Urteil des OLG Köln vom 30.03.1995

OLG Köln (wert, leasing, leasingnehmer, umfang, fristlose kündigung, höhe, verkauf, vertrag, bezug, gesellschaft)

Oberlandesgericht Köln, 18 U 136/94
Datum:
30.03.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 136/94
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 82 0 223/93
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Köln vom 10. Juni 1994 teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Schadensersatzanspruch der
Klägerin wird dem Grunde nach für gerechtfer-tigt erklärt. Die Sache wird
zur Verhandlung und Entscheidung über die Höhe an das Land-gericht
zurückverwiesen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die
weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung
bleibt - auch hinsichtlich der Kosten des Berufungs-verfahrens - dem
Schlußurteil erster Instanz vorbehalten.
T A T B E S T A N D
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Die Beklagte war als Tochterunternehmen der P. B.-Grup-pe gegründet worden, um
als Leasinggesellschaft den Er-werb oder die Nutzung von P.-B.-Produkten zu
finanzie-ren (sogenanntes internes Leasinggeschäft). Die deut-sche Niederlassung der
Beklagten erstreckte ihr Lea-singgeschäft seit 1983 auch auf andere Produkte (sogen-
antes externes Leasinggeschäft). In diesem Bereich ver-mittelte die Klägerin der
Beklagten in den Jahren 1988 bis 1993 Leasingverträge, wobei ein Anteil von ca. 35 %
auf das Kfz.-Leasing entfiel.
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Die Zusammenarbeit der Parteien erfolgte bis zum Abschluß eines Vertrages vom 5.
Februar 1990 zunächst ohne schriftliche Grundlage. Im Vertrag vom 5. Februar 1990
wurde u.a. eine Erstanbietepflicht der Klägerin gegenüber der Beklagten vereinbart.
Wegen des weiteren Inhalts dieses Vertrages wird auf Bl. 25 bis 30 d. A. Bezug
genommen.
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Mit Schreiben vom 30. Januar 1990 sagte die Beklagte der Klägerin darüberhinaus ein
Vorkaufsrecht an den Leasinggegenständen der von ihr vermittelten Verträge zu.
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Die Klägerin druckte auf ihren Vertragsunterlagen das Firmenlogo der Beklagten auf
und firmierte als deren Repräsentantin.
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Im Bereich des externen Leasing war bei der Beklagten Herr M. tätig, der mit der
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Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der Klägerin persönlich verbunden war.
Zeitweise war Herr M. auch zugleich bei der Kläge-rin angestellt, stand aber an drei
Tagen der Woche der Beklagten zur Verfügung.
Ende Januar 1993 schieden Herr M. sowie Mitglieder der Geschäftsleitung bei der
Beklagten aus, die Geschäfts-führung wurde durch den jetzigen Geschäftsführer der
Beklagten übernommen.
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Mit Rundschreiben vom 18. und 19. Januar 1993 teilte die Beklagte sowohl der
Klägerin als auch ihren übrigen Repräsentanten mit, daß mit sofortiger Wirkung für den
Abschluß von Neugeschäften neue Vertragskonditionen gelten sollten. Es sollten
insbesondere ausschließlich nur noch Vollamortisationsverträge ohne Restwerte mög-
lich sein. Wegen der Einzelheiten dieser Rundschreiben wird auf Bl. 36/37 d. A. Bezug
genommen.
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Mit Schreiben vom 27. Januar 1993 wies die Beklagte ihre Mitarbeiter an, alle
Anfragen, die nicht den neuen Bedingungen entsprächen, an den jeweiligen Vermittler
zurückzusenden.
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Unter dem 16. Juni 1993 teilte die Beklagte der Kläge-rin mit, daß sich ihre
Firmenbezeichnung geändert habe und nunmehr A. Maschinen- und Autoleasing
GmbH laute.
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Mit Schreiben vom 22. September 1993 kündigte die Be-klagte das Vertragsverhältnis
mit der Klägerin fristge-mäß zum 31. Dezember 1993.
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Am 6. April 1994 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß sie beabsichtige, sich aus
dem externen Leasingge-schäft zurückzuziehen und bot der Klägerin die noch von ihr
vermittelten Leasingverträge zum Kauf an.
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Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Schadenser-satz wegen Änderung der
Leasingkonditionen, Ausgleichs-zahlungen nach § 89 b HGB, Auskunftserteilung über
Fol-geverträge sowie Feststellung ihres Vorkaufsrechtes be-gehrt.
