgesetz verstehe unter einem Grundstück das Grundstück
im Rechtssinne (und nicht im wirtschaftlichen Sinne), also einen räumlich
abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines
Grundbuchblattes ohne Rücksicht auf die Art der Nutzung unter einer besonderen
Nummer eingetragen ist, und vertritt dies in ständiger Rechtsprechung (z. B. BGH
AgrarR 1971/72, 121, 122; BGH AgrarR 1985, 300; BGH AgraR 1986, 211). Dies
entspricht auch der heutigen Auffassung in der Literatur (Netz,
Grundstücksverkehrsgesetz, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2004, § 1 GrdstVG Anm.
4.1.3, Seite 203; Hötzel, Freigrenzen im Grundstücksverkehrsrecht, AgrarR 1983,
176; Haegele, Die Beschränkungen im Grundstücksverkehr, 3. Aufl. 1970, Rn. 71 i.
V. m. Rn. 26).
Da die veräußerten Flurstücke unter eigenständigen Nummern im
Bestandsverzeichnis geführt werden, handelt es sich grundstücksverkehrsrechtlich
um drei Grundstücke im Rechtssinne. Ist aber vom Grundstück im Rechtssinne
auszugehen, so ist die Übertragung mehrerer Grundstücke, die jeweils unter der
Freigrenze liegen, nicht genehmigungsbedürftig. Dabei ist es unerheblich, ob die
Übertragung verschiedener Grundstücke in einem Vertrag oder in mehreren
selbständigen Vereinbarungen vorgesehen ist. Ein nach § 134 BGB unzulässiges
Umgehungsgeschäft würde auch bei getrennten Veräußerungen nicht vorliegen
(BGH AgrarR 1986, 211). Das wäre nur dann der Fall, wenn aus einem einzelnen
Grundstück im Rechtssinne nach einem einheitlichen Plan mehrere Trennstücke,
die jeweils unterhalb der Freigrenze, zusammen aber über der Freigrenze liegen,
gebildet und dann gleichzeitig oder nacheinander veräußert werden. In einem
solchen Fall bestände ein innerer Zusammenhang zwischen den Rechtsgeschäften
und handelte es sich nach einem einheitlichen Plan um ein
Zerstückelungsgeschäft zur Umgehung der Freigrenzen, das deshalb als eine
Einheit behandelt werden und genehmigungsbedürftig wäre BGH NJW 1993,648;
(Netz, a.a.O., § 2 GrdstVG, Anm. 4.2.13.3.2). Ein solches Zerstückelungsgeschäft
ist hier indes nicht gegeben. Ausweislich des beigezogenen Grundbuchs von B.
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ist hier indes nicht gegeben. Ausweislich des beigezogenen Grundbuchs von B.
Blatt … sind die im Bestandsverzeichnis zur laufenden Nr. 4, 5 und 6 am 6. August
1988 vom Grundbuch B. Blatt ... übertragen worden, mithin seit Jahrzehnten drei
selbständige Grundstücke im Rechtssinne.
Wenn auch das Grundstücksverkehrsgesetz unter Grundstück nur das Grundstück
im Rechtssinn versteht, können die Länder im Rahmen der ihnen in § 2 Abs. 3 Nr.
2 GrdstVG eingeräumten Ermächtigung nicht nur festlegen, dass die Veräußerung
von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe genehmigungsfrei ist, sondern
auch normieren, dass zusätzlich gewissen wirtschaftlichen Gesichtspunkten
Rechnung getragen sein muss (BGHZ 49, 145, 148) oder für die Freigrenzen auch
auf einen Grundstücksbegriff im wirtschaftlichen Sinne abstellen (Netz, a. a. O., § 1
GrdstVG, Anm. 4.1., Seite 203 ff.). So hat Baden-Württemberg beispielsweise in §
1 des Gesetzes über die Freigrenze im land- und forstwirtschaftlichen
Grundstücksverkehr in der Fassung vom 14. März 1994 (GBl. Seite 181) u. a.
