Urteil des OLG Köln vom 17.09.1993
OLG Köln (wiedereinsetzung in den vorigen stand, örtliche zuständigkeit, uwg, bundesrepublik deutschland, firma, gestaltung, gesamteindruck, möbel, zpo, markt)
Oberlandesgericht Köln, 6 U 206/92
Datum:
17.09.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 206/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 42/92
Schlagworte:
NACHAHMUNG BETRIEBLICHE HERKUFNTSTÄUSCHUNG
Normen:
ZPO § 516; ZPO § 233; ZPO § 85; UWG § 1
Leitsätze:
1. Sind die -späteren- zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des
Berufungsklägers vom erstinstanzlichen Bevollmächtigten für den
Berufungsrechtszug noch nicht endgültig mandatiert, sind sie weder
gehalten, das Mandat zu bestätigen noch die Frist des § 516 ZPO zu
notieren und zu beachten. 2. Eine schuldhafte Verletzung der dem
Verkehrsanwalt bei der Wahrung einer Rechtsmittelfrist obliegenden
besonderen Sorgfaltspflichten liegt nicht vor, wenn er -bei Ablauf der
Berufungsfrist am 30.11.1992 (Montag)- einen "einfachen" Brief nach
Köln, der den Rechtsmittelauftrag enthält, gegen 17.40 Uhr des
26.11.199 (Donnerstag) in einen Briefkasten am Hamburger
Hauptbahnhof einlegen läßt, der regelmäßig noch gegen 23.00 Uhr
geleert wird. Allerdings ist der Verkehrsanwalt gehalten, wegen des
unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Berufungsfrist mit besonderer
Sorgfalt zu überprüfen (z.B. durch ein Telefonat), ob der
Rechtsmittelauftrag rechtzeitig bei dem zweitinstanzlichen Anwalt
angekommen ist. 3. Zur wettbewerblichen Eigenart von Stuhlmodellen,
deren Nachahmung sowie damit verbundener betrieblicher
Herkunftstäuschung.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Oktober 1992 verkündete
Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 42/92 - wird mit
der Maßgabe zurückgewiesen, daß sich die Verurteilung der Beklagten
zur Aus-kunftserteilung sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht
der Beklagten (Ziff. I. 2. und II. des Urteils des Landgerichts) nur auf den
Zeitraum ab dem 15. November 1991 erstreckt. Die Kosten der zweiten
Instanz werden den Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitslei-stung abzuwenden, und zwar
wegen der Verurteilung zur Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 100.000,-- DM, hinsichtlich der Verurteilung zur
Auskunftserteilung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,-- DM
und hin-sichtlich des Kostenausspruchs gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 18.500,-- DM, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die
Vollstreckung durch die Beklagten wegen der erstin-stanzlichen Kosten
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.400,-- DM abwen-den, sofern
nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leisten. Die Parteien können die von ihnen zu erbringende Sicherheit
auch durch selbst-schuldnerische Bürgschaft einer deutschen
Großbank, Volksbank oder öffent-lich-rechtlichen Sparkasse leisten. Die
Beschwer der Beklagten beträgt 100.000,-- DM für die Verurteilung zur
Unterlassung, 7.500,-- DM für die Verurteilung zur Auskunftserteilung
und 17.500,-- DM für die Feststellung der Schadensersatzpflicht der
Beklagten.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin und die Beklagte zu 1) sind Wettbe-werber beim Vertrieb von Möbeln.
Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Geschäftsführer der Beklagten zu 1), die ihre
Produkte bundesweit vertreibt und zu den ständigen Ausstellern der K. Möbelmesse
gehört.
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Zum Vertriebsprogramm der Klägerin gehören u.a. die Stühle "S." und "C.". Wegen
der näheren Ein-zelheiten der Gestaltung dieser Stuhlmodelle wird Bezug
genommen auf die bildlichen Darstellungen auf den Seiten 6 und 7 der Klageschrift
(Bl. 6 und 7 d.A.) sowie auf die zu den Akten gereichten Mo-delle dieser Stühle.
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Mit Schreiben vom 2. November 1991 (Anlage 18 zur Klageschrift, Bl. 41 bis 43 d.A.),
auf das ergän-zend Bezug genommen wird, mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1)
wegen Vertriebs der im Tenor des angefochtenen Urteils unter Ziff. I. 1. a) und b)
abgebildeten (sowie ebenfalls nachfolgend auf Bl. 10 und 11 dieses Urteils
wiedergegebenen) Stühle ab. Unter dem 30. Januar 1992 erhob die Beklagte zu 1)
daher beim Landgericht H. eine negative Feststellungsklage mit der als Anlage B 1
zum Schriftsatz der Beklagten vom 17. Februar 1992 zur Akte gereichten Klageschrift
(Bl. 62 bis 66 d.A.), auf die verwiesen wird.
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Die Klägerin hat behauptet, sie vertreibe die von ihr hergestellten Stuhlmodelle "S."
und "C." seit etwa 5 Jahren bundesweit und habe sich dabei eine beachtliche
Marktposition geschaffen. So habe sich der Absatz der Stühle wie folgt entwickelt:
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"S." "C."
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1987 800 Stück 270 Stück 1988 2.300 Stück 700 Stück 1989 4.000 Stück 1.000
Stück 1990 6.800 Stück 2.300 Stück 1991 10.800 Stück 4.200 Stück
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Die Klägerin hat ferner behauptet, die Beklagte zu 1) vertreibe nicht nur den im Tenor
der angefoch-tenen Entscheidung unter Ziff. I. 1. a) abgebilde-ten Stuhl "R.", sondern
ebenfalls den dort unter der Ziff. I. 1. b) wiedergegebenen Stuhl. Mitar-beiter der
Firma T. hätten auf Nachfrage erklärt, daß der Vertrieb der beiden von ihrem
Unternehmen hergestellten Stühle über die Beklagte zu 1) er-folge.
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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei den beanstandeten Stuhlmodellen seien
alle maßgebli-chen, den Gesamteindruck ihrer - der Klägerin - Stühle "S." und "C."
prägenden Merkmale identisch übernommen worden. Wegen der näheren Einzelhei-
ten des diesbezüglichen Vortrags der Klägerin wird ergänzend Bezug genommen auf
S. 10 bis 13 der Klageschrift (Bl. 10 bis 13 d.A.). Die Stuhlmodelle "S." und "C." seien
Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung von K.F. F. und eine das Können
des Durchschnittsgestalters erheb-lich übersteigende gestalterische Leistung. Jeden-
falls komme ihnen durch ihre besondere Form eine hohe wettbewerbliche Eigenart
zu, die im Verkehr Herkunftsvorstellungen erzeuge. Diese Eigenart hätten die
Stuhlmodelle auch bis heute bewahren können. Es gebe auf dem Markt nur noch den
Stuhl "B." (Anlage 17 zur Klageschrift, Bl. 40 d.A.) des italienischen Designers C., der
eine gewisse Ähnlichkeit mit "S." habe. Der Stuhl "B." sei jedoch erst 1989 auf den
deutschen Markt gelangt, wo ihm bisher keine große Bedeutung zukomme. Davon
abgesehen halte dieser Stuhl zu dem Stuhl "S." einen gewissen Abstand, während
man dies bei der von der Beklagten zu 1) vertriebenen Nachbildung nicht feststellen
könne. Das von M. R. entwickel-te Modell "Ba." (Anlage B 2 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 17. Februar 1992, Bl. 67 d.A.) sei ein Sessel, der viel niedriger als
"S." sei und zudem mit charakteristischen Lederpolstern ausge-stattet sei. Auch
weise das Gestell dieses Sessels eine ganz andere Form auf; allenfalls im Bereich
der Rückenkonstruktion lasse sich eine Ähnlichkeit mit derjenigen des Stuhls "S."
feststellen. Auf den ersten Blick könne festgestellt werden, daß der Stuhl "S." in
keiner Weise an den Sessel "Ba. " erinnere und eine völlig eigenständige Schöpfung
sei.
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Bei dem von der Firma "Sch." vertriebenen Stuhl (Anlage 13 zur Klageschrift, Bl. 35
d.A.) handele es sich um ihren - der Klägerin - Stuhl "S.". Der von der Firma "Go."
vertriebene Stuhl (Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. Februar 1992,
Bl. 79 d.A.) existiere erst seit Ende 1990, sei im Januar 1991 als Geschmacksmuster
angemeldet worden und habe im Markt praktisch keine Bedeu-tung. Zudem wahre er
einen größeren Abstand zu "S." als das Nachahmungsmodell "R." der Beklagten zu
1). Der Stuhl der Firma "Ga." (Anlage B 4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19.
Februar 1992, Bl. 80 d.A.) weise eine andere, viel weiter von "S." entfernt liegende
Form als der von der Beklagten zu 1) vertriebene Stuhl "R." auf. Davon abgesehen
handele es sich um einen Gartenstuhl. Die in den Anlagen B 6 und B 7 zum
Schriftsatz der Beklagten vom 19. Mai 1992 (Bl. 127 und 128 d.A.) abgebildeten
Stühle hätten angesichts ihres völlig abweichenden Gesamteindrucks keine
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ernsthaften Be-rührungspunkte mit dem Modell "S.". Was die Anla-ge B 8 zum
vorgenannten Schriftsatz der Beklagten (Bl. 129 d.A.) angehe, so sei dort das
Stuhlmodell der Firma G. abgebildet, die dazu im Verfahren 31 O 41/92 LG Köln
gegenüber der Klägerin eine Un-terwerfungserklärung abgegeben habe.
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Zu dem Stuhl "Lo." (Anlage B 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 14. September
1992, Bl. 191, 196 d.A.) hat die Klägerin schließlich behauptet, dieser Stuhl sei
derzeit auf dem deutschen Markt nicht präsent. Bei der Firma Z. handele es sich um
einen ausländischen Anbieter, der den hiesigen Markt nicht beliefere. Im übrigen sei
dieser Stuhl Herrn K.F. F. bei der Schöpfung seiner "S. " und "C."-Modelle unbekannt
gewesen.
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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten die Beklag-ten verletzten durch den Vertrieb
der angegriffe-nen Stühle § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des fast identischen
Nachbaus und der vermeidbaren Herkunftstäuschung. Auch könne sie - die Kläge-rin
- für ihre Stuhlmodelle Urheberrechtsschutz in Anspruch nehmen. Die Klägerin hat
ferner die An-sicht vertreten, die Beklagten hätten sich zumin-dest berühmt, eine
Nachbildung des Stuhls "C. ", wie er mit dem Klageantrag zu I. 1. b) angegriffen
werde, vertreiben zu dürfen.
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Auf Antrag der Klägerin ist am 10. März 1992 ein Versäumnisurteil erlassen worden.
Darin hat das Landgericht die Beklagten entsprechend dem Klage-begehren (und
dessen Bezifferung folgend) verur-teilt,
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I.
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1.
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es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-lassen,
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Stühle, wie nachstehend wiedergegeben, anzubie-ten, feilzuhalten, zu bewerben
oder in den Ver-kehr zu bringen:
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a)
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(Es folgt 1 Seite Ablichtung)
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2.
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Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen
gemäß Ziff. I. 1. begangen haben, insbesondere welche Umsätze sie insoweit
getätigt und welche Werbemaßnahmen sie hierfür veranstaltet haben, und zwar auf-
geschlüsselt nach DM-Beträgen und Kalendermo-naten.
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Weiterhin hat das Landgericht in Ziff. II. dieses Urteils festgestellt,
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daß die Beklagten als Gesamtschuldner ver-pflichtet sind, der Klägerin allen
Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlungen gemäß I. 1. bisher
entstanden ist und/oder noch ent-stehen wird.
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Gegen dieses Versäumnisurteil, das den Beklagten am 12. März 1992 zugestellt
worden ist, haben die-se mit einem am 23. März 1992 bei Gericht einge-gangenen
Schriftsatz Einspruch eingelegt.
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Die Klägerin hat nunmehr beantragt,
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das Versäumnisurteil vom 10. März 1992 zu be-stätigen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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das Versäumnisurteil vom 10. März 1992 aufzuhe-ben und die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, da das
Landgericht Köln örtlich nicht zuständig sei. Es sei zwar richtig, daß sie - die Beklagte
zu 1) - zu den ständigen Ausstellern der K. Messe gehöre. Unrich-tig sei jedoch, daß
sie den in Ziffer I. 1. a) des Versäumnisurteils wiedergegebenen und von ihr unter der
Bezeichnung "R." vertriebenen Stuhl auf der K. Messe ausgestellt oder sonstwie
beworben habe. Sie - die Beklagte zu 1) - vertreibe ihre Stühle im Wege der
Ausschließlichkeitsvereinbarung an ausgesuchte Händler, die jedenfalls nicht im
Raum Köln ansässig seien. Hinsichtlich des in Zif-fer I.1. b) des Versäumnisurteils
wiedergegebenen, als Nachahmung des Stuhls "C." angegriffenen Mo-dells haben
die Beklagten behauptet, die Beklagte zu 1) habe diesen Stuhl zu keinem Zeitpunkt
her-gestellt, vertrieben oder beworben und sich eines solchen Rechts auch nicht
berühmt.