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Sie hat behauptet, durch die neuen Konditionen sei ihr der Abschluß jeglicher Neu-
und Folgegeschäfte unmög-lich geworden. Der eigentliche Sinn der Änderung der
Leasingbedingungen sei es gewesen, das gesamte externe Leasinggeschäft zum
Erliegen zu bringen. Der Geschäfts-bereich der Beklagten sei nicht defizitär gewesen,
die Beklagte habe durch die Anordnung neuer Konditionen le-diglich die
ordnungsgemäße Kündigung des Vertrages um-gehen wollen.
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Die Klägerin war der Ansicht, ihr stehe gegen die Be-klagte ein Anspruch aus § 89 b
HGB zu, da sie als Han-delsvertreterin für die Beklagte tätig gewesen sei. Sie hat
behauptet, die Beklagte nutze den von ihr, der Klä-gerin, geschaffenen Kundenstamm
weiter.
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Sie hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie
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340.806,01 DM nebst 10,75 % Zinsen p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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1. festzustellen, daß die Beklagte verpflich-
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tet ist, ihr für die von ihr vermittel-ten Vollamortisationsverträge ein Vor-kaufsrecht
bei ordnungsgemäßer Vertrags-beendigung in Höhe von 3 % des Objektwer-tes
zzgl. Mehrwertsteuer und für von ihr vermittelte Teilamortisationsverträge ein
solches Vorkaufsrecht in Höhe des verein-barten Restwertes zzgl. Mehrwertsteuer
- mit Ausnahme von Verträgen, bei denen Lieferanten/Händler bereits vertraglich
eine Abwicklung auslaufender Verträge ge-regelt haben - einzuräumen;
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1. die Beklagte zu verurteilen, ihr für die
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Zeit vom 1. Februar 1993 bis 31. Januar 1998 vierteljährlich Auskunft, insbesonde-re
über die Vertragsart, die Laufzeit und die Höhe der Leasingberechnungsgrundlage
(Finanzierungswert) darüber zu erteilen, mit welchen von ihr erstmals der Beklagten
unter Abschluß eines Leasingvertrages zu-geführten Kunden die Beklagte einen
Folge-vertrag abgeschlossen hat.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, sie sei zur Aufstellung der neuen Konditionen gezwungen
gewesen, da das externe Leasing-geschäft zu erheblichen Verlusten geführt habe.
Dies sei u.a. dadurch verursacht worden, daß Herr M. mit der Klägerin zum Nachteil
der Beklagten zusammengearbeitet habe.
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Auch zu den neuen Bedingungen sei die Vermittlung neuer Verträge möglich gewesen
und von anderen Vermittlern auch durchgeführt worden.
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Sie hat die Ansicht vertreten, sie sei berechtigt gewesen, einseitig neue Konditionen
festzulegen, da sie nicht verpflichtet gewesen sei, Angebote der Klägerin zum
Abschluß von Leasingverträgen überhaupt anzunehmen. Vielmehr sei sie in der
Ablehnung von Geschäften völlig frei.
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Ein Ausgleichsanspruch stehe der Klägerin nicht zu, da die Klägerin nicht
Handelsvertreterin sei. Außerdem ziehe sie keinerlei Vorteile mehr aus den von der
Klä-gerin vermittelten Vertragsabschlüssen.
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Das Landgericht hat der Klage bezüglich des Auskunfts- und Feststellungsanspruchs
stattgegeben und die Klage im übrigen abgewiesen.
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Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht, da diese nicht gehindert
gewesen sei, Verträge, die den neuen Konditionen nicht entsprochen hätten,
unmittelbar anderen Leasingfirmen anzubieten.
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Ein Ausgleichsanspruch aus § 89 b HGB scheide aus, weil die Beklagte nach Aufgabe
des gesamten externen Lea-singgeschäftes und der damit verbundenen Teilgeschäfts-
aufgabe keine Vorteile mehr aus den von der Klägerin angebahnten
Geschäftsbeziehungen habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefoch-tene Urteil (Bl. 195 bis 215 d.
A.) Bezug genommen.
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Gegen das der Klägerin am 4. Juli 1994 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom
4. August 1994 - eingegangen am selben Tage - Berufung eingelegt und diese - nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. November 1994 - mit
Schriftsatz vom 11. No-vember 1994 - eingegangen am selben Tage - begrün-det.
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Mit der Berufung verfolgt die Klägerin die abgewiesenen Zahlungsansprüche in vollem
Umfang weiter.
