Urteil des OLG Oldenburg vom 22.01.2002

OLG Oldenburg: dolmetscher, pflichtverteidiger, verfügung, behinderung, untersuchungshaft, wahlverteidiger, datum, vertrauensverhältnis

Gericht:
OLG Oldenburg, 01. Strafsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 1 Ws 18/02
Datum:
22.01.2002
Sachgebiet:
Normen:
StPO § 141, GVG § 185
Leitsatz:
Keine Entbindung des Pflichtverteidigers, weil die Hauptverhandlung nicht am Gerichtsort, sondern
auswärtig (hier: in Hannover) stattfindet. Zum Anspruch auf einen "Vertrauensdolmetscher" des
Angeklagten.
Volltext:
Der Rechtsanwalt war als Wahlverteidiger des Angeklagten tätig. Mit der Niederlegung des Wahlmandates ist er dem
Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Diese Beiordnung war mit Rücksicht darauf, dass der
Verteidiger mit dem angeklagten Sachverhalt vertraut ist und sich der Angeklagte bisher in Untersuchungshaft in der
Justizvollzugsanstalt Oldenburg befunden hat, sowie im Hinblick auf die in Kürze beginnende Hauptverhandlung
sachgerecht, zumal auch kein Anhalt für ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Angeklagten und seinem
Verteidiger besteht. Dass die Hauptverhandlung nicht in Oldenburg oder Osnabrück, sondern in Hannover stattfinden
wird, vermag die Aufhebung der Beiordnung zum Pflichtverteidiger nicht zu rechtfertigen. Die Erschwernisse, die
sich ohne Zweifel aus der - sachlich begründeten - Verlegung des Hauptverhandlungstermins nach Hannover
ergeben, stellen keinen Entbindungsgrund dar.
Soweit sich der Verteidiger mit der Beschwerde gegen die Ablehnung seines Antrages wendet, dem Angeklagten für
Gespräche mit ihm während der Hauptverhandlung einen Dolmetscher für die litauische bzw. russische Sprache auf
Kosten der Staatskasse beizuordnen, bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Das Landgericht hat für das Verfahren die
Beiziehung vereidigter Dolmetscher (zwei Dolmetscher/innen für die litauische Sprache und je eines
Dolmetschers/einer Dolmetscherin für die russische und polnische Sprache) beschlossen. Diese stehen auch für die
Gespräche der Verteidiger mit ihren Mandanten zur Verfügung. Mit Rücksicht darauf, dass nach Mitteilung der
Strafkammer dem Pflichtverteidiger bei Bedarf an unmittelbarer Verständigung mit seinem Mandanten in litauischer
Sprache jederzeit die beiden vereidigten Dolmetscher/innen für diese Sprache zur Verfügung stehen werden, besteht
keine Veranlassung, dem Angeklagten einen eigenen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen. Eine Behinderung der
Verteidigung ist nicht erkennbar. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte befürchten muss, dass der
Dolmetscher den Inhalt seiner Gespräche mit dem Verteidiger an Mitangeklagte oder deren Verteidiger weiter geben
wird, sind nicht ersichtlich. Die Ansicht der Oberlandesgerichte Frankfurt (StV 1996, 166) und Düsseldorf (StV 1993,
144), die ohne nähere Begründung ein solches pflichtwidriges Verhalten eines vereidigten Dolmetschers offenbar
stets für möglich halten, teilt der Senat nicht.