Urteil des OLG Köln vom 01.12.2008

OLG Köln: einstweilige verfügung, reisekosten, ausländische gesellschaft, vertrauensverhältnis, meinung, wahlrecht, unternehmen, geschäftssitz, bezirk, ausnahme

Oberlandesgericht Köln, 17 W 211/08
Datum:
01.12.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 211/08
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 33 O 394/06
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 13. Februar
2008 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim
Landgericht Köln vom 29. Januar 2008 - 33 O 394/06 - unter
Zurückweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu
gefasst:
Aufgrund des Urteils der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 9.
Januar 2007 sind von der Antragsgegnerin 349,87 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach 247 BGB seit
dem 25. Januar 2007 an die Antragstellerin zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 50
% und die Antragsgegnerin zu 50 %.
Die Gerichtsgebühren werden auf die Hälfte ermäßigt.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 695,32 Euro
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die in T. ansässige Antragstellerin erwirkte vertreten durch ihren C.-er Rechtsanwalt
beim Landgericht M. eine einstweilige Verfügung gegen die im örtlichen
Zuständigkeitsbereich des Landgerichts L. wohnende Antragsgegnerin wegen
unlauteren Wettbewerbs. Per Urteil bestätigt das Landgericht M. die zuvor ohne
mündliche Verhandlung erlassene einstweilige Verfügung.
3
Zur Festsetzung angemeldet hat die Antragstellerin u.a. die Reisekosten ihres Anwaltes
von C. nach M. zwecks Wahrnehmung des Verhandlungstermins sowie Tages- und
Abwesenheitsgeld, insgesamt 695,32 € einschließlich 495,45 € für Flugkosten. Der
Rechtspfleger hat die Festsetzung antragsgemäß durchgeführt.
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Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Antragsgegnerin. Sie ist der Ansicht, die
Antragstellerin sei gehalten gewesen, vor dem Landgericht C. zu klagen, da ihre
Verfahrensbevollmächtigten dort ansässig seien. Der "fliegende Gerichtsstand" nach §
32 ZPO bzw. § 14 UWG solle einen Kläger bzw. Antragsteller nur insoweit begünstigen,
als er an seinem Wohn- oder Geschäftssitz klagen könne und gerade nicht gehalten sei,
dies im Gerichtsstand der Beklagten bzw. Antragsgegnerin zu tun. Da die
Prozessparteien gehalten seien, die Kosten ihrer Prozessführung, die im Falle des
Obsiegens der Prozessgegner zu zahlen hätte, möglichst gering zu halten, sei nicht
einsehbar, dass die Antragstellerin die Reisekosten ihres 500 km vom Gerichtsort
entfernt residierenden Verfahrensbevollmächtigten erstattet bekomme, der noch dazu
1000 km weit von der Mandantin weg seine Kanzlei betreibe.
5
Im Übrigen sei der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin gehalten gewesen,
einen möglichst günstigen Flug zu buchen, da die Pflicht bestehe, unter gleich
bequemen Reisemöglichkeiten die billigste auszuwählen. Angesichts der langfristigen
Terminierung durch das Landgericht M. sei das Buchen eines preiswerten Fluges auch
möglich gewesen.
6
Die Antragstellerin verweist darauf, sie mandatiere die C.-er Rechtsanwälte regelmäßig
seit Jahren und beauftrage diese bundesweit mit ihrer Vertretung in Angelegenheiten
des unlauteren Wettbewerbes. Auf diese Weise sei ein Vertrauensverhältnis
entstanden. Ihre Rechtsanwälte seien mit den besonderen Umständen ihres
Geschäftsbetriebes besonders vertraut. Ein zur Herstellung eines
Vertrauensverhältnisses normalerweise notwendiges persönliches Mandantengespräch
sei angesichts der ständigen Geschäftsbeziehung nicht mehr erforderlich. Die
Bedeutung des Vertrauensverhältnisses habe der Bundesgerichtshof in seinen
Entscheidungen zu den Reisekosten des Anwaltes immer wieder hervorgehoben. Die
für inländische Parteien geltende sogenannte "Hausanwalt-Rechtsprechung" sei auch
für sie als ausländische Gesellschaft anzuwenden. Dies gelte umso mehr, als sie nur
geringe Kenntnis-se vom deutschen Rechtssystem habe. Auch verfüge sie nicht über
eine eigene Rechtsabteilung. Bestehe bezüglich des Gerichtsstandes ein Wahlrecht, so
könne ihr bei entsprechender Ausübung dadurch kostenerstattungsrechtlich kein
Nachteil entstehen. Sie sei nicht gehalten gewesen, die kostengünstigste Variante zu
wählen.
