Urteil des OLG Köln vom 28.02.1991

OLG Köln (eintritt des versicherungsfalles, kläger, fahrer, versicherungsnehmer, annahme, besitz, halter, einsichtnahme, zusicherung, zweifel)

Oberlandesgericht Köln, 5 U 99/90
Datum:
28.02.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 99/90
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 451/88
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 11. April 1990 - 24 0 451/88 - wird
zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht
hat die Klage zu Recht abgewiesen und zutreffend dem Widerklageantrag im
wesentlichen stattgegeben.
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Der Senat schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts im
angefochtenen Urteil an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf
Bezug.
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Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist ergänzend Folgendes auszuführen:
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Die in erster Instanz seitens des Klägers geäußerte Vermutung, sein Bekannter sei
möglicherweise gar nicht der Unfallfahrer gewesen, hat er im Rahmen seiner
Berufung nicht aufrechterhalten; im übrigen hat das Landgericht diesen Vortrag des
Klägers auch zutreffend für widerlegt erachtet.
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Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht Leistungs-freiheit der Beklagten nach §§ 2
Ziffer 2 c AKB, 6 Abs. 1 und 2 VVG angenommen. Hiernach ist der Versicherer von
der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Fahrer bei Eintritt des
Versicherungsfalles nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis hat. Unstreitig war als
Unfallfahrer zum Unfallzeitpunkt nach einem Trunkenheitsdelikt nicht im Besitz einer
gültigen Fahrerlaubnis.
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Zwar bleibt gemäß § 2 Ziffer 2 c Satz 2 AKB die Verpflichtung zur Leistung
gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehen, wenn dieser das Vorliegen der
Fahrerlaubnis bei dem berechtigten Fahrer ohne Verschulden annehmen durfte. Es
handelt sich hierbei um einen Ausnahmetatbestand, dessen Voraussetzungen der
Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen hat (siehe BGH VersR 1988/50,
Stiefel/Hofmann, AKB, 14. Aufl., Rdn. 259 zu § 2 AKB m.w.N.).
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Ein dahingehender Nachweis bzw. auch schon ein schlüssiger Vortrag hierzu ist dem
Kläger nicht ge-lungen.
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Entschuldbar im vorgenannten Sinn ist die Annahme des Halters, der Fahrer habe
den Führerschein, nur dann, wenn er aus einer sicheren Erkenntnisquelle heraus zu
dieser Annahme gelangt ist. Ansonsten muß er sich den Führerschein grundsätzlich
vorzeigen lassen und ihn auf seine Gültigkeit hin prüfen (siehe Stiefel/Hofmann,
a.a.O. Rdn. 267 zu § 2 AKB), denn grundsätzlich ist von ihm insoweit das Maß an
Sorgfalt zu verlangen, daß nach der Lebenserfahrung unter den gegebenen
Umständen von vernünftigen, praktischen Menschen aufgewendet zu werden pflegt
und das deshalb generell erwartet und verlangt werden kann (so schon BGH VersR
1971/808).
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Die Verpflichtung, sich den Führerschein vorlegen zu lassen, gilt regelmäßig dann,
wenn der Versicherungsnehmer als Halter weiß, daß dem Fahrer die Fahrerlaubnis
schon einmal entzogen war (siehe OLG Hamm VersR 1977/757), insbesondere
dann, wenn dies wegen eines Trunkenheitsdelikts geschehen ist und der Fahrer
auch nachfolgend zur Trunkenheit neigt.