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Sie behauptet, durch die Erstanbietepflicht sei sie praktisch ausschließlich an die
Beklagte gebunden gewesen. Diese habe auch - was unstreitig ist - in keinem Fall
Gebrauch von ihrem Ablehnungsrecht gemacht. Die Möglichkeit, Verträge - nach der
Beklagten - ande-ren Leasingunternehmen anzubieten, sei wirtschaftlich
bedeutungslos, weil es die Kunden aus Zeitgründen nicht zu einem Zweitangebot
kommen ließen, sondern sich dann selbst nach einem anderen Leasingunternehmen
umsähen. Aus diesem Grunde habe sie keinerlei Geschäftsbezie-hungen zu anderen
Unternehmen aufgebaut. Diese Bindung habe auch dem Unternehmenskonzept der
Beklagten ent-sprochen. Anfang 1993 habe diese Unternehmensstruktur auf Weisung
der amerikanischen Muttergesellschaft der Beklagten grundlegend verändert werden
sollen. Deren Ziel sei es gewesen, sich von heute auf morgen von ihren bisherigen
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Vermittlern zu trennen und das externe Leasinggeschäft in eigener Regie zu
übernehmen. Zu die-sem Zweck habe der jetzige Geschäftsführer der Beklag-ten die
Weisung erteilt, ab sofort keine Leasingneuge-schäfte mehr von den Repräsentanten
anzunehmen. Allein aus diesem Grund seien die Rundschreiben vom 18. und 19.
Januar 1993 versandt worden. In diesen Schreiben sei deshalb praktisch eine fristlose
Kündigung des Ver-tragsverhältnisses zu sehen.
Die Art der Auflagen hätten es ihr unmöglich gemacht, auch nur noch einen einzigen
Neuvertrag zu vermitteln. Verträge, die diesen Anforderungen entsprächen, seien
sowohl steuerlich als auch generell wirtschaftlich für Leasingnehmer uninteressant.
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Bei internen Gesprächen der Beklagten sei sogar aus-drücklich erklärt worden, selbst
Angebote, die den neu-en Konditionen entsprächen, seien auf Weisung des neuen
Geschäftsführers abzulehnen.
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Infolge ihrer engen Bindung an die Beklagte sei es ihr nach dem 18. Januar 1993 nicht
sofort möglich gewesen, Vertragsbeziehungen zu anderen Leasingunternehmen auf-
zunehmen. Dies habe sich in einem drastischen Rückgang ihrer Provisionsumsätze
bis Juli 1993 ausgewirkt. Erst ab Mai sei es ihr langsam wieder gelungen, im nennens-
werten Umfang Provisionseinnahmen aus Leasingverträgen - ausschließlich mit
Drittfirmen - zu erzielen. Die im Januar 1993 getätigten Umsätze beruhten - unstreitig -
auf der Abrechnung von Verträgen, die noch zu den alten Konditionen geschlossen
worden seien.
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Ihren Schadensersatzanspruch stützt die Klägerin auf entgangene
Provisionseinnahmen in den Monaten Februar bis Juli 1993 und beziffert diese auf
219.165,22 DM.
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Bezüglich eines Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB meint die Klägerin, die
erheblichen fortbestehenden Vorteile der von ihr vermittelten Geschäfte bestünden für
die Beklagte jedenfalls im Restforderungswert der laufenden Verträge, den die
Beklagte selbst mit Schrei-ben vom 16. April 1994 auf 4,9 Millionen DM beziffert habe.
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Sie behauptet, fortbestehende Vorteile ergäben sich für die Beklagte vorliegend vor
allem deshalb, weil diese - entgegen ihren Ankündigungen - beabsichtige, auch das
externe Leasinggeschäft fortzuführen. Bei der A. Maschinen- und Autoleasing GmbH
handele es sich um eine neu gegründete selbständige Schwestergesellschaft der
Beklagten, deren Ziel es sei, ihre Leasingaktivitäten auf dem deutschen Markt
fortzuführen. Alle laufenden Verträge seien von dieser Gesellschaft übernommen
worden. Diese Gesellschaft sei auch weiter im Fremdlea-singgeschäft tätig und nutze
hierbei auch die von ihr, der Klägerin, angebahnten Geschäftsbeziehungen wei-ter.
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Außerdem sei noch eine weitere Gesellschaft, die L.-C. GmbH gegründet worden.
Geschäftsführer und Firmensitz seien mit dem der Beklagten identisch. Auch diese Ge-
sellschaft sei im früheren Geschäftsbereich der Beklag-ten tätig.
