Urteil des OLG Köln vom 04.02.2009

OLG Köln: satzung, mitgliederversammlung, ausschluss, auflage, widerruf, mitgliedschaft, projekt, gewerbe, nichtigkeit, amt

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 56/08
04.02.2009
Oberlandesgericht Köln
2. Zivilsenat
Beschluss
2 Wx 56/08
Landgericht Köln, 11 T 309/06
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 28. November
2008 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln
vom 17. November 2008 – 11 T 309/078– wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) bis 3) haben die den Beteiligten zu 4) bis 8) in dem
jetzigen Be-schwerdeverfahren jeweils entstandenen notwendigen
Auslagen zu je 1/3 zu tragen.
G r ü n d e
1.
Der eingangs bezeichnete Verein betreibt in von der Stadt L angemieteten Räumlichkeiten
und Hallen ein Projekt zur Kooperation und Kommunikation von alternativen Projekten in
Selbstverwaltung. Der Vorstand des Vereins besteht nach § 10 der in der
Mitgliederversammlung vom 9. Januar 1997 beschlossenen Satzung aus mehreren
Vorstandsmitgliedern, von denen jeweils zwei gemeinsam vertretungsberechtigt sind. In §
10 Abs. 4 der Satzung heißt es weiter:
"Mit dem Verlust der Mitgliedschaft endet auch das Amt eines Vorstandsmitgliedes. Bis zur
Neuwahl auf einer Mitgliederversammlung bleibt der Vorstand im Amt. Der Vorstand kann
sich bei Wegfall eines oder mehrerer Mitglieder für die Zeit bis zur Wahl in der nächsten
Mitgliederversammlung selbst ergänzen. Fallen alle Vorstandsmitglieder weg, so bestimmt
die nächste Hausversammlung zwei Mitglieder als neuen Vorstand, der sofort eine
Mitgliederversammlung einberufen muss".
Gemäß § 8 Abs. 2 der Satzung sind der Mitgliederversammlung u.a. folgende Aufgaben
und Rechte zugewiesen:
"....
b) Entlastung des Vorstandes;
c) Bestimmung der Anzahl der Vorstandsmitglieder
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und Wahl der Vorstandsmitglieder;
...."
Eine Regelung zur Zuständigkeit für den Widerruf der Bestellung zum Vorstand enthält die
Satzung nicht. Gemäß § 5 Abs. 2 der Satzung erfolgt der Austritt eines Vereinsmitgliedes
durch einfache schriftliche Erklärung gegenüber dem Vorstand, der die Hausversammlung
davon unterrichtet. In Abs. 3 heißt es dann:
"Über den Ausschluss beschließt die Hausversammlung nach vorheriger Anhörung des
Betroffenen und mit Zustimmung des Vorstandes. ...."
§ 9 der Satzung des Vereins hat folgenden Inhalt:
"Hausversammlung.
1. Die Bewohner des Vereins-Projektes, die einerseits hier nach dem Melderecht gemeldet
sind und zudem Mitglied oder Probezeitmitglied des Vereins sind, andererseits sich auch
tatsächlich in einer als Wohnung geltenden Unterkunft (Wohnwagen, Bauwagen, Galerie-
oder Hallenschlafplatz) aufhalten oder in dem Projekt ein angemeldetes oder ausgeübtes
Gewerbe unterhalten/betreiben, bilden gemeinsam mit dem Vereinsvorstand die
Hausversammlung.
.......
3. Die Hausversammlung beschließt über alle Angelegenheiten, die das Wohnen und
Arbeiten (Gewerbe) in diesem Vereins-Projekt betreffen. Sie beschließt außerdem über alle
Vereinsangelegenheiten, die nicht der Mitgliederversammlung übertragen sind, oder die
diese an sich zieht.
Die Hausversammlung kann alle Angelegenheiten an sich ziehen, die nicht durch diese
Satzung oder durch das Gesetz einem anderen Vereinsorgan in Alleinzuständigkeit
zugewiesen sind.
Es kann nur über solche Gegenstände beschlossen werden, die mindestens eine Woche
vorher an dem Mitteilungsbrett des Vereins von einer Person unterschrieben ausgehängt
worden sind.
