Urteil des OLG Oldenburg vom 05.04.1994

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Gericht:
OLG Oldenburg, 12. Familiensenat
Typ, AZ:
Urteil, 12 UF 177/93
Datum:
05.04.1994
Sachgebiet:
Normen:
Keine Normen eingetragen
Leitsatz:
Anlagepflicht bei Kapitalvermögen kein Aufstockungsunterhalt bei "Geringfügigkeit" - Einzelfall
Volltext:
Anrechnen lassen muß sie sich auch einen Zinsertrag aus ihrem
Kapitalvermögen i.H.v. monatlich insgesamt 320,-- DM.
Die Antragsgegnerin hat aus dem Hausverkauf insgesamt 99.000,- DM
erhalten. Davon hat sie 60.000,- DM zu einem Zinssatz von 4,8 %
als 30-Tages-Festgeld angelegt und erlangt daraus einen monat-
lichen Ertrag von 240,-- DM.
Weitere 80,- DM muß sie sich als fiktiven monatlichen Kapitalnut-
zungsertrag bedarfsmindernd zurechnen lassen. Das aus § 1573 Abs.
1 und Abs.2 BGB herzuleitende Gebot einer möglichst ertragreichen
Vermögensverwertung begründet für den geschiedenen Unterhaltsbe-
dürftigen die Obliegenheit, vorhandenes Kapital in zumutbarer Wei-
se so umfassend wie möglich zur Deckung des Unterhaltsbedarfs zu
verwerten und nicht anderweitig auszugeben (BGH FamRZ 1988, 145,
149). Dem genügt die Antragsgegnerin weder in Hinblick auf den
Umfang des eingesetzten Kapitals noch hinsichtlich der konkreten
Nutzung: Der Senat geht davon aus, daß die Antragsgegnerin aus dem
ihr zugeflossenen Anteil am Hausverkaufserlös einen Teilbetrag von
29.000,- DM anderweitig verwenden durfte, so daß 70.000,- DM für
die Deckung des laufenden Unterhaltsbedarfs zinsbringend angelegt
werden mußten. Dieser Teilbetrag von 29.000,- DM rechtfertigt
slch allerdings nicht schon allein aufgrund der von der Antrags-
gegnerin vorgetragenen Ausgabenliste in dem mit der Berufung
zulässigerweise in Bezug genommenen Schriftsatz vom 27.11.1993 zu
dem Verfahren 11 F 135/92 UE AG Nordhorn. Aus dieser Liste sind
zunächst alle diejenigen Positionen herauszunehmen, die vom
laufenden Unterhalt zu decken gewesen wären. Das betrifft die
Miet- und Mietnebenkosten. Abzuziehen sind auch die unspezifizier-
ten Aufwendungen, die teils in Form von Kaufbelegen, teils unter
der Kennzeichnung als Darlehensrückzahlungen aufgeführt sind.
Unter weiterer Berücksichtigung der vom Antragsteller als "Gefäl-
ligkeitsbescheinigungen" bezeichneten Reparaturrechnungen Fleege
und Böttick (1.945,35 DM) ergeben sich danach gerechtfertigte
Abzüge von dem erlangten Kapital i.H.v. rd. 12.000,- DM. Dieser
Betrag ist im Rahmen der nach § 1573 BGB anzustellenden Zumutbar-
keits- und Billigkeitserwägungen noch angemessen zu erhöhen.
Insbesondere ist aus den Akten zwar nicht zu entnehmen, wann die
Antragsgegnerin nach der Trennung eine Erwerbstätigkeit aufgenom-
men hat; für eine gewisse Übergangszeit ist ihr aber jedenfalls
der verwertungspflichtbefreite Verbrauch eines Teils ihres Kapi-
talvermögens zuzubilligen. Weitere Abzüge kann die Antragsgegnerin
zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht geltend machen. Das gilt insbe-
sondere im Hinblick auf das für eine zunächst erst noch beabsich-
tigte Nachversicherung zur Altesrente benötigte Kapital. Die Nach-
versicherung wirkt sich zur Zeit noch nicht konkret aus und kann
deshalb nur bei der Frage der zumutbaren Ausgestaltung der Kapi-
talverwertung eine Rolle spielen. Bei Würdigung aller vorgenannten
Gesamtumstände bemißt der Senat den von der Kapitalnutzungsoblie-
genheit zur Minderung des laufenden Unterhaltsbedarfs auszunehmen-
den Teilbetrag des Hausverkaufserlöses auf insgesamt 29.000,- DM.
Auch die Ausgestaltung der Verwertung des Restkapitals von
70.000,- DM hat sich an dem Gebot der möglichst ertragreichen
Verwertung des Vermögens zu orientieren. Danach ist die gewählte
Festgeldanlage für jeweils 30 Tage zu einem Zinssatz von 4,8 %
jedenfalls für einen Teilbetrag von 20.000,- DM nicht zu bean-
standen. Die Antragsgegnerin wird einen Betrag etwa in dieser
Größenordnung benötigen, um ihre Altersrentennachversicherung
durchzuführen. Deswegen ist ihr zuzubilligen, in entsprechendem
Umfang Festgeld kurzfristig anzulegen, wobei nach der eingeholten
Bankauskunft für die absehbare Zukunft trotz der derzeitigen
Niedrigzinsphase nicht mit einer weiteren Senkung der Zinsen für
private Anlagen zu rechnen ist. Hinsichtlich des Restbetrags von
50.000,DM hat die Antragsgegnerin mindestens durch eine länger-
fristige Anlage für günstigere Zinserträge zu sorgen. Insoweit hat
die Bankauskunft ergeben, daß für eine 4-jährige Festgeldanlage in
der hier in Rede stehenden Größenordnung ein Zinssatz von 5,75 %
angeboten wird. Die Festlegung für einen derartigen Zeitraum ist
der Antragstellerin nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen auch
zuzumuten.
Aus der kurzfristigen Anlage der 20.000,- DM zu einem Zinssatz von
4,8 % würden der Antragsgegnerin monatlich 80,- DM, aus der län-
gerfristigen Anlage der 50.000,- DM zu einem Zinssatz von 5,75 t
monatlich rd. 240,- DM zufließen.
Im Ergebnis sind der Antragsgegnerin danach bei einem verwertungs-
pflichtigen Kapital von insgesamt 70.000,- DM monatliche obligato-
risch erzielbare Zinsertäge von 320,- DM fiktiv zuzurechnen.