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Ihre Ausgleichsansprüche beziffert die Klägerin auf der Grundlage des ihr
entgangenen durchschnittlichen jähr-lichen Provisionsaufkommen aus Geschäften mit
Mehrfach-kunden und beziffert diese für die Zeit bis Juli 1993 mit 121.640,79 DM.
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Sie beantragt,
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in Abänderung des landgerichtlichen Urteils vollen Umfangs gemäß den
erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie behauptet, ausschließlicher Zweck der Rundschreiben vom 18./19. Januar 1993
sei es gewesen, in Zukunft nur noch Verträge zu akzeptieren, mit denen eine
ausreichende Deckung habe erwirtschaftet werden können. Jedenfalls sei die Klägerin
bei der Anbahnung neuer Geschäftskontakte mit anderen Leasingunternehmen nicht
ihrer Schadensminderungspflicht nachgekommen.
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Zum Anspruch aus § 89 b HGB wiederholt die Beklagte ihre Auffassung, die Klägerin
sei nicht Handelsvertre-terin.
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Sie, die Beklagte, habe sich konsequent und endgültig seit Sommer 1993 aus dem
externen Leasinggeschäft zu-rückgezogen. Die Übertragung ihres gesamten
Geschäfts-betriebes auf die A. Maschinen- und Autoleasing GmbH sei im Rahmen
einer gesellschaftlichen Umstrukturierung erfolgt und habe ihr keine erheblichen
Vorteile ge-bracht.
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Sie sei auch nicht mehr werbend tätig. Weder sie noch die A. Maschinen- und
Autoleasing GmbH betrieben noch ein externes Leasinggeschäft. Die bestehenden
Verträge würden nur noch von dieser Gesellschaft verwaltet.
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Die A. Maschinen- und Autoleasing GmbH habe bereits per 1. Januar 1993 den
gesamten Geschäftsbetrieb der Kläge-rin übernommen und fortgesetzt, bis im Sommer
1993 von der Muttergesellschaft die Entscheidung zur Einstellung des gesamten
Fremdleasinggeschäftes für Europa getrof-fen worden sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streit-standes wird auf die
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
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1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in
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der Sache teilweise Erfolg.
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Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch aus positiver
Forderungsverletzung auf Ersatz des Schadens zu, der ihr dadurch entstanden ist,
daß die Beklagte durch Rundschreiben vom 18./19. Januar 1993 ihre
Leasingkonditionen mit sofortiger Wirkung geän-dert hat.
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Hierdurch hat die Beklagte gegen die ihr gemäß § 86 a Abs. 2 Satz 3 HGB
obliegende Informationspflicht verstoßen. Nach dieser Vorschrift trifft den Un-
ternehmer insbesondere die Pflicht, seinen Handels-vertreter unverzüglich zu
unterrichten, wenn er Ge-schäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfang
abschließen kann oder will, als der Handels-vertreter dies nach den gewöhnlichen
Umständen er-warten konnte.
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Diese Bestimmung findet im Verhältnis der Parteien Anwendung, denn die Klägerin
war als Handelsvertre-terin der Beklagten tätig.
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Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin im Vertrag vom 5. Februar 1990 als
Maklerin bezeichnet ist, denn die Gesamtbewertung aller Umstände ergibt, daß die
Klägerin nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien Handelsvertreterin der
Beklagten sein sollte.
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Gegenstand der Geschäftsbeziehungen der Parteien war die Vermittlung von
Leasinggeschäften durch die Klägerin. Eine solche Vermittlungstätigkeit führt
grundsätzlich sowohl ein Handelsvertreter als auch ein Handelsmakler aus. Dabei ist
für die Abgrenzung von wesentlicher Bedeutung, daß der Handelsvertreter zum
Unternehmer in einem auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen
er immer wieder Geschäfte vermittelt, während sich die Tätigkeit des Handelsmaklers
in der Regel auf einen konkreten Vermittlungsvorfall beschränkt
(Brüggemann/Würdinger, HGB, 3. Aufl., zu § 84 Rdnr. 2; BGH WM 82, 272, 273; BGH
NJW 1992, 2818, 2819). Darüber hinaus trifft den Handelsvertreter - im Gegensatz
zum Handelsmakler - regelmäßig eine Tätigkeitspflicht im Interesse des
Unternehmers (Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., zu § 84 Rdnr. 41; Heymann, HGB, zu
§ 93 Rdnr. 6). Schließlich sind für die rechtliche Einordnung auch die
Weisungsgebunden-heit des Vermittlers sowie das Bestehen geschäftli-cher
Beziehungen auch zu anderen Unternehmen von Be-deutung (BGH NJW 1992,
a.a.0.).
