Urteil des OLG Köln vom 14.01.2000

OLG Köln: zustellung, schriftstück, anschrift, vollstreckbarerklärung, öffentlich, rüge, spanien, adresse, eugh, datum

Oberlandesgericht Köln, 22 W 19/99
Datum:
14.01.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
22 W 19/99
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 7 0 155/99
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird unter Abänderung des
Beschlusses des Landgerichts Bonn vom 20.5.1999 - 7 0 155/99 - der
Antrag der Antragstellerin auf Vollstreckbarerklärung durch Erteilung der
Vollstreckungsklausel für das Urteil des Bezirksgerichts 2 in Manacor
vom 14.7.1998 - Az. 142/98 - zurückgewiesen. Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
G R Ü N D E
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Die nach Art 36, 37 EuGVÜ zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte
Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache Erfolg. Die Zulassung der
Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Bezirksgerichts Manacor vom 14.7.1998 ist
zu Unrecht erfolgt, da ein Ablehnungsgrund nach Art 34 Abs. 2, 27 Nr. 2 EuGVÜ
bestand.
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1.
3
Die Klageschrift als das das Verfahren einleitende Schriftstück ist dem Antragsgegner
nämlich nicht ordnungsgemäß und so rechtzeitig im Sinne des Art 27 Nr. 2 EuGVÜ
zugestellt worden, daß er sich verteidigen konnte.
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Die Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftstücks, der Klageschrift, ist zwar
formell ordnungsgemäß durch öffentliche Zustellung erfolgt, da die Antragstellerin vor
dem Bezirksgericht in Manacor angegeben hatte, die Anschrift des Antragsgegners sei
unbekannt. Sie war zum einen aber materiellrechtlich nicht gerechtfertigt, da der
Antragstellerin tatsächlich die Wohnanschrift des Antragsgegners in Bonn bekannt
war, zum anderen hatte der Antragsgegner auch aufgrund der öffentlichen Zustellung
tatsächlich keine Möglichkeit, sich in dem Verfahren zu verteidigen.
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Insbesondere in den Fällen der öffentlichen Zustellung hat der Beklagte, wenn ihm das
Verfahren nicht auf sonstige Art und Weise zur Kenntnis gelangt, tatsächlich keine
Möglichkeit, sich in dem Verfahren zu verteidigen. Auch diese Fälle sind daher
grundsätzlich von Art 27 Nr. 2 EuGVÜ erfaßt (vgl. Zöller/Geimer ZPO, 21. Aufl. Art 27
Rn 22; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, 3. Aufl. Rn 2928, 2929). Ob die
Vollstreckbarkeit stets zu versagen ist, wenn das Schriftstück, sei es aufgrund
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öffentlicher Zustellung, sei es aufgrund einer Zustellung durch Niederlegung, den
Beklagten tatsächlich nicht erreicht hat, oder ob eine Abwägung aufgrund der
Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist (vgl. Geimer a.a.O. Rn 2929, EuGH NJW
1986, 1425; OLG Köln NJW-RR 1990, 127, 128), kann dahinstehen. Im vorliegenden
Fall war die öffentliche Zustellung nämlich materiell nicht berechtigt, da der
Antragstellerin die Anschrift des Antragsgegners in Bonn unstreitig bekannt war. Aus
der Nichtbeantwortung des zuvor dem Antragsgegner an seine Bonner Adresse
übersandten Anwaltsschreibens vom 7.10.1996 konnte die Antragstellerin nicht
schließen, daß das Schreiben den Antragsteller nicht erreicht hatte. Ihre Angabe vor
dem Bezirksgericht Manacor, die Anschrift des Antragsgegners sei unbekannt, war
daher unrichtig. Die Antragstellerin hat damit veranlaßt, daß dem Antragsgegner das
das Verfahren eröffnende Schriftstück öffentlich zugestellt wurde mit der Folge, daß er
sich gegen die Klage nicht verteidigen konnte.
2.
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Der Antragsteller ist auch mit seinem Vorbringen, er habe sich in dem Verfahren vor
dem Bezirksgericht Manacor nicht verteidigen können, nicht deshalb präkludiert, weil
er gegen das Urteil des Amtsgerichts Manacor Rechtsmittel hätte einlegen können.
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Ob die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung die Rüge
eines Verfahrensverstoßes im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung grundsätzlich
präkludiert (vgl. zum Meinungsstand Zöller/Geimer Art 27 Rn 18), kann dahinstehen.
Im vorliegenden Fall war nämlich, soweit ersichtlich, im Zeitpunkt der tatsächlichen
Kenntniserlangung des Antragsgegners von dem Urteil des Bezirksgerichts Manacor
die ausweislich des Urteils 5 Tage nach Zustellung betragende Einspruchsfrist
abgelaufen. Daß dem Antragsgegner das Urteil vor der Vollstreckbarerklärung durch
das Landgericht im vorliegenden Verfahren tatsächlich an seinem Wohnort zugestellt
worden ist, und nicht nur, wie das das Verfahren einleitende Schriftstück auch, durch
öffentliche Zustellung, behauptet die Antragstellerin nicht. Abgesehen davon, war die
Frist von 5 Tagen auch nicht ausreichend, um den Antragsgegner, der erstmals mit
dem Verfahren konfrontiert wurde, in die Lage zu versetzen, sich ordnungsgemäß
durch Einlegung des Rechtsmittels in Spanien zu verteidigen. Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, daß die Antragstellerin durch ihre unrichtigen Angaben eine
rechtzeitige Einlassung des Antragsgegners während des Verfahrens verhindert hat.
Auch aus diesem Grunde kann eine Präklusion, auch wenn nach spanischem Recht
weitere Rechtsmittel gegen das Urteil nach Ablauf der Einspruchsfrist möglich
gewesen wären, nicht eingreifen.
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Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 1.755,32 DM
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