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Die Beklagten haben im übrigen geltend gemacht, den Stühlen der Klägerin fehle die
für ei-ne Urheberrechtsschutzfähigkeit erforderliche In-dividualität und
Gestaltungshöhe. Die Art ihrer Gestaltung gehöre zum vorbekannten Formenschatz;
die Verwendung von Holz und Metall entspreche dem derzeitigen Modetrend, so daß
den Stühlen auch keine wettbewerbliche Eigenart zukomme. So sei der Stuhl "S."
eine Kopie des 1929 von M. R. entworfenen Stuhls "Ba.". Der Stuhl "B." werde seit
1981 in Italien und seit 1983 in der Bun-desrepublik Deutschland vertrieben, wobei er
den gleichen Bekanntheitsgrad erzielt habe wie der "S."-Stuhl. Die Firma "Sch."
verkaufe eine dritte Art von Stuhl unter der Bezeichnung "S.". Auch die
geschmacksmusterrechtlich geschützten Stühle der Firma "Go." und "Ga." wiesen im
wesentlichen die gleichen Gestaltungsmerkmale auf wie die von der Klägerin
vertriebenen Stühle. Nichts anderes gelte für die Stuhlmodelle, die in den Anlagen B
6, 7 und 8 zu ihrem - der Beklagten - Schriftsatz vom 19. Mai 1992 abgebildet seien.
Jedenfalls handele es sich aber bei "S." um eine Kopie des Stuhls "Lo.", der seit
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1973 im Bundesgebiet vertrieben werde. Wegen der näheren Einzelheiten des dies-
bezüglichen Sachvortrags der Beklagten wird er-gänzend Bezug genommen auf
deren Schriftsatz vom 14. September 1992 nebst Anlagen (Bl. 189 bis 191 d.A.).
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Die Beklagten haben weiter behauptet, daß der unter der Bezeichnung "R."
vertriebene Stuhl sich insbesondere hinsichtlich der Montage der Sitzflä-che und der
Form der Rückenlehne von dem Modell "S." unterscheide, so daß auch eine
Verwechslungs-fähigkeit nicht gegeben sei. Wegen der Einzelhei-ten dieses
Sachvortrags der Beklagten wird auf deren Schriftsatz vom 24. Februar 1992
ergänzend verwiesen (Bl. 68 f. d.A.).
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Schließlich haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben. Sie haben
diese Einrede darauf gestützt, daß die Klägerin in der Klageschrift vorgetragen habe,
sie habe die Auskunft der Firma T. über den Vertrieb der angegriffenen Stühle durch
die Beklagte zu 1) auf der Messe "A." in F. erhalten; diese Messe habe aber - wie
unstreitig ist - vom 19. Februar bis zum 20. Februar 1991 stattgefunden. Dem
weiteren Vortrag der Klägerin, daß diese die Auskunft der Firma T. tatsächlich nicht
auf der Messe "A." sondern auf der F.er Messe "H." erhalten habe, die - wie ebenfalls
unstreitig ist - vom 24. August bis zum 28. Au-gust 1991 stattgefunden hat, und daß
sie - die Klägerin - nur irrtümlich die Messe zunächst als "A." bezeichnet habe, sind
die Beklagten nicht mehr entgegengetreten. Ebenso haben sie nicht mehr bestritten,
daß die Beklagte zu 1) auf dieser Messe "H." vom 24. August bis zum 28. August
1991 das Stuhlmodell "R." ausgestellt hatte, in dem die Klägerin eine unlautere
Nachahmung des Stuhls "Sinns" sieht.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzli-chen Sach- und Streitstandes wird
auf den vor dem Landgericht vorgetragenen Inhalt der wechselseiti-gen Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen ergän-zend Bezug genommen.
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Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Verneh-mung von Zeugen und durch
Inaugenscheinnahme der streitgegenständlichen Stuhlmodelle. Wegen des Er-
gebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sit-zungsniederschriften des
Landgerichts vom 12. Mai 1992 (Bl. 120 bis 122 d.A.) und vom 15. September 1992
(Bl. 181 bis 186 d.A.) verwiesen.
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Durch Urteil vom 20. Oktober 1992, auf das Bezug genommen wird, hat das
Landgericht das Versäumnis-urteil vom 10. März 1992 teilweise aufgehoben und wie
folgt neu gefaßt:
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I.
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Die Beklagten werden verurteilt,
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1.
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es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unter-lassen,
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Stühle, wie nachstehend wiedergegeben, anzubie-ten, feilzuhalten, zu bewerben
oder in den Ver-kehr zu bringen:
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a)
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2.
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Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen
gemäß der vorste-henden Ziff. I. 1. a) begangen haben, insbeson-dere welche
Umsätze sie insoweit getätigt und welche Werbemaßnahmen sie hierfür veranstaltet
haben, und zwar aufgeschlüsselt nach DM-Beträ-gen und Kalendermonaten.
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II.
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Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der
Klä-gerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die Handlungen gemäß der
vorstehenden Ziff. I. 1. a) bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
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III.
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Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
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Das Landgericht hat seine örtliche Zuständigkeit gem. § 24 Abs. 2 UWG bejaht, da im
K. Landge-richtsbezirk zumindest Begehungsgefahr hinsicht-lich der beanstandeten
Handlungen bestehe. In der Sache selbst hat das Landgericht dem Unterlas-
sungsbegehren gem. § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt vermeidbarer
Herkunftstäuschung entsprochen. Dabei ist es hinsichtlich des in Ziff. I. 1. b) seines
Urteils wiedergegebenen und von ihm als Kopie des Stuhls "C." der Klägerin
gewerteten Modells jedenfalls vom Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr für den
Vertrieb dieses Stuhls durch die Beklagte zu 1) ausgegangen, weil sich die Beklagte
berühmt habe, die beanstandete Handlung vornehmen zu dürfen. Das Auskunfts- und
Feststellungsbegehren der Klägerin hinsichtlich des von der Beklagten zu 1) unter
der Bezeichnung "R." vertriebenen Stuhls hat das Landgericht gem. §§ 1 UWG, 242
BGB als gerechtfertigt angesehen. Dagegen hat es das Auskunfts- und
Feststellungsbegehren der Klägerin abgewiesen, soweit dies auf einen Vertrieb des
un-ter Ziff. I. 1. b) des angefochtenen Urteils abge-bildeten Stuhls gestützt worden ist;
einen solchen Vertrieb hat das Landgericht aufgrund der von ihm durchgeführten
Beweisaufnahme nicht als bewiesen angesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten
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der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen
Entscheidung Bezug genommen.
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Gegen dieses ihnen am 29. Oktober 1992 zugestellte Urteil haben die Beklagten am
1. Dezember 1992 Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender
Fristverlängerung am 3. Februar 1993 begründet ha-ben. Gegen die Versäumung der
Berufungsfrist haben die Beklagten am 14. Dezember 1992 Wiedereinset-zung in
den vorigen Stand beantragt.
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Zu ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung machen die Beklagten geltend, sie treffe an
der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung keine Schuld. Rechtsanwalt
Ki., der in der ersten Instanz die Korrespondenz zwischen ihren K.
Prozeßbevollmächtigten und ihnen geführt habe, habe diese Aufgabe auch für die
zweite Instanz übernommen. Er habe sich am 26. November 1992 telefonisch bei den
zweitinstanzlichen Prozeßbe-vollmächtigten, und zwar bei Rechtsanwalt S.,
gemeldet und angefragt, ob diese grundsätzlich bereit wären, einen
Berufungsrechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Köln für die Beklagten gegen die
Klägerin zu übernehmen. Dies sei von Rechtsanwalt S. generell bejaht worden. Zu
einer Mandatsertei-lung an die zweitinstanzlichen Prozeßbevollmäch-tigten sei es
jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekommen. Rechtsanwalt Ki. habe daraufhin
seine langjährige Mitarbeiterin und Bürovorstehe-rin Hi. beauftragt, das
erstinstanzliche Urteil nebst umfangreicher Ausführungen zu diesem Urteil mit
einfacher Post an das Büro der zweitinstanz-lichen Prozeßbevollmächtigten der
Beklagten zuzu-stellen. Frau Hi. habe den Umschlag mit den ent-sprechenden
Unterlagen am Abend des 26. November 1992 etwa gegen 17.40 Uhr in einen
Briefkasten am Hauptbahnhof H. eingeworfen. Hierbei handele es sich um einen
Nachtbriefkasten, der noch gegen 20.00 Uhr und gegen 23.00 Uhr geleert werde. Die
Unterlagen seien jedoch erst am 1. Dezember 1992 bei den zweitinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten eingegangen. Frau Hi. sei von Rechtsanwalt Ki. im
konkreten Fall nochmals darauf hingewiesen worden, am Montag, dem 30.
November 1992 den Zugang der Schriftstücke bei den zweitinstanzlichen Prozeßbe-
vollmächtigten abzufragen. Diese Arbeitsanweisung bestehe generell, werde aber
von Rechtsanwalt Ki. und seinem Kollegen noch einmal im jeweiligen Einzelfall
ausdrücklich erteilt. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe es jedoch Frau
Hi., die seit Jahren eigenverantwortlich und ohne Beanstandungen die Fristen
eintrage und die Frist-enkontrolle überwache, dabei auch regelmäßig durch die
Anwälte kontrolliert werde, die korrekt im Fristenkalender eingetragene Frist zur
Einlegung der Berufung bis zum 30. November 1992 gestrichen, ohne bei dem Büro
der zweitinstanzlichen Prozeßbe-vollmächtigten am 30. November 1992 noch
Rückfrage zu halten, ob die Unterlagen eingegangen seien.
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In der Sache selbst wiederholen und vertiefen die Beklagten ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Wie in der ersten Instanz rügen sie die örtliche Zuständigkeit von Köln.
Sie sind der Ansicht, das Landgericht habe seine Zuständigkeit zu Unrecht nach § 24
Abs. 2 UWG bejaht, denn eine unerlaubte Handlung bzw. deren Teilakt sei nicht im
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Bereich des Landgerichts Köln erfolgt. Weiterhin sind die Beklagten der Ansicht, das
Landgericht habe eben-falls zu Unrecht die Klage im zuerkannten Umfang als
begründet angesehen. Das Stuhlmodell "S." der Klägerin greife in der Gesamtheit
seiner gestal-terischen Wirkung auf Vorbekanntes zurück. Sowohl die einzelnen
Gestaltungsmerkmale als auch deren Kombination hätten 1987 bereits zum
vorbekannten Formenschatz gehört. Zwar könne die wettbewerb-liche Eigenart des
Stuhls "S." nicht in Abrede gestellt werden, diese Eigenart konkurriere jedoch mit
derjenigen vorbekannter Möbel, dabei insbeson-dere mit dem Stuhlmodell "Lo.". Den
maßgeblichen Verkehrskreisen sei daher eine Zuordnung der Stühle "S." zu der
Klägerin entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht möglich. Vielmehr werde der
flüchtige Betrachter, der sich keine weiteren Ge-danken über die Herkunft des
Stuhles "S." bzw. des Stuhlmodells "R." mache, überhaupt keine konkrete Zuordnung
vornehmen können. Der versierte Betrach-ter indes werde die Stühle der Firma M.I.
zuordnen und sie als Änderungen des Stuhlmodells "Lo." be-greifen.
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Das Landgericht habe weiterhin nicht zutreffend berücksichtigt, daß das von ihnen -
den Beklag-ten - angebotene Stuhlmodell "R." durch eine gänzlich andere
Ausformung der Rückenlehne gekenn-zeichnet sei. Es wirke zudem im Fußbereich
durch massive, über die Füße gestülpte Gummipfropfen plumper und starrer als das
klägerische Modell. Darüber hinaus sei der Winkel zwischen Sitzfläche und
Rückenlehne im Rahmenbereich spitzer und das als Sitzboden eingelegte Holzbrett
größer und mas-siver als bei dem Modell der Klägerin. In diesem Zusammenhang sei
auch von erheblicher Bedeutung, daß die Klägerin, wie bereits erstinstanzlich
unwidersprochen vorgetragen worden sei, die von ihr hergestellten und verkauften
Stühle auf der Rückseite mit der Einprägung "K." in etwa 10 cm großen Lettern
vertreibe. Insoweit fehle es an einer entsprechenden Möglichkeit der Täuschung des
Verkehrs durch das Stuhlmodell "R.". Das Fehlen einer Verwechslungsgefahr ergebe
sich zusätzlich daraus, daß die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag ihre Möbel an
ausgesuchte Möbelhändler des gehobenen Genres vertreibe. Die Beklagte zu 1) sei
dagegen Großhändlerin und vertreibe, wenn sie einen Artikel erfolgreich im
Programm habe, lediglich an bundesweite Möbel-Discounter. Für die jeweils
einschlägigen Verkehrskreise bestehe inso-weit damit keine Verwechslungsgefahr.
Zweifelhaft sei weiterhin, ob der Endverbraucher im vorliegen-den Fall der
maßgebliche Verkehrskreis sei, wie vom Landgericht angenommen, da die Klägerin
ledig-lich mit Wiederverkäufern kontrahiere. Hinzu komme im übrigen der preisliche
Unterschied zwischen dem Stuhl "S." der Klägerin und dem Modell "R.". Die
Beklagte zu 1) habe den Stuhl "R." zum Preis von ca. 49,-- DM weiterveräußern
wollen, während die Klägerin ihren Stuhl "S." zum Preis von etwa 240,-- DM
veräußere. Dieser Preisunterschied sei schon so gravierend, daß ein vernünftiger
Konsu-ment hier nicht von übereinstimmenden Herstellern ausgehen könne.
