Urteil des OLG Köln vom 12.04.1994

OLG Köln (zpo, kläger, hauptsache, schmerzensgeld, wert, streitwert, gutachten, verhältnis, vollstreckbarkeit, anfechtung)

Oberlandesgericht Köln, 22 U 257/93
Datum:
12.04.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 257/93
Schlagworte:
KOSTEN; QUOTE; TEILABWEISUNG; SCHMERZENSGELDKLAGE
Normen:
§ 92 ZPO
Leitsätze:
Kostenquote bei Teilabweisung einer unbezifferten
Schmerzensgeldklage
Eine unbeziffert erhobene Schmerzensgeldklage ist dann mit
entsprechender Kostenquote teilweise abzuweisen, wenn die
Urteilssumme unter der vom Kläger geäußerten Größenvorstellung
bleibt.
Hat der Berufungskläger zwar nicht in der Hauptsache, aber mit seinem
Angriff gegen die ihm wesentlich belastende Kostenentscheidung Erfolg,
so ist das bei der Entscheidung über die Kosten des
Berufungsverfahrens im Verhältnis von Hauptsache zum Wert des
Kostenpunktes zu berücksichtigen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die zulässige Berufung hat in der Sache nur hinsichtlich der Kostenentscheidung Erfolg.
2
Soweit das Landgericht dem Kläger über die vorprozessual gezahlten 1.000,00 DM
hinaus ein weiteres Schmerzensgeld von 2.000,00 DM zugesprochen hat, ist die
angefochtene Entscheidung zutreffend. Der Kläger hat durch den Unfall eine
Knorpelschädigung im linken Kniegelenk erlitten, die mit erheblichen Beschwerden und
Beeinträchtigungen in der Bewegung verbunden ist und die voraussichtlich den
arthrotischen Umbauprozeß in diesem Kniegelenk beschleunigen wird. Dieser
Dauerschaden sowie die übrigen Unfallverletzungen (Distorsion des rechten Knies,
Prellungen an Schulter, Nacken und Hand) rechtfertigen ein Schmerzensgeld von
insgesamt 3.000,00 DM. Dabei ist nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K.
davon auszugehen, daß ein Eingriff mittels Arthroskopie den Umbauprozeß im linken
Kniegelenk allenfalls verzögern würde und daß Medikamente die Beschwerden
lediglich zu lindern vermögen. Soweit die Beklagten mit der Berufung geltend machen,
daß es durch neu zugelassene Medikamente möglich sei, die Knorpelschädigung zu
beseitigen oder jedenfalls "aufzufangen", bedarf es keines ergänzenden
Sachverständigengutachtens, da keine Zweifel bestehen, daß der Sachverständige in
seinem Gutachten vom 04.10.1993 auch die neu zugelassenen Medikamente
berücksichtigt hat.
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Die Berufung ist jedoch begründet, soweit die Beklagten sich dagegen wenden, daß
ihnen die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind. Bei der gegebenen
Sach- und Rechtslage hätte das Landgericht vielmehr das weitergehende
Schmerzensgeldbegehren des Klägers abweisen und die Kosten des Rechtsstreits
entsprechend aufteilen müssen (§ 92 Abs. 1 ZPO). Zwar hat der Kläger einen
unbezifferten Schmerzensgeldantrag gestellt, aber in der Klageschrift angegeben, daß
ein Schmerzensgeld von 10.000,00 DM - also 9.000,00 DM mehr als gezahlt -
angemessen sei. Das Landgericht hat daraufhin den Streitwert auf 9.000,00 DM
festgesetzt, was vom Kläger mit der Zahlung eines entsprechenden Kostenvorschusses
akzeptiert worden ist. Damit hat er hinreichend deutlich eine Größenvorstellung von
9.000,00 DM für das begehrte weitere Schmerzensgeld geäußert. Andernfalls wäre sein
unbezifferter Klageantrag auch nicht zulässig gewesen (BGH, VersR 1984, 538, 540 f.).
Wenn bei dieser Sachlage das vom Gericht zuerkannte Schmerzensgeld hinter der
angegebenen Größenvorstellung des Klägers zurückbleibt, muß die Klage im übrigen
abgewiesen und über die Kosten nach § 92 ZPO entschieden werden (BGH a. a. O.).
Dementsprechend waren die Kosten des Verfahrens vor dem Landgericht zu 7/9 dem
Kläger und zu 2/9 den Beklagten als Gesamtschuldnern aufzuerlegen (§ 92 Abs. 1, §
100 Abs. 4 ZPO).
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Die Kosten des Berufungsverfahrens sind ebenfalls gemäß § 92 Abs. 1 ZPO teilweise
vom Kläger zu tragen, obgleich die Berufung der Beklagten in der Hauptsache
(Schmerzensgeld) ohne Erfolg ist. Wird das erstinstanzliche Urteil nicht nur in der
Hauptsache, sondern in zulässiger Weise auch im Kostenpunkt angegriffen (§ 99 Abs. 1
ZPO) und zählt die Anfechtung der Kostenentscheidung zu den wesentlichen Punkten
des Rechtsmittelbegehrens, so ist das Rechtsmittel bei einer Abänderung der
Kostenentscheidung als teilweise erfolgreich anzusehen (vgl. RG, HRR 1933, 1047;
BGH, MDR 1959, 209 = LM § 263 ZPO Nr. 5; Schneider, Kostenentscheidung im
Zivilurteil, 2. Aufl., Seite 242; Anders/Gehle/Bader, Handbuch für den Zivilprozeß, 1992,
Seite 304, Rdnr. 562). Dementsprechend sind die Rechtsmittelkosten nach § 92 Abs. 1
ZPO zu quoteln, wenn der Wert des Kostenpunkts im Verhältnis zum Beschwerdewert in
der Hauptsache erheblich ist. So liegt der Fall hier, wobei der Wert des Kostenpunkts
sogar deutlich über dem Wert der Hauptsache liegt. Für die Bemessung der
Kostenquoten nach § 92 Abs. 1 ZPO ist der Wert des Kostenpunkts dem tatsächlichen
Rechtsmittelstreitwert hinzuzurechnen (vgl. Anders/Gehle/Bader, a. a. O.). Danach
waren die Kosten des Berufungsverfahrens wie erkannt aufzuteilen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer: 2.000,00 DM.
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