bestimmt, dass von der Genehmigungspflicht nach § 2 Abs. 1 GrdstVG die
Veräußerung eines Grundstücks, das weder selbst noch zusammen mit anderen
Grundstücken des Veräußerers, mit denen es eine zusammenhängende Fläche
bildet, ausgenommen ist, wenn bestimmte Größen nicht überschritten werden. §
46 Abs. 1 S. 1 des Ausführungsgesetz des Landes Sachsen vom 12. Dezember
1997 (GVBl. 1997, S. 638) bestimmt, dass - abgesehen von Veräußerungen an
Gemeinden, Verwaltungsverbänden oder Landkreise - alle Veräußerungen von
Grundstücken, die eine bestimmte Größe nicht überschreiten keiner Genehmigung
bedürfen. Gleichzeitig ist in § 46 Abs. 1 S. 2 des Ausführungsgesetzes aber
geregelt, dass dann, wenn das Grundstück mit anderen Grundstücken des
Veräußerers eine zusammenhängende Fläche bildet, als Grundstück im Sinne von
S. 1 die jeweils einheitlich bewirtschaftete Fläche gilt. In Bayern bedarf nach dem
Zweiten Verwaltungsreformgesetz vom 28.3.2000 (Bayr. GVBl. 2000, S. 136; bei
Netz. S. 98) die Veräußerung bis zu einer Größe vom 2 ha keiner Genehmigung.
Anderes gilt nach Art. 2 Abs. Nr. 2 des Ausführungsgesetzes aber, wenn innerhalb
von drei Jahren vor der Veräußerung aus dem gleichen Grundbesitz im Rahmen
der Freigrenze land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke veräußert worden sind
und bei Einrechnung dieser Veräußerung die Fläche von 2 ha erreicht wird.
Derartige wirtschaftliche Bezüge hat der Gesetzgeber in Schleswig-Holstein indes
nicht normiert. Er hat, dem Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage in § 2 Abs. 3 Nr.
2 GrdstVG entsprechend, lediglich bestimmt, dass "die Veräußerung von
Grundstücken, die nicht größer als 2 ha sind", keiner Genehmigung nach dem
Grundstücksverkehrsgesetz bedarf und hat damit den Grundstücksbegriff im
Rechtssinne, wie er dem Grundstücksverkehrsgesetz zugrunde liegt,
uneingeschränkt übernommen.
Zwar mag die vom Schleswig-Holsteinischen Gesetzgeber gewählte Freigrenze von
2 ha, die mit der Grundstücksgröße für das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht
gemäß § 4 Abs. 1 RSG korrespondiert, dafür sprechen, dass der Gesetzgeber
möglicherweise eine Harmonisierung zwischen dem Grundstücksverkehrsgesetz
und dem Reichssiedlungsgesetz hat herbeiführen wollen. Anders als in § 2 Abs. 1
GrdstVG ist im Bereich des Reichssiedlungsgesetzes bei der Ausübung des
siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts weiterhin der wirtschaftliche
Grundstücksbegriff maßgebend (BGH NJW 1997, 1073, 1074). Grundstück ist
danach jeder einheitlich bewirtschaftete Grundbesitz. Es kommt nicht
entscheidend darauf an, wie das Grundstück im Grundbuch eingetragen ist,
insbesondere, ob es auf einem oder mehreren Grundbuchblättern verzeichnet ist
oder im Bestandsverzeichnis eigenständige Grundstücksnummern hat, sondern
allein auf die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit (Senat SchlHA 1997, 159, 160;
2001, 287, 288, Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - 3 WLw 21/04 -). Es
entspricht feststehender Rechtsprechung und Literaturmeinung, dass bei
Veräußerung mehrerer landwirtschaftlicher Grundstücke, die jeweils unter der
Größe von 2 ha liegen, zusammen aber die Größe von 2 ha überschreiten, für die
Größe von 2 ha aufwärts gemäß § 4 Abs. 1 RSG die Summe der Grundstücke
maßgeblich ist, wenn der veräußerte Grundbesitz ein Grundstück im
wirtschaftlichen Sinne ist (BGH AgrarR 1985, 300; AgrarR 2001, 382;