7
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Senat zur Entscheidung vorgelegt.
8
II.
9
Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch
ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat der
Höhe nach nur teilweise Erfolg.
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Die Antragsgegnerin ist der Antragstellerin grundsätzlich zur Erstattung derjenigen
Mehrkosten verpflichtet, die durch die Reisetätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten
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der Antragstellerin entstanden sind. Diese Kosten sind allerdings der Höhe nach zu
kürzen.
1.
12
Die Frage, welche Anstrengungen eine ausländische Partei bei der Suche nach einem
deutschen Rechtsanwalt im Hinblick auf die Erstattung von dessen Reisekosten zum
örtlich zuständigen Gericht zu unternehmen hat, ist, soweit ersichtlich, höchstrichterlich
nicht geklärt. Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe (FamRZ 2003, 944) ist eine
holländische Partei, die in Karlsruhe klagt, verpflichtet, einen Rechtsanwalt in der Nähe
der deutsch-niederländischen Grenze zu mandatieren, falls sie keine Nachteile bei der
Frage der Erstattungsfähigkeit der Reisekosten ihres Anwaltes erleiden wolle. Das OLG
Stuttgart (FamRZ 2003, 1400) hat entschieden, eine ausländische Partei dürfe in der
Regel ihren Vertrauensanwalt an jedem beliebigen Ort in Deutschland mandatieren,
ohne kostenrechtliche Einbußen hinnehmen zu müssen. Dieser sei es unzumutbar,
sogleich einen Rechtsanwalt am späteren Prozessgericht zu ermitteln und zu
mandatieren. Ähnlich verhalten sich die Entscheidungen des OLG Düsseldorf (JurBüro
2003, 427) und des LG Hanau (JurBüro 2004, 36). Einschränkend wird allerdings
ausgeführt, dass die freie Wahl dann nicht gegeben sei, wenn von Anfang an feststehe,
dass eine Informationsreise nicht erforderlich sei.
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Der erkennende Senat (Beschluss vom 15. Juli 2002 – 17 W 6/02 - = JurBüro 2002, 591)
hat einer in Mailand ansässigen und in Köln prozessierenden Partei die Kosten für die
Fahrt ihres in München residierenden Rechtsanwaltes nach Köln zuerkannt mit der
Begründung, dass die Kosten einer Informationsreise von Mailand nach Köln höher
gewesen wären als die Reisekosten München – Köln .
14
2.
15
Die hier relevante Frage, welche Anstrengungen von einer ausländischen Partei unter
kostenerstattungsrechtlichen Gesichtspunkten zu verlangen sind, ist nach Ansicht des
Senats im Lichte der vielfältigen höchstrichterlichen Entscheidungen zur Erstattung von
Reisekosten nach dem innerstaatlichen Wegfall des Lokalisationsprinzip in den letzten
Jahren zu betrachten. Im Rahmen dessen bedarf es der Abwägung, ob sich eine im
Ausland ansässige Partei an denselben Grundsätzen messen lassen muss oder ob
dieser Umstand sogar eine Besserstellung rechtfertigt, wie es den vorstehend
angeführten älteren obergerichtlichen Entscheidungen zumindest teilweise zu
entnehmen ist.
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Die Beantwortung dieser Frage wird allerdings erschwert durch den Umstand, dass die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den Reisekosten eines auswärtigen
Anwaltes keine klare Linie erkennen lässt und sich die Entscheidungen in ihrer
Begründung teilweise widersprechen.