.....
4. Alle Beschlüsse der Hausversammlung erfordern das Einvernehmen mit dem
Vereinsvorstand durch die anwesenden Vorstandsmitglieder ..."
Nach dem 29. März 2001 waren Vorstandsmitglieder des Vereins die Beteiligten zu 1) bis
4). Die Eintragung des Vorstandes in das Vereinsregister erfolgte am 14. Mai 2001. Im
Jahre 2003 kam es zu Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Vorstandswahlen in den
Mitgliederversammlungen vom 9. Februar 2003 und 22. Mai 2003. Das Amtsgericht setzte
daraufhin die Eintragung des Vorstandswechsels gemäß §§ 127, 159 FGG aus und setzte
eine Frist zur Klageerhebung zwecks Feststellung der jeweiligen — streitigen —
Mitgliedschaft im Verein. Durch Urteil vom 24. Januar 2006 stellte das Amtsgericht Köln,
120 C 179/05, fest, dass die Beteiligten zu 2) und 3) weiterhin Mitglieder des Vereins sowie
des Vorstandes sind, und dass die Beteiligte zu 5) nicht Vorstandsmitglied des Vereins ist.
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Bereits vorher hatte das Amtsgericht durch Beschluss vom 21. September 2005 einen
Notvorstand bestellt. Die hiergegen gerichteten Beschwerden haben das Landgericht durch
Beschluss vom 29. Dezember 2005, 11 T 244/05, sowie der Senat durch Beschluss vom
20. März 2006, 2 Wx 6/06, zurückgewiesen. Nach Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts
Köln, 120 C 179/05, löschte das Registergericht am 15. August 2006 die Eintragung des
Notvorstandes und trug die Beteiligten zu 2) und 3) als weitere Vorstandsmitglieder ein (vgl.
Registerauszug Bl. 1349 f. d.GA.). Eingetragene Vorstände waren nunmehr die Beteiligten
zu 1) bis 4).
Am 4. September 2006 beantragte der Notar Dr. S unter Überreichung einer notariellen
Urkunde vom 31. August 2006 (Urkundenrolle-Nr. xxx1/2006) die Löschung des Beteiligten
zu 4) als Mitglied des Vorstandes (Bl. 1348 d.GA.). Die Anmeldung zur Eintragung ist von
den Beteiligten zu 1) bis 3) unterzeichnet und vom Notar öffentlich beglaubigt. Vorgelegt
wurde dabei das Protokoll der Hausversammlung vom 24. Mai 2004, in dem es u.a. heißt
(Kopie Bl. 1483 d.GA.):
"Punkt 1) Ausschluss T G wegen Verstoß gegen Satzung 18.30 T kommt wie immer trotz
mehrfacher Einladung nicht.
Hiermit beschließt die Hausversammlung, die auch die Mehrheit der Bewohner des
Vereins-Gebäudes darstellen, einstimmig den Ausschluss von T G.
Gründe: § 5 Abs. 3 Verstoß gegen die Satzung
......."
Daraufhin löschte die Rechtspflegerin des Amtsgericht ohne Anhörung des Beteiligten zu
4) diesen unter dem 7. September 2006 als Vorstand im Vereinsregister (Bl. 1352 d.GA.). In
der Verfügung der Rechtspflegerin vom 7. September 2006 heißt es hierzu (Bl. 1351
d.GA.):
"1. Vermerk: Gemäß § 9 Abs. 2 der Satzung ist die MV beschlussfähig, wenn mind. 1/3 der
Mitglieder und mind. 2 VM anwesend sind. Zum einen ergibt sich dies aus der Anmeldung
und zum anderen aus dem Text des Protokolls im zweiten Absatz. Anwesend waren 3 VM,
weil das Protokoll vom Feb. 2003 für wirksam erklärt wurde und somit V W und X H am
24.05.2004 schon VM waren.
Es liegt keine Schutzschrift oder sonstige schriftliche Einwendungen seitens des T G vor.
Mit dem Ausschluss als Vereinsmitglied ist auch sein Amt als VM als beendet zu
betrachten. Siehe hierzu auch Sauter/Schweyer, 17. Auflage, RNr. 271 und 360.
