Urteil des OLG Köln vom 17.01.2002

OLG Köln: einstweilige verfügung, rechtskräftiges urteil, vollziehung, zustellung, toto, verzicht, hauptsache, gerichtsstand, ermessen, veröffentlichung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 6 W 114/01
17.01.2002
Oberlandesgericht Köln
6. Zivilsenat
Beschluss
6 W 114/01
Landgericht Köln, 84 O 15/00
Die sofortige Beschwerde der Aufhebungsklägerin vom 14.11.2001 (Blatt
265 d.A.) gegen den ihr am 31.10.2001 zugestellten Be-schluss der 4.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 15/00 - wird
auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Beschwerdewert wird auf 19.000,00
EUR festgesetzt.
G r ü n d e:
Die gemäß § 91 a) Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat in der
Sache aber keinen Erfolg. Denn die Entscheidung des Landgerichts, die Kosten des in der
Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Verfahrens der Aufhebungsklägerin
aufzuerlegen, entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 91 a Abs. 1 ZPO und ist
deshalb nicht zu beanstanden. Das folgt daraus, dass die Aufhebungsklägerin - ein
Zeitungsverlag - ohne die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien und
damit im Falle der streitigen Fortsetzung des Verfahrens aller Voraussicht nach unterlegen
wäre.
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass es einer Zustellung des aus Blatt 192
ff. d.A. ersichtlichen Berufungsurteils des Senats vom 16.02.2001 im Parteibetrieb nicht
bedurfte, weil die einstweilige Verfügung der Kammer vom 10.02.2000 (Blatt 17 ff. d.A.)
bereits durch Zustellung im Parteibetrieb vollzogen war. Der Umstand, dass das die
Beschlussverfügung bestätigende, mit der Berufung angefochtene Urteil vom 15.06.2000
durch das Urteil des Senats im Berufungsrechtszug nicht in vollem Umfang bestätigt
worden ist, machte eine erneute Vollziehung nach §§ 929 Abs. 2, 936 ZPO nicht
erforderlich. Damit fehlte es an dem für das Aufhebungsbegehren nötigen
Aufhebungsgrund im Sinne des § 927 Abs. 1 ZPO.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und auch der anderer
Oberlandesgerichte, von der abzuweichen kein Anlass besteht, bedarf es nur dann einer
erneuten Vollziehung im Parteibetrieb, wenn eine einstweilige Verfügung im Widerspruchs-
oder Berufungsverfahren eine wesentliche inhaltliche Änderung erfährt (vgl. z.B. Senat,
GRUR 1999, 89 "Erweiterte Verbotstenor"; OLG Hamburg, OLGR 1999, 180, 181; OLG
Celle, OLGR 1998, 10; OLG Hamm, OLGR 1995, 21; OLG Frankfurt, WRP 1991, 405). Das
hat seinen Grund darin, dass der Verfügungsgläubiger bereits durch eine
Vollziehungshandlung für den Schuldner deutlich sichtbar dokumentiert hat, von der
erlassenen Verfügung Gebrauch machen und den titulierten Anspruch durchsetzen zu
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wollen. Durch das Senatsurteil wurde eine erneute Vollziehungsfrist nicht in Gang gesetzt,
weil die vorgenommene Einschränkung auf die konkrete Wettbewerbshandlung lediglich
ein Minus gegenüber der ursprünglichen, im Parteibetrieb zugestellten
Untersagungsverfügung darstellt. Das wiederum folgt daraus, dass der Aufhebungsklägerin
durch die einstweilige Verfügung - verkürzt wiedergegeben - untersagt worden war, ohne
Rücksicht auf den konkret veröffentlichten Werbetext stets die blickfangmäßige
Verwendung u.a. der Konzernmarke der Antragstellerin in der konkreten Verletzungsform
zu unterlassen, während die Aufhebungsbeklagte nach Auffassung des Senats lediglich
Anspruch darauf hatte, dass die Aufhebungsklägerin die Veröffentlichung der konkreten,
die Aufhebungsbeklagte verunglimpfenden und evident wettbewerbswidrigen
Werbeanzeige einer Konkurrentin der Aufhebungsbeklagten unterlässt. Das neugefasste
Unterlassungsgebot ist deshalb, worauf der Senat bereits in den Entscheidungsgründen
seines Berufungsurteils (dort Seite 6 1. Absatz ) ausdrücklich hingewiesen hat, gegenüber
dem Inhalt der Beschlussverfügung ein reines Minus und war folglich bereits Gegenstand
der vollzogenen Beschlussverfügung. Wäre das anders, hätte der Senat im übrigen auf die
Berufung der jetzigen Aufhebungsklägerin das angefochtene Urteil insgesamt ändern und
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in toto zurückweisen müssen, weil das
im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat neu formulierte
Unterlassungsbegehren dann allein wegen des Zeitablaufs nicht mehr im Sinne des §§ 25
UWG, 935, 940 ZPO dringlich gewesen wäre.
