Urteil des OLG Köln vom 26.03.2001

OLG Köln: rückführung, elterliche sorge, anhörung des kindes, freiwillige gerichtsbarkeit, eheliche wohnung, auflage, trennung, belastung, sorgerechtsentscheidung, gefahr

Oberlandesgericht Köln, 21 UF 56/01
Datum:
26.03.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
21. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
21 UF 56/01
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 321 F 39/01
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den am 5. März 2001
verkündeten Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Köln (A.Z.:
321 F 39/01) wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der vorgenannte Beschluß
des Amtsgerichts - Familiengerichts - Köln teilweise abgeändert und
insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Es wird die Herausgabe der Kinder
G. D. , geboren am ... April 19.., und
D. D., geboren am ... April 19..,
an den Antragsteller oder eine von ihm bestimmte Person zum Zwecke
der sofortigen Rückführung der Kinder nach Griechenland angeordnet.
Die Antragsgegnerin oder jede andere Person, bei der sich die Kinder
aufhalten, ist verpflichtet, die vorgenannten Kinder an den Antragsteller
oder eine von ihm bestimmte Person herauszugeben, und hierbei die
Kinderausweise der Kinder auszuhändigen.
Der Vollstreckungsbeamte ist befugt, zur Herausgabe der Kinder notfalls
unmittelbaren Zwang anzuwenden und um Unterstützung der
polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen.
Die Antragsgegnerin wird darauf hingewiesen, daß sie bei
Nichtauffinden der Kinder zwecks Abgabe der Eidesstattlichen
Versicherung über den Verbleib der Kinder geladen oder vorgeführt und
auch Zwangshaft bis zur Dauer von sechs Monaten angeordnet werden
kann.
Die Gerichtskosten der ersten Instanz tragen der Antragsteller und die
Antragsgegnerin je zur Hälfte; eine Erstattung der erstinstanzlichen
außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Die Kosten der zweiten Instanz werden der Antragsgegnerin auferlegt.
G r ü n d e :
1
Die sofortigen Beschwerden der Parteien sind jeweils gemäß § 8 Abs. 2 SorgeRÜbkAG
statthaft und auch im übrigen zulässig. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist zwar
ausweislich der Akten - 20 Minuten - vor Verkündung des angefochtenen Beschlusses
eingelegt worden und wäre damit unzulässig (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 577
Rd. 11). Die Antragsgegnerin hat jedoch mit dem nach der Verkündung eingegangenen
Schriftsatz vom 5. März 2001 ebenso wie mit ihren weiteren innerhalb der Zwei-
Wochenfrist des § 8 Abs. 2 SorgeRÜbkAG eingegangenen Schriftsätzen ihre sofortige
Beschwerde vom 5. März 2001 bestätigt und letztlich damit nochmals wiederholt, so daß
jedenfalls aus diesem Grund keine Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels der
Antragsgegnerin bestehen.
2
Begründet ist jedoch nur die sofortige Beschwerde des Antragstellers, die zur teilweisen
Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Familiengerichts führt, während die
sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin in der Sache ohne Erfolg bleibt.
3
1.
4
Das Familiengericht hat zu Recht gemäß Art. 12 Abs. 1 des Haager Übereinkommens
über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung ( HKiEntÜ ) die
Herausgabe der beiden gemeinschaftlichen Kinder der Parteien zu deren sofortigen
Rückführung nach Griechenland angeordnet.
5
a)
6
Daß die Voraussetzungen der Art. 3, 4 und 5 HKiEntÜ für das Rückführungsverlangen
des Antragstellers erfüllt sind, ist bereits zutreffend vom Familiengericht festgestellt
worden. Diese Feststellungen werden in der zweiten Instanz auch von der
Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen, so daß insoweit auf die Ausführungen der
angefochtenen Entscheidung verwiesen kann. Ebenso fehlt es an greifbaren
Anhaltspunkten dafür, daß Art. 13 Abs. 1 lit. a) HKiEntÜ dem Begehren des
Antragstellers entgegensteht.
7
b)
8
Entgegen dem Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin läßt sich jedoch auch nicht
feststellen, daß die Rückführung der Kinder - ausnahmsweise - gemäß Art. 13 Abs. 1 lit.
b) HKiEntÜ zu unterbleiben habe, weil die Rückführung mit der schwerwiegenden
Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder
das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. Entsprechend dem Zweck
des HKiEntÜ ist diese Vorschrift als Ausnahmetatbestand eng auszulegen und ihr
9
Anwendungsbereich auf ungewöhnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen zu
beschränken, die sich als besonders erheblich, konkret und aktuell darstellen (vgl.