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Die Beklagten sind weiterhin der Ansicht, daß es auch an einem unlauteren
Verhalten ihrerseits fehle. Die Beklagte zu 1) habe alles Erforderliche getan, um zu
gewährleisten, daß die Klägerin auch weiterhin die Früchte der angeblich gestal-
terischen Schöpfung ihres Inhabers ziehen könne. Weder sei das Modell "R." mit
dem Aufdruck "K." versehen wie das Modell "S.", noch sei das Modell ansonsten mit
"S." identisch. Gerade durch die vollständig anders konstruierte Rückenlehne, ins-
131
besondere durch das in der Rückenlehne durchgehend bis zur Sitzfläche montierte
Holzteil, habe die Beklagte zu 1) alles Erforderliche getan, um eine Verwechslung zu
vermeiden. Weitergehende Abwei-chungen seien der Beklagten zu 1) nicht
zumutbar. Dem Klagebegehren sei im übrigen entgegenzuhalten, daß das Vorgehen
der Klägerin rechtsmißbräuchlich sei. Die Klägerin wisse bereits seit H. 1991, daß
Herstellerin der beanstandeten Möbel die Firma T. sei. Diese Herstellerin sei
allerdings bis heute von der Klägerin nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Vielmehr habe die Klägerin den Weg gewählt, einen Abnehmer - nämlich die
Beklagte zu 1) - der Firma T. herauszugreifen. Nach der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs "B." (GRUR 1979/322 f., 336) sei jedoch der potentiell Ver-letzte
grundsätzlich gehalten, zunächst den Her-steller in Anspruch zu nehmen, bevor eine
Abneh-merverwarnung erfolge bzw. durchgesetzt werde.
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132
Hinsichtlich des von der Klägerin mit dem Kla-geantrag zu I. 1. b) als Nachahmung
des Modells "C. " angegriffenen Stuhlmodells, vertreten die Beklagten die
Auffassung, das Landgericht sei zu Unrecht vom Vorliegen einer
Erstbegehungsgefahr ausgegangen. Sie - die Beklagten - hätten ein dem Stuhl "C."
entsprechendes Möbelstück zu keinem Zeitpunkt vertrieben. Das Landgericht
überspanne auch die ihnen - den Beklagten - obliegenden Pflichten zur Ausräumung
einer Erstbegehungsgefahr wenn es eine auf ihr zukünftiges Verhalten gerich-tete
Erklärung abverlange, obwohl es bereits an einem pflichtwidrigen Vorverhalten fehle.
Vielmehr wäre es Sache der Klägerin gewesen, die Umstände, die zur Begründung
der Erstbegehungsgefahr führen sollen, darzulegen und gegebenenfalls zu
beweisen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Allein aus dem Umstand, daß sie - die
Beklagten - das Stuhlmodell "R." von der Firma T. unstreitig erworben hätten, folge
nicht, daß sie damit auch ein dem Stuhlmo-dell "C." entsprechendes Möbelstück
vertreiben oder vertreiben wollten. Ebensowenig folge daraus, daß sie sonstige
Möbel aus dem Programm der Kläge-rin als Nachahmung vertreiben wollten. Hätte
das Landgericht einen entsprechenden Hinweis gegeben, daß es in dem Verhalten
der Beklagten die Begrün-dung einer Erstbegehungsgefahr erblicke, hätten die
Beklagten bereits erstinstanzlich noch deutli-cher vorgetragen, daß sie ein dem
Stuhlmodell "C." ähnliches Möbel weder in der Vergangenheit ver-trieben hätten
noch beabsichtigten, ein derartiges Stuhlmodell in der Zukunft zu vertreiben. Ein der-
artiger Hinweis des Landgerichts hätte im übrigen auch deshalb erfolgen müssen,
weil die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch ursprünglich auf das Bestehen einer
Wiederholungsgefahr gestützt habe, während das Urteil des Landgerichts eine
Erstbe-gehungsgefahr annehme. Dies stelle eine Klageände-rung dar, auf die hätte
hingewiesen werden müssen, wenn sie - wie vorliegend geschehen - als zuläs-sig,
weil sachdienlich, erachtet werde.
133
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134
Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten zur Begründung ihres
Wiedereinsetzungsantrags und ihrer Berufung wird auf die Schriftsätze der Beklagten
vom 7. Dezember 1992, 21. Dezember 1992, 29. Dezember 1992, 6. Januar 1993,
13. Januar 1993, 21. Januar 1993, 26. Januar 1993, 21. Januar 1993, 22. April 1993,
30. April 1993, jeweils nebst Anlagen sowie auf die von den Beklagten im
Berufungstermin vom 18.6.1993 überreichten Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Weiterhin wird Bezug ge-nommen auf den nachgelassenen Schriftsatz der Be-
135
klagten vom 30.6.1993.
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136
Die Beklagten beantragen,
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138
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ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der
Berufungsfrist zu ge-währen.
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Die Klägerin beantragt insoweit,
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144
den Antrag der Beklagten, ihnen Wiedereinset-zung in den vorigen Stand wegen
Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren, zurückzuweisen und die Berufung der
Beklagten durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen.
145
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146
In der Sache haben die Beklagten zunächst bean-tragt,
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148
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unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.
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151
Hierzu hat die Klägerin zunächst beantragt,
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154
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe als unbegründet zurückzuweisen, daß
Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung erst ab dem 15. November
1991 geltend gemacht werden,
155
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156
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weiterhin der Klägerin bei einem Vollstrek-kungsausspruch zu gestatten, Sicherheit
durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder
öffentlichen Sparkasse zu stellen.
158
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159
In der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 1993 haben die Beklagten zu 1), 2) und
3) erklärt:
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161
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162
"Das von der Klägerin angegriffene, auf Bl. 3 d.A. im Foto wiedergegebene Modell,
von dem behauptet wird, daß es sich um eine unzulässige Nachahmung des
Modells "C." der Klägerin hande-le, ist von der Beklagten zu keiner Zeit ver-trieben
worden. Sie hat auch nie beabsichtigt und beabsichtigt auch in Zukunft nicht, ein
Mo-dell wie auf Bl. 3 d.A. wiedergegeben, zu ver-treiben, in den Verkehr zu bringen
und/oder zu bewerben".
163
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164
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165
Weiterhin haben die Beklagten erklärt, daß hinsichtlich des Modells Bl. 3 d.A. eine
Ver-triebsvereinbarung mit der Herstellerfirma die-ses Produktes nicht existiert habe
und auch nicht eingegangen werde.
166
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167
Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit hin-sichtlich des Modells auf Bl. 3 d.A.
in der Haupt-sache für erledigt erklärt. Sie verhandeln inso-weit mit widerstreitenden
Kostenanträgen.
168
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169
Im übrigen wiederholen die Parteien ihre Anträge, wie vorstehend wiedergegeben.
170
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171
Die Klägerin ist der Ansicht, der Antrag der Be-klagten auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand sei nicht begründet, da die Berufungsfrist von den Beklagten
schuldhaft versäumt worden sei. Ein erheblicher Pflichtverstoß des H.er
Rechtsanwalts der Beklagten ergebe sich u.a. bereits daraus, daß Rechtsanwalt Ki.
nach dem Telefonat vom 26. No-vember 1992 und der Erklärung von Rechtsanwalt
S., das Mandat anzunehmen, unverzüglich, möglichst noch am selben Tag, ein
Auftragsschreiben mit An-gabe des Datums des Fristablaufs und zumindest mit dem
Rubrum des anzufechtenden landgerichtlichen Urteils per Telefax an die K.
Berufungsanwälte hätte schicken müssen. Dies gelte insbesondere auch deshalb,
weil nach Einwurf des Briefs am Abend des 26. November 1992 in den Briefkasten
am Hauptbahnhof H. bis zum Fristablauf nur noch zwei Werktage - Freitag, der 27.
172
November und Montag, der 30. November - zur Verfügung gestanden hätten, um eine
ordnungsgemäße Postzustellung zu gewährleisten. Gerade in dieser Situation hätte
der Verkehrsanwalt das Auftragsschreiben und zu-mindest die ersten Seiten des
Urteils vorab per Telefax übermitteln müssen. Darüber hinaus hätte Rechtsanwalt Ki.
bei dieser sehr kurzfristigen Be-auftragung der Berufungsanwälte sicherstellen müs-
sen, daß die Berufungsfrist am 30. November 1992 gewahrt würde, daß also die
Schriftstücke bei den K. OLG-Anwälten eingingen. Dies hätte er bei einer so
kurzfristigen Auftragserteilung selbst prüfen müssen; der Umstand, daß er einer
zuver-lässigen Bürokraft vertraut habe, könne ihn nicht entlasten. Die Beklagten
entlaste aber auch nicht der Umstand, daß Rechtsanwalt Ki. am 30. November 1992
ganztägig in D. zu einem auswärtigen Termin gewesen sei. In diesem Fall hätte
jedenfalls der Kollege von Rechtsanwalt Ki. sicherstellen müssen, daß die
Schriftstücke rechtzeitig eingegangen wä-ren. In dem Wiedereinsetzungsantrag der
Beklagten werde jedoch nichts dazu vorgetragen, daß Rechts-anwalt Ki. hierzu in
irgendeiner Weise Vorsorge getroffen habe. Insbesondere sei auch nichts dazu
vorgetragen, welche Vorkehrungen Rechtsanwalt Ki. für den Fall getroffen habe, daß
Frau Hi. - ent-sprechend der Anweisung - am 30. November 1992 tatsächlich bei den
K. OLG-Anwälten angerufen und dort erfahren hätte, daß das Urteil nicht
eingegangen war. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin
zum Wiedereinsetzung-santrag der Beklagten wird auf den Schriftsatz der Klägerin
vom 11. Januar 1993 verwiesen.
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173
Zur Begründetheit der Berufung der Beklagten macht die Klägerin geltend, die Rüge
der Beklagten hin-sichtlich der örtlichen Unzuständigkeit von Köln sei schon wegen §
512 a ZPO erfolglos. Ohne Erfolg sei aber auch das Berufungsvorbringen der Beklag-
ten im übrigen. Zu Recht habe das landgerichtliche Urteil festgestellt, daß die von ihr
- der Kläge-rin - hergestellten Stühle "S." und "C." wettbe-werbliche Eigenart
aufwiesen, die geeignet sei, im Verkehr Vorstellungen über die betriebliche Herkunft
der Stühle hervorzurufen. Die Beklagten, die die wettbewerbliche Eigenart des Stuhls
"S." ausdrücklich nicht in Abrede stellten, zerlegten das Design der Stühle in
einzelne Gestaltungs-merkmale und ordneten diese sodann dem angeblich
vorbekannten Formenschatz zu. Für die Frage der wettbewerblichen Eigenart und die
dadurch geschaf-fene Herkunftsvorstellung komme es jedoch nicht auf die einzelnen
Merkmale eines Gegenstandes an, sondern auf den Gesamteindruck, den ein
Betrachter gewinne. Das von den Beklagten angeführte Umfeld sei nicht geeignet,
die durch die wettbewerbliche Eigenart der Stühle nach ihrem Gesamteindruck er-
zeugte Herkunftsvorstellung des Verkehrs in Frage zu stellen. Was den Sessel "C."
angehe, lasse sich keiner der von den Beklagten genannten anderen Sessel auch
nur annähernd mit diesem Modell ver-gleichen. Das einzige Exemplar, das über
Armlehnen verfüge, sei nach dem Gesamteindruck und allen Einzelmerkmalen
anders gestaltet. Die bloße Tatsa-che, daß die Stuhlbeine dieses Sessels gekreuzt
seien, könne kein wettbewerbliches Umfeld begrün-den. Nichts anderes gelte jedoch
im Hinblick auf die zu dem Stuhl "S." angeführten anderen Modelle. Diese Modelle,
auch der Stuhl "Lo.", wahrten hin-reichenden Abstand zu "S." oder seien im Verkehr
durch die geringe Zahl verkaufter Exemplare nicht bekannt geworden bzw. erst später
auf den Markt gelangt.
174
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175
Zutreffend habe das Landgericht weiterhin fest-gestellt, daß die Modelle der Klägerin
in den Verkehr eingeführt worden seien und deshalb eine Verwechslungsgefahr zu
bejahen sei. Von dem Stuhl "S." seien bisher 37.500 und von dem Sessel "C. " bisher
13.550 Exemplare verkauft worden, wobei die Absatzzahlen für 1992 in Deutschland
- wie von den Beklagten nicht bestritten - für "S." 12.816 Exemplare und für "C." 5.078
Exemplare be-tragen hätten. Erheblich sei weiterhin, daß die klägerischen Modelle
seit 1987, wie bereits in der ersten Instanz vorgetragen, in einschlägigen Fach-
zeitschriften, Einrichtungsjournalen und Bücher abgebildet und besprochen worden
seien. Die Stühle seien damit weit über den Kreis der eigentlichen Käuferschicht
bekannt geworden, so daß schon deshalb unerheblich sei, wenn die Beklagten angä-
ben, daß sie ihre Kopien nur an Möbel-Discounter abgeben, bei denen potentielle
Käufer der Klägerin nicht verkehren würden. Auch wäre es lebensfremd
anzunehmen, daß sich Käufer in Discount-Möbelmärk-ten nicht auch über die
Angebote im Fachhandel informierten bzw. umgekehrt die Fachhandelskäufer nicht
gezielt oder zufällig vom Angebot der Möbel-Discounter Kenntnis erlangten. Der nicht
unerheb-liche Preisunterschied zwischen dem Verkaufspreis bei der Klägerin - wobei
allerdings die Stühle der Klägerin entgegen der Angabe der Beklagten nicht für 240,--
DM, sondern zum Preis von etwa 200,-- DM verkauft würden - erhöhe entgegen der
Ansicht der Beklagten noch die Gefahr, daß Käufer aufgrund irriger
Herkunftsvorstellungen zum Kauf-abschluß veranlaßt würden. Sie würden davon
ausge-hen, daß die Klägerin ihre sonst nur im Fachhandel erhältlichen Stühle zum
Billigpreis in Möbel-Dis-countläden abgebe, um dort durch Massenabsatz ent-
sprechenden Umsatz zu erzielen. Was die Verwechs-lungsgefahr angehe, seien die
Stühle der Beklagten praktisch identische Nachbildungen der Stühle der Klägerin,
denn die den Gesamteindruck bildenden prägenden Grundelemente von "S." und
"C.", aus de-nen der Verkehr auf die Herkunft der Ware schlie-ße, seien bei den
angegriffenen Stühlen übernommen worden. Den Beklagten sei es aber ohne
weiteres möglich und zumutbar gewesen, einen größeren Abstand zu den
klägerischen Stühlen einzuhalten, wie die vorgetragenen Stuhlformen, aber auch alle
anderen auf dem Markt befindlichen Stühle zeigten. Selbst bei Anpassung an den
Zeitgeschmack bestehe keine Notwendigkeit dafür, die klägerischen Mo-delle
sklavisch nachzuahmen.