Dem Antrag war stattzugeben."
Gegen die Löschung richtete sich das als sofortige Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel
des Beteiligten zu 4) (Bl. 1360 ff. d.GA.), mit dem dieser verschiedene Mängel bei der
Einladung rügt. Die Rechtspflegerin betrachtete das Rechtsmittel als Anregung zur
Überprüfung eines Amtslöschungsverfahrens gemäß § 142 FGG und legte die Akten dem
Landgericht vor (Bl. 1409 f. d.GA.).
Ebenfalls unter dem 15. September 2006 beantragte der Beteiligte zu 4) die Bestellung
eines Notvorstandes. Diesen Antrag wies die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 19.
September 2006 zurück (Bl. 1408 d.GA.). Über die hiergegen eingelegte Beschwerde des
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Beteiligten zu 4) vom 27. September 2006 (Bl. 1414 ff.) ist noch keine Entscheidung des
Landgerichtsverfahrens - 11 T 335/05 -, ergangen. Zudem beantragen die Beteiligten zu 5)
bis 8) am 26. Oktober 2006 ebenfalls die Bestellung eines Notvorstandes (Bl. 1444 ff.
d.GA.). Diesen Antrag wies das Amtsgericht mit Beschluss vom 30. Oktober 2006 zurück.
Über die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 5) bis 8) vom 20. November
2006 (Bl. 1430 ff. d.GA.) ist ebenfalls noch keine Entscheidung des Landgerichtsverfahrens
- 11 T 403/06 -, ergangen.
Durch Beschluss vom 12. September 2008 (Bl. 1592 ff. d.GA.) hat die Kammer des
Landgerichts die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sie das Verfahren über die
Löschung gemäß § 143 Abs. 1 FGG an sich ziehe und beabsichtige, das Amtsgericht –
Vereinsregister – zur Löschung der Eintragung unter lfd. Nr. 6 vom 7. September 2006
anzuweisen, falls nicht binnen 3 Wochen ab Zustellung des Beschlusses hiergegen
Widerspruch eingelegt werde.
Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2008 (Bl. 1602 ff. d.GA.) haben die Beteiligten zu 1) bis 3)
Widerspruch eingelegt. Hierauf hat das Landgericht mit Beschluss vom 17. November 2008
(Bl. 1634 ff. d.GA.) den Widerspruch zurückgewiesen und das Amtsgericht –
Vereinsregister – angewiesen, die Eintragung lfd. Nr. 6 vom 7. September 2006 im
Vereinsregister zu löschen. Hiergegen richtet sich das mit Schriftsatz vom 28. November
2008 von den Beteiligten zu 1) bis 3) eingelegte, als "weitere Beschwerde" bezeichnete
Rechtsmittel (Bl. 1644 f. d.GA.).
2.
a)
Das von den Beteiligte zu 1) bis 3) eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige (Erst-
)Beschwerde nach §§ 159 Abs. 1, 143 Abs. 2 FGG statthaft. Das Landgericht hat auf die
Beschwerde über die Ablehnung der Löschung durch das Amtsgericht nicht als
Beschwerdegericht entschieden. Es hat das Registergericht nicht angewiesen, nach § 142
FGG zu verfahren, sondern hat das Verfahren selbst übernommen. Hierzu war das
Landgericht nach § 143 FGG befugt (BayObLGZ 1992, 47/48; BayObLG FGPrax 2002, 82;
Keidel/Winkler, FGG, 15. Auflage 2003, § 143 Rn. 4; Jansen/Steger, FGG, 3. Auflage 2006,
§ 143 Rn. 6). Verfährt das Landgericht in dieser Weise, ist gegen seine den Widerspruch
zurückweisende Entscheidung die sofortige Erstbeschwerde (§§ 19 ff. FGG) und nicht die
weitere Beschwerde gegeben (Senat, Beschluss vom 19. November 2008, 2 Wx 43/08;
BayObLGZ 1992, 47; BayObLG FGPrax 2002, 82; Jansen/Steder, aaO, § 143 Rn. 12).
