Urteil des OLG Saarbrücken vom 22.02.2011

OLG Saarbrücken: fahrzeug, rücktritt, mangel, nachbesserung, hauptsache, vorführung, rechtshängigkeit, abweisung, aufmerksamkeit, antritt

OLG Saarbrücken Urteil vom 22.2.2011, 4 U 557/09 - 160
Leitsätze
Eine ernsthafte Verweigerung der Nacherfüllung im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB kann
schon dann gegeben sein, wenn der Verkäufer das Vorliegen eines Mangels anlässlich einer
der Mängelfeststellung dienenden Überprüfung der Kaufsache nachhaltig geleugnet. Auch
das Prozessverhalten ist in die rechtliche Würdigung einzubeziehen: Eine nachhaltige
Erfüllungsweigerung liegt nahe, wenn der Verkäufer das Vorliegen der Mängel nicht lediglich
leugnet, sondern er dem Käufer unterstellt, dass er die Kaufsache aus Kaufreue
zurückgeben will.
Tenor
1. Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung des
Klägers das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 15.10.2009 – 9 O 172/09 –
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a. Es wird festgestellt, dass die Hauptsache erledigt ist, soweit der Kläger die Beklagte auf
Zahlung eines Betrages von 22.416,17 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.3.2008 Zug um Zug gegen Rückgabe
des mit Kaufvertrag vom 21.1.2008 erworbenen Fahrzeugs der Marke VW-Golf Plus in
Anspruch genommen hat und die Feststellung begehrt hat, dass sich die Beklagte in
Annahmeverzug befinde.
b. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 12%, die Beklagte 88%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für alle bis zum 11.3.2010
entstandenen Gebühren auf 25.986 EUR, danach auf 7.461,82 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt der Kläger das beklagte Autohaus auf Rückabwicklung
eines Kfz-Kaufvertrages in Anspruch:
Am 21.1.2008 erwarb der Kläger bei der Beklagten einen Neuwagen der Marke VW-Golf
Plus zum Preis von 25.686 EUR (Bl. 4 d. A.).
In der Folgezeit stellte der Kläger das Fahrzeug bei der Beklagten vor und rügte Mängel. Mit
Anwaltsschreiben vom 12.3.2009 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag und
forderte die Beklagte auf, den Kaufpreis bis spätestens 27.3.2009 zurückzuzahlen. Das
Fahrzeug wies zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem
Landgericht eine Laufleistung von circa 19.800 km auf.
Der Kläger hat vorgetragen, innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs
seien an dem Fahrzeug verschiedene technische Mängel aufgetreten: So wechsele die
Menü-Einstellung automatisch in ein anderes Display; das Radio schalte sich automatisch
ein oder wechsele in einen anderen Sender. Die Regensensoren seien fehlerhaft. Die
Lichteinstellung stimme nicht. Schließlich öffneten sich die Scheiben automatisch,
insbesondere wenn sich das Fahrzeug in einer Waschanlage befinde. Schließlich sei die
automatische Gangauswahl fehlerhaft. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte sei
mehrfach, erstmals etwa sechs bis sieben Wochen nach Übergabe des Fahrzeugs
aufgefordert worden, die aufgezeigten Mängel zu beseitigen. Ein im Januar 2009
aufgespieltes neues Softwareprogramm habe keine Besserung gebracht.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von
25.686 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 28.3.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen
Rückgabe des Fahrzeugs;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befinde;
3. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an den Kläger die
außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von
1.196,43 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat die vom Kläger behaupteten Mängel mit
Nichtwissen bestritten und vorgetragen, sie habe die vom Kläger gerügten Mängel weder
durch Vorführung noch durch das Auslesen sämtlicher Fehlerspeicher nachvollziehen
können. Der Rücktritt sei unwirksam, da ihr die Möglichkeit zur zweiten Nachbesserung
nicht gewährt worden sei. Hilfsweise hat die Beklagte mit einem Anspruch auf
Nutzungsentschädigung aufgerechnet, den sie bei einer Laufleistung von 19.000 km mit
3.269,83 EUR beziffert hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung
wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
ZPO Bezug genommen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung wendet sich der Kläger gegen die Abweisung der
Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung sei
entbehrlich gewesen, weil die Beklagte die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig
verweigert habe. Die Beklagte habe sich außergerichtlich dem Kläger gegenüber
durchgehend auf den Standpunkt gestellt, dass keine Mängel am Fahrzeug vorlägen. Indem
sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt habe, dass deswegen eine Nacherfüllung
nicht infrage komme, habe sie zumindest konkludent die Nacherfüllung ernsthaft und
endgültig verweigert. Unter diesen Umständen seien die Voraussetzungen des § 323 Abs.
