Urteil des OLG Oldenburg vom 17.01.2003

OLG Oldenburg: reisekosten, prozess, behandlung, geschäftssitz, wechsel, ausschluss, postulationsfähigkeit, vertretung, erlass, geschäftsführer

Gericht:
OLG Oldenburg, 15. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 15 W 3/03
Datum:
17.01.2003
Sachgebiet:
Normen:
ZPO 78, ZPO 91 Abs 2 S 1, ZPO 91 Abs 2 S 3
Leitsatz:
Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten und früheren Mahnanwalts
Volltext:
Oberlandesgericht Oldenburg
15 W 3/03
13 O 1377/02 – LG Oldenburg
B e s c h l u s s
In der Beschwerdesache
1. P... R..., ... , ... J...,
- Beklagter -
2. M... W ... , ... , ... A... ,
- Beklagter und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ... , ..., ... Br...
g e g e n
V... Bank GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer,
... , ... B... ,
- Klägerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte .... , ..., ... B...
hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den unterzeichneten Richter
am 17. Januar 2003
beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2. wird der Kostenfest-setzungsbeschluss der Rechtspflegerin des
Landgerichts Oldenburg vom 06.11.2002 insoweit aufgehoben, als Kosten von mehr als 1.531,90 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2002 festgesetzt worden sind. Im Umfang der
Aufhebung wird das Kostenfestsetzungsverfahren zur erneuten Behandlung unter Beach-tung der Rechtsauffassung
des Oberlandesgerichts an das Landgericht Oldenburg zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwer-
deverfahrens zu entscheiden haben wird.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 600,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Mit seiner gemäß §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 2 RpflG i. V. mit den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 und 569 Abs. 1 und 2 ZPO
zulässigen sofortigen Beschwerde gegen den Ko-stenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Oldenburg vom
06.11.2002 begehrt der Beklagte zu 2. die Absetzung der Kosten für den Unterbevollmächtigten (5/10 gemäß §§ 53,
31 I 1 BRAGO und 5/10 gemäß § 33 BRAGO) in Höhe von 501,12 €, die die Rechtspflegerin neben den Gebühren für
den Prozessbevollmächtigten (10/10 Pro-zessgebühr gemäß §§ 11, 31 I 1 BRAGO und 3/10 gemäß § 33 III BRAGO)
festge-setzt hat.
Das Rechtsmittel führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in dem sich aus dem Tenor
ergebenden Umfang und insoweit zur Zurückverweisung des Kostenfestsetzungsverfahrens an das Landgericht
Oldenburg zwecks erneuter Behandlung (§ 572 Abs. 3 ZPO).
Wird neben dem zuvor als Mahnanwalt tätig gewesenen am Wohnsitz der Klägerin in B... ansässigen
Prozessbevollmächtigten ein Unterbevollmächtigter zur Wahrneh-mung des Verhandlungstermins vor dem
Streitgericht in O... beauftragt, so sind die dadurch entstandenen Mehrkosten nur in dem Umfang erstattungsfähig, in
welchem für den Prozessbevollmächtigten Kosten für die Wahrnehmung des Gerichtstermins erspart worden sind
(vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Auflage, Rdnr. 13 zu § 91 ZPO, Stichwort: Reisekosten des Anwalts; OLG Düsseldorf
Rpfl. 2001, 148; OLG Zwei-brücken JurBüro 2001, 202). Ob dies nur gilt, wenn der Gläubiger nicht mit einem
Widerspruch des Schuldners gegen den Mahnbescheid rechnen musste, kann offen bleiben, da diese
Voraussetzung im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben ist.