b)
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Landgericht hat seinen Beschluss im
Wesentlichen wie folgt begründet:
"Eine Eintragung ist von Amts wegen zu löschen, wenn diese wegen eines Mangels einer
wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, die Unzulässigkeit nach Überprüfung aller
hierfür maßgebenden Umstände ohne vernünftigen Zweifel zu bejahen ist, es sich gemäß
§§ 159, 142 FGG um einen wesentlichen Mangel handelt und das Fortbestehen der
Eintragung Schädigungen Berechtigter zur Folge hätte oder dem öffentlichen Interesse
widerspräche (BayObLG, Beschluss vom 19.12.2001, 3Z BR 280/01 zitiert nach Juris;
Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. A. Rdn. 449 m.w.N.). Diese
Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Demnach ist die Eintragung, nach der der
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Beteiligte zu 4) nicht mehr als Vorstandsmitglied ist, zu löschen.
Die Unzulässigkeit der Löschung des Beteiligten zu 4) ergibt sich vorliegend schon daraus,
dass über seinen Vereinsausschluss ein nicht zuständiges Organ, nämlich die
Hausversammlung, entschieden hat.
Zwar ist in § 5 Nr. 3 der Satzung in zulässiger Weise eine Zuständigkeit der
Hausversammlung zur Entscheidung über den Ausschluss eines Vereinsmitglieds
vorgesehen. Gemäß § 10 Ziff. 4 der Satzung folgt sodann aus dem Verlust der
Mitgliedschaft auch die Beendigung eines Vorstandsamtes.
Lässt danach der Ausschluss aus dem Verein das Vorstandsamt des Betroffenen
erlöschen, so kann der Ausschluss rechtsgültig aber nicht ohne Mitwirkung der Stelle bzw.
des Organs ausgesprochen werden, das über die Abberufung der Vorstandsmitglieder zu
entscheiden hat (Sauter/Schweyer/Waldner Rdn 360; Reichert, Handbuch Vereins- und
Verbandsrecht, 11. Auflage, Rdn 2764; OLG Celle OLGZ 80, 358; BayObLGZ 1983, 348;
BGHZ 90, 92). Die in der Satzung vorgesehen Zuständigkeit der Hausverwaltung für den
Ausschließungsbeschluss ist daher, wenn dieser ein Mitglied des Vorstands selbst betrifft,
zumindest dadurch beschränkt, dass es der Mitwirkung des für den Widerruf der
Vorstandsbestellung zuständigen Vereinorgans bedarf (OLG Celle a.a.O.). Jede andere
Auffassung würde die satzungsmäßigen Rechte des für den Widerruf zuständigen Organs
unterlaufen und die Zuständigkeit eines anderen Gremiums nur deshalb begründen, weil
über die Konsequenz des Verlustes des Vorstandsamtes hinaus auch der
Vereinsauschluss ausgesprochen wird.
Zuständiges Organ für den Widerruf der Bestellung zum Vorstand ist vorliegend die
Mitgliederversammlung. Diese Zuständigkeit ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem
Wortlaut der Satzung, folgt aber aus dem Umstand, dass die Mitgliederversammlung
gemäß § 8 Nr. 1 c) für die Wahl der Vorstandsmitglieder zuständig ist. In solchen Fällen ist
mangels satzungsmäßiger Regelung gemäß § 27 BGB zuständig für den Widerruf
grundsätzlich das Vereinsorgan, das für die Bestellung des Vorstandes zuständig ist
(Sauter/Schweyer/Waldner Rdn 268; BayObLG OLG 32, 330)."
Dieser Auffassung folgt der Senat. Auch der Senat hält die Voraussetzungen für eine
Löschung der Eintragung unter lfd. Nr. 6 im Vereinsregister gegeben.
