Urteil des OLG Oldenburg vom 16.09.1994

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Gericht:
OLG Oldenburg, 02. Zivilsenat
Typ, AZ:
Beschluß, 2 W 86/94
Datum:
16.09.1994
Sachgebiet:
Normen:
ZPO § 494A ABS .
Leitsatz:
Selbständiges Beweisverfahren: Keine entsprechende Anwendung von § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO auf
den Fall, daß nicht der Antragsteller, sondern der Antragsgegner Klage erhoben und diese
zurückgenommen hat.
Volltext:
Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind zu Unrecht den
Antragsgegnern auferlegt worden. § 454 a Abs. 2 Satz 1 ZPO
rechtfertigt dies nicht, auch nicht in analoger Anwendung.
Im selbständigen Beweisverfahren findet grundsätzlich kein Kosten-
ausgleich statt, da es zu keiner Streitentscheidung führt und da-
her keine obsiegende und keine unterliegende Partei kennt. Über
die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens entscheidet deshalb
grundsätzlich das Gericht der Hauptsache, die durch das selbstän-
dige Beweisverfahren gegebenenfalls vorbereitet werden soll. § 494
a Abs. 1 ZPO ist eine Ausprägung dieses Grundsatzes, die sicher-
stellen soll, daß es zu einem Hauptsacheverfahren und damit zu
einer Kostenentscheidung auch über die Kosten des selbständigen
Beweisverfahrens kommt, falls der Antragsgegner daran ein Interes-
se hat und die Parteien sich nicht vorher einigen.
§ 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO dagegen stellt eine Ausnahmeregelung von
obigem Grundsatz zugunsten des mit dem selbständigen Beweisver-
fahren überzogenen Antragsgegners dar. Dieser soll, ohne selbst
auf den mit dem Kostenrisiko des § 49 GKG verbundenen Klageweg
verwiesen zu werden, gleichwohl seine in ihm aufgezwungenen Ver-
fahren entstandenen Kosten tituliert bekommen, wenn der Antrag-
steller wohl aus richtiger Einschätzung des Prozeßrisikos - entge-
gen § 494 a Abs. 1 ZPO ein Hauptsacheverfahren scheut.
§ 494 a Abs. 2 Satz 1 ZP0 ist eine Ausnahmebestimmung von der all-
gemeinen Kostenregelung im selbständigen Beweisverfahren zugunsten
des Antragsgegners. Sie kann schon aus diesem Grund nicht im Wege
der Analogie zu seinem Nachteil angewandt werden. Außerdem fehlt
es auch an einer für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke.
Der Gesetzgeber hat bewußt - un der Ausnahmenorm des § 494 a Abs.
2 Satz 1 ZP0 abgesehen - im selbständigen Beweis verfahren keine
Kostenentscheidung vorgesehen. Auch der Gedanke der Prozeßökonomie
- Vermeidung eines gesonderten Prozesses um die Kosten im
selbständigen Beweisverfahren rechtfertigt es nicht, sich über
diese gesetzgeberische Grundentscheidung hinwegzusetzen.
§ 494 a Abs. 2 Satz 1 ZP0 erlaubt es deshalb nicht, die Kosten des
Antragstellers im selbständigen Beweisverfahren gegen den Antrags-
gegner festzusetzen.
Dies wird auch in der von den Antragstellern im Schriftsatz vom
18.01.1994 zitierten Kommentarstelle (Herget in Zöller, ZP0, § 494
a, Rdnr. 4) nicht vertreten. Die zitierte Passage bezieht sich
vielmehr auf Klagen, die zunächst- vom Antragsteller erhoben und
dann von diesem zurückgenommen bzw. als unzulässig zurückgewiesen
worden sind. Hier ist nach Sinn und Zweck des § 494 a Abs. 2 Satz
1 ZP0 sowie den Gesetzesmaterialien die Analogie zugunsten des An-
tragsgegners möglich (str., vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann,
ZP0, 52. Aufl., § 494 a Rdnr. 12, der § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZP0
als engbegrenzte Ausnahmenorm auch für diese Fallgestaltungen
nicht für analogiefähig hält).
Im vorliegenden Fall, wo die Antragsgegner zunächst Klage erhoben
und diese zurückgenommen haben, rechtfertigt §, 494 a Abs. 2 Satz
1 ZP0 es nicht, die Kosten den Antragsgegnern aufzuerlegen.