Hier sind nur zwei Gebühren erstattungsfähig, nämlich die Prozess- und die Ver-handlungsgebühr für einen
Prozessbevollmächtigten. Auf die Tätigkeit des Prozess-bevollmächtigten im Verfahren über den Antrag auf Erlass
eines Mahnbescheids kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil diese Gebühr nach § 43 Abs. 2 BRAGO auf
die nachfolgende von dem Prozessbevollmächtigten verdiente Prozessgebühr anzurechnen ist. Nach der seit dem
01.01.2000 geltenden Fassung des § 78 ZPO stellt die gesonderte Inanspruchnahme eines Bevollmächtigten zur
Vertretung vor dem Prozessgericht keinen notwendigen Anwaltswechsel im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO mehr
dar, denn der am Wohn- oder Geschäftssitz des Gläubigers beauftragte auswärtige Mahnanwalt ist in der Lage, nach
dem Übergang der Sache in das Streitverfahren als Prozessbevollmächtigter seinen Mandanten vor jedem
Prozessgericht zu vertreten. Es ist im vorliegenden Fall auch nicht als eine zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen, dass für die
Wahrnehmung des Verhandlungstermins in O... ein unterbevollmächtigter Anwalt eingeschaltet wurde. Offensichtlich
hat sich die Klägerin der Tätigkeit des Unterbevollmächtigten bedient, um ihrem Prozessbe-vollmächtigten die
Anreise von B... nach O... zum Verhandlungstermin zu ersparen. Die in der Kostennote des Br...
Unterbevollmächtigten abgerechneten Gebühren und Auslagen mögen zwar tatsächlich entstanden sein. Damit steht
aber noch nicht fest, dass sich die prozessuale Kostenerstattungsverpflichtung der unterlegenen Beklag-ten auch
auf diese Mehrkosten erstreckt. Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO, der zufolge die Kosten mehrerer
Rechtsanwälte insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der
Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste, gelten auch nach der ab dem 01.01.2000 geltenden neuen
Fassung der ZPO. Da aus den genannten Gründen bei dem Übergang von dem Mahnverfahren in das Streitverfahren
kein notwendiger An-waltswechsel mehr vorliegt, hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass nur die Kosten für
die Inanspruchnahme eines Anwalts erstattungsfähig sind. Demgemäß sind die im Zusammenhang mit der Tätigkeit
des Unterbevollmächtigten entstande-nen Mehrkosten nur insoweit erstattungsfähig, als infolge der zusätzlichen
Beauftra-gung des Unterbevollmächtigten Kosten für die Terminswahrnehmung durch den Prozessbevollmächtigten
(Fahrt- und Abwesenheitsgelder) vermieden worden sind. Der Berücksichtigungsfähigkeit dieser fiktiven Kosten steht
nicht die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO entgegen, wonach der obsiegenden Partei die Mehrkosten nicht
zu erstatten sind, die dadurch entstehen, dass der bei dem Prozessgericht zu-gelassene Rechtsanwalt seinen
Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht befindet. § 91 Abs. 2 Satz 2
ZPO bezieht sich nicht auf die Postulationsfähigkeit, sondern ausschließlich auf die Zulassung nach § 18 ff. BRAO.
Ein Ausschluss der Erstattung von Reise- und Anwesenheitskosten wird demnach nur für den am Prozessgericht
zugelassenen Rechtsanwalt angeordnet, nicht jedoch für den am Sitz des Gläubigers mit der Beantragung eines
Mahnbe-scheids beauftragten Rechtsanwalt, der sich nach Einlegung des Widerspruchs mit der Notwendigkeit
konfrontiert sieht, seinen Mandanten bei einem auswärtigen Pro-zessgericht zu vertreten (vgl. OLG Düsseldorf
a.a.O.; OLG Frankfurt MDR 2000, 1215; OLG Oldenburg MDR 2002, 1457).
Es bleibt zu prüfen, welche fiktiven Kosten für die Wahrnehmung des Verhand-lungstermins in Oldenburg durch den
B... Prozessbevollmächtigten entstanden wä-ren. Diese Prüfung wird gemäß § 572 Abs. 3 ZPO der Rechtspflegerin
übertragen. Den Ansatz von Übernachtungskosten hält der Senat für nicht gerechtfertigt, da es den
Prozessbevollmächtigten zuzumuten gewesen wäre, rechtzeitig eine spätere Terminsansetzung zu beantragen.
Der Rechtspflegerin wird auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerde-verfahrens übertragen. Es hängt
von der Höhe der festzusetzenden Reisekosten ab, inwieweit noch Kosten des Beschwerdeverfahrens entstehen
werden.
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