Urteil des OLG Köln vom 07.12.1998

OLG Köln (1995, abrechnung, verwalter, entlastung, verwaltung, betrag, ergebnis, halten, rechnung, gegenstand)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 177/98
Datum:
07.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 177/98
Normen:
WEG § 28;
Rechtskraft:
unanfechtbar
Anforderungen an die Jahresabrechnung
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WEG § 28 Die Jahresabrechnung muß dem Wohnungseigentümer auch ohne
Unterstützung durch einen Buchprüfer oder Sachverständigen verständlich sein. Bei
den Einnahmen und Ausgaben sind die tatsächlichen Beträge einander
gegenüberzustellen, wobei es keine Rolle spielt, ob der Rechtsgrund für Zahlungen in
der betreffenden Rechungsperiode gelegt wurde und ob eingestellte ausgaben
möglicherweise zu Unrecht getätigt worden sind.
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Gründe
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Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig, §§ 45 Abs.1 WEG, 20,
22, 27, 29 FGG; sie hat indes in der Sache keinen Erfolg.
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1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Beschluß zur Genehmigung der
Gesamtjahresabrechnung 1995 sei insgesamt für ungültig zu erklären, da die
Abrechnung sowohl auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite fehlerhaft sei. Der
Verwalter habe nämlich nicht sämtliche Einnahmen, die der WEG 1995 zugeflossen
seien, in die Jahresabrechnung eingestellt. Hierbei spiele es keine Rolle, ob es sich um
Wohngeldzahlungen für das laufende oder um Nachzahlungen für das vergangene Jahr
gehandelt habe. Bei den Ausgaben sei für Hausmeisterarbeiten ein nicht in vollem
Umfang ausgezahlter Betrag als Ausgabe verbucht worden. Der Beschluß zur
Entlastung des Verwalters sei schon deshalb fehlerhaft, da diesem ein Anspruch auf
Entlastung nicht zustehe.
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2. Diese Erwägungen des Landgerichts halten der dem Senat obliegenden rechtlichen
Überprüfung im Ergebnis stand, §§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO. Zu Recht hat das
Landgericht die in der Eigentümerversammlung vom 5.6.1996 unter
Tagesordnungspunkten 2 und 4 zustande gekommenen Beschlüsse für ungültig erklärt,
§§ 43 Abs. 1 Nr.4, Abs. 2; 23 Abs.4; 28 Abs. 3, Abs.5 WEG. Die vom Verwalter erstellte
Jahresabrechnung 1995 entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Verwaltung, da die Regelungen des § 28 Abs. 3 iVm. Abs.1 Satz 2 WEG nicht beachtet
worden sind. Dementsprechend sowie in Anbetracht weiterer Umstände entsprach die
beschlossene Entlastung des Verwalters ebensowenig ordnungsgemäßer Verwaltung.
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Zu TOP 2 :
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Die Jahresabrechnung muß eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende
Aufstellung sämtlicher Einnahmen und Ausgaben für das betreffende Wirtschaftsjahr
enthalten. Daneben sind in der Jahresabrechnung die Höhe der gebildeten Rücklagen
und die Kontostände auf den Gemeinschaftskonten am Anfang und am Ende des
Abrechnungszeitraumes anzugeben. Diese Aufstellung muß für einen
Wohungseigentümer auch ohne Unterstützung durch einen Buchprüfer oder sonstigen
Sachkundigen verständlich sein (Bärmann/Pick/Merle , WEG, 7. Aufl., § 28 Rz. 62, 63;
Weitnauer/Hauger, WEG, 8.Aufl., § 28 Rz. 24; BayObLG, NJW-RR 90,1107; BayObLG,
WE 90, 360; BayObLG WE 95, 30,31; OLG Hamm, NZM 98,923). Bei den Einnahmen
und Ausgaben sind die tatsächlichen Beträge einander gegenüberzustellen, wobei es
hier keine Rolle spielt, ob der Rechtsgrund für Zahlungen in der betreffenden
Rechnungsperiode gelegt wurde und ob eingestellte Ausgaben möglicherweise zu
Unrecht getätigt worden sind ( Bärmann/Pick/Merle, aaO., m.w.N.; BayObLG WuM 93,
92 ).
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Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, fehlt auf der Einnahmenseite ein Betrag
von ca. 2.500,- DM, der der WEG 1995 tatsächlich zugeflossen, vom Verwalter nicht als
Wohngeld 1995 gebucht und nicht in die Abrechnung eingestellt worden ist. Dass ein
Betrag in dieser Größenordnung (zusammengesetzt aus den Differenzen zwischen
2.900,- DM ./. 2.743,85 DM und 2.442,29 ./. 82,74 DM ) zwar auf das Konto der WEG
gezahlt, in den Buchungslisten des Verwalters, die nach Darstellung der Antragsgegner
Grundlage der Jahresabrechnung waren, hingegen nicht erscheint, wird auch von den
Antragsgegnern nicht in Abrede gestellt. Nach den oben dargelegten Grundsätzen
hätten die diesem Gesamtbetrag zugrundeliegenden Einzahlungen in voller Höhe in der
Abrechnung Berücksichtigung finden müssen. Gggfs. wären Beträge, die abweichende
Zeiträume als den Abrechnungszeitraum betreffen, gesondert auszuweisen; in jedem
Fall sind sie jedoch als Einnahme in die Abrechnung einzustellen (vgl. zur Möglichkeit
des gesonderten Ausweises dieser Einnahmen: Bub, Finanz- und Rechnungswesen,
III,6a ). Dieser Fehler in der Abrechnung wird mit dem Vorbringen in der
Rechtsbeschwerde nicht entkräftet. Entgegen dem dortigen Vortrag läßt die vorgelegte
Abrechnung 1995, die eine auch für Laien übersichtliche und verständliche Übersicht
geben soll, nicht erkennen, dass ein entsprechender Betrag als Einnahme - - - wohl als
Zahlung für Rückstände aus 1994 ( ? ) - eingegangen ist (vgl. Bl. 8 GA).