176
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177
Hinsichtlich des als Nachahmung des Sessels "C. " beanstandeten Stuhlmodells
vertritt die Klägerin die Ansicht, das Landgericht habe zu Recht inso-weit eine
Erstbegehungsgefahr angenommen. Selbst in der Berufungsinstanz hätten die
Beklagten bis zum Termin vom 18. Juni 1993 die für die Beseiti-gung einer
Erstbegehungsgefahr erforderliche Er-klärung nicht abgegeben. Sie - die Klägerin -
habe deshalb bis zu dem Berufungstermin davon ausgehen müssen, daß die
Beklagten ohne entsprechende Ver-urteilung die von der Firma T. hergestellten Ko-
pien ihres Sessels "C. " in ihr Vertriebsprogramm aufnehmen würden.
178
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179
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvor-bringens der Klägerin, die im
übrigen wie die Beklagten ihr erstinstanzliches Vorbringen wieder-holt, wird auf die
Schriftsätze der Klägerin vom 1. April 1993 und 4. Juni 1993 nebst den dazu
überreichten Anlagen ergänzend Bezug genommen.
180
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181
Die Akte 31 O 41/92 LG Köln lag vor und war Gegen-stand der mündlichen
Verhandlung.
182
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183
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
184
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185
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
186
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187
I.
188
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189
Das Rechtsmittel der Beklagten scheitert aller-dings nicht bereits daran, daß es
wegen Versäumung der Frist des § 516 ZPO zur Einlegung der Berufung unzulässig
wäre. Den Beklagten war hinsichtlich dieser Fristversäumung gem. § 233 ZPO
Wiederein-setzung in den vorigen Stand zu gewähren, denn sie waren ohne eigenes
oder ihnen gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer anwaltlichen
Vertreter verhindert, die versäumte Frist einzu-halten.
190
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191
Ein Verschulden der zweitinstanzlichen Prozeßbe-vollmächtigten der Beklagten liegt
nicht vor. Durch eidesstattliche Versicherungen des H.er Ver-kehrsanwalts der
Beklagten, Rechtsanwalt Ki. , und des zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten
der Beklagten, Rechtsanwalt S., ist glaubhaft gemacht, daß es bei dem Telefonat der
Rechtsanwälte vom 26. November 1992 noch zu keiner Mandatserteilung an
Rechtsanwalt S. gekommen ist, Rechtsanwalt S. vielmehr nur allgemein seine
Bereitschaft zu einer Mandatsübernahme erklärt hat und erst am 1. Dezember 1992 -
mit Zugang des Schreibens von Rechtsanwalt Ki. vom 26. November 1992 - den
zwei-tinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Auftrag zur Einlegung der Berufung
erteilt worden ist. Der Inhalt des Schreibens von Rechtsanwalt Ki. vom 26. November
1992 an Rechtsanwalt S. führt zu kei-ner anderen Beurteilung. Waren aber die
zweitin-stanzlichen Prozeßbevollmächtigten am 26. November 1992 noch nicht
mandatiert worden, waren sie weder gehalten, das Mandat zu bestätigen, noch die
Frist des § 516 ZPO zu notieren und zu beachten.
192
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193
Aber auch den Verkehrsanwalt der Beklagten trifft kein Verschulden an der
Versäumung der Berufungs-frist, für das die Beklagten gem. § 85 Abs. 2 ZPO
einzustehen hätten.
194
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195
Eine schuldhafte Verletzung der dem Anwalt bei der Wahrung einer Rechtsmittelfrist
obliegenden besonderen Sorgfaltspflichten (vgl. dazu Müller NJW 1993/687 m.w.N.)
kann zunächst nicht darin gesehen werden, daß der Rechtsmittelauftrag an die
zweitinstanzlichen Anwälte nur mit "einfacher" Post übersandt worden ist. Durch
eidesstattliche Versicherungen von Rechtsanwalt Ki. und seiner Bürovorsteherin Hi.
ist glaubhaft gemacht, daß der Brief an die zweitinstanzlichen Anwälte gegen 17.40
Uhr des 26. November 1992 in einen Briefka-sten vor dem H.er Hauptbahnhof
eingeworfen worden ist und dieser Briefkasten regelmäßig noch zum Beispiel um
23.00 Uhr geleert wird. Nach den übli-chen Beförderungszeiten der Post hätte daher
der Rechtsmittelauftrag am 30. November 1992 in Köln bei den zweitinstanzlichen
Prozeßbevollmächtigten eingegangen sein können. Daß der Umschlag, in dem der
Rechtsmittelauftrag vom 26. November 1992 ent-halten war, den Poststempel vom
27. November 1992 trägt, steht dem nicht entgegen. Dieser Poststem-pel besagt
zunächst nichts darüber, wann der Brief eingeworfen worden ist, ebenso nichts zu
den übli-chen Leerungszeiten des Briefkastens. Im übrigen weist dieser Poststempel
darauf hin, daß der Brief bei der üblichen Beförderungszeit von 2 Tagen noch ohne
weiteres am 30. November 1992 in Köln hätte eingehen können.
196
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197
Wegen des unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Berufungsfrist war der
Verkehrsanwalt der Beklag-ten in H. allerdings gehalten, mit besonderer Sorgfalt zu
überprüfen, ob der Rechtsmittelauftrag rechtzeitig bei den zweitinstanzlichen
Anwälten angekommen ist, damit diese gegebenenfalls noch am letzten Tag der
Berufungsfrist, dem 30. Novem-ber 1992, Berufung hätten einlegen können (vgl. dazu
Müller NJW 1993/687). Hierzu hätte sich der Verkehrsanwalt am 30. November 1992
von den zweitinstanzlichen Anwälten telefonisch den Ein-gang des
Rechtsmittelauftrages bestätigen lassen müssen. Erst dann hätte die - unstreitig - bei
dem H.er Verkehrsanwalt ordnungsgemäß notierte Berufungsfrist gestrichen werden
dürfen (vgl. BGH NJW 1988/3020, 3021); eine Vergewisserung über die Bereitschaft
der zweitinstanzlichen Rechtsan-wälte zur Mandatsübernahme für das Berufungsver-
fahren bedurfte es wegen der von Rechtsanwalt S. bereits am 26. November 1992
allgemein erklärten Bereitschaft nicht. Tatsächlich ist die bei dem Verkehrsanwalt der
Beklagten notierte Berufungs-frist ohne eine derartige Nachfrage bei den zwei-
tinstanzlichen Anwälten gestrichen worden, dies jedoch ohne Verschulden des
Verkehrsanwalts der Beklagten. Rechtsanwalt Ki. brauchte die Anfrage bei den
zweitinstanzlichen Rechtsanwälten nicht persönlich vornehmen, sondern konnte dies
seiner - wie glaubhaft gemacht - zuverlässigen, erfahre-nen und regelmäßig sorgfältig
überwachten Büro-vorsteherin Hi. überlassen, nachdem diese - wie ebenfalls
hinreichend glaubhaft gemacht - allge-mein und im vorliegenden Fall nochmals
ausdrück-lich von Rechtsanwalt Ki. angewiesen worden war, sich zunächst am 30.
November 1992 den Eingang des Rechtsmittelauftrags von den zweitinstanzli-chen
Rechtsanwälten bestätigen zu lassen und erst danach die Frist im Fristenbuch zu
streichen. Es handelt sich dabei um eine Verrichtung, die rou-tinemäßig bearbeitet
werden kann und keiner beson-deren Geistesarbeit oder juristischen Kenntnisse
bedarf. Derartige Verrichtungen kann der Rechts-anwalt daher seinem zuverlässigen
und sorgfältig überwachten Personal übertragen; der Anwalt darf auch darauf
vertrauen, daß seine Weisungen befolgt werden (vgl. BGH VersR 1976/958; Müller
NJW 1993/681, 685 m.w.N.).
198
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199
Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall nicht deshalb, weil Rechtsanwalt Ki.
am 30. Novem-ber 1992 ganztägig in D. war und seine Sozii nicht darüber informiert
hat, was zu geschehen habe, wenn am 30. November 1992 ein nicht rechtzeitiger
Eingang des Rechtsmittelauftrags vom 26.11.1992 von der Bürovorsteherin Hi.
festgestellt worden wäre. Die Beklagten haben - von der Klägerin unbe-stritten -
vorgetragen, daß sich die Handakte von Rechtsanwalt Ki. am 30. November 1992 in
dessen Büro in H. befunden hat. Die Zeugin Hi. wäre daher ohne weiteres in der
Lage gewesen, eine Kopie des angefochtenen Urteils per Telefax an die
zweitinstanzlichen Rechtsanwälte in Köln zu über-mitteln einschließlich einer Kopie
des Schreibens von Rechtsanwalt Ki. vom 26. November 1992 mit den darin
mitgeteilten Daten zum Ablauf der Beru-fungsfrist. Auch insoweit handelt es sich um
eine Verrichtung, die Rechtsanwalt Ki. aus den oben angeführten Erwägungen seiner
- zuverlässigen - Bürovorsteherin überlassen durfte. Beruht somit das Streichen der
Berufungsfrist im Fristenbuch bei dem Verkehrsanwalt der Beklagten ohne vorheri-ge
Rückfrage bei den zweitinstanzlichen Anwälten am 30. November 1992, ob der
Rechtsmittelauftrag vom 26. November 1992 rechtzeitig angekommen sei, auf einem
Fehlverhalten des Büropersonals des Verkehrsanwalts, das diesem nicht als
Verschulden anzurechnen ist, waren auch die Beklagten ohne ihr Verschulden an
der Einhaltung der Frist des § 516 ZPO verhindert.
200
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201
II.
202
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203
Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet.
204
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205
Die Klage ist zunächst zulässig.
206
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207
Auf die Einwendungen der Beklagten zur örtlichen Zuständigkeit kommt es jedenfalls
in der Beru-fungsinstanz nicht an. Das Landgericht Köln hat seine örtliche
Zuständigkeit gem. § 24 Abs. 2 UWG für sämtliche von der Klägerin in diesem
Verfahren geltend gemachten Ansprüche bejaht. Gem. § 512 a ZPO, der auch in
Wettbewerbsstrei-tigkeiten Anwendung findet (vgl. Baumbach-Hefer-mehl,
Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 24 UWG Rdn. 2 m.w.N.), kann daher das Rechtsmittel
der Beklagten nicht mit Erfolg auf eine Verletzung der Normen über die örtliche
Zuständigkeit durch das Landge-richt gestützt werden.
208
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209
Das Klagebegehren ist - soweit es Gegenstand des Berufungsverfahrens ist - auch in
der Sache er-folgreich.
210
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211
1.
212
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213
Die Klägerin kann von der Beklagten zu 1) gem. § 1 UWG im geltend gemachten
Umfang Unterlassung hinsichtlich des im Tenor des angefochtenen Ur-teils unter Ziff.
I 1. a) abgebildeten Stuhls "R." verlangen. Dieser Stuhl stellt eine gem. § 1 UWG
unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Her-kunftstäuschung unlautere
Nachahmung des von der Klägerin unstreitig hergestellten und vertriebenen Stuhls
"S." dar.
214
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215
Eine Nachahmung ist gem. § 1 UWG wegen vermeidba-rer Herkunftstäuschung
unzulässig, wenn besondere wettbewerbliche Umstände hinzutreten, welche die
Nachahmung als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände sind im Streitfall
gegeben, denn "S." weist wettbewerbliche Merkmale auf, mit de-nen der Verkehr
Herkunftsvorstellungen verbindet; durch die Nachahmung dieses Produkts mit dem
Stuhl "R." entstehen auch falsche Vorstellungen über die betriebliche Herkunft dieses
von den Beklagten vertriebenen Stuhls, die durch zumutbare und ge-eignete
Maßnahmen hätten verhindert werden können (vgl. zu den Voraussetzungen der
betrieblichen Herkunftstäuschung von Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kapitel 27
Rdn. 25 m.w.N.).
216
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217
Wettbewerbliche Eigenart weist ein Gegenstand auf, wenn seine konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, für die interessierten
Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder auf die Besonderheiten des
Erzeugnisses hinzu-weisen (vgl. von Gamm, a.a.O. Kap. 21 Rdn. 10 m.w.N.). Der von
der Klägerin hergestellte Stuhl "S." ist in dieser Weise geeignet, als Herkunfts-
hinweis auf den Betrieb der Klägerin zu dienen. Seine wettbewerbliche Eigenart wird
allerdings nicht durch ein einzelnes Element begründet, son-dern ist in
Übereinstimmung mit dem Landgericht in der Kombination von Merkmalen zu sehen,
die in ih-rer Gesamtwirkung "S." eine ausreichende einpräg-same Besonderheit
verleihen.
