Urteil des OLG Köln vom 23.12.2010

OLG Köln (stpo, intensität des grundrechtseingriffs, beschwerde, summarisches verfahren, rechtsmittel, verhaftung, strafprozessordnung, schuld, kommentar, inhaftierung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 845/10
Datum:
23.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 845/10
Leitsätze:
Die Inhaftierung aufgrund eines Sicherungshaftbefehls gem. § 453c
StPO stellt keine Verhaftung im Sinne des § 310 StPO dar, so dass das
Rechtsmittel der weiteren Beschwerde nicht statthaft ist.
Tenor:
Die weitere Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.
Gründe:
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Der angefochtene Beschluss ist vom Landgericht auf eine Beschwerde hin erlassen
worden. Nach § 310 Abs. 2 StPO findet eine Anfechtung der in der Beschwerde-instanz
ergangene Entscheidungen nicht statt, sofern sie nicht Verhaftungen, die einstweilige
Unterbringung oder die Anordnung des dinglichen Arrestes nach § 111 b Abs. 2 i.V.m. §
111 d StPO über eine Betrag von mehr als 20.000,- € betreffen.
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Ein solcher Fall, insbesondere eine Verhaftung im Sinne der §§ 112 ff., 230 Abs.2, 236
oder § 329 Abs. 4 StPO liegt hier nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats
gehört der Sicherungshaftbefehl nicht zu den genannten Ausnahmefällen , in denen die
weitere Beschwerde zulässig ist. Der Senat hat zuletzt mit Beschluss vom 1.03.2006 – 2
Ws 91/06 – dazu ausgeführt:
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Die Inhaftierung aufgrund eines Sicherungshaftbefehls gemäß § 453c StPO stellt
nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat angeschlossen hat (Beschluss
vom 17.02.2004 – 2 Ws 71/04 -, JMBl. NRW 2004, 248), keine Verhaftung i. S. des
§ 310 StPO dar, so dass das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde nicht statthaft
ist (OLG Bamberg, NJW 1975, 526; OLG Düsseldorf, NStZ 1990, 251; OLG
Frankfurt, NStZ-RR 2002, 15; OLG Karlsruhe, Justiz 2002, 23; Fischer, in:
Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung. 5. Aufl., 2003, § 453c Rdnr. 10;
Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 48. Aufl., 2005, § 453c Rdnr. 17). Die
besondere Gefahrenlage des Untersuchungshaftbefehls besteht darin, dass dieser
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lediglich auf dringendem Tatverdacht beruht. Dies rechtfertigt die Zulassung der
weiteren Beschwerde. Eine vergleichbare Gefahrenlage besteht beim
Sicherungshaftbefehl nicht. Diesem geht nicht bloß ein summarisches Verfahren
voraus, vielmehr wurde bereits eine rechtskräftige Entscheidung über die Schuld
getroffen. Lediglich hinsichtlich des Vorliegens der Widerrufsgründe fehlt noch eine
abschließende Entscheidung. Deren Feststellung ist jedoch nicht mit den
Problemen verbunden, die sich bei der Feststellung der Schuld stellen.
Die Argumente der Gegenansicht (OLG Braunschweig, StV 1993, 596; Wendisch,
in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., 1997, § 453c Rdnr. 18; Krehl, in: Heidelberger
Kommentar zur Strafprozessordnung, 3. Aufl., 2001, § 453c Rdnr. 7; Paeffgen,
NStZ 1990, 531, 536) überzeugen den Senat nicht. Der Verweis auf § 119 StPO in
§ 453c Abs. 2 S. 2 StPO sagt lediglich etwas darüber aus, dass der Vollzug von
Untersuchungs- und Sicherungshaft gleich gestaltet werden soll, gibt aber keinen
Aufschluss über die statthaften Rechtsmittel. Auch die vergleichbare Intensität des
Eingriffs in die Grundrechte des Betroffenen rechtfertigt nicht die Statthaftigkeit der
weiteren Beschwerde gegen den Sicherungshaftbefehl. Das Argument greift schon
deswegen zu kurz, weil durch den Vollsteckungshaftbefehl gemäß § 457 StPO in
gleichem Maße in das Freiheitsrecht des Betroffenen eingegriffen wird. Für diesen
Fall sieht die StPO aber überhaupt kein Rechtsmittel vor; es besteht hier lediglich
der Rechtsweg gemäß §§ 23 ff. EGGVG. Die Intensität des Grundrechtseingriffs
kann deswegen nicht der Grund sein, der eine weitere Beschwerde rechtfertigt.
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An dieser Rechtsprechung wird festgehalten. Die weitere Beschwerde ist daher mit der
Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.
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