BVerfG FamRZ 1999/85,87 m. w. Nachw.). Darlegungs - und beweispflichtig ist hierfür -
nach dem Wortlaut der Vorschrift sowie nach ständiger Rechtsprechung ( vgl. Palandt-
Heldrich, Bürgerliches Gesetzbuch, 60. Aufl., Anh zu EGBGB 24 -IPR- Rd. 79 ) - die
Antragsgegnerin, die jedoch in beiden Instanzen keine Umstände vorgetragen hat, die
ein Eingreifen des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ begründen können.
Das Ergebnis der Anhörung der Kinder durch das Familiengericht macht - ebenso wie
die Ausführungen der Psychotherapeutin E. in dem von der Antragsgegnerin zur
Stützung ihres Vortrags vorgelegten Parteigutachten sowie in der ergänzenden
Stellungnahme der Privatgutachterin vom 16. März 2001-deutlich, daß beide Kinder
erheblich durch den durch die Trennung ihrer Eltern geschaffenen Konflikt leiden, der
sie vor die Frage stellt, für welchen Elternteil sie sich entscheiden. Dieser
Loyalitätskonflikt wird überzeugend in der Stellungnahme der Verfahrenspflegerin vom
13. März 2001 aufgezeigt, in deren Beisein die beiden Kinder von dem Familiengericht -
in Abwesenheit der übrigen Verfahrensbeteiligten - angehört worden sind. Die bei
dieser Anhörung zutage getretene Konfliktsituation der Kinder ist ohne weiteres
verständlich vor dem Hintergrund, daß - wie auch dem Gutachten vom 27. Februar 2001
sowie in der ergänzenden Stellungnahme der Privatgutachterin E. vom 16. März 2001
bestätigt - jedes der Kinder nach wie vor Mutter wie Vater liebt, mag diese Zuneigung
auch alters- und entwicklungsbedingt bei dem jüngeren D. und der etwas älteren G.
unterschiedlich intensiv sein.
10
Durch die von der Mutter - der Antragsgegnerin - geschaffene Trennung vom Vater sind
die Kinder gezwungen, Partei zu ergreifen, ohne jedoch die Hintergründe der Trennung
verstehen zu können. Die dadurch hervorgerufene psychische Belastung der Kinder
wird verstärkt und verschärft durch die unstreitig auch gegenüber den Kindern
geäußerte Weigerung der Antragsgegnerin, nach Griechenland zurückzukehren. Wie
vehement diese Weigerung der Antragsgegnerin ist, machen nicht nur deren Erklärung
im Termin vor dem Familiengericht, sondern auch ihr schriftsätzliches Vorbringen
deutlich, wobei es im vorliegenden Verfahren, in dem es - arg. Art. 19 HKiEntÜ -
ausschließlich um die Rückführung der Kinder nach dem HKiEntÜ und nicht um die
elterliche Sorge geht, nicht darauf ankommt, ob die von der Antragsgegnerin in diesem
Zusammenhang angeführten Umstände zutreffend sind oder nicht.
11
Der durch diese Situation bei den Kindern hervorgerufene Loyalitätskonflikt, der sich im
übrigen bereits bei der Anhörung der Kinder durch das Amtsgericht Leverkusen am 5.
Februar 2001 im dortigen Verfahren 34 F 9/01 offenbar hat und im Beschluß des
Amtsgericht Leverkusen vom 8. Februar 2001 beschrieben wird, führt zwangsläufig zu
einer erheblichen seelischen Belastung der Kinder, weil er sie überfordert, und erklärt
auch - worauf die Verfahrenspflegerin zu Recht hinweist - den von G. gegenüber der
Privatgutachterin geäußerten Wunsch, tot zu sein. Dieser Wunsch spiegelt die von der
Verfahrenspflegerin ebenso wie von der Privatgutachterin hervorgehobene Ohnmacht
und Überforderung des Kindes wider, sich einer Entscheidung eines Elternteils letztlich
fügen zu müssen.