Senatsbeschluss vom 9. November 2004 - 3 WLw 21/04 - Seite 9/10; Netz, a. a. O.,
§ 4 RSG Anm. 4.35.3.1.6, Seite 988; Pikalo-Bendel, Grundstücksverkehrsgesetz, §
27 II.1. zu § 4 Abs. 1 RSG a) ee), Seite 1110; Hörsting, Agrarrecht 1998, 180, 185).
Dies rechtfertigt es aber nicht, trotz Fehlens einer gesetzlichen Regelung im
Ausführungsgesetz zum Grundstücksverkehrsgesetz, durch die wirtschaftliche
Erwägungen in das Grundstücksverkehrsgesetz hineingetragen werden, wie es
etwa in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen geschehen ist, ohne irgendeine
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etwa in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen geschehen ist, ohne irgendeine
Andeutung im Gesetzestext des Ausführungsgesetzes in Schleswig-Holstein
wirtschaftliche Erwägungen in den Gesetzestext hineinzuinterpretieren. Das
Ausführungsgesetz in Schleswig-Holstein entspricht wörtlich dem Gesetzestext in §
2 Abs. 3 Nr. 3 GrdstVG., dem der Grundstücksbegriff im Rechtssinne zugrunde
liegt. Dann aber gilt dieser Grundstücksbegriff uneingeschränkt auch für das
Ausführungsgesetz. Denn bei verständiger Würdigung muss davon ausgegangen
werden, dass mit ein und demselben Begriff in einem Ausführungsgesetz, das
wörtlich der Ermächtigungsgrundlage entspricht, aufgrund der es ergangen ist,
auch dasselbe gemeint ist wie mit dem entsprechenden Begriff in der
Ermächtigungsgrundlage, wenn wie hier nichts abweichendes bestimmt ist.
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof für den Anwendungsbereich der
Freigrenzenregelung in Nordrhein-Westfalen gemäß dem Ausführungsgesetz zum
Grundstücksverkehrsgesetz vom 14. Juli 1981 (GVOBl. S. 403, abgedruckt auch bei
Netz, aaO. S. 135), die der Regelung in Schleswig-Holstein wörtlich entspricht,
lediglich eine andere Größe für die Freigrenze vorsieht, bereits entschieden, dass
bei Veräußerung mehrerer Flurstücke mit eigenen Nummern im
Bestandsverzeichnis, von denen jedes innerhalb der Freigrenze liegt, die in ihrer
Summe die Freigrenze aber überschreiten, die Veräußerung auch dann
genehmigungsfrei ist, wenn die Grundstücke aufgrund eines einheitlichen Vertrags
übertragen werden sollen (BGH AgrarR 1986, 211; ebenso Netz, aaO, § 2 GrdstVG,
Anm. 4.2.13.3.3, S. 299).
Die unterschiedlichen Grundstücksbegriffe im Grundstücksverkehrsgesetz und
Reichssiedlungsgesetz führen im Ergebnis bei richtiger Rechtsanwendung nicht zu
widersprüchlichen Entscheidungen. Denn die Ausübung des siedlungsrechtlichen
Vorkaufsrechts ist nach der ausdrücklichen Regelung in § 4 RSG nur dann unter
bestimmten Voraussetzungen möglich, "wenn die Veräußerung einer
Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vom 28. Juli 1961
(Bundesgesetzblatt I S. 1091) bedarf", was innerhalb der Freigrenze nach § 2 Abs.
3 GrdstVG aber gerade nicht der Fall ist (Haegele. Die Beschränkungen im
Grundstücksverkehr, 3. Aufl. Rn. 72. Netz, daO, § 4 RSG, Anm. 4.35.3.1.6.3,
Beispiel 8, S. 996; Hötzel AgraR 1983, 176, 178, 179). Soweit der Senat in der
Entscheidung 3 W 21/04 - der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
entsprechend - ausgeführt hat, das § 4 Abs. 1 RSG das Grundstück im
wirtschaftlichen Sinne meint, ändert dies nichts daran, das für die Ausübung des
Vorkaufsrechts weitere Voraussetzung ist, dass die Veräußerung überhaupt einer
Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedarf, auch wenn das in der
genannten Entscheidung nicht ausdrücklich erörtert worden ist. Das aber ist
vorliegend nicht der Fall.
Der Senat hält es für billig, dass es bei dem Grundsatz der Freiwilligen
Gerichtsbarkeit bleibt, dass jeder Beteiligte seine eigenen Auslagen trägt. Eine
Erstattungsanordnung nach § 45 LwVG zu Lasten der Beteiligten zu 3) wäre nicht
angemessen, weil sie aufgrund der früheren Senatsentscheidung 3 W 21/04, der
ein vergleichbarer Sachverhalt zugrundelag, davon ausgehen durfte, dass im
Grundstücksverkehrsgesetz und im Reichssiedlungsgesetz identische
Grundstücksbegriffe gelten.
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 36 Abs. 2 LwVG i. V. m. § 30
KostO.