218
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219
Das Erscheinungsbild von "S." wird maßgeblich durch den spannungsvollen
Wechsel von geraden Linien und Bögen geprägt, wobei dies durch die Kombination
zweier Materialien noch zusätzlich un-terstrichen wird. Die Vierkantprofile stellen das
Tragegestell und zugleich den Rahmen für die (bei der Ausführung von "S." in
Metall/Holz) sehr flach geschnittenen, karg wirkenden Holzplatten der Sitzfläche und
der Rückenlehne dar. Die nur an vier Punkten mit der tragenden Konstruktion ver-
bundene Sitzfläche aus Holz erweckt den Eindruck, als schwebe sie auf dem
transparent wirkenden Gestell, während die Rückenlehne wie eine Scheibe
zwischen den Armlehnen aufgehängt zu sein scheint. Die geraden Linien der
Sitzfläche bilden dabei einen spannungsreichen Kontrast zu den gegenläufig
geführten "schwingenden" Linien der Stuhlbeine (bei der Ausführung von "S." in
Metall/Leder, bei der Sitzfläche und Rückenfläche sehr "flach" mit Leder überzogen
220
sind und letztlich kaum den Eindruck einer "Polsterung" erwecken, ergibt sich keine
andere Beurteilung). Die hinteren Füße sind als S.bögen ausgestaltet (was
ersichtlich für die Namensgebung von "S." ausschlaggebend war) und laufen
scheinbar ohne funktionale Bedeutung unter der Sitzfläche hindurch. Umgekehrt sind
auch die vorderen Füße im unteren Bereich als Bögen gestal-tet. Sie werden -
ebenso wie die hinteren Füße im Bereich der Sitzfläche - durch ein horizontales
Endstück abgeschlossen, wobei sich eine derartige Einfassung ebenfalls am Ende
der Rückenlehne befindet. Der Punkt, an dem sich beide Bögen in einem Winkel von
nahezu 90 Grad kreuzen, ist sehr weit nach oben verlagert, nämlich in die Nähe und
fast am Ende der Sitzfläche. Die Bögen der Füße können deshalb nahezu in ganzer
Länge "schwingen", wobei sie - anders als bei dem üblichen Stuhl - jeweils auf der
Seite auf dem Boden stehen, an der sie nicht als Stütze mit der Sitzfläche verbunden
sind. Wie vom Landgericht zutreffend angeführt, lassen die Füße dadurch bei
flüchtiger Betrachtung nicht sogleich ihre tragende Funktion erkennen, was den
Eindruck verstärkt, einen ungewöhnlich ge-stalteten Stuhl vor sich zu haben.
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221
Insgesamt vermittelt "S." durch die beschriebene Linienführung und die verwendeten
Materialien ei-nen strengen Eindruck, ruft jedoch zugleich auch das Bild einer
schwingenden, fast schon filigran wirkenden Konstruktion hervor. "S." entspricht we-
der der typischen Stuhlform mit vier geraden Bei-nen, noch erweckt das Modell durch
die geschwunge-nen Beine und den sehr weit nach oben verschobe-nen
Kreuzungspunkt Anklänge an einen Klappstuhl. Obwohl es sich um ein
Gebrauchsmöbelstück handelt, weicht "S." damit erheblich von dem herkömmlichen
Bild von Stühlen ab und ist durch die Gesamtheit seiner eigenwilligen ästhetischen
Gestaltung ge-eignet, dem Verkehr die Unterscheidung von Stühlen anderer
Hersteller und den Rückschluß auf seine betriebliche Herkunft zu ermöglichen.
222
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223
"S." ist im Verkehr auch in einem Maße bekannt geworden, daß die Gefahr von
Verwechslungen be-steht, wenn Nachahmungen dieses Stuhlmodells auf den Markt
gelangen (vgl. dazu Baumbach-Hefermehl a.a.O. § 1 UWG Rdn. 457 m.w.N.).
Aufgrund der Aussage des Zeugen Fischer, des Verkaufsleiters der Klägerin, vor
dem Landgericht steht fest, daß von 1987 bis 1991 ca. 24.700 Exemplare "S." - ab-
züglich von 10 bis 12 % Auslandsvertrieb - in der Bundesrepublik Deutschland
abgesetzt worden sind, und zwar mit den jedes Jahr steigenden Absatzzah-len, wie
sie in der Klageschrift von der Klägerin angeführt und im Tatbestand dieses Urteils
wieder-gegeben sind. Die in der Berufungsinstanz von der Klägerin für das Jahr 1992
vorgetragenen - und von den Beklagten nicht bestrittenen - Absatzzahlen von 12.816
Exemplaren von "S." bestätigen diese steigende Tendenz des Absatzes und damit
auch der Akzeptanz der Stühle durch den Verkehr.
224
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225
Anscheinend wollen die Beklagten in der Berufungs-instanz nicht (mehr) in Zweifel
ziehen, daß dem Stuhl "S." von Hause aus wettbewerbliche Eigenart zukommt,
meinen aber, diese Eigenart würde "S." durch das Produktumfeld genommen. Dies
ist jedoch nicht der Fall. Die von den insoweit darlegungs- und beweispflichtigen
Beklagten angeführten Model-le anderer Hersteller wahren entweder nach ihrem
226
Gesamteindruck einen ausreichenden Abstand zu "S." oder sind im Verkehr nicht
hinreichend bekannt geworden bzw. erst nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des
Marktzutritts der Beklagten mit "R." (vgl. BGH WRP 1976/370, 372 "Oval-Puderdose";
BGH GRUR 1985/876 f. "T./R.") im August 1991 auf den Markt gelangt.
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227
Der Sessel "Ba." von M. R. weist wie "S." sich kreuzende Stuhlbeine sowie eine
leicht gebogene Linienführung auf. Diese Gemeinsamkeiten mit "S." finden sich
ebenfalls bei den Sesseln des Desi-gners We. (Anlage B 6 zum Schriftsatz der
Beklag-ten vom 19. Mai 1992, Bl. 127 d.A.) und H. (Anlage B 7 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 19. Mai 1992, Bl. 128 d.A.). Dennoch weichen diese drei Modelle
nach ihrem Gesamteindruck derart erheblich von der Gestaltung von "S." ab, daß sie
noch nicht einmal zum engeren Umfeld des klägerischen Stuhls gezählt werden
können:
228
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229
Bei "Ba." ist schon die Linienführung der hinteren Beine völlig anders als bei "S.",
denn diese Beine sind nicht (nahezu) als Viertelkreis gestaltet, sondern verlaufen in
einer deutlich erkennbaren Wellenlinie nach hinten. Zudem ist der Kreuzungs-punkt
der Beine auffällig betont. Ohne jede Ähn-lichkeit mit "S." (selbst bei dessen
Ausführung in Metall/Leder) ist die Gestaltung der stark gepolsterten und ineinander
übergehenden Sitz- und Rückenflächen sowie deren Verbindung mit den
Stuhlbeinen. Die strenge und - wie die Klägerin zu Recht angeführt - karge
Funktionalität des Stuhls "S." wird durch "Ba." nicht vermittelt.
230
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231
Die Sessel bzw. Stühle der Designer We. und H. sind weder nach der Linienführung
der Beine und Lehnen noch nach der Ausführung der Sitz- und Rük-kenfläche mit
"S." zu vergleichen.
232
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233
Die Gemeinsamkeit des mit der Anlage B 5 (Bl. 81 d.A.) zum Schriftsatz der
Beklagten vom 19. Fe-bruar 1992 belegten Sessels mit dem Modell "S." erschöpft
sich in sich kreuzenden Vorder- und Hinterbeinen; ansonsten ist dieser Sessel völlig
anders gestaltet als "S." und erinnert nach seinem Gesamteindruck nicht einmal
entfernt an "S. ". Hinzu kommt, daß der Sessel nach dem eigenen Vortrag der
Beklagten erst im Jahre 1991 in den Handel gelangt ist, wobei konkrete
Umsatzzahlen von den Beklagten nicht genannt worden sind. Auch insoweit ist daher
nicht ersichtlich, daß (und in welcher Weise) dieses Modell Einfluß auf die wett-
bewerbliche Eigenart von "S." zum Zeitpunkt des Marktzutritts der Beklagten im
August 1991 Einfluß nehmen konnte.
234
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235
Der Gartenstuhl von Ga. (Anlage B 4 zum Schrift-satz der Beklagten vom 19. Februar
1992, Bl. 80 d.A.) weist ebenfalls eine völlig andere Linien-führung als "S." auf, denn
die Vorder- und Hinter-beine einschließlich der Rückenlehne des Stuhls zeigen eine
236
mehrfache Wellenlinie. Soweit aus der von den Beklagten überreichten Abbildung
ersicht-lich, ist auch die Sitzfläche in anderer Weise mit den Beinen verbunden,
nämlich nicht wie bei "S." in das Gestell integriert, sondern aufmontiert. Der
Kreuzungspunkt der Beine findet sich zudem weit unterhalb der Sitzfläche. Zu Recht
führt des-halb das Landgericht zu diesem Gartenstuhl aus, er vermittele durch diese
Gestaltung einen schwerfäl-ligen, altmodischen Eindruck, der in keiner Weise an "S."
erinnere.
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237
Bei dem in der Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. Februar 1992 (Bl.
79 d.A.) abgebildeten Stuhl der Firma "Go In" geht die Rückenlehne nicht in die
Vorderbeine über, wie dies bei "S." der Fall ist. Die Rückenlehne ist vielmehr auf die
nach hinten abschwingenden Beine aufgesetzt, was selbst bei flüchtiger Betrachtung
erkennbar ist. Die Vorderbeine wiederum stoßen von unten stumpf auf den Rahmen.
Die Rückenlehne ist zudem im unteren Bereich wellenförmig ausgebildet. Insgesamt
handelt es sich letztlich bei diesem Stuhl der Firma "Go." um die typische Stuhlform,
die nur leicht abgewandelt worden ist. Weder von vorne noch von der Seitenansicht
weist danach die-ser Stuhl nach seinem Gesamteindruck eine derarti-ge Ähnlichkeit
mit der Gestaltung von "S." auf, daß sich hieraus eine Schwächung oder gar ein
Weg-fall der wettbewerblichen Eigenart von "S." erge-ben könnte.
238
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239
Der Stuhl, der in der Anlage B 8 zum Schriftsatz der Beklagten vom 19. Mai 1992 (Bl.
129 d.A.) wiedergegeben ist, ist nach dem von den Beklagten in beiden Instanzen
nicht widersprochenen Vortrag der Klägerin identisch mit dem in dem Verfahren 31 O
41/92 LG Köln von der Firma G. am 31. März 1992 zur Unterlassung erklärten Modell.
Dieser Stuhl ist daher im vorliegenden Verfahren ohne Be-deutung.
240
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241
Dies gilt ebenfalls für den von der Firma "Sch. " vertriebenen Stuhl (vgl. Anlage 13
zur Klage-schrift, Bl. 35 d.A.). Die Klägerin hat hierzu in der ersten Instanz geltend
gemacht, es handele sich dabei um "S.", was im übrigen auch die Ab-bildung Bl. 35
d.A. bestätigt. Diesem Vortrag der Klägerin sind die Beklagten weder in der ersten
noch in der zweiten Instanz entgegengetreten.
242
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243
Das Modell "B." (Bl. 40 d.A., Anlage 17 zur Kla-geschrift) ist - wie auch die Klägerin
nicht in Zweifel zieht - in gewissen Punkten ähnlich mit dem Modell "S.", nämlich in
der Linienführung bei seitlicher Sicht. Dennoch bestehen auch hier bei einzelnen
Merkmalen und insbesondere nach dem von "B." vermittelten Gesamteindruck
deutliche Unter-schiede zu "S.". Dafür sorgt vor allem die Gestal-tung der Sitzfläche
von "B.", deren Vorderkante durchgebogen ist und die - wie für Plastik-Sitz-flächen
typisch - in die nach hinten abschwingende Linie der Hinterbeine integriert ist und
deren Li-nienführung folgt. Die für "S." charakteristische Spannung zwischen den
Rundbögen und der im Gestell gleichsam schwebenden Geraden der Sitzfläche ist
damit bei "B." nicht vorhanden. Darüber hinaus ist die Rückenlehne von "B." völlig
anders gestaltet als die Rückenfläche von "S.", nämlich als eine Querstrebe am
244
oberen Ende, die mit schräg geführ-ten Streben zur Sitzfläche hin verbunden ist. Wei-
terhin fehlt bei "B." die bei "S." mit dem oberen Abschluß der Gestelle
korrespondierende Querstrebe der vorderen Füße. Anders als bei "S." wirkt dadurch
das Gestell nicht wie ein Rahmen für Sitz- und Rückenfläche. Angesichts dieser
sofort ins Au-ge springenden Unterschiede zwischen "B." und "S." wird daher die
Eignung der Gestaltung von "S.", als betrieblicher Hinweis zu wirken, auch durch das
Stuhlmodell "B." nicht beeinträchtigt.
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245
Davon abgesehen haben die Beklagten nicht hinrei-chend vorgetragen, daß der
Stuhl "B." dem Verkehr in einer Weise bekannt geworden ist, daß der Ver-braucher
der Gestaltung von "S." keine Herkunfts-funktion mehr beimißt. Die Beklagten haben
zwar in der ersten Instanz unter Beweisantritt behauptet, das Modell "B." sei seit 1983
auf dem deutschen Markt. Sie haben jedoch nicht substantiiert darge-legt, wo und in
welcher Intensität der Stuhl dem Verkehr bekannt geworden ist. Dem Beweisantritt
der Beklagten im Schriftsatz vom 20. März 1992 (Bl. 109 d.A.) auf Einholung eines
Sachverständi-gengutachtens zum Beweis für ihre Behauptung, der Stuhl "B." habe
"die gleiche Popularität und den gleichen Bekanntheitsgrad erzielt" wie der Stuhl
"S.", war daher auch mangels hinreichendem Sach-vortrag der Beklagten nicht
nachzugehen.
246
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247
Schließlich berufen sich die Beklagten ebenfalls ohne Erfolg auf das Stuhlmodell
"Lo." (vgl. dazu die Abbildungen Bl. 196, 367 d.A. sowie die von den Beklagten im
Berufungstermin vom 18. Juni 1993 überreichten Unterlagen). "Lo." kommt zwar der
Gestaltung von "S." näher als alle anderen vorher erwähnten Stühle und Sessel.