12
Die Tatsache, daß die Kinder durch die Konfliktsituation psychisch belastet werden,
reicht jedoch nicht aus, um den Tatbestand des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ
auszufüllen. Diese psychische Belastung beider Kinder hat ihre Ursache in der allein
von der Antragsgegnerin herbeigeführten Trennung und des Verbringens der Kinder
13
nach Deutschland. Die gleiche Beurteilung gilt für die vom HKiEntÜ gewollte und allein
von der Antragsgegnerin als dem entführenden Elternteil zu vertretende erneute
Ortsveränderung durch die Rückführung der Kinder mit den davon ausgehenden
Belastungen. Diese Umstände begründen keine unzumutbare Lage im Sinne von Art.
13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ, sondern können nur Anlaß geben, im Einklang mit dem Zweck
des HKiEntÜ die Kinder so schnell wie möglich nach Griechenland zurückzuführen, um
dort ebenso rasch eine sachgerechte, den Interessen der Kinder entsprechende
Entscheidung über die elterliche Sorge zu ermöglichen. Die Antragsgegnerin hat es
dabei in der Hand, ihren Kindern die durch sie - Antragsgegnerin - geschaffene Situation
einschließlich der Belastung, die der erneute Ortswechsel mit den damit gegebenen
Umstellungen mit sich bringt, zu erleichtern, indem sie ihrerseits alles unternimmt, um
eine rasche Rückführung ermöglichen, die Kinder ggfls bei der Rückreise begleitet und
sie auch in Griechenland bei ihrer Wiedereingewöhnung der Kinder in die dortige
Umgehung unterstützt.
Der Tatbestand des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ ist aber auch nicht im Hinblick auf die
von der Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde angeführte Eingewöhnung der Kinder in
Deutschland erfüllt. Es geht hierbei um unvermeidliche Folgen des Verbringens der
Kinder nach Deutschland, die - wie die Regelungen des Art. 12 Abs. 1 und Abs. 2
HKiEntÜ erkennen lassen - ohne Hinzutreten weiterer Umstände erst nach Ablauf der in
Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ genannten Jahresfrist Bedeutung erlangen können. Im
vorliegenden Fall kann davon angesichts des Umstands, daß die Entführung der Kinder
erst ca. 2 Monate zurückliegt, keine Rede sein.
14
Ungeeignet zur Begründung des Tatbestands des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ sind
ebenfalls die von der Antragsgegnerin angeführten Probleme einer etwaigen
Asbestbelastung der Kinder für den Fall des Besuchs der alten Schule in Assiros/
Griechenland. Derartige gesundheitliche Probleme sind nicht - wie von Art. 13 Abs. 1 lit.
b) HKiEntÜ gefordert - durch die Rückführung nach Griechenland verursacht.
15
Andere Umstände, die zu einer Beeinträchtigung der Kinder und im Sinne des Art. 13
Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ zu einer drohenden Gefährdung??des Kindeswohls die
Rückführung führen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
16
Ein Anlaß für den Senat, die beiden Kinder im Hinblick auf eine etwaige Gefährdung
des Kindeswohls gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ selbst anzuhören, besteht nicht.
Die Kinder sind durch das Familiengericht angehört worden, wobei diese Anhörung vom
2. März 2001 nur ca. drei Wochen vor der Entscheidung des Senats stattgefunden hat.
Das Ergebnis der Anhörung wird aus dem angefochtenen Beschluß deutlich und wird
zudem ergänzt durch die zweitinstanzlichen Stellungnahmen der bei der Anhörung der
Kinder anwesenden Verfahrenspflegerin. Die Antragsgegnerin vermochte
demgegenüber nicht aufzuzeigen, daß die Anhörung der Kinder durch das
Familiengericht nicht ausreichend gewesen bzw. aus sonstigen Gründen zu
beanstanden sei oder daß wegen neuer Umstände in der sich an die Anhörung
anschließenden Zeit Veränderungen eingetreten seien, die eine erneute Anhörung
gebieten.
17
c)
18
Ebenso wie Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKiEntÜ vermag jedoch auch Art. 13 Abs. 2 HKiEntÜ
das Rechtsmittel der Antragsgegnerin nicht zum Erfolg zu führen. Es kann nicht davon
19
ausgegangen werden, daß sich die Kinder im Sinne dieser Vorschrift relevant einer
Rückführung widersetzen.