2 Nr. 3 BGB erfüllt. Indem die Beklagte das Vorliegen von Mängeln insgesamt negiere,
rechtfertige dieses Verhalten den sofortigen Rücktritt durch den Kläger.
Der Kläger hat zunächst mit seiner Berufung unter Abänderung der angefochtenen
Entscheidung seine erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Nachdem
die Parteien hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 2) eine kulanzweise Regelung getroffen
haben, hat der Kläger die Klageanträge zu 1) und 2) für erledigt erklärt. Dieser Erledigung
hat sich die Beklagte nicht angeschlossen.
Der Kläger beantragt (zuletzt),
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom
15.10.2009, 9 O 172/09
1. festzustellen, dass die Hauptsache hinsichtlich der Klageanträge zu
1) und 2) erledigt ist;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtlich
entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.196,43 EUR nebst
Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über den
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, in der Mitteilung der Beklagten, wonach die
gerügten Mängel nicht objektivierbar seien, liege keine Erfüllungsverweigerung. Die
Mitteilung bedeute lediglich, dass das Fahrzeug bei der Vorführung stets mangelfrei
gewesen sei.
Der Senat hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 1.2.2011/14.10.2010 durch die
Vernehmung der Zeugin Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1.2.2011 (Bl.
126 ff. d. A.) Bezug genommen.
II.
A.
Die zulässige Berufung hat im tenorierten Umfang (anteilig) Erfolg, da die angefochtene
Entscheidung auf einem Rechtsfehler beruht (§ 513 Abs. 1 ZPO).
1. Nachdem nur der Kläger die Hauptsache hinsichtlich des Klageantrags zu 1) für erledigt
erklärt hat, war über den nunmehr gestellten Feststellungsantrag – die Umstellung des
Klageantrags begegnet gem. § 264 Nr. 2 ZPO keinen Bedenken – zu entscheiden. Das
erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus dem Kosteninteresse des Klägers.
2. Die auf Feststellung gerichtete Klage hat teilweise Erfolg, da die Klage zum Zeitpunkt
des erledigenden Ereignisses im tenorierten Umfang zulässig und begründet war.
a) Der Kläger hat die Beklagte unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der kaufvertraglichen
Gewährleistung (§ 433 Abs. 1, § 434 Abs. 1, § 437 Nr. 2, § 323 BGB) auf Rückabwicklung
eines Neuwagenkaufs in Anspruch genommen. An der Wirksamkeit des Rücktritts
bestehen entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Bedenken.
aa) Nach dem Ergebnis der im Berufungsrechtszug durchgeführten Beweisaufnahme steht
zur Überzeugung des Senats fest, dass das Fahrzeug sowohl bei Gefahrübergang als auch
zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung unter einem Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2
Nr. 1 und 2 BGB litt.
Die Zeugin hat anschaulich beschrieben, dass das Fahrzeug innerhalb der nach § 476 BGB
maßgeblichen Frist und noch bis zur Rücktrittserklärung erhebliche Mängel im Bereich der
Elektronik aufwies:
Als gravierend ist zu gewichten, dass sich die Fenster des Fahrzeugs häufig ohne eigenes
Zutun des Fahrers absenkten. Die Zeugin hat hierzu geschildert, sie habe das Fahrzeug vor
Antritt einer Busurlaubsreise auf einem Parkplatz abgestellt und das Fahrzeug nach ihrer
Rückkehr mit heruntergelassenem Fenster vorgefunden. Sie sei sich sicher, dass die
Fenster vor Antritt der Reise geschlossen gewesen seien. Auch im täglichen Fahrbetrieb
habe sie mehrfach festgestellt, dass die Fenster nach ihrer Rückkehr zum geparkten
Fahrzeug offen gestanden hätten. Ihr Ehemann habe ihr berichtet, dass sich das
Fahrerfenster einmal während eines Waschvorgangs in einer Autowaschanlage geöffnet
habe.
Der Senat verkennt nicht, dass es für jedes einzelne von der Zeugin bekundete Ereignis
Gründe für das offen stehende Fenster geben mag, die nicht zwingend auf einen Mangel
des Fahrzeugs hindeuten. So ist es denknotwendig nicht ausgeschlossen, dass es ein
Fahrer mitunter übersehen kann, offene Fenster zu schließen. Allerdings ist diese
theoretische Möglichkeit nicht geeignet, die Häufigkeit der Ereignisse zu erklären. Gerade
weil die Aufmerksamkeit der Zeugin schon durch das erste Ereignis auf den Schließzustand
der Fenster gerichtet war, spricht alles dafür, dass die Zeugin bei späteren Fahrten mit
dem Fahrzeug den Fenstern eine besondere Aufmerksamkeit schenkte. Auch die
Möglichkeit, dass ein unachtsames Hantieren mit dem Fahrzeugschlüssel Auslöser für den
Fenstermechanismus gewesen sein mag, entlastet die Beklagte nicht: Ein Schlüssel muss
so konstruiert sein, dass nicht kleinste Erschütterungen zu unbeabsichtigten
Betriebsvorgängen eines abgestellten Fahrzeugs führen. Überdies wäre ein solcher
Zusammenhang keine hinreichende Erklärung dafür, weshalb sich das Fenster in der
Waschanlage öffnete.