Dennoch weist auch dieser (Klapp-) Stuhl Unterschiede zu "S." auf, die dazu führen,
daß "Lo." und "S." sich nach ihrem Gesamteindruck nicht nur nicht entsprechen,
sondern in einer Weise divergieren, daß auch im Hinblick auf "Lo." von einer
Schwächung oder gar einem Wegfall der wettbewerblichen Eigenart von "S." keine
Rede sein kann.
248
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249
Die Linienführung der Seitenteile von "Lo." sind entgegen der Ansicht der Beklagten
nicht nahezu identisch wie bei "S.", sondern weicht für je-dermann erkennbar
maßgeblich davon ab. Den nach hinten führenden Beinen von "Lo." fehlt schon der
für "S." charakteristische Bogen. Sie sind zudem nur leicht gewölbt und mit dem
Gestell, das den Rücken und die vorderen Beine von "Lo." bildet, durch eine auch bei
flüchtiger Betrachtung von der Seite und von vorne erkennbare scharnierähnliche
Konstruktion verbunden, die auf die Funktion von "Lo." als Klappstuhl hinweist. Der
Kreuzungspunkt der Stuhlbeine ist deutlich tiefer als bei "S." unterhalb der Sitzfläche
angesetzt, was zusätzlich dazu führt, daß die Biegung der nach hinten führenden
Beine in keiner Weise mit dem spannungs-reichen Bogen der nach hinten führenden
Beine von "S." vergleichbar ist. Eine mit "S." vergleichbare Rückenfläche fehlt bei
"Lo.", abgesehen von dem Abschluß des Rückengestells durch eine Querstrebe, die
im übrigen - ebenfalls anders als die Rücken-fläche bei "S." - leicht gewölbt ist. Die
Sitzflä-che des Stuhlmodells "Lo." ist deutlich gewellt. Sie ist zudem nicht in das
Gestell integriert, sondern liegt vorne auf dem nach hinten führenden Rundbogen und
250
hinten auf einer Querstrebe auf. Die hinteren Füße sind darüber hinaus im Gegensatz
zu der Gestaltung von "S." durch eine Querstrebe ver-bunden. Schließlich ist der
Stuhl "Lo." niedriger und breiter als "S.", wie insbesondere die Gegen-überstellung
der Abbildung dieser Stühle in der Anlage B 2 der Akte 31 O 41/92 LG Köln ausweist
(in dieser Beiakte wird "Lo." noch als "M." be-zeichnet).
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251
Insgesamt wirkt "Lo." durch diese Gestaltung und Linienführung sehr viel "gefälliger"
und "behä-biger" als "S.". Der strenge Kontrast zwischen gerader Sitz- und
Rückenfläche und dem geschwun-genen Metallgestell, wie er für "S." typisch ist, ist
bei "Lo." nicht vorhanden, denn dort nimmt die wellenförmige Sitzfläche sowie die
deutlich gewölbte Querstrebe am Rücken (vgl. dazu insbesondere die von den
Beklagten in der mündli-chen Verhandlung vom 18. Juni 1993 überreichten
Abbildungen von "Lo.") die Biegung des Gestells wieder auf. Durch das schon
erwähnte Scharnier am Kreuzungspunkt der Beine sowie durch die sonstige
Gestaltung des Gestells und der Art der Anbringung der Sitzfläche gibt das Modell
"Lo." auch ohne weiteres zu erkennen, daß es sich hierbei um einen Klappstuhl
handelt, was ebenfalls einen deutlichen Abstand zu "S." schafft. Ein vergleichbarer
oder gar verwechslungsfähiger Gesamteindruck der Model-le "S." und "Lo." ist daher
nicht vorhanden.
252
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253
Von einer Gewöhnung des Verkehrs an den durch die Gestaltung von "S."
vermittelten Gesamteindruck durch das unstreitig schon vor "S." vertriebene Modell
"Lo." kann umso weniger ausgegangen werden, als es den Beklagten in beiden
Instanzen nicht ge-lungen ist, detailliert darzulegen, in welcher In-tensität "Lo."
vertrieben worden ist. Selbst wenn man die Behauptung der Beklagten, wonach "Lo."
in der Zeit von 1971 bis 1989 mindestens 20.000 mal in der Bundesrepublik
Deutschland veräußert worden sei, in diesem Zusammenhang als richtig unterstellt,
läßt sich daraus immer noch nicht entnehmen, wie sich diese Verkaufszahlen auf den
sehr langen Zeitraum von ca. 22 Jahren verteilt und damit in welchen Jahren in
welcher Intensität die Vorstellung des Verkehrs vom Aussehen derar-tiger Stühle
beeinflußt haben. Bezogen auf diesen sehr langen Zeitraum sind es verglichen mit
den von der Klägerin bewiesenen Verkaufszahlen von 24.700 Exemplaren "S."
(abzüglich etwa 10 bis 12 % Auslandsvertrieb) in der Zeit von 1987 bis 1991 zudem
nur sehr geringfügige Umsätze.
254
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255
Die von den Beklagten vorgetragenen Bewerbungen für "Lo." vermögen ebenfalls
nicht hinreichend darzutun, daß sich die Formgebung dieses Stuhls derart dem
Verkehr eingeprägt hat, daß die Gestal-tung von "S." bei seinem Marktzutritt im Jahr
1987 und bzw. oder bei dem Marktzutritt der Beklagten mit dem Stuhl "R." keine
Hinweisfunktion für die Klägerin entfalten konnte. Ein konkreter Vortrag der Beklagten
zu den Bewerbungen von "Lo." gibt es nur für die Jahre 1971 und 1972, also für
einen Zeitraum, der viele Jahre vor dem ersten Erschei-nen von "S." liegt. Für das
Jahr 1987 sowie für die nachfolgende Zeit wird in der von den Beklag-ten
vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Zeugen Of. vom 18. Oktober 1992 (Bl.
363 d.A.) le-diglich erklärt, daß die Firma Z. den Stuhl "Lo." 1987 in der
256
Bundesrepublik Deutschland zum Preis 773,-- DM verkauft und beworben habe und
daß der Betrieb der Firma Z. dann im Jahr 1989 eingestellt worden sei. Die von den
Beklagten im Berufungs-termin vom 18. Juni 1993 zu "Lo. " überreichten Unterlagen
(Prospektmaterial, Preislisten) führen ebenfalls nicht weiter, denn daraus läßt sich
nicht entnehmen, in welchem Maße "Lo." in den Jah-ren, auf die sich diese
Unterlagen beziehen, ver-trieben und bzw. oder beworben worden ist. Abgese-hen
davon, daß die Gestaltungen von "Lo." und "S." nach ihrem Gesamteindruck die oben
angeführten er-heblichen Unterschiede aufweisen, war daher schon wegen des
unzulänglichen Sachvortrags der Beklag-ten zum Verkauf und der Bewerbung von
"Lo." nicht deren Behauptung nachzugehen, daß "Lo." im Bundes-gebiet (wann?)
Verkehrsgeltung erlangt habe.
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257
Auf den Vortrag der Beklagten zu dem Vertrieb und der Bewerbung von "Lo." sowie
der angeblichen Verkehrsbekanntheit dieses Stuhlmodells kam es schließlich auch
deshalb nicht an, weil "Lo." unstreitig allenfalls bis in das Jahr 1989 in der
Bundesrepublik vertrieben worden ist. Zu dem im vorliegenden Verfahren für die
Frage der wettbewerblichen Eigenart von "S." maßgeblichen Zeitpunkt des
Marktzutritts der Beklagten mit dem beanstandeten Stuhl "R." im August 1991 (ein frü-
herer Vertrieb dieses Stuhls durch die Beklagten oder einem Dritten ist von den
Beklagten nicht behauptet) war "Lo." also schon nicht mehr auf dem Markt. Selbst
wenn daher die angesprochenen Verkehrskreise bei dem Auftreten von "S." zunächst
z.B. an geschäftliche oder sonstige Verbindungen zwischen dem Hersteller dieses
Stuhls und des Modells "Lo." gedacht haben sollten, wiesen und weisen diese
möglichen Herkunftsvorstellungen der Verbraucher nach dem Einstellen des
Vertriebs von "Lo." ungeachtet der Unrichtigkeit der Vorstellun-gen tatsächlich nur
noch auf die Klägerin hin, so daß es gleichwohl zu einer Herkunftstäuschung
kommen kann, wenn nunmehr ein mit "S." verwechs-lungsfähiger Stuhl auf den Markt
kommt. Soweit die Beklagten in dem Berufungstermin vom 18. Juni 1993 erklärt
haben, sie würden den Stuhl "Lo." ab Juli 1993 in Deutschland wieder in den Verkehr
bringen, ist dies irrelevant. Zum einen handelt es sich dabei zunächst um eine bloße
Absichtserklärung der Beklagten; zum anderen kommt es im vorliegenden
Rechtsstreit, wie schon dargelegt, auf den Zeit-punkt des Marktzutritts der Beklagten
mit "R." an, also auf den August 1991.
258
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259
In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist aber ebenfalls die Verwechslungsgefahr
der sich gegen-über stehenden Stühle zu bejahen. Der von der Beklagten zu 1)
vertriebene Stuhl "R." ähnelt dem von der Klägerin hergestellten und vertriebenen
Stuhl "S." in sämtlichen Merkmalen, die dessen wettbewerbliche Eigenart
ausmachen und die Gesamt-wirkung dieses Stuhlmodells sowie die von "R." prägen,
derart, daß zumindest von einer mittelba-ren Verwechslungsgefahr, jedenfalls von
einer Ver-wechslungsgefahr im weiteren Sinne auszugehen ist.
260
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261
Wie die von der Klägerin mit der Klageschrift (S. 12 und 13 der Klageschrift = Bl. 12
und 13 d.A.) vorgelegte Gegenüberstellung der Stühle so-wie die Originale der
Stühle eindrucksvoll zeigen, besteht Übereinstimmung der beiden Stühle insbe-
262
sondere bei der Linienführung des gesamten Trage-gestells einschließlich der
konkreten Gestaltung des Kreuzungspunktes von Vorder- und Hinterbeinen sowie bei
der Art der Sitzfläche und ihrer Anbrin-gung, nämlich bei "R." in gleicher Weise
schwebend und mit demselben spannungsreichen Kontrast zu den Bögen der nach
hinten führenden Beine wie bei "S.". Auch bei "R." werden diese Gestaltungsmerk-
male durch die Kombination zweier verschiedener Materialien, nämlich ebenfalls
durch Metall und Holz, betont.
##blob##nbsp;
263
Demgegenüber treten die geringfügigen Abweichungen der Gestaltung von "R."
gegenüber "S." völlig in den Hintergrund. Dies gilt für den an den Füßen
angebrachten Schutz ebenso wie für den Umstand, daß bei "R." der Winkel zwischen
Sitzfläche und Rückenlehne im Rahmenbereich etwas spitzer und das als Sitzboden
angebrachte Holzbrett etwas größer und massiver als bei "S." ist. Diese
Abweichungen prägen nicht den von der Gestaltung von "R." vermittelten
Gesamteindruck. Sie sind zudem so ma-rginal, daß sie schon bei einem sorgfältigen
Ver-gleich der sich gegenüberstehenden Stühle als Un-terschied kaum auffallen.
Umso weniger werden sie von dem flüchtigen Betrachter bemerkt, der beide
Stuhlmodelle nicht nebeneinander sieht, sondern "R." aufgrund seines
Erinnerungsbildes an "S." be-urteilt.
264
##blob##nbsp;
265
Keine andere Beurteilung gilt für die Verwendung andersfarbiger Metallprofile bei
"R." gegenüber "S.". Diese Abweichung kann - wenn sie überhaupt festgestellt wird -
die Verwechslungsgefahr nicht beseitigen, denn sie betrifft keine die Gesamt-wirkung
der sich gegenüberstehenden Stühle prä-gendes Gestaltungsmerkmal. Sie wird
vielmehr bei dem Betrachter, dem diese Abweichung tatsächlich auffällt, angesichts
der sonstigen eklatanten Übereinstimmungen der beiden Stühle allenfalls die
Vorstellung hervorrufen, die Klägerin habe mit "R." eine Variante zu ihrem bewährten
Stuhlmodell "S." auf den Markt gebracht.
266
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267
Aber auch die anders gestaltete Rückenfläche bei "R." begründet keinen
hinreichenden Abstand dieses Stuhls zu "S.", um die Gefahr einer Verwechslung der
sich gegenüberstehenden Produkte auszuschal-ten. Zwar hat diese Rückenfläche
nicht - wie bei "S." - die Form eines Halbkreises, sondern ist ein sich nach unten hin
verjüngendes Brett, das bis zur Sitzfläche reicht. Wie bei "S." handelt es sich aber um
eine in den Metallrahmen gleich-sam eingehängte Fläche, die sich nach unten hin
verjüngt und auf diese Weise von dem Metallrahmen optisch löst. Trotz
abweichender Gestaltung stellt damit die Form der Rückenfläche von "R." letztlich
nur eine Abwandlung zur Rückenfläche von "S." dar, ohne deren Gestaltungsprinzip
aufzugeben. Ein gravierender Unterschied im Detail oder gar nach dem
maßgeblichen Gesamteindruck der Gestaltung von "R." gegenüber dem Stuhlmodell
der Klägerin be-steht daher auch insoweit nicht.
268
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269
Die Übereinstimmungen zwischen "S." und "R." bei allen den Gesamteindruck
270
prägenden Merkmalen sind danach derart stark, daß mehr als nicht nur nicht
unbeachtliche Teile der Endverbraucher, die "S." kennen und die die vorgenannten
Unterschiede der beiden Stühle tatsächlich bemerken, zu der Annahme gelangen,
die Klägerin habe mit "R." eine Variante mit andersfarbigem Metallgestell und mit
einer etwas anders geformten Rückenlehne auf den Markt gebracht, bzw. davon
ausgehen, daß diese Variante von "S." nur mit Billigung der Klägerin auf den Markt
gelangt sei.