Bei dem Kind D. fehlt - auch nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin und der
ergänzenden Stellungnahme der Privatgutachterin E. vom 16. März 2001 - bereits das
von Art. 13 Abs. 2 HKiEntÜ geforderte Alter und die notwendige Reife zur selbständigen
Beurteilung der Rückführung und deren Bedeutung.
20
Bei dem älteren Kind Georgia, das bei seiner Anhörung durch das Familiengericht
eindeutig erklärt hat, unter keinen Umständen nach Griechenland zu wollen, kann mit
dem Familiengericht ebenfalls nicht von einer derartigen Beurteilungsfähigkeit
ausgegangen werden. G. (geboren am 14. April 1993) war bei ihrer Anhörung vom 2.
März 2001 durch das Familiengericht noch nicht ganz 8 Jahre alt. Daß ein Kind dieses
Alters selbst bei einer überdurchschnittlichen Intelligenz die Unterschiede zwischen
einer Rückführung nach dem HKiEntÜ und einer mit dieser Rückführungsentscheidung
nicht verbundenen Sorgerechtsentscheidung zumindest in etwa zu verstehen mag, liegt
eher fern. Wie vom Familiengericht im angefochtenen Beschluß als Ergebnis der
Anhörung des Kindes ausgeführt hat G. tatsächlich diese Unterschiede auch nicht
verstanden, wobei das Familiengericht dabei darauf hinweist, daß G. diese
Unterschiede auch nicht annäherungsweise klar gemacht werden konnten. Diese
Feststellungen des Familiengerichts werden bestätigt durch die Ausführungen der bei
der Anhörung der Kinder anwesenden Verfahrenspflegerin in deren Stellungnahme vom
13. März 2001. Danach haben beide Kinder nicht verstanden, daß es im vorliegenden
Verfahren nicht um eine Entscheidung zwischen der Mutter in Deutschland und dem
Vater in Griechenland geht. Zu Recht gelangt daher die Verfahrenspflegerin vor diesem
Hintergrund zu dem Schluß, daß die Erklärung der Kinder, nicht nach Griechenland zu
wollen, lediglich als eine angesichts der Umstände (Entführung und gegenüber den
Kindern erklärte Weigerung der Mutter, nach Griechenland zurückzukehren) völlig
nachvollziehbare Entscheidung gegen eine Trennung von der Mutter zu werten sei.
21
Das von der Antragsgegnerin vorgelegte Privatgutachten sowie die ergänzende
Stellungnahme der Privatgutachterin vom 16. März 2001 stehen dieser Beurteilung nicht
entgegen, ebenso nicht das Vorbringen der Antragsgegnerin zu der erwähnten
Stellungnahme der Verfahrenspflegerin. Es finden sich dort keine konkreten
Anhaltspunkte, die für eine andere Beurteilung der Erklärung von G. sprechen bzw.
Anlaß zu einer Anhörung der Kinder durch den Senat geben könnten. Die in diesem
Zusammenhang von der Antragsgegnerin vorgelegte Eidesstattlichen Versicherung vom
12. März 2001 über ein Gespräch des Kindes G. am 11. März 2001 mit den Zeugen
Garbe läßt vielmehr deutlich erkennen, daß G. gerade nicht den Unterschied zwischen
einer Rückführung nach dem HKiEntÜ und einer Sorgerechtsentscheidung versteht.
22
d)
23
Der Antragsteller beansprucht danach zu Recht gemäß Art. 12 Abs. 1 HKiEntÜ die
sofortige Rückführung beider Kinder nach Griechenland, so daß der mit der sofortigen
Beschwerde der Antragsgegnerin geltend gemachte Hauptantrag unbegründet ist. Dies
gilt auch unter Berücksichtigung der am 2. April 2001 in Athen anstehenden
gerichtlichen Verhandlung zum Antrag der Antragsgegnerin auf Erlaß einer
einstweiligen Anordnung zum Sorgerecht, auf den die Antragsgegnerin in ihrem
Beschwerdevorbringen hinweist. Solche allein dem Sorgerecht zuzuordnenden
Umstände können nicht dazu führen, es - zumindest vorübergehend - bei einer nach
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dem HKiEntÜ zu mißbilligenden und entsprechend dem Zweck des Abkommens so
schnell wie möglich zu korrigierenden Kindesentführung zu belassen und auf diese
Weise die durch die Entführung geschaffene Situation zu perpetuieren. Abgesehen
davon ist auch der Ausgang des Verfahrens in Griechenland derzeit völlig offen.