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a)
18
In einer neueren Entscheidung des VII. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes
(Beschluss vom 22. Februar 2007 – VII ZB 93/06 - = AGS 2008, 260) wird das in
anderen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes relativierte Grundprinzip in den
Vordergrund gestellt, wonach sich jede Partei kostenbewusst zu verhalten habe (s.
hierzu: Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 12 m.w.N.). Wenn auch das Interesse an
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einem persönlichen Gespräch mit dem Rechtsanwalt ebenso gewichtig sein könne wie
dasjenige, sich von dem Rechtsanwalt des Vertrauens vertreten zu lassen, so bedeute
dies allerdings nicht, dass die Partei ohne kostenrechtliche Nachteile einen auswärtigen
Rechtsanwalt ihres Vertrauens mit ihrer gerichtlichen Vertretung beauftragen könne,
unabhängig davon, wie weit dessen Kanzlei von ihrem Wohn- oder Geschäftsort oder
dem Gerichtsort entfernt gelegen sei. Grundsätzlich müsse der Unterlegene nur die
Kosten tragen, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts-
oder Wohnort der anderen Prozesspartei entstünden. Die bloße langjährige
vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Rechtsanwalt stelle gerade keinen Umstand
dar, der dessen – kostenträchtigere – Mandatierung gerechtfertigt erscheinen lasse.
Ebenso wenig sei es von Bedeutung, dass der Rechtsanwalt des Vertrauens den
Mandanten schon vorgerichtlich vertreten habe. Der Grund liege darin, dass bei der
Prüfung der Frage der Notwendigkeit der Einschaltung eines auswärtigen
Rechtsanwaltes auf den Zeitpunkt der Mandatierung abzustellen sei und nicht auf einen
späteren, in dem entschieden werde, wer mit der Prozessvertretung beauftragt werde.
Deshalb werde eine vernünftige und kostenorientierte Partei von vornherein einen
Rechtsanwalt in ihrer Nähe oder am Gerichtsort selbst einschalten.
b)
20
Hiervon weicht der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 16. April
2008 – XII ZB 214/04 - = NJW 2008, 2122 = AGS 2008, 368 = MDR 2008, 829) in
grundlegenden Bereichen ab. Er setzt unter erstattungsrechtlichen Gesichtspunkten die
Schwerpunkte geradezu entgegengesetzt. Diese Entscheidung kann nur so verstanden
werden, dass das Grundprinzip der Kostenerstattung, nämlich, dass sich jede Partei in
Bezug auf die von ihr getroffenen Entscheidungen an § 242 BGB messen lassen muss,
zur Disposition stehen soll. Der XII. Zivilsenat misst dem Vertrauensverhältnis zwischen
Rechtsanwalt und Mandanten eine alles überragende Stellung zu. Ausdrücklich führt er
in diametralem Gegensatz zum VII. Zivilsenat aus, es bestehe zwischen ihnen infolge
der persönlichen Beratungsgespräche, der außergerichtlichen bzw. gerichtlichen
Wahrnehmung des Mandates und der damit verbundenen Akten- und Sachkenntnis ein
besonderes Vertrauensverhältnis, das es nicht rechtfertige, den Mandanten einer
überörtlichen Sozietät darauf zu verweisen, dass unter kostenerstattungsrechtlichen
Gesichtspunkten der Termin zur mündlichen Verhandlung von einem anderen Mitglied
der Sozietät, das am Gerichtsort oder in dessen Nähe residiere, wahrgenommen werde.
Dies kann nur so verstanden werden, dass der XII. Zivilsenat anders als der VII.
Zivilsenat dem Umstand der vorgerichtlichen Vertretung ein anderes Gewicht zumisst
und auch ansonsten dem Grundprinzip der Kostenerstattung, dem Gebot sparsamer
Prozessführung, keine uneingeschränkte Gültigkeit mehr beimessen will.
21
Dieser Schluss liegt auch deshalb nahe, weil der XII. Zivilsenat offensichtlich keine
einschränkenden Ausnahmen zulassen will, wie es ansonsten der Rechtsprechung
anderer Senate des Bundesgerichtshofes entspricht. Bisher jedenfalls konnte als
Konsens angesehen werden, dass die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder
Geschäftsortes der Partei ansässigen Rechtsanwaltes keine Maßnahme
zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder –verteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 S.
