Urteil des OLG Oldenburg vom 06.06.1994

OLG Oldenburg: sicherheitsrat der vereinten nationen, awv, verordnung, irak, beihilfe, fremder, täterschaft, ausfuhr, staatsanwalt, verkehr

Gericht:
OLG Oldenburg, unbekannt
Typ, AZ:
Beschluß, SS 123/94
Datum:
06.06.1994
Sachgebiet:
Normen:
AWG § 34, AWV § 69A ABS 1., VO (EWG) § 2340/90
Leitsatz:
Die Anwendung des Fördertatbestands nach dem Außenwirtschaftsgesetz setzt das Vorliegen einer
Rechtsgutverletzung des Haupttäters voraus.
Volltext:
Das Amtsgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des gemeinschaft-
lichen fortgesetzten Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz
(AWG) bzw. die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) freigesprochen.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
Die Firma, ein reines Exportunternehmen, vertreibt ins-
besondere Kunststoff- und Kautschukmaschinen, Rohstoffe für die
Kunststoffherstellung und handelt mit Kunststoffabfällen.
Sie unterhielt u.a. Geschäftsbeziehungen zu im Irak ansässigen
Unternehmen. Aus früheren Lieferungen standen ihr am 6.·August
1990, als der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Reso-
lution·661 (90) zur Einführung eines Embargos auf den Handels-
verkehr mit Irak und Kuweit beschloß, noch nicht erfüllte Forde-
rungen in Millionenhöhe zu. Zum Zwecke der Vertragserfüllung auf
dem Transportweg befindliche weitere Warensendungen wurden ange-
halten; die zurückgebrachten Erzeugnisse wurden alsdann einge-
lagert. In der Folgezeit kamen keine Verträge mit Abnehmern im
Irak zustande. Demgemäß erfolgten auch keine Lieferungen.
Die Angeklagten waren jedoch bestrebt, die Beziehungen zu ihren
Geschäftspartnern im Irak auch während und trotz des Embargos wei-
ter aufrechtzuerhalten. Im Rahmen dieser Bemühungen unterbreiteten
sie mehrere Angebote -·zum Teil mit Pro-forma-Rechnungen·- be-
treffend verschiedene Erzeugnisse, wobei sie teilweise ausdrück-
lich darauf hinwiesen, daß eine Ausfuhrgenehmigung erforderlich
sei. Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die
Gründe des angefochtenen Urteils.
Das Amtsgericht, welches zunächst der Auffassung der Staatsanwalt-
schaft beigetreten war und gegen die Angeklagten Strafbefehle er-
lassen hatte, hat in dem von der Staatsanwaltschaft angefochtenen
freisprechenden Urteil die Ansicht vertreten, das Verhalten der
Angeklagten erfülle "nicht den sogenannten Fördertatbestand des
§·69·a Abs.·2 Nr.·3·AWV". Sinn und Zweck dieser Vorschrift könne
nämlich "nicht sein, generell geschäftliche Kontakte zu unter-
binden". Ein Verstoß gegen §·34 Abs.·1 Nr.·3 AWG (a.F.) liege
nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft. Sie
meint, das Amtsgericht habe die Tragweite der genannten Bestimmun-
gen verkannt. Danach sei nämlich jegliche Tätigkeit "unabhängig
davon, ob die Geschäftskontakte erst nach Aufhebung des Embargos
in konkrete Verträge münden" sollten, verboten. Die Angeklagten
sind der Auffassung, die erwähnten Regelungen seien allein deshalb
nicht anwendbar, weil die Verordnung (EWG) Nr.·2340/90 vom
8.·August 1990 kein unmittelbar geltendes Recht sei und der Ge-
setzgeber diesen Beschluß nicht umgesetzt habe.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig, aber unbegrün-
det.
Das Amtsgericht hat ein strafbares Handeln der Angeklagten zu
Recht verneint.
Dabei bedurfte es keiner Erörterung der von den Angeklagten aufge-
worfenen Problematik zur Zulässigkeit der Umsetzung der Verordnung
(EWG) Nr.·2340/90 im nationalen Recht (vgl. jedoch BGH (Z),
NJW·1994, 858·ff, sowie Hocke-Berwald, Außenwirtschaftsrecht, Anm.
zu §·69·a AWV), weil angesichts der allein maßgeblichen Urteils-
feststellungen weder die tatbestandlichen Voraussetzungen des §·34
AWG noch die der Vorschrift des §·69·a Abs.·2 Nr.·3 AWV oder des
Artikels·2 der VO (EWG/2340/90) erfüllt sind.
Lieferungen sind nicht erfolgt. Auch sind keine Kaufverträge zu-
stande gekommen.
In Art.·2 Nr.·3 der Verordnung (EWG) Nr.·2340/90 vom 8.·August
1990 ist ausgeführt, daß "jegliche Tätigkeit, die das Ziel oder
die Wirkung hat, ... Verkäufe oder ... Lieferungen" i.S.d. Nr.·1
und 2 "zu fördern", verboten ist. Hiermit korrespondiert die in
§·69·a Abs.·2 Nr.·2 AWV enthaltene Regelung (vgl. auch Hocke/
Berwald a.a.O.).
Nach Auffassung des Senats beinhalten diese Formulierungen nur
eine zur Täterschaft erhobene verselbständigte Beihilfe. Aus der
Kongruenz der Begriffe "Beihilfe" und "fördern" folgt, daß damit
"jede unter §·27 StGB subsumierbare Hilfeleistung, also alle Hand-
lungen, die die Rechtsgutverletzung des (Haupt-) Täters ermög-
lichen oder ihre Durchführung erleichtern oder verstärken, als
Fördern anzusehen ist" (vgl. Holthausen, "Zum Tatbestand des För-
derns in den neuen Strafvorschriften des Kriegswaffenkontroll-
gesetzes", NJW·1991, 203, 204). Für diese Auslegung des Begriffs
"fördern" spricht auch die im Hinblick auf §·34 Abs.·3 AWG (n.F.)
gebotene Rechtsanwendung. Diese Bestimmung stellt das Fördern der
unter Abs.·1 und 2 fallenden Ausfuhr unter Strafe. Mit dem Begriff
des Förderns i.S.d. §·34 Abs.·3 AWG bezeichnet das Gesetz eine
Beihilfe, die ihrem Wesen nach nichts anderes darstellt als eine
Hilfeleistung i.S.d. §·27 Abs.·1 StGB (Hocke-Berwald a.a.O.,
Anm.·4 zu §·34 AWG).
Beihilfehandlungen der Angeklagten zu fremder Tat erfolgten jedoch
ersichtlich nicht.