e)
25
Bei der Herausgabepflicht hat es der Senat bei dem vom Familiengericht tenorierten
Umfang belassen, daß die Herausgabe "an den Antragsteller oder eine von ihm
bestimmte Person" angeordnet wird. Der Senat teilt zwar die Bedenken der
Verfahrenspflegerin, wonach es den Kindern grundsätzlich nicht zumutbar sei, in der
Situation der "Herausgabe" mit einer dritten Person konfrontiert zu werden. Der
Antragsteller sollte daher auch nach Einschätzung des Senats bei der "Herausgabe"
persönlich anwesend sein, um diese Situation nach seinen Möglichkeiten für die Kinder
zu erleichtern; eine Herausgabe der Kinder an eine dritte Person sollte nur dann
erfolgen soll, wenn der Antragsteller die Kinder unter keinen Umständen persönlich
zurückführen kann. Die von der Verfahrenspflegerin angeregte und auch von dem Senat
als wünschenswert erachtete Durchführung der Herausgabe nur an den Antragsteller
(persönlich) setzt jedoch eine entsprechende Bereitschaft der Antragsgegnerin voraus,
dem Herausgabebegehren des Antragsteller ohne weiteres zu entsprechen und den
Antragsteller nicht zu zwingen, sich über einen längeren Zeitraum, ggfls auch bei Dritten
um die Herausgabe der Kinder zu bemühen mit einer entsprechenden Belastung des
Antragstellers nicht zuletzt in beruflicher Hinsicht. Das bisherige Verhalten der
Antragsgegnerin bietet jedoch keine Gewährleistung für eine problemlose Herausgabe
der Kinder; auch das Beschwerdevorbringen der Antragsgegnerin enthält keine
Hinweise, die als Ankündigung einer solchen Herausgabe gewertet werden könnten.
Unter Abwägung der Interessen der Kinder und der anderen Verfahrensbeteiligten
mußte es danach bei dem Umfang der vom Familiengericht angeordneten
Herausgabepflicht verbleiben.
26
2.
27
Ohne Erfolg bleibt das Rechtsmittel der Antragsgegnerin auch hinsichtlich der damit
verfolgten Hilfsanträge, während andererseits die sofortige Beschwerde des
Antragstellers im vollen Umfang begründet ist.
28
a)
29
Der Hilfsantrag zu Ziff. 1) der Antragsgegnerin betrifft die Auflage des Familiengerichts,
wonach der Antragsteller in Griechenland eine Wohnung für die Antragsgegnerin und
die beiden Kinder zur Verfügung zu stellen hat. Die Antragsgegnerin erstrebt mit ihrem
Hilfsantrag eine inhaltliche Änderung dieser Auflage, während die ebenfalls gegen
diese Auflage gerichtete sofortige Beschwerde des Antragstellers die Aufhebung dieser
Auflage erreichen will.
30
Für die vom Familiengericht angeordnete Auflage an den Antragsteller, der
Antragsgegnerin in Griechenland eine Wohnung einzurichten, gibt es im vorliegenden
Verfahren nach dem HKiEntÜ keine rechtliche Grundlage. Wie bereits oben ausgeführt
entspräche es dem Interesse der beiden Kinder, wenn die Antragsgegnerin die Kinder
begleitet und auch in Griechenland für diese erreichbar ist. Die Antragsgegnerin als der
entführende Elternteil muß es jedoch grundsätzlich auf sich nehmen, mit den Kindern
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zurückzukehren und dadurch selbst Nachteile zu erleiden. Lehnt sie dies ab, obwohl es
ihr zumutbar ist, kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Rückkehr der Kinder
ohne sie setze diese einer schwerwiegenden Gefahr aus. Wer auf diese Weise - durch
Ablehnung der Begleitung - selbst eine Gefahr schafft, kann diese nicht als der
Rückführung entgegenstehend anführen (vgl. MüKo/Siehr, BGB, 3. Aufl., Art. 19 EGBGB
Anh II Rd. 61 a). Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, ihr sei eine Rückkehr in die
frühere eheliche Wohnung wegen des - streitigen - Verhaltens des Antragsteller nicht
zumutbar, schließt dies nicht aus, daß die Antragsgegnerin die Kinder bei der
Rückführung begleitet und für sie in Griechenland zur Verfügung steht, wenn auch evt.