Der Senat vermag sich auch nicht der Auffassung der Aufhebungsklägerin anzuschließen,
der jetzige Aufhebungsbeklagte und damalige Antragstellerin hätte auf ihr
Aufforderungsschreiben (Blatt 237 d.A.) auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung
verzichten müssen, weil sie unter dem 04.04.2001 - insoweit unstreitig - eine inhaltlich dem
Unterlassungstenor des Senatsurteils vom 16.02.2001 entsprechende strafbewehrte
Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat. Dabei kann dahinstehen, wie sich
unter Kostengesichtspunkten ggf. der Umstand auswirken würde, dass die
Aufhebungsklägerin Frist zum Verzicht nur mit der Begründung gesetzt hatte, die
Aufhebungsbeklagte habe die Vollziehungsfrist nicht gewahrt. Das bedarf deshalb keiner
Entscheidung, weil die Aufhebungsbeklagte nicht gezwungen gewesen wäre, die
Unterwerfungserklärung der Aufhebungsklägerin anzunehmen und im Gegenzug auf die
Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten. Denn nach der Rechtsprechung des
Senats (WRP 1996, 333, 338 "Anzeigenwerbung für Telefaxbuch") braucht der Gläubiger
eine vertragsstrafegesicherte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht anzunehmen,
wenn der erfolglos abgemahnte Unterlassungsschuldner nach Erlass einer
Beschlussverfügung statt der von ihm geforderten Abschlusserklärung lediglich eine solche
strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Ob an dieser in der Rechtsprechung und
dem juristischen Schrifttum nicht unumstrittenen Rechtsauffassung uneingeschränkt
festzuhalten ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls dann, wenn -
wie im Streitfall - der Unterlassungsgläubiger nicht nur eine Beschlussverfügung, sondern
darüber hinaus durch zwei Instanzen ein rechtskräftiges Urteil erwirkt hat, das dem
Verfügungsschuldner das beanstandete Verhalten zu wiederholen verbietet, ist es für den
Verfügungsgläubiger nicht zumutbar, auf den Titel zu verzichten, sich dadurch der
Sanktionsmöglichkeiten des § 890 Abs. 1 ZPO für den Fall einer erneuten
Zuwiderhandlung zu begeben und sich statt dessen mit einer - wenn auch strafbewehrten -
Unterlassungsverpflichtungserklärung zufrieden zu geben, über deren Inhalt und
Reichweite - für Vertragsstrafenklagen und aus einem Vertrag hergeleitete
Unterlassungsansprüche gilt nicht der besondere Gerichtsstand des § 24 Abs. 2 Satz 1
UWG, sondern der allgemeine Gerichtstand des § 17 Abs. 1 ZPO - ggf. ein Gericht zu
entscheiden hätte, das mit der Sache bislang nicht befasst gewesen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes auf 19.000,00 EUR trägt dem Umstand Rechnung,
dass die Aufhebungsklägerin mit ihrer Klage auch eine Änderung der im einstweiligen
Verfügungsverfahren getroffenen Kostenentscheidung verlangt hat.