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271
Ohne Erfolg machen die Beklagten demgegenüber geltend, die Klägerin markiere
ihre Stühle auf der Rückseite mit den großen Buchstaben "K.", während der Stuhl
"R." diese Markierung nicht aufweise. Dieses Merkmal ist schon deshalb ohne
Bedeutung, weil es nur bei einem sorgfältigen Untersuchen des Stuhls bemerkt wird.
Im übrigen schließt es nicht aus, daß die Verbraucher in "R." aus den genannten
Gründen eine Variante zu "S." aus dem Unternehmen der Klägerin sehen oder
zumindest von geschäftli-chen oder sonstigen Beziehungen zwischen den Her-
stellern von "R." und "S." ausgehen und zwanglos hierauf das Fehlen dieser
Markierung der Rückseite zurückführen.
272
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273
Auch die beachtlichen Preisunterschiede zwischen "R." und "S." (die Beklagte zu 1)
gibt ihren Preis für "R." ausweislich der Berufungsbegrün-dungsschrift mit ca. 49,--
DM an, während "S." zum Preis von etwa 200,-- DM verkauft wird) oder der Umstand,
daß die Beklagte zu 1) ihre Möbel über bundesweite Möbel-Discounter vertreiben
läßt, während die Klägerin ihre Stühle über ausgesuchte Möbelhäuser des
gehobenen Genres vertreibt, steht der festgestellten Verwechslungsgefahr nicht ent-
gegen. Die Verbraucher werden vielmehr aufgrund dieser Umstände von ihnen
tatsächlich festgestell-te Abweichungen der im Gesamteindruck übereinstim-menden
Stühle "R." und "S." ohne weiteres damit erklären, daß die Klägerin oder ein von ihr
lizen-sierter anderer Hersteller mit "R." eine billigere Abwandlung zu "S." auf den
Markt gebracht hat, um auf diese Weise - wie dies bei großen Firmen häu-fig
geschieht - nicht nur den Fachhandel, sondern auch die Billigmärkte für sich zu
erschließen und dort durch Massenabsatz entsprechenden Umsatz zu erzielen.
274
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275
Entgegen der Ansicht der Beklagten kann ebenfalls keine Rede davon sein, daß eine
Verwechslungsge-fahr der sich gegenüberstehenden Produkte deshalb
auszuschließen sei, weil in den Möbelhäusern, die die Produkte der Klägerin führen,
nicht das gleiche Publikum wie in den Möbel-Discountläden verkehre, in denen die
von der Beklagten zu 1) vertriebenen Stühle angeboten würden. Wie die Mitglieder
des Senats als Teil der angesprochenen Endverbraucher aus eigener Kenntnis und
Erfahrung wissen, lassen sich die Käuferschichten heute nicht mehr in der von den
Beklagten angeführten Weise trennen. Viele Verbraucher leisten sich einzelne teure
Möbelstücke (bzw. können sich nur einzelne derartige Möbel leisten), die sie in den
Möbelhäusern des gehobenen Genres kaufen; im übrigen erstehen diese
Verbraucher billigere Ergänzungsmöbel in anderen Läden, wie z.B. bei den Möbel-
Discountläden. Viele Verbraucher gehen auch nur in die Möbelläden des gehobenen
Genres, um sich dort wegen der ansprechenden Repräsentation der Möbel lediglich
276
Anregungen für die Einrichtung ihrer Wohnung zu holen. Umso erfreuter werden sie
dann feststellen, daß sie einen letztlich mit "S." identischen Stuhl unter der
Bezeichnung "R." bei dem Möbel-Discounter sehr viel billiger erwerben können.
Diese Verbraucher werden aber ebenfalls in der oben geschilderten Weise über die
Herkunft von "R." getäuscht. Zudem hat die Klägerin belegt, daß über "S." in
überörtlichen auflagenstarken Zeit-schriften wie z.B. "B." und "S.W." seit 1987 mit
Abbildungen des Stuhls berichtet worden ist (vgl. dazu Bl. 8 der Klageschrift = Bl. 8
d.A.). Dadurch wurden ebenfalls Käuferkreise erreicht, die nur oder nur bevorzugt
Möbel in Discountläden kaufen, somit auch potentielle Käufer von "R.".
##blob##nbsp;
277
Schließlich fehlt es an einer Herkunftstäuschung nicht deshalb, weil die Klägerin ihre
Produkte zunächst an Wiederverkäufer abgibt und sie erst durch den Fachhandel an
den Endverbraucher gelan-gen, während die Beklagte zu 1) ihre Artikel als
Großhändlerin an Möbel-Discountläden vertreibt. Die Möbelstücke beider Parteien
sind für den End-verbraucher bestimmt. Zumindest bei diesem besteht jedoch aus
den dargelegten Gründen die Gefahr, daß er bei "R." unrichtig annimmt, dieser Stuhl
stamme aus dem Betrieb der Klägerin oder werde zumindest mit Billigung der
Klägerin auf den Markt gebracht.
278
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279
Der Tatbestand des § 1 UWG ist jedoch auch im üb-rigen erfüllt.
280
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281
Wie schon das vorgelegte Umfeld belegt, handelt es sich weder bei den einzelnen
Elementen, die den Gesamteindruck von "S." prägen noch bei der Kom-bination
dieser Elemente um technisch oder ästhe-tisch bedingte Formen. Es stehen vielmehr
zahlrei-che Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, selbst wenn man dem von den
Beklagten angeführten Zeitge-schmack Rechnung tragen und z.B. einen Stuhl mit
den kombinierten Materialien Metall und Holz auf den Markt bringen will. Einer
nahezu identischen Nachbildung von "S.", wie dies bei "R." der Fall ist, bedarf es
hierzu nicht.
282
##blob##nbsp;
283
Der Beklagten zu 1) ist ebenfalls der Vorwurf zu machen, daß ihr die Umstände, die
bei objektiver Würdigung die Sittenwidrigkeit der beanstandeten
Wettbewerbshandlung begründen, bekannt waren, bzw. daß sie mit dem Vorliegen
derartiger Umständen gerechnet oder sich zumindest der Kenntnis dieser Umstände
bewußt verschlossen hat (vgl. dazu BGH GRUR 1992/448 f. "Pullovermuster"
m.w.N.).
284
##blob##nbsp;
285
Zwar steht aufgrund der erstinstanzlichen Beweis-aufnahme durch die Aussage der
Zeugin Jo. fest, daß die Beklagte zu 1) nur Vertreiberin und nicht Herstellerin des
Stuhls "R." ist, was im übrigen von der Klägerin zumindest im Berufungstermin auch
nicht mehr bestritten wurde. Es kommt danach für die Annahme eines Verstoßes der
286
Beklagten zu 1) gegen § 1 UWG auf deren Kenntnis von der Nachah-mung durch den
Hersteller an (vgl. BGH "Pullover-muster" a.a.O.). Der Beklagten zu 1) wurde jedoch
nicht erst durch das vorliegende Verfahren, son-dern schon durch das
Abmahnschreiben der Klägerin vom 2. November 1991 ausführlich die maßgeblichen
Umstände (einschließlich einer Abbildung von "S." und "C.") vor Augen geführt, die
die Unlauterkeit des Vertriebs von "R." als Nachahmung von "S." begründen. Ab
diesem Zeitpunkt wußte die Beklagte zu 1) von der sittenwidrigen
Wettbewerbshandlung des Herstellers des Stuhls "R." bzw. hat damit ge-rechnet oder
sich jedenfalls einer entsprechenden Kenntnis bewußt verschlossen. Damit erfüllte
und erfüllt auch das Verhalten der Beklagten zu 1) als bloße Vertreiberin den
subjektiven Tatbestand des § 1 UWG. Ob ein Weiterverkauf von "R." durch die
Beklagten zu 1) entsprechend der Ansicht von Baum-bach-Hefermehl (a.a.O. § 1
UWG Rdn. 474) dennoch zulässig wäre, wenn die Beklagte zu 1) die ihr zu-mutbaren
Maßnahmen getroffen hätte, um eine Irre-führung des Verkehrs auszuschließen,
bedarf keiner Entscheidung, denn der Vortrag der Beklagten läßt derartige
Maßnahmen nicht erkennen.
##blob##nbsp;
287
Mit dem Landgericht ist weiterhin vom Vorliegen der Wiederholungsgefahr
auszugehen. Unstreitig hat die Beklagte zu 1) das Modell "R." auf der Messe "H." in
F. im August 1991 präsentiert und bis ein-schließlich des Berufungstermins vom 18.
Juni 1991 auch nicht in Zweifel gezogen, daß sie "R." ver-treibt (und ebenfalls
zukünftig vertreiben will). Die danach gegebene Gefahr einer Wiederholung der
beanstandeten Wettbewerbsverletzung war daher nur durch eine strafbewehrte
Unterwerfungserklärung der Beklagten zu 1) zu beseitigen. Schon deshalb kommt es
nicht auf den Vortrag der Beklagten zu 1) im nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Juni
1993 an, in dem die Beklagte zu 1) erstmals behauptet, sie würde das Stuhlmodell
"R." nicht vertreiben.
288
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289
Ohne Erfolg machen die Beklagten gegenüber dem Unterlassungsverlangen der
Klägerin unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in GRUR
1979/332, 336 "B." geltend, die Klägerin handele rechtsmißbräuchlich, weil sie nicht
zuerst den Hersteller der beanstandeten Stühle in An-spruch nehme, sondern gegen
den Abnehmer vorgehe. Weder der Entscheidung des Bundesgerichtshofs "B." noch
dem Schrifttum, das sich auf diese Entschei-dung bezieht (vgl. von Gamm,
Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kapitel 49 Rdn. 16; Großkomm-UWG/Köhler, Vor § 13 B
Rdn. 284; Baumbach-Hefermehl, a.a.O. § 14 Rdn. 11, 12 b) läßt sich der von den
Beklag-ten angeführte Grundsatz entnehmen. Die erwähnte Entscheidung des
Bundesgerichtshofs sowie das Schrifttum verhalten sich vielmehr nur zu der Frage,
welche Sorgfaltspflichten dem Abmahnenden im Hinblick auf
Schadensersatzansprüche des vor dem Hersteller verwarnten Abnehmers obliegen.
Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die das Vorgehen der Klägerin aus den
von den Beklagten angeführten Erwägungen als rechtsmißbräuchlich er-scheinen
lassen. Wie auch vom Bundesgerichts-hof in der Entscheidung "Pullovermuster"
(GRUR 1992/448 f.) ausdrücklich festgestellt, kann der Verletzte bei der
Inanspruchnahme des Vertreibers nicht auf ein Vorgehen gegen den Hersteller der
Imitate verwiesen werden, und zwar selbst dann nicht, wenn ihm der Hersteller
bereits bekannt ist. Zu Recht macht die Klägerin insoweit auch geltend, ein Vorgehen
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gegen den Vertreiber müsse ungeachtet der Inanspruchnahme des Herstellers unter
anderem schon deshalb möglich sein, weil andernfalls unlauter nachgeahmte Waren,
die vom Hersteller bereits verkauft sind, von dem Abnehmer noch abgesetzt werden
können, ohne daß der Ver-letzte eine Möglichkeit habe, hiergegen etwas zu
unternehmen.
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291
Schließlich steht die von den Beklagten schon in erster Instanz erhobene Einrede der
Verjährung dem Unterlassungsbegehren der Klägerin aus § 1 UWG nicht entgegen.
Von einer Verjährung dieses Unter-lassungsanspruchs kann schon angesichts der
darge-legten Wiederholungsgefahr für den beanstandeten Vertrieb von "R." keine
Rede sein. Abgesehen davon berühmen sich die Beklagten, "R." vertreiben zu
dürfen, so daß ebenfalls aus diesem Grund eine Verjährung gem. § 21 UWG nicht
vorliegt.
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Ist danach das Unterlassungsbegehren der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) aus §
1 UWG gerechtfer-tigt, kann dahinstehen, ob auch § 97 Abs. 1 UrhG das
Unterlassungsverlangen der Klägerin recht-fertigt.
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2.
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297
Gemäß §§ 1 UWG, 242 BGB ist ebenfalls das Aus-kunfts- und
Feststellungsbegehren der Klägerin ge-gen die Beklagte zu 1) in dem zuletzt geltend
ge-machten Umfang, also ab dem 15. November 1991, be-gründet.
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Die Beklagte zu 1) ist der Klägerin ab diesem Zeitpunkt zum Schadensersatz
verpflichtet, denn sie hat schuldhaft gegen § 1 UWG verstoßen. Angesichts der ihr
von der Klägerin in dem (aus-weislich der unstreitigen vorprozessualen Korre-
spondenz der Parteien der Beklagten schon vor dem 15. November 1991
zugegangenen) Abmahnschreiben vom 2. November 1991 umfänglich dargelegten
Um-stände durfte die Beklagte zu 1) den nachgeahmten Stuhl "R." nicht einfach
weiter vertreiben. Sie hätte vielmehr bei der gebotenen entsprechenden sorgfältigen
Prüfung ohne weiteres erkennen können und müssen, daß es sich bei "R."
angesichts der eklatanten Übereinstimmung dieses Stuhlmodells mit dem Stuhl der
Klägerin um eine unzulässige Nach-ahmung von "S." handelt und ein weiterer
Vertrieb von "R." durch sie - die Beklagte zu 1) - daher unlauter ist. Die Beklagte zu 1)
trifft danach zu-mindest der Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit.