1, 2. Hs. ZPO darstellt, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes
feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht
erforderlich sein wird. Dies kommt etwa in Betracht bei einem gewerblichen
Unternehmen mit eigener sachbearbeitender Rechtsabteilung. Eine Ausnahme war des
Weiteren bei einfach gelagerten Rechtsstreitigkeiten zu machen, die keinen
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umfangreichen Sachverhalt aufwiesen (BGH, Beschluss vom 16. Oktober 2002 – VIII ZB
30/02 - = NJW 2003, 898 = AGS 2003, 97 = MDR 2003, 233).
c)
23
Angesichts des aus Sicht des Senats bestehenden Widerspruchs in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung, die auch nicht mit einer "gebotenen typisierenden
Betrachtungsweise" (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2007 – V ZB 85/06 - = AGS 2007,
430 = BGHReport 2007, 427) aufzulösen ist, sieht sich der erkennende Senat kaum in
der Lage, die Einschaltung von C.-er Rechtsanwälten durch eine in T. residierende
Partei zwecks Führung eines Prozesses vor dem Landgericht M. gegen eine im Bezirk
des Landgerichts L. residierende Partei hinsichtlich der Frage der Erstattungsfähigkeit
der Reisekosten unter Beachtung des § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. ZPO nach sicheren
Kriterien zu beurteilen, da die bisher geltenden Grundprinzipien des
Kostenerstattungsrechtes und die Rechtsprechung einzelner Senate des
Bundesgerichtshofes nicht mehr in Einklang zu bringen sind.
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Im Ergebnis gibt der Senat der Rechtsprechung den Vorrang, die zunehmend auf
Vertrauensgesichtspunkte und allgemeine organisatorischen Vorkehrungen abstellt.
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Es ist grundsätzlich für eine ausländische Partei unzumutbar, zunächst das für ihren Fall
örtlich zuständige deutsche Gericht zu ermitteln und hiernach ihren deutschen
Rechtsanwalt auszusuchen. Zwar liegt der vorliegende Fall in Bezug auf die
Antragstellerin anders. Unbestritten hat sie vorgetragen, die C.-er Rechtsanwälte seit
längerem in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten zu mandatieren, die von daher mit
ihren betrieblichen Verhältnissen bestens vertraut seien.
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Dem wäre jedoch in Bezug auf die Reisekosten des Anwaltes mit dem VII. Senat des
Bundesgerichtshofes (s.o.) entgegenzuhalten, dass dieser Umstand eine Verursachung
von Mehrkosten bei den Reisekosten des Anwaltes nicht rechtfertige, während der XII.
Zivilsenat den Vertrauensanwalt unter Hintanstellung aller kostenerstattungsrechtlichen
Grundprinzipien ausnahmslos eine überragende Stellung beimessen will.
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Geht man von der insoweit einheitlichen Rechtsprechung der verschiedenen Senate
des Bundesgerichtshofes aus, dass die Partei grundsätzlich einen Anwalt am Ort oder in
der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftssitzes mandatieren darf, ohne Nachteile bei der
Kostenerstattung befürchten zu müssen, so ist dieser Grundsatz auf ausländische
Parteien nicht ohne weiteres anwendbar, weil es dort in der Regel keine mit dem
deutschen Recht vertrauten Rechtsanwälte gibt, die noch dazu vor deutschen Gerichten
postulationsfähig sind. Nach allgemeinen Grundsätzen sind jedenfalls Reisekosten des
Rechtsanwaltes in der Höhe erstattungsfähig, wie sie einer Fahrt vom Residenz- zum
Gerichtsort entsprechen. Hieraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die Kosten des
Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin von C. nach M. dem Grunde nach
erstattungsfähig sind, da C. von M. annähernd gleich weit entfernt liegt, wie T., nämlich
jeweils ungefähr 600 km. Jedenfalls sind dadurch von der Antragsgegnerin keine
höheren Kosten zu erstatten, als wenn die Antragstellerin in Deutschland ansässig
wäre, etwa in S. , und dort ihren Anwalt des Vertrauens für die Terminswahrnehmung in