Ein weiterer Mangel bestand in der fehlerhaften Funktion der Regensensoren. Die Zeugin
hat glaubhaft ausgesagt, dass die Regensensoren nicht bestimmungsgemäß
funktionierten. Auch die von der Zeugin geschilderte Problematik beim Abschalten des
Fahrlichts, das erst bei erneutem Starten des bereits abgestellten Fahrzeugs
ausgeschaltet werden konnte, beeinträchtigte den vertragsgemäßen Fahrzeuggebrauch.
bb) Es kann dahinstehen, ob jeder einzelne Mangel die Grenze der Erheblichkeit (§ 323 Abs.
5 S. 2 BGB) übersteigt. Denn in jedem Fall erreichten die einzelnen Beeinträchtigungen des
Gebrauchs der Kaufsache die Grenze, die ein Neuwagenkäufer unter Beschränkung auf die
sonstigen kaufvertraglichen Gewährleistungsansprüche hinnehmen muss. Die Mängel in der
Elektronik sind in ihrer Gesamtschau so gewichtig, dass das Rücktrittsbegehren des
Klägers nicht unbillig erscheint.
cc) Soweit das Landgericht die Auffassung vertreten hat, der Rücktritt sei deshalb
ausgeschlossen, weil der Kläger der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat
(§ 323 Abs. 1 BGB), vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Das Landgericht hat
die Anforderungen an das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen
Leistungsverweigerung im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB, die vom Erfordernis der
Fristsetzung zur Nacherfüllung suspendiert (§ 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 S. 1 BGB),
überspannt:
Nach maßgeblicher Auffassung (BVerfG, Beschl. v. 26.9.2006, 1 BvR 2389/04, ZGS 2006,
470; Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 440 Rdnr. 20; Erman/Westermann, BGB, 12.
Aufl. § 281 Rdnr. 16) kann eine ernsthafte Verweigerung der Nacherfüllung schon dann
gegeben sein, wenn der Verkäufer das Vorhandensein eines Mangels nachhaltig leugnet. In
die rechtliche Prüfung ist auch das Prozessverhalten des Verkäufers einzubeziehen (BVerfG
ZGS 2006, 470; vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1983, VII ZR 139/82, NJW 1984, 1460): Zwar wird
man in dem bloßen Bestreiten des Mangels im Regelfall noch keine endgültige und
ernsthafte Ablehnung der Nacherfüllung erblicken können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn
der Verkäufer mit dem Bestreiten zugleich rügt, ihm sei keine Möglichkeit zur
Nachbesserung gegeben worden (BGH, Urt. v. 21.12.2005, VIII ZR 49/05, MDR 2006,
677). Andererseits lässt die Zusammenschau von Prozessverhalten und
außerprozessualem Geschehen den Rückschluss auf eine endgültige
Erfüllungsverweigerung umso eher zu, je nachhaltiger der Verkäufer das Vorliegen der
Mängel bestreitet. Auch ist zu würdigen, ob der Verkäufer die Einwendung der fehlenden
Fristsetzung lediglich zum Erreichen seines Prozessziels erhebt oder ob er zu erkennen
gibt, auch auf der tatsächlichen Ebene zu einer erneuten Überprüfung der Mängelrüge nicht
bereit zu sein.
Im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt durfte der Kläger das Verhalten der Beklagten
als endgültige Erfüllungsverweigerung verstehen. Es steht außer Streit, dass der Kläger
zumindest einmal bei der Beklagten vorstellig wurde und Mängel rügte. Bei dieser
Vorführung wurde das Fahrzeug – so der Vortrag der Beklagten – untersucht und an das
entsprechende Diagnosegerät angeschlossen. Nachdem sich hierbei keinerlei Fehler
zeigten, gab die Beklagte das Fahrzeug dem Kläger offensichtlich mit dem Bemerken
zurück, dass eine Nachbesserung mangels Vorhandensein von Fehlern (vgl.: „Fahrzeug war
mangelfrei“ Bl. 79) nicht möglich sei. In einer solchen Situation durfte der Kläger das
Verhalten der Beklagten als endgültige und ernstliche Erfüllungsverweigerung bewerten.