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Auch das Zahlenwerk zur Ausgabenseite ist nicht mängelfrei. Hierbei sind, worauf das
Landgericht zu Recht hinweist, die Ausgaben für den Hausmeister mit 2.039,54 DM statt
mit den tatsächlich ausgezahlten 1.514,54 DM angesetzt, ohne dass die Differenz
zumindest als gesonderte Rücklage - deren Zulässigkeit mag dahinstehen - eingebracht
worden wäre. Dem hat auch die Rechtsbeschwerdebegründung nichts entgegengesetzt.
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Schließlich sind die Zahlenangaben zum Kontostand des WEGKontos Ende 1995 nicht
korrekt, was bereits in der amtsgerichtlichen Entscheidung festgestellt und nicht
angegriffen worden ist. Der Kontoendstand des Gemeinschaftskontos ist nämlich
ebenfalls Gegenstand der Jahresabrechnung (vgl.Bärmann/Pick/Merle, aaO., § 28, Rz.
63 ).
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In Anbetracht dieser verschiedenen Mängel, die sowohl das Ergebnis der
Gesamtabrechnung beeinflussen, als auch unmittelbar auf die Einzelabrechnungen
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durchschlagen, ist die gesamte Abrechnung 1995 für ungültig zu erklären. Dies folgt aus
der Regelung des § 139 BGB, der hier Anwendung findet (BayObLG, WE 91, 251; WE
95, 245 ##blob##lt;247##blob##gt; ). Es fehlen konkrete Anhaltspunkte, dass die
Wohnungseigentümer im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung bei dem
Vorliegen verschiedener fehlerhafter Buchungen die Jahresabrechnung im übrigen
gebilligt hätten statt Neuerstellung der Abrechnung zu verlangen. Mithin ist hier vom
Regelfall des § 139 BGB auszugehen.
Zu TOP 4 :
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Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Beschluß zur Entlastung des Verwalters
für unwirksam erklärt. Solange der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft
eine vollständige und ordnungsgemäße Abrechnung gemäß § 28 Abs. 3 WEG für das
abgeschlossene Wirtschaftsjahr noch nicht erstellt hat, widerspricht es dem Grundsatz
ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Eigentümerversammlung ihm mehrheitlich
Entlastung erteilt (vgl. OLG Düsseldorf, WE 91,251 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Hinzu
kommen Bedenken gegen eine ordnungsmäße Verwaltung im Wirtschaftsjahr 1995 aus
folgenden weiteren Umständen. So hat der Verwalter - nach eigenem Vorbringen - nicht
die gesamte Summe der für die Instandhaltungsrücklage gesammelten Gelder, das sind
10.730,- DM, sondern 10.000,- DM auf das Instandhaltungskonto überwiesen, das als
verzinsliches Festgeldkonto geführt wird. Mit dem Einwand, auf diese Weise sei die
Liquidität der Eigentümergemeinschaft erhöht worden, können die Antragsgegner nicht
gehört werden. Denn die Antragstellerin hat zu Recht darauf verwiesen - was im übrigen
von den anderen Beteiligten nicht in Frage gestellt worden ist -, dass der
Wohnungseigentümer Mertes, der zugleich die Verwalteraufgaben wahrnimmt, für die
10 in seinem Eigentum befindlichen Wohnungen nicht das ab Beschlußfassung des
Wirtschaftsplanes 1995 ab April geschuldete erhöhte Wohngeld, sondern bis auf eine
Nachzahlung weiterhin lediglich 2.900,- DM monatl. als Wohngeld für seine Wohnungen
entrichtet hat (statt 3.312,50 DM). Es hätte ordnungsmäßer Verwaltung entsprochen,
wenn der Verwalter für die vollständige und rechtzeitige Einzahlung des Wohngeldes,
auch soweit es ihn als Eigentümer betrifft, Sorge getragen hätte. Schließlich sind auch
die Vorgänge um die Begleichung der Rechnung Dohmen vom 26.8.1994 bisher nicht
vollständig geklärt, da nach wie vor die behauptete Bezahlung dieser Rechnung
gegenüber dem Unternehmer bereits im Jahre 1994 durch die Verwaltung nicht belegt
ist. Auch in Hinblick auf diese Umstände kommt derzeit eine Entlastung des Verwalters
nicht in Betracht, um der Eigentümergemeinschaft die Möglichkeit etwaiger
Schadensersatz- oder Rückgriffsforderungen gegen den Verwalter offen zu halten. Auf
die vom Landgericht aufgeworfene Frage des Anspruchs auf Entlastung kommt es somit
nicht an.
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Soweit die Antragstellerin in ihren Schriftsatz vom 03.12.1998 weitergehende Anträge
bezüglich der Jahresabrechnungen 1993/1994 und 1996 stellt, können diese nicht
berücksichtigt werden, da Gegenstand dieses Verfahrens und damit der
Rechtsbeschwerde lediglich die Beschlüsse zu TOP 2 und 4 der
Eigentümerversammlung vom 05.06.1996 sind, mithin nur die Jahresabrechnung 1995.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Für eine Erstattung außergerichtlicher
Kosten in Abweichung von dem Regelfall bestand hier keine Veranlassung. Die
Entscheidung über den Geschäftswert folgt aus § 48 Abs.3 WEG und entspricht der
nicht angegriffenen Festsetzung im Verfahren der Erstbeschwerde.
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