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301
Es ist ebenfalls hinreichend wahrscheinlich, daß der Klägerin durch den Vertrieb von
"R." als "S."-Kopie durch die Beklagte zu 1) ein Schaden entstanden ist bzw. noch
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entsteht. Die Beklagte zu 1) ist der Klägerin somit gemäß § 1 UWG zum Scha-
densersatz sowie zur Vorbereitung der Schadenser-mittlung auch zur Erteilung der
von der Klägerin begehrten Auskunft verpflichtet.
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303
Eine Verjährung des Auskunfts- und Feststellungs-verlangens der Klägerin gem. § 21
UWG liegt nicht vor. Da die Klägerin unstreitig erstmals im August 1991 Kenntnis von
der beanstandeten Wettbewerbs-handlung der Beklagten zu 1) erlangt und bereits
am 6. Februar 1992 die vorliegende Klage erhoben hat, ist eine Verjährung gem. § 21
UWG auch inso-weit nicht eingetreten, als sich das Auskunft aund
Schadensersatzbegehren der Klägerin ab dem 15. No-vember 1991 auf einen
Zeitraum bezieht, der noch vor der Klageerhebung liegt.
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3.
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307
Der Unterlassungsanspruch sowie das Auskunfts- und Feststellungsbegehren der
Klägerin hinsicht-lich des Stuhls "R." sind in dem zuerkannten Umfang aus den
bereits vom Landgericht angeführten Erwägungen jedoch ebenfalls gegen die
Beklagten zu 2) und 3) begründet. Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Organe der
Beklagten zu 1), die deren Handlungen veranlassen und durchführen. Aus den zu
dem Klagebegehren hinsichtlich der Beklagten zu 1) angeführten Erwägungen liegt
damit zugleich auch ein eigenes schuldhaftes wettbewerbswidriges Ver-halten der
Beklagten zu 2) und 3) vor (vgl. dazu Baumbach-Hefermehl, a.a.O. Einl UWG Rdn.
328, 329 m.w.N.).
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4.
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311
Hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens der Klä-gerin gegen den als Nachahmung
des von ihr herge-stellten und vertriebenen Stuhls "C." angegriffe-nen und in Ziff. I. 1.
b) des Tenors der angefoch-tenen Entscheidung abgebildeten Modells war nur noch
gem. § 91 a Abs. 1 ZPO über die Kosten zu entscheiden, nachdem die Parteien in
der Beru-fungsverhandlung vom 18. Juni 1993 insoweit die Hauptsache
übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Danach waren aber die Kosten den
Beklagten aufzuerlegen, denn diese wären ohne ihre Erklärung im Termin vom 18.
Juni 1993, die Anlaß für die Er-ledigungserklärungen der Parteien war, auch inso-
weit mit ihrer Berufung unterlegen.
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Zulässigkeitsbedenken gegenüber dem Klagebegehren haben nicht bestanden.
Dabei kann dahinstehen, ob eine Klageänderung darin zu sehen ist, daß die Klägerin
in der ersten Instanz ihr Unterlassungs-verlangen zunächst auf das Vorliegen einer
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Wie-derholungsgefahr gestützt und das Landgericht der Klage dann wegen
Bestehens einer Erstbegehungs-gefahr entsprochen hat. Da das Landgericht eine
eventuell vorliegende Klageänderung - stillschwei-gend - zugelassen hat, unterlag
diese Entscheidung des Landgerichts gem. § 268 ZPO nicht der Überprü-fung durch
den Senat. Im übrigen bedurfte es auch entgegen der Ansicht der Beklagten keines
Hinwei-ses seitens des Landgerichts gem. § 139 ZPO auf das - möglicherweise -
Vorliegen einer Klageände-rung; die Klägerin hat sich schon im Schriftsatz vom 5.
Mai 1992 auf das Bestehen einer Erstbege-hungsgefahr berufen und die Beklagte hat
hierzu auch im Schriftsatz vom 6. Mai 1992 Stellung ge-nommen.
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Das Unterlassungsbegehren der Klägerin war bis zu der Erklärung der Beklagten im
Termin vom 18. Juni 1993 ebenfalls in der Sache erfolgreich, denn der mit dem
Klageantrag zu Ziff. I. 1. b) beanstandete Stuhl stellt eine Nachahmung des von der
Klägerin hergestellten und vertriebenen Stuhls "C." dar, die gem. § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung wettbewerbswidrig ist.
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Wie bereits vom Landgericht zutreffend ausgeführt, ist der Stuhl "C." - auch im
Hinblick auf das von den Beklagten angeführte Produktumfeld - wett-bewerblich
eigenartig und im Verkehr nach seinen von den Beklagten in der zweiten Instanz
nicht mehr bestrittenen Absatzzahlen in einer Weise bekannt geworden, daß bei
Nachahmungen die Gefahr von Verwechslungen bestehen kann. Insoweit wird gem.
§ 543 Abs. 2 ZPO auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Es
besteht jedoch ebenfalls die Gefahr, daß nicht unbeachtliche Tei-le der
Endverbraucher den beanstandeten Stuhl mit "C." verwechseln. Wie die
Gegenüberstellung dieser Stühle in der Abbildung gem. Bl. 12 der Klage und Bl. 12
d.A. deutlich macht, sind die Stühle bis auf die etwas anders gestaltete Rückenlehne
und den Farbunterschied bei den Metallrahmen letztlich identisch. Diese
Unterschiede können aber jeden-falls nicht die Gefahr beseitigen, daß der Verkehr
aufgrund des übereinstimmenden Gesamteindrucks der sich gegenüberstehenden
Stühle das beanstandete Modell für eine aus dem Betrieb der Klägerin stammende
oder zumindest mit deren Einverständnis hergestellte Variante zu dem Stuhl "C."
halten und auf diese Weise über die betriebliche Herkunft dieses Stuhls irregeführt
werden. Es gelten inso-weit die Ausführungen zu "S. " in Ziff. II. 1. dieses Urteils
entsprechend, auch was das Vorbrin-gen der Beklagten zu der Frage der
angesprochenen Verkehrskreise angesichts der unterschiedlichen Vertriebsschienen
der Parteien angeht.
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Eine abweichende Gestaltung eines Stuhls bzw. Ses-sels unter Vermeidung der für
"C." typischen Ge-samtwirkung war dem Hersteller dieses Stuhls eben-falls ohne
weiteres möglich. Daß die Gestaltung von "C." bzw. des angegriffenen Stuhls
insbesonde-re hinsichtlich der Kombination der Merkmale, die die Gesamtwirkung
prägen, technisch oder ästhe-tisch bedingt ist, ist nicht ersichtlich. Welche
Variationen bei Stühlen möglich sind, zeigen schon die von den Beklagten
vorgelegten Stuhl-Abbil-dungen.
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Schließlich sind den Beklagten wie bei dem Stuhl "R." auch hinsichtlich der
beanstandeten Nachah-mung von "C." im Abmahnschreiben der Klägerin vom 2.
November 1991 ausführlich die maßgeblichen Umstände dargelegt worden, die den
Tatbestand der vermeidbaren Herkunftstäuschung gem. § 1 UWG begründen. Wie
bei "R." gilt daher aus den unter Ziff. II. 1. dieses Urteils angeführten Erwägungen
auch hier, daß die Beklagte zu 1) sowie die Beklagten zu 2) und 3) als deren
handelnde Organe Kenntnis von den den objektiven Tatbestand des § 1 UWG
begründenden Tatumständen schon ab dem 2. No-vember 1991 hatten bzw.
spätestens ab diesem Zeit-punkt mit dem Vorliegen von Umständen rechneten, die
ihr Verhalten sittenwidrig machen konnten.
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Bis zu der Erklärung der Beklagten in der mündli-chen Verhandlung vom 18. Juni
1993 bestand jedoch ebenfalls die Gefahr, daß die Beklagten den als "C."-Kopie
beanstandeten Stuhl vertreiben bzw. zu vertreiben beabsichtigen. Nach der vom
Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat zwar ein Ver-trieb dieses Stuhls
durch die Beklagte zu 1) - an-ders als bei "R." - noch nicht stattgefunden, so daß
keine Wiederholungsgefahr gegeben war. Es war aber vom Vorliegen einer
Erstbegehungsgefahr aus-zugehen.
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Auf den Hinweis der Klägerin in dem Abmahnschrei-ben vom 2. November 1991,
wonach die Firma T. die Beklagte zu 1) als Vertreiberin auch dieses Stuhls genannt
habe, hat die Beklagte zu 1) in ihrer Erwiderung auf die Abmahnung nicht Stellung
genom-men und in der danach von ihr vor dem Landgericht H. erhobenen negativen
Feststellungsklage sogar erklärt, dieser Stuhl werde von ihr veräußert. Schon
deshalb war die Beklagte zu 1) gehalten, im vorliegenden Verfahren mit umso
größerer Sorg-falt eindeutig und unmißverständlich kenntlich zu machen, daß ein
Vertrieb dieser "C."-Nachahmung durch sie nicht erfolgt sei, auch in Zukunft nicht
beabsichtigt werde und ihre Rechtsverteidi-gung im vorliegenden Prozeß nicht den
Zweck habe, jedenfalls auch den Weg zu einem beabsichtigten - künftigen - Vertrieb
dieses Modells zu eröffnen, um keine Erstbegehungsgefahr durch Berühmung zu
begründen (vgl. dazu z.B. BGH WRP 1992/311 f. "Systemunterschiede"). Dennoch
haben die Beklagten in der ersten Instanz weder ausdrücklich noch sinngemäß eine
derartige Erklärung abgegeben, son-dern sich lediglich auf die wiederholte Angabe
be-schränkt, das beanstandete Imitat von "C." in der Vergangenheit weder hergestellt
noch vertrieben und sich eines derartigen Rechts auch nicht be-rühmt zu haben.
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327
Die danach in der ersten Instanz zu Recht vom Landgericht bejahte
Erstbegehungsgefahr durch Be-rühmung der Beklagten, in der von der Klägerin
beanstandeten Weise hinsichtlich der "C."-Kopie handeln zu dürfen, hat auch in der
zweiten Instanz bis zu der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 1993 bestanden.
Der zweitinstanzliche Vortrag der Beklagten enthielt - trotz der Hinweise des
Landgerichts im angefochtenen Urteil - immer noch keine ausreichende klare und
eindeutige Äußerung der Beklagten, die den Schluß rechtfertigte, daß sich die
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Beklagten gegenüber dem Unterlassungsver-langen der Klägerin ausschließlich zur
Rechtsver-teidigung auf materielles Recht beriefen. Die Be-klagten erklärten vielmehr
nur, eingebettet in die Auseinandersetzung mit dem Vorgehen des Landge-richts und
dem Vortrag der Klägerin in der ersten Instanz, sie - die Beklagten - hätten bei einem
gerichtlichen Hinweis des Landgerichts "bereits erstinstanzlich noch deutlicher
vorgetragen, daß sie ein dem Stuhlmodell "C." ähnliches Möbel weder in der
Vergangenheit vertrieben haben noch in der Zukunft zu vertreiben beabsichtigen"
(vgl. Bl. 290 d.A.), bzw. daß das Stuhlmodell "C." weder von ihnen vertrieben noch
beworben worden noch eine entsprechende Vertriebsverbindung mit der Firma T.
angedacht und getroffen sei (vgl. Bl. 357 d.A.). Eine eindeutige Erklärung zu dem von
der Klägerin mit dem Antrag zu I. 1. b) beanstandeten Modell (und z.B. nicht nur
allgemein zu Stühlen, die "C." ähnlich sehen), die geeignet war, die von den
Beklagten durch ihr vorprozessuales Verhalten und ihr Verhalten im vorliegenden
Verfahren begründe-te Erstbegehungsgefahr auszuräumen, haben die Be-klagten
somit erstmals in dem Berufungstermin vom 18. Juni 1993 abgegeben.
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Das Unterlassungsbegehren der Klägerin gegenüber der "C."-Nachahmung war
schließlich auch nicht rechtsmißbräuchlich, weil die Klägerin nicht zu-erst den
Hersteller dieses Stuhls, sondern den vermeintlichen Vertreiber in Anspruch
genommen hat. Insoweit wird auf die Ausführungen zu dem Stuhl "R." in Ziff. II. 1.
dieses Urteils verwie-sen, die hier entsprechend gelten. Da bis zum 18. Juni 1993
vom Vorliegen einer Erstbegehungsge-fahr auszugehen war, stand schließlich auch
die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung dem Erfolg des
Unterlassungsverlangens der Kläge-rin nicht entgegen.
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331
Hat danach die Klägerin bis zu der Erklärung der Beklagten in der mündlichen
Verhandlung vom 18. Juni 1993 sowohl von der Beklagten zu 1) als auch - aus den in
Ziff. 3. dieses Urteils angeführten Erwägungen - ebenfalls von den Be-klagten zu 2)
und 3) als Organe der Beklagten zu 1) Unterlassung des Vertriebs des als "C."-
Nachah-mung beanstandeten Stuhls gefordert, entsprach es billigem Ermessen im
Sinne von § 91 a Abs. 1 ZPO, die Beklagten insoweit mit den Kosten des Rechts-
streits zu belasten.
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III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.
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Die von der Klägerin erstmals im Berufungstermin vorgenommene zeitliche
Begrenzung ihres Auskunfts- und Feststellungsbegehrens auf die Zeit ab dem 15.
November 1991 rechtfertigt keine Reduzierung der ohnehin sehr knapp bemessenen
Streitwerte für die Klageanträge von 7.500,-- DM bzw. 17.500,-- DM und damit
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ebenfalls keine Kostenbelastung der Klä-gerin, mag die genannte zeitliche
Begrenzung auch als teilweise Klagerücknahme zu werten sein.
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Die übrigen Nebenentscheidungen ergehen gem. § 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.
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