nicht in derselben Wohnung vorbehaltlich des Ausgangs des dortigen
Sorgerechtsverfahrens. Daß der Antragsgegnerin ihre Rückkehr nach Griechenland
jedenfalls aus finanziellen Gründen unter keinen Umständen möglich wäre, hat sie nicht
ausreichend dargetan. Der bloße Hinweis z.B. im Schriftsatz ihrer
Verfahrensbevollmächtigten vom 18. März 2001, sie sei in Griechenland mittellos und
vom Antragsteller abhängig, reicht hierfür nicht aus. Die Antragsgegnerin hat sich durch
die widerrechtliche Verletzung des Sorgerechts des Antragstellers in diese Lage
gebracht, so daß von ihr deshalb verstärkte Bemühungen zu erwarten sind. Anderenfalls
würde entgegen den Zielen des HKiEntÜ den von der Antragsgegnerin zunächst
geschaffenen Tatsachen der Vorrang gegeben und die Antragsgegnerin hätte es
angesichts der ihr schon bei der Entführung bekannten finanziellen Situation in der
Hand, durch die Entführung die Regelung des HKiEntÜ zu unterlaufen. Nach dem
Hauptzweck des HKiEntÜ sollen damit aber die Beteiligten gerade von Entführungen
abgehalten und eine Sorgerechtsentscheidung am früheren gewöhnlichen
Aufenthaltsort sichergestellt werden. Im übrigen weist der Senat ergänzend darauf hin,
daß der Antragsteller der Antragsgegnerin jedenfalls zunächst die Stellung einer
Wohnung angeboten und dies im Termin vor dem Familiengericht nochmals bekräftigt
hat, ohne daß die Antragsgegnerin davon Gebrauch gemacht hatte.
Die vom Familiengericht angeordnete Auflage an den Antragsteller zur Stellung einer
Wohnung, die Gegenstand der Rechtsmittel beider Parteien ist, konnte danach auf die
sofortige Beschwerde des Antragstellers hin keinen Bestand haben, so daß der
angefochtene Beschluß entsprechend abzuändern war.
32
b)
33
Aus den vorgenannten Gründen war ebenfalls dem Hilfsantrag zu 2) der
Antragsgegnerin auf Zubilligung eines monatlichen Notunterhalts von zumindest 1.500
DM für sich und die Kinder bei Übernahme ihrer und der Kinder Unterkunftskosten nicht
stattzugegeben und die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin auch insoweit
zurückzuweisen. Die von der Antragsgegnerin in Griechenland gewünschte Wohnung
einschließlich des Notunterhalts sind - worauf die Verfahrensbevollmächtigte des
Antragstellers zu Recht hinweist - typische Regelungen des Unterhaltsrechts, die in den
dafür gebotenen Verfahren von der Antragsgegnerin geltend zu machen sind.
34
3.
35
Schließlich war auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers der angefochtene
Beschluß zu ergänzen, wie aus dem Tenor ersichtlich.
36
a)
37
Dies betrifft zum einen die beantragte Erweiterung der Herausgabepflicht der
Antragsgegnerin oder jeder anderen Person, bei der sich die Kinder aufhalten,
hinsichtlich der Kinderausweise der Kinder. Es handelt sich hierbei um persönliche
Sachen der Kinder, die für die Rückführung nach Griechenland erforderlich und deren
Herausgabe daher gem. § 6 SorgeRübkAG ( vgl. dazu auch Keidel/Kuntze/Winkler,
Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 33 Rd. 35 a, sowie § 50 d Rd. 6, jeweils mit weit.
Nachw. ) anzuordnen war.
38
b)
39
Darüber hinaus war der Beschwerde des Antragstellers hinsichtlich der dort begehrten
Anordnung des unmittelbaren Zwangs gemäß § 33 Abs. 2 FGG (i.V.m. § 6
SorgeRübkAG) zu entsprechen. Gerade vor dem Hintergrund der zunächst vom
Antragsteller angestrebten vergeblichen Versuche, die Antragsgegnerin zu einer
freiwilligen Rückführung der Kinder zu bewegen, und die Notwendigkeit einer raschen
Rückführung der Kinder erscheint diese Anordnung als angemessen und berechtigt.
40
4.
41
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 6 SorgeRübkAG i.V.m. §
13 a FGG.
42
Wert der Beschwerdeinstanz: insgesamt 5.000 DM
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