Dem Registergericht ist in den §§ 159, 142 FGG ein Verfahren an die Hand gegeben,
Eintragungen in das Vereinsregister, die wegen Mangels einer wesentlichen
Voraussetzung unzulässig waren, von Amts wegen zu löschen. Die Frage, wann ein
Mangel der Eintragungsvoraussetzungen wesentlich ist, hat das Registergericht nach Lage
des Einzelfalls zu entscheiden (Keidel/Winkler, aaO, § 142 Rn. 14). Grundsätzliche
Voraussetzung einer Amtslöschung ist in jedem Falle, dass die Unzulänglichkeit der
betreffenden Eintragung nach Überprüfung aller hierfür maßgebenden Umstände ohne
vernünftigen Zweifel zu bejahen ist (Keidel/Winkler, aaO, § 143 Rn. 17;
Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 18. Auflage 2006, Rn. 449 m.w.N.). Ist
dies nicht der Fall, so ist derjenige, der eine Eintragung gelöscht haben will, auf den
Prozessweg zu verweisen. Liegen die Voraussetzungen für eine Löschung vor, ist das
Registergericht zu dieser Maßnahme von Amts wegen wiederum nur berechtigt, nicht aber
verpflichtet. Eine Löschung ist vor allem dann veranlasst, wenn das Fortbestehen der
Eintragung Schädigungen Berechtigter zur Folge hätte oder dem öffentlichen Interesse
widerspräche (BayObLGZ 1978, 87 [93]; Keidel/Winker, aaO, § 143 Rn. 19;
Sauter/Schweyer/Waldner, aaO, Rn. 449).
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Das Landgericht, das im vorliegenden Fall die Sache nach § 143 FGG an sich gezogen
hat, hat diese Grundsätze beachtet und die Voraussetzungen für eine Löschung mit vom
Senat geteilten Erwägungen zutreffend bejaht. Der von der Hausversammlung vom 24. Mai
2004 gefasste Beschluss über den Ausschluss des Beteiligten zu 4) aus dem Verein ist
nichtig, so dass das mit dem Ausschluss aus dem Verein verbundene automatische
Ausscheiden aus dem Vorstand (§ 10 Abs. 1 S. 1 der Satzung) nicht in das Vereinregister
eingetragen werden durfte. Der Vereinsausschluss des Vorstandsmitgliedes ist durch ein
hierfür nicht zuständiges Organ ausgesprochen worden. Die Hausversammlung war nicht
berechtigt, den Beteiligten zu 4) als Mitglied des Vereins und des Vorstandes
auszuschließen. Ist es, wie hier, der Mitgliederversammlung vorbehalten (§ 27 Abs. 1 BGB,
§ 8 Abs. 2c) der Satzung), den Vorstand zu wählen und mangels gegenteiliger Bestimmung
in der Satzung die Bestellung zu widerrufen, so steht ausschließlich der
Mitgliederversammlung als dem höchsten Organ des Vereins auch die Befugnis zu, über
den Vereinsausschluss von Vorstandsmitglieder zu befinden (BGHZ 90 92 [95] = NJW
1984, 1884; BayObLGZ 1993, 348 (350); OLG Celle, OLGZ 1980, 359; Reichert, Vereins-
und Verbandsrecht, 11. Auflage 2007, Rn. 2764; Sauter/Schweyer/Waldner, aaO, Rn. 360;
einschränkend Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Auflage 2000, Rn. 701 f.). Eine
andere Beurteilung ist vorliegend nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Satzung mit der
"Hausversammlung" ein weiteres Vereinsorgan vorsieht. Entgegen der von der
Beschwerde vertretenen Auffassung ist nicht die "Hausversammlung", sondern die
Mitgliederversammlung das höchste Organ des Vereins. Dies folgt bereits aus der Satzung
des Vereins. § 9 Abs. 3 ordnet die Stellung der Hausversammlung derjenigen der
Mitgliederversammlung unter. Der Hausversammlung obliegt eine Entscheidung über alle
Angelegenheiten, die das Wohnen und Arbeiten (Gewerbe) in diesem Vereins-Projekt
betreffen. Hinsichtlich der übrigen Vereinsangelegenheiten besteht nach § 9 Abs. 3 S. 2 der
Satzung nur dann eine Entscheidungsbefugnis, wenn diese nicht der
Mitgliederversammlung übertragen sind, oder die diese an sich zieht. Die Wahl des
Vorstandes und damit – wie vorstehend ausgeführt - auch dessen Abwahl ist aber nach § 8
Abs. 2c der Satzung ausschließlich der Mitgliederversammlung übertragen worden.