Eine andere Sichtweise wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Beklagte das
Fahrzeug dem Kläger mit dem Bemerken zurückgegeben hätte, er möge das Fahrzeug
doch beim erneuten Auftreten der Fehler wieder vorstellen. Dass sich die Beklagte in
diesem Sinne geäußert hätte, ist nicht vorgetragen. Dem steht der Wortlaut des
Schreibens vom 18.3.2008 (Bl. 5 d. A.) entgegen, in dem die Beklagte das Vorliegen von
Mängeln nachhaltig abstritt und dem Wandlungsbegehren allein mit dem Hinweis auf die
Mangelfreiheit aus Sicht des Klägers endgültig entgegentrat.
Dieses Verständnis deckt sich mit dem prozessualen Vortrag: Auch im Prozess beschränkt
sich die Beklagte nicht darauf, das Vorhandensein von Mängeln mit Nichtwissen zu
bestreiten. Die Beklagte verstärkt ihr Bestreiten mit dem Hinweis auf das negative
Ausleseergebnis des Steuergeräts. Sie versteigt sich überdies zu der die Grenze des
Betrugsvorwurfs erreichenden Vermutung, dass der Kläger das Fahrzeug wegen Kaufreue
zurückgeben möchte. Die im Schriftsatz der Klägervertreter vom 6.8.2009 enthaltene
Aufforderung, die Mängel binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zugang des
Schriftsatzes zu beseitigen, griff die Beklagte nicht auf. In einer solchen Situation bestand
aus Sicht des Klägers kein Anlass für das Vertrauen, dass die hinsichtlich der Mangelfreiheit
offensichtlich schon festgelegte Beklagte durch das Setzen einer Nachfrist zu einer
besseren Einsicht gelangt wäre und sich einer erneuten Überprüfung des Fahrzeugs, die
nicht angeboten wurde, mit der erforderlichen Unvoreingenommenheit gewidmet hätte.
b) Nach dem wirksam erklärten Rücktritt stand dem Kläger gemäß § 346 Abs. 1 BGB ein
Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu. Allerdings hatte auch die Hilfsaufrechnung
der Beklagten Erfolg, da der Kläger gemäß § 346 Abs. 2 BGB für die gezogenen Nutzungen
Wertersatz leisten muss (vgl. BGHZ 182, 241). Die Höhe des für eine Laufleistung von
19.000 km geschuldeten Wertersatzes steht im Berufungsrechtszug außer Streit,
nachdem die Parteien im Termin vom 24.9.2009 (Bl. 42 d. A.) unstreitig gestellt haben,
dass die tatsächliche Laufleistung sogar 19.800 km betrug. Gegen die Berechnung des
Nutzungsausfalls (pro 1.000 km 0, 67% des Kaufpreises; im Sachverhalt 3.269,83 EUR)
bestehen keine Bedenken. Mithin war die Klage vor Eintritt des erledigen Ereignisses
lediglich in Höhe eines Betrages von 22.416,17 EUR begründet, weshalb der
Feststellungsausspruch hinsichtlich des Klageantrags zu 1) auf diese Summe zu begrenzen
war.
c) Darüber hinaus besaß der Kläger zur Vereinfachung der Vollstreckung (§ 765 Nr. 1 ZPO)
ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung des Annahmeverzuges.
3. Hinsichtlich des im Berufungsrechtszug aufrechterhaltenen Antrags auf Erstattung der
vorprozessualen Rechtsanwaltskosten unterliegt die Klage aus prozessualen Gründen der
Abweisung, da die Antragstellung zu beanstanden ist: Der Kläger klagt die Nebenforderung
als gewillkürter Prozessstandschafter der-Rechtsschutzversicherung ein, die die
außergerichtlichen Kosten bereits beglichen hat. Nachdem der Kläger die gewillkürte
Prozessstandschaft mit Schriftsatz vom 4.9.2009 (Bl. 39 d. A.) offengelegt hatte, war der
Kläger gehalten, nicht Leistung an sich selbst, sondern Leistung an den Rechtsinhaber zu
verlangen (vgl. BGHZ 32, 67, 71; Urt. v. 5.7.1991, V ZR 343/99, NJW-RR 1992, 61; Urt.
v. 22.12.1988, VII ZR 129/88, NJW 1989, 19, 32; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., vor §
50 Rdnr. 53; P/G/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 50 Rdnr. 45). Da der Kläger diesen
Rechtsgrundsätzen keine Beachtung geschenkt hat und das Gericht aufgrund § 308 Abs. 1
BGB daran gehindert ist, der Partei etwas anderes zusprechen, als sie selbst beantragt hat
(in der Leistung an einen Dritten liegt kein „weniger“, sondern ein „aliud“:
Zöller/Vollkommer, aaO, § 308 Rdnr. 3), war die Klage hinsichtlich der Nebenforderung
ohne weiteren Hinweis (§ 139 Abs. 2 S. 1 ZPO) abzuweisen.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Die Revision war nicht
zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch die Fortbildung des Rechts eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).