Urteil des OLG Köln vom 26.02.1996

OLG Köln: schmerzensgeld, verjährung, hausarzt, unfall, behandlungsfehler, spekulation, fehlbehandlung, osteomyelitis, operation, abrede

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
2
3
4
5
6
7
Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 5 U 158/94
26.02.1996
Oberlandesgericht Köln
5. Zivilsenat
Urteil
5 U 158/94
Landgericht Aachen, 11 O 333/93
Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Januar 1994 verkündete
Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 11 O 333/93 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Der 1941 geborene Kläger erlitt am 24. September 1980 einen Unfall, bei dem er sich eine
Femurschaftfraktur links vom oberen zum mittleren Drittel mit Dislokation der Fraktur um
Schaftbreite zuzog. Der Bruch wurde am 29. September 1980 vom Beklagten, damals
Chefarzt des städtischen Krankenhauses H., operativ reponiert und durch Einlegen,
Anschrauben und Spannen einer 130 Grad AO-Winkelplatte fixiert. Am 31. Oktober 1980
wurde er aus stationärer Behandlung entlassen. Ab Februar 1981 war er wieder
arbeitsfähig. Am 28. Mai 1981 wurde er erneut stationär aufgenommen, weil sich der linke
Oberschenkel im Bereich des früheren Operationsgebietes infiziert hatte. Der Abzess
wurde am 19. Juni 1981 operativ angegangen. Nach Entlassung aus stationärer
Behandlung am 23. Juli 1981 verunfallte der Kläger am 25. Juli 1981 erneut, wobei er sich
eine Oberschenkelrollenbruch links zuzog, der in der berufsgenossenschaftlichen
Unfallklinik D.-B. versorgt wurde.
Der Kläger hat den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von mindestens
30.000,00 DM mit der Behauptung in Anspruch genommen, jener habe im September 1980
den Oberschenkelbruch fehlerhaft in Schiefstellung vernagelt. Auf die Schiefstellung sei er
erstmals im Januar 1993 von seiner Lebensgefährtin aufmerksam gemacht worden,
nachdem sich ein ständiges Wundsein der rechten Innenseite des linken Oberschenkels
eingestellt gehabt habe. Sein Hausarzt habe ihm dann erklärt, der Bruch müsse schief
vernagelt worden sein.
Nach erfolglosen Regulierungsverhandlungen hat der Kläger im Oktober 1993 Klage
erhoben.
Der Beklagte hat Behandlungsfehler in Abrede gestellt und sich auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klageforderung verjährt sei.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein Klageziel weiter
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
verfolgt. Er meint, Verjährung sei nicht eingetreten, weil er erstmals 1993 von seinem
Hausarzt erfahren habe, daß die Schrägstellung seines linken Beines auf einer fehlerhaften
Operation des Beklagten beruhen könne. Das langjährige Wundsein der Innenseite des
Oberschenkels habe er zunächst nicht mit einer Schiefstellung des Beines in Verbindung
gebracht.
Er behauptet, der Beklagte habe die Knochenfragmente seinerzeit nicht ordnungsgemäß
reponiert. Sie seien vielmehr im Zuge der Verschraubung der Winkelplatte verschoben
worden, so daß sich eine Schiefstellung des Beines ergeben habe. Hierfür spreche auch,
daß sich später eine Knochenmarksentzündung eingestellt habe. Es sei ferner nicht
auszuschließen, daß der Unfall vom 25. Juli 1981 darauf beruhe, daß er am 23. Juli 1991
zu früh aus stationärer Behandlung entlassen worden sei.
Er beantragt,
##blob##nbsp;
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, ihm ein
angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 30.000,00 DM, nebst 4 %
Prozeßzinsen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
##blob##nbsp;
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet Behandlungsfehler und behauptet, aus den vorliegenden Röntgenaufnahmen
aus dem Jahre 1980 und 1981 ergebe sich, daß der Bruch anatomisch ordnungsgemäß
zusammengefügt worden sei. An der Infektionsbehandlung im Jahre 1981 sei er nicht
beteiligt gewesen. Im übrigen beruhe der Vorwurf fehlerhafter Behandlung auf reiner
Spekulation. Er wiederholt die Einrede der Verjährung und behauptet, der Hausarzt des
Klägers habe jedenfalls bereits Mitte der 80iger Jahre als Ursache für das Wundsein des
Oberschenkels eine Schiefstellung des Beines erkannt und dies dem Kläger mitgeteilt.
Desweiteren hält er die Schmerzensgeldforderung für übersetzt.
Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht gerechtfertigt.
Dem Kläger steht das geltend gemachte Schmerzensgeld nicht zu, weil er den ihm
obliegenden Beweis, daß dem Beklagten im Zuge der operativen Einrichtung des Bruches
im September 1980 eine schadensursächliche Fehlbehandlung unterlaufen ist, nicht
erbracht hat. Ob der Anspruch im übrigen (auch) verjährt ist, wie das Landgericht gemeint
ist, kann offen bleiben.
Nach dem vom Senat eingeholten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. vom 23.
August 1995 hat der Beklagte die vom Kläger am 24.09.1980 erlittene Oberschenkelfraktur
operativ anatomigerecht reponiert und fachgerecht retiniert. Die Bruchfragmente sind mit
21
22
23
24
der Winkelplatte gut und anatomiegerecht gefaßt; eine Verschiebung der Bruchfragmente
ist auch in der Folgezeit nicht aufgetreten.
Danach ist dem Beklagten keine vorwerfbare Fehlbehandlung unterlaufen. Zwar liegt beim
Kläger eine Schiefstellung des linken Beines vor; diese ist aber nicht Folge einer
fehlerhaften Wiedereinrichtung des Schaftbruches vom 24. September 1980, sondern der
sich bereits im Mai 1981 abzeichnenden Osteomyelitis, die letztlich am 25. Juli 1981 zu
einer eingestauchten suprakondylären Femurfraktur geführt hat. Dadurch hat sich eine
Fehlstatik des linken Beines ergeben, die aber nach den überzeugenden Feststellungen
des Sachverständigen, deren Richtigkeit vom Kläger auch nicht bezweifelt wird, nicht auf
einer fehlerhaften Wiedereinrichtung des Bruches beruht. Daß es später zu einer
Osteomyelitis gekommen ist, ist dem Beklagten nicht anzulasten. Anderes behauptet der
Kläger auch nicht.
Auf den weiteren Vorwurf des Klägers, er sei möglicherweise am 23. Juli 1981 fehlsam zu
früh aus stationärer Behandlung entlassen worden, weshalb es zum zweiten Unfall
gekommen sei, kommt es schon deshalb nicht an, weil nicht dargetan ist, wieso der
Beklagte dafür aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung einzustehen haben
sollte. Im übrigen beruht dieser Vorwurf offenbar auf bloßer Spekulation. Greifbare
Anhaltspunkte, die für die Richtigkeit des Vorwurfs sprechen könnten, sind weder dargetan
noch aus den Behandlungsunterlagen sonst ersichtlich.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Wert der Beschwer für den Kläger und Streitwert für die Berufungsinstanz: 30.000,00 DM.