Insoweit kann die Hausversammlung dieses Recht des höchsten Vereinsorgans, nämlich
der Mitgliederversammlung, nicht dadurch unterlaufen, dass sie ein Vorstandsmitglied aus
dem Verein ausschließt und damit entgegen der inneren Ordnung des Vereins darüber
entscheidet, wer dessen Geschäfte führen und ihn vertreten soll (so auch BGHZ 90, 92 [95]
für den Vereinsauschluss durch die Vorstandsmehrheit).
Folge der Unzuständigkeit der Hausversammlung für den Vereinsausschluss eines
Vorstandsmitgliedes ist die Nichtigkeit des insoweit gefassten Beschlusses (RG JW 1935,
2632 [2633]; BayObLGZ 1986, 528; Reichert, aaO, Rn. 2772M; Sauter/Schweyer/Waldner,
aaO, Rn. 357). Für das Vereinsrecht gilt der Grundsatz, dass der Verstoß gegen zwingende
Vorschriften des Gesetzes oder der Satzung den Beschluss nichtig macht (BGHZ 59, 369
[373]; BayObLG FGPrax 2002, 266; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, aaO, § 32 Rn. 9 m.w.N.;
Sauter/Schweyer/Waldner, aaO, Rn. 204). Zu den zwingenden Vorschriften gehören auch
die satzungsmäßigen Bestimmungen über den Ausschluss eines Vereinsmitgliedes. Damit
ist der Beteiligte zu 4) nicht wirksam aus dem Verein ausgeschlossen worden und hat auch
nicht seine Stellung als Mitglied des Vorstandes verloren.
Die Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse ist von Amts wegen zu beachten, das
Registergericht darf aufgrund solcher Beschlüsse keine Eintragung im Vereinsregister
vornehmen (BayObLG, FGPrax 2002, 266 [267] m.w.N.). Wird – wie hier - die Nichtigkeit
vom Rechtspfleger nicht erkannt und erfolgt eine Eintragung in der Änderung der Personen
des Vorstandes, so entspricht die Löschung dieser Eintragung dem öffentlichen Interesse
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(vgl. auch Reichert, aaO, Rn. 4500), zumal unrichtige Eintragungen im Vereinsregister über
die Zusammensetzung und über die Person der Vorstandsmitglieder für die Öffentlichkeit,
der das Vereinsregister dient, in besonderem Maße abträglich ist.
Keine andere Beurteilung ist deshalb gerechtfertigt, weil nach den Ausführungen der
Beteiligten zu 1) bis 3) vom 27. Januar 2009 der Beteiligte zu 4) nunmehr in der
Mitgliederversammlung vom 11. Januar 2009 aus dem Verein ausgeschlossen worden sein
soll. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Frage, ob
die hier streitbefangenen Löschung zu Recht in das Register eingetragen wurde. Da der
Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht davon ausgeht, dass der Beteiligte zu 4)
durch den Beschluss der Hausversammlung vom 24. Mai 2004 seine Mitgliedschaft im
Verein und damit ab diesem Zeitpunkt auch seine Stellung als Vorstandsmitglied nicht
verloren hat, ist die unter der lfd. Nr. 6 erfolgte Eintragung vom 7. September 2006 "Nicht
mehr Vorstand: G T, L, *10.06.1958" jedenfalls für den Zeitraum ab September 2006
unzutreffend. Ob und inwieweit zu einem späteren Zeitpunkt Änderungen in der
Vertretungsberechtigung des Vereins eingetreten sind und diese eine Änderung der
Eintragung in das Vereinsregister bedingen, war nicht Gegenstand der Prüfung des Senats
in dem vorliegenden Löschungsverfahren. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass
er sich mit dieser Frage auch nicht befasst, insbesondere auch nicht die Wirksamkeit des
Vereinsausschlusses des Beteiligten zu 4) in der Mitgliederversammlung vom 11. Januar
2009 geprüft hat.
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Die Entscheidung über die Erstattung der entstandenen notwendigen Auslagen beruht auf
§ 13a Abs. 1 S. 2 FGG.
Geschäftswert des Verfahrens der Beschwerde:
3.000,00 €