Urteil des OLG Köln vom 05.06.1992

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Oberlandesgericht Köln, 19 U 13/92
Datum:
05.06.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 13/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 227/91
Schlagworte:
Tendenz der Rechtsprechung höheres Schmerzensgeld
Normen:
BGB § 847
Leitsätze:
Zur Ermittlung des angemessenen Schmerzensgeldes ist bei der
Heranziehung von durch die Rechtsprechung entschiedenen
Vergleichsfällen der Zeitablauf seit diesen Entscheidungen zu
berücksichtigen. Zugunsten des Geschädigten ist die seit früheren
Entscheidungen eingetretene Geldentwertung ebenso in Rechnung zu
stellen, wie die in der Rechtsprechung zu beobachtende Tendenz, bei
der Bemessung des Schmerzensgeldes nach gravierenden
Verletzungen großzügiger zu verfahren, als früher. Die Entscheidung ist
abgedruckt im OLG Report Köln 1992, 215.
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4. Dezember 1991
verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O
227/91 - wie folgt teilweise abgeändert und neu gefaßt: 1. Die Beklagten
werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger ein
Schmerzensgeld von noch 8.OOO,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem
5.7.1991 zu zahlen. 2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche in Zukunft
entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall
vom 2O.8.1987 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen. Im übrigen
wird die Klage abgewiesen. 3. Die Kosten des Rechtsstreits erster
Instanz tragen die Klägerin zu 1/3, die Be-klagten als Gesamtschuldner
zu 2/3. Die Kosten der Berufungsinstanz tragen die Beklagten als
Gesamtschuldner. 4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Ihr steht ein
Schmerzensgeldanspruch in Höhe von insgesamt 2O.OOO,- DM zu. Mithin haben die
Beklagen noch insgesamt 8.OOO,- DM zu zahlen, nachdem sie insgesamt 12.OOO,- DM
bereits geleistet haben.
2
Die vom Landgericht festgestellten, im wesentlichen auch unstreitigen Verletzungen der
3
Klägerin rechtfertigen eine Erhöhung des vom Landgericht zuerkannten
Schmerzensgeldbetrages von 15.OOO,- DM um die mit der Berufung begehrten
weiteren 5.OOO,- DM. Die Klägerin hat erhebliche körperliche Beeinträchtigungen
innerhalb vier medizinischer Fachbereiche erlitten, wobei es sich teilweise um
Dauerschäden handelt. Dies gilt für die Verletzungen und Schäden im Bereich des
Kiefers und der damit verbundenen Geschmacksbeeinträchtigung, die Beschädigung
der Nase mit jedenfalls zunächst bestehender Schief-stellung und auch für die nicht
geringen psychi-schen Beeinträchtigungen. Bei Vergleichen mit
Schmerzensgeldbeträgen, die von anderen Gerichten zuerkannt worden sind und wie
sie etwa die Tabelle von Hacks und anderen (Ausgabe 1991) enthält, ist zu
berücksichtigen, daß die dort genannten Beträge in der überwiegenden Zahl der Fälle
bereits vor einigen Jahren zuerkannt worden sind, so daß von vornherein ein gewisser
Zuschlag für die inzwischen eingetretene Geldentwertung gerechtfertigt ist. Hinzu
kommt, daß in der Rechtsprechung zunehmend die Tendenz zu beobachten ist, bei der
Ermittlung des angemessenen Schmerzensgeldes nach gravierenden Verletzungen
großzügiger zu verfahren als früher. Darüber hinaus fällt auch ins Gewicht, daß die Be-
klagte zu 2) die insgesamt geleisteten 12.OOO,- DM zwischen dem 21.1O.1987 und
dem 11.7.1991 nur zö-gernd in sechs teilweise kleinen Raten gezahlt hat, obwohl das
Gutachten des Dr. B. bereits Mitte 1988, das Gutachten von Prof. Dr. K. jedenfalls im
Herbst 1989 vorlag. Aus beiden Gutachten war jedenfalls eine erhebliche
Beeinträchtigung der Klägerin zu erkennen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß
eine schleppende Zahlungsweise des Schädigers bei der Bemessung des
Schmerzensgeldes mit zu berück-sichtigen ist (vgl. Palandt/Thomas, BGB 5O. Aufl., §
847 Rdnr. 11 m.N.).
Alles in allem war deshalb das der Klägerin zustehende Schmerzensgeld auf 2O.OOO,-
DM zu bemessen.
4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
5
Das Urteil ist nach den §§ 7O8 Nr. 1O, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
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Wert der Beschwer der Beklagten: 5.OOO,- DM.
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