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Vorliegend war dem Kläger, wie er in der Berufung selbst eingeräumt hat, bekannt,
daß zumindest schon 1984 bereits einmal der Führerschein nach ei-nem
Verkehrsdelikt entzogen worden war. Angesichts der vom Kläger wiederholt erklärten
nahen Bekanntschaft mit spricht viel dafür, daß ihm auch der nachfolgende erneute
Führerscheinentzug nicht verborgen geblieben ist; jedenfalls hat der Kläger nicht
substantiiert und nachvollziehbar dargetan, inwiefern er trotz häufigen
Zusammenseins nichts vom Führerscheinentzug gemerkt haben will. Dies kann aber
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letztlich auch dahinstehen, denn nach dem zuvor Gesagten war er jedenfalls
angesichts des ihm unstreitig bekannten Führerscheinentzugs aus 1984 gehalten,
sich durch konkrete Einsichtnahme Gewißheit darüber zu verschaffen, ob im Besitz
eines Führerscheins war, ehe er ihm das Fahrzeug überließ. Es liegt demzufolge
vorliegend gerade keiner der von den Parteien in den Grundsätzen zutreffend
angeführten Ausnahmefälle vor, in denen ausnahmsweise der Versicherungsnehmer
einer mündlichen Zusicherung des Fahrers, dieser habe den Führerschein, vertrauen
darf, ohne sich den Führerschein zeigen zu lassen (siehe BGH VersR 1988/1017).
Offenbar hat der Kläger insoweit ja auch selbst durchaus Zweifel gehabt, denn sonst
hätte er, wenn er wirklich so felsenfest überzeugt gewesen wäre und keinen Anlaß zu
diesbezüglichen Zweifeln gehabt hätte, Herrn vermutlich gar nicht nach dem
Führerschein gefragt. Wenn jemand erst vier Jahre vorher einen Führerscheinentzug
gehabt hat und zudem, was dem Kläger als nahen Bekannten und Zechkumpanen
mit Sicherheit nicht entgangen sein kann, ein notorischer Trinker ist, so besteht aller
Anlaß zu dem Verdacht, daß es bei diesem einen Führerscheinentzug nicht
geblieben ist und berechtigte Zweifel angebracht sind, oder zum gegenwärtigen
Zeitpunkt über einen gültigen Führerschein verfügt. In einer solchen Situation besteht
mithin aller Anlaß, sich hinsichtlich des Vorhandenseins eines gültigen
Führerscheins zu vergewissern, und zwar nicht lediglich durch Nachfrage, sondern
durch gründliche Einsichtnahme in den vorzulegenden Führerschein, was der Kläger
unstreitig nicht getan hat.
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Daß der Kläger bei Überlassung des Pkw's an - wie er mehrfach hervorgehoben hat -
u.U. selbst schon volltrunken war, ist im Rahmen seiner Entlastung nach § 2 Ziffer 2 c
Satz 2 1. Halbsatz AKB unerheblich, denn maßgeblich ist hier nicht - wie im
Strafrecht - die Betonung der subjektiven Seite, sondern die stärkere Betonung des
Verkehrsüblichen, wie bereits ausgeführt. Wer sich mithin als Versicherungsnehmer
im Zustand der Volltrunkenheit den Führerschein des Fahrers nicht zeigen läßt, kann
sich zu seiner Entlastung nicht auf seine vorübergehende Geschäftsunfähigkeit
berufen, vielmehr findet insoweit der Rechtsgedanke des § 827 Satz 2 BGB analoge
Anwendung (siehe Stiefel/Hofmann, a.a.O., Rdn. 266).
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Auch im übrigen ist, wie bereits erwähnt, die Annahme des Versicherungsnehmers,
der Fahrer habe den Führerschein, nur dann entschuldbar, wenn der Halter aus einer
sicheren Erkenntnisquelle zu dieser Annahme gelangt ist und gelangen durfte. In
diesem Sinne hat der Kläger nichts vorgetragen. Die behauptete Zusicherung des, er
habe natürlich einen Führerschein, stellt naturgemäß angesichts der vorgenannten
besonderen Umstände gerade keine sichere Erkenntnisquelle im vorgenannten
Sinne dar.
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Da somit die Voraussetzungen des § 2 Ziffer 2 c AKB zu bejahen sind, ist auch die
Widerklage entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts (die zur
Höhe vom Kläger auch mit der Berufung nicht mehr angegriffen worden sind)
begründet, so daß die Berufung insgesamt zurückzuweisen war.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZP0.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Ziffer
10, 713 ZP0.
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer des Klägers: 21.126,30 DM
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