Urteil des OLG Köln vom 08.05.1998

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Oberlandesgericht Köln, Ss 64/98 (Z) - 91 Z -
Datum:
08.05.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
1. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
Ss 64/98 (Z) - 91 Z -
Tenor:
I.) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. II.) Die Sache wird gemäß
Art. 177 Abs. 3 EWGV dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt zur
Entscheidung über folgende den Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens
über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen
mit schweren Nutzfahrzeugen vom 09.02. 1994 (Bundesgesetzblatt Teil
II S. 1768) betreffende Auslegungsfrage: Ist für die Frage, ob ein
Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination im Sinne von Art. 2 Abs. 1
des Übereinkommens in Verbindung mit Art. 2, 4. Anstrich der Richtlinie
93/89/EWG des Rates ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt
ist, auf den Zeitpunkt und die Art der jeweiligen Benutzung abzustellen
oder kommt es unabhängig vom Verwendungszweck im Einzelfall
darauf an, ob eine generelle Zweckbestimmung des Kraftfahrzeugs oder
der Fahrzeugkombina-tion für den Einsatz zum Güterkraftverkehr
besteht?
G r ü n d e :
1
Das "Bundesamt für Güterverkehr" hat gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid
vom 08.07. 1997 u.a. wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach § 4 Abs. 1 Nr.
1 a, § 1 Abs. 1 und 3 ABBG eine Geldbuße in Höhe von 100,-- DM festgesetzt. Gegen
diesen Bußgeldbescheid hat der Betroffene form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.
2
Das Amtsgericht Köln hat den Betroffenen durch Urteil vom 17.11. 1997 wegen eines
fahrlässigen Verstoßes gegen die oben bezeichneten Vorschriften mit einer Geldbuße
von (ebenfalls) 100,-- DM belegt.
3
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene, Inhaber eines
Ackerbaubetriebs, am 14.11. 1996 mit seinem Ackerschlepper, zulässiges
Gesamtgewicht 7.490 kg und 2 Achsen, nebst Anhänger, zulässiges Gesamtgewicht
8.500 kg und 2 Achsen, die Bundesautobahnen A 93 und A 9 von der Anschlußstelle
Alteglofsheim bis zur Anschlußstelle Schwandorf und zurück, ohne die
Autobahnbenutzungsgebühr entrichtet zu haben. Zweck der Fahrt war die Lieferung von
Feldfrüchten (Weiß- und Rotkohl, Zwiebeln) an die Firma G. in Schwandorf, mit der
entsprechende Lieferungsvereinbarungen bestehen.
4
Der Auffassung des Betroffenen, er brauche keine Autobahngebühren zu entrichten,
5
weil die von ihm zur Tatzeit geführte Fahrzeugkombination (Ackerschlepper und
Anhänger) nicht ausschließlich zum Güterkraftverkehr bestimmt sei, sondern in erster
Linie der Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes diene, ist das
Amtsgericht nicht gefolgt. Es vertritt vielmehr die Ansicht, entscheidend sei allein, ob das
Kraftfahrzeug oder die Fahrzeugkombination zum Zeitpunkt der Autobahnbenutzung
ausschließlich zur Güterbeförderung bestimmt sei. Weitere Zweckbestimmungen
außerhalb der Autobahnbenutzung seien ohne Bedeutung. Zur Rechtfertigung seiner
Auffassung hat sich das Amtsgericht u.a. auf Art. 6 Abs. 3, 2. Anstrich der Richtlinie
sowie auf Art. 4 Abs. 1 und 2 des Übereinkommens berufen. Die dort den
Mitgliedsstaaten eingeräumte Befugnis, für bestimmte, nur gelegentlich im
Straßenverkehr eingesetzte und von Personen, deren Hauptgewerbe nicht der
Güterverkehr sei, benutzte Kraftfahrzeuge ermäßigte Sätze oder Befreiungen
anzuwenden, bedeute im Umkehrschluß, daß die Güterbeförderung nicht die ständige
und alleinige Zweckbestimmung des Fahrzeugs sein müsse.
Gegen dieses Urteil hat der Betroffene Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde
gestellt. Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts.
6
II.
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Der Senat läßt die Rechtsbeschwerde aus beiden Gründen des § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG
zu.
8
III.
9
Die Sache ist gemäß § 177 Abs. 3 EWGV dem Europäischen Gerichtshof zur
Vorabentscheidung über die im Tenor formulierte Auslegungsfrage vorzulegen (zu den
Voraussetzungen der Vorlagepflicht: vgl. EuGH NJW 1983, 1257).
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Diese Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist entscheidungserheblich.
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Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung
bestimmter Straßen mit schweren Nutzfahrzeugen in Verbindung mit Art. 2, 4. Anstrich
der Richtlinie 93/89/EWG des Rates war, soweit ersichtlich, noch nicht Gegenstand
einer Auslegung durch den Gerichtshof. Die richtige Anwendung dieser Bestimmung ist
auch nicht offenkundig.
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Entscheidungen des Senat über Rechtsbeschwerden können nicht mit Rechtsmitteln
des innerstaatlichen Rechts angefochten werden.
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