M. mandatiert hätte.
28
d)
29
Allerdings sind die geltend gemachten Flugkosten von 495,24 € nicht in voller Höhe
erstattungsfähig. Nach der nach Ansicht des Senates nach wie vor geltenden
Grundregel des Erstattungsrechtes sind nur die notwendigen Kosten der
Rechtsverfolgung oder –verteidigung vom Prozessgegner zu erstatten. Maßgeblich ist
die Sicht einer wirtschaftlich denkenden Partei. Hieran gemessen sind die Kosten für die
Flugreise nur in Höhe von 150,00 € zu erstatten. Denn von mehreren gleichwertigen
Möglichkeiten ist die kostenrechtlich Günstigste zu wählen. Angesichts der langfristigen
Terminierung durch das Landgericht M. war der Verfahrensbevollmächtigte der
Antragstellerin gehalten, eine preiswertere Flugmöglichkeit zu wählen. Dies wäre ihm
wegen der zahlreichen Flugverbindungen zwischen M. /Bonn und C. ohne weiteres
möglich gewesen. Es ist bekannt, dass mit ausreichender Vorlaufzeit, die im
vorliegenden Fall gegeben war, ein Ticket in zuerkannter Höhe ohne Schwierigkeiten
erworben werden kann. Bzgl. der übrigen Kosten, die im Zusammenhang mit der Reise
von C. nach M. entstanden sind, bestehen keine Bedenken.
30
e)
31
Nicht durchdringen kann die Antragsgegnerin allerdings mit ihrer Rechtsansicht, die
Antragstellerin sei gehalten gewesen, die einstweilige Verfügung beim Landgericht C.
zu beantragen, weil ihr Verfahrensbevollmächtigter dort residiert. Nach § 35 ZPO hat der
Kläger bzw. Antragsteller bei mehreren zuständigen Gerichten die Wahl, wo er Klage
erheben will.
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Für das Erstattungsrecht schließt die ganz herrschende Meinung (OLG München
JurBüro 1994, 477; OLG Hamburg MDR 1999, 638; KG MDR 2008, 653; Senat,
Beschluss vom 21.10.1991 – 17 W 342/91 - = Rpfleger 1992, 222; Stein/Jonas/Roth,
ZPO, 21. Aufl., § 35 Rdn. 5; Zöller/Vollkommer, § 35 Rdn. 3;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 91 Rdn. 239; a.A.:
Zöller/Herget, § 91 Rdn. 13 "Wahlgerichtsstand") hieraus, dass die Reisekosten des
auswärtigen Anwaltes nicht alleine deshalb zu kürzen sind, weil der Kläger auch am
Sitz des Rechtsanwaltes hätte klagen können. Der Senat schließt sich der
herrschenden Meinung an. Denn eine kostenrechtliche Obliegenheit des Klägers bzw.
Antragstellers, von mehreren möglichen Gerichtsständen den seinem Wohn- bzw.
Geschäftssitz am nächsten gelegenen Gerichtsstand zu wählen, stünde im
Wertungswiderspruch zu der Vorschrift des § 35 ZPO, wonach ein Wahlrecht gegeben
ist.
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Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin gilt dies auch für § 32 ZPO. Ist Begehungsort
der unerlaubten Handlung die gesamte Bundesrepublik – und so liegt der
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Fall hier –, so hat der Kläger bzw. Antragsteller auch bei einer zugrundeliegenden
unerlaubten Handlung die Wahl, welches Gericht er einschalten will. Dass er angesichts
dessen ein bestimmtes Gericht einem anderen vorzieht, ist wegen der gesetzlich
geregelten Wahlmöglichkeit des § 35 ZPO hinzunehmen und erfährt
kostenerstattungsrechtlich keine Einschränkung.
35
3.
36
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, Nr. 1812 KV-
GKG.
37
4.
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Da zu der Frage, inwieweit eine ausländische, im Inland klagende Partei
Einschränkungen bei der Kostenerstattung der Reisekosten im Hinblick auf die
Einschaltung des deutschen Rechtsanwaltes hinzunehmen hat, eine höchstrichterliche
Entscheidung fehlt wie auch zu der Problematik, ob trotz der Wahlmöglichkeit des § 35
ZPO bei der Kostenerstattung Einschränkungen zu machen sind, lässt der Senat
insoweit die Rechtsbeschwerde zu, weil dies wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur
Fortbildung des Rechts erforderlich ist, § 574 Abs. 1 – 3 ZPO.
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