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Vorliegend wird durch den schriftlichen Vertrag vom 5. Februar 1990 die rechtliche
Grundlage für den Abschluß und die Abwicklung einer unbestimmten Viel-zahl von
Vermittlungsfällen geschaffen:
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Provisionsansprüche der Klägerin werden abstrakt festgelegt und es werden
gegenseitige Informations- und Unterrichtungspflichten der Parteien begründet, die
über den bloßen Abschluß eines Geschäftes hin-ausgehen (Ziffer 1.2, 2.1, 3.3, 5.1.,
7.1 des Ver-trages).
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Die Klägerin verpflichtet sich darüberhinaus in Ziffer 7.1 des Vertrages, aus
Kundenanfragen alsbald und bestmögliche Vertragsabschlüsse mit der Beklag-ten zu
realisieren, so daß sie - entgegen der Formu-lierung in Ziffer 1.1 des Vertrages - zu
einer Tä-tigkeit für die Beklagte nicht nur berechtigt, son-dern tatsächlich auch
verpflichtet war.
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Insbesondere in der in Ziffer 1.3 der Vereinbarung festgelegten Erstanbietepflicht
kommt deutlich zum Ausdruck, daß die Klägerin ihre Kunden nicht im Ein-zelfall frei
einem beliebigen Leasinggeber vermit-teln konnte, sondern in erster Linie an die
Beklagte gebunden war. Wollte sie ihre Arbeit möglichst effektiv gestalten, mußte sie
solche Angebote vorle-gen, die im Rahmen des Erstangebots voraussichtlich die
Billigung der Beklagten finden würden. Dies muß-te aber zwangsläufig dazu führen,
daß Geschäftsbe-ziehungen zu anderen Unternehmen gar nicht oder nur in geringem
Umfang aufgebaut wurden.
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Schließlich spricht auch die vereinbarte lange Kün-digungsfrist - drei Monate zum
Jahresende - deutlich dafür, daß eine langfristige gegenseitige Bindung der Parteien
gewollt war und nicht nur eine - wenn auch wiederkehrende - Tätigkeit der Klägerin
im Ein-zelfall.
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Die die Beklagte gemäß § 86 a Abs. 2, S. 3 HGB treffende Benachrichtigungspflicht
umfasste auch die Pflicht, die Klägerin rechtzeitig über solche Ände-rungen der
Abschlußpraxis zu informieren, die sich nachteilig auf deren
Vermittlungsmöglichkeiten aus-wirkten (vgl. BGHZ 49, 39, 44; BGH WM 87, 595, 596;
Brüggemann/Würdinger, zu § 84 Rdnr. 32).
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In solchen Fällen muß der Unternehmer in der Weise auf die schutzwürdigen
Belange des Handelsvertreters Rücksicht nehmen, daß er ihn so frühzeitig über die
bevorstehende Einschränkung - bzw. den völligen Weg-fall - seiner
Verdienstmöglichkeiten informiert, daß dieser sich - etwa durch die Kontaktaufnahme
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mit anderen Unternehmen - auf die wirtschaftlichen Dis-positionen seines
Vertragspartners einstellen kann (BGHZ 49, a.a.0.; BGHZ 26, 161).
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Gegen diese Pflicht hat die Beklagte verstoßen, indem sie durch ihre Rundschreiben
vom 18./19. Ja-nuar 1993 mit sofortiger Wirkung die Konditionen für den Abschluß
von Leasingverträgen völlig neu festlegte. Durch diese Konditionen wurde nämlich
die Möglichkeit der Klägerin, Leasinggeschäfte mit der Beklagten abzuschließen,
jedenfalls erheblich einge-schränkt.
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Diese neuen Bedingungen sehen sowohl für das Kfz.-Leasing als auch für die
sonstigen Geschäfts-bereiche der Klägerin vor, daß nur noch sogenannte
Vollamortisationsverträge mit maximal 36-monatiger Laufzeit und einer
Mietsonderzahlung von 30 % für Kraftfahrzeuge und 25 % für sonstige Güter
geschlos-sen werden sollten. Insbesondere der Ausschluß sogenannter
Teilamortisationsverträge mußte nach Be-urteilung des Senats zwangsläufig dazu
führen, daß diese Konditionen am Markt nicht - oder jedenfalls nur in sehr
eingeschränktem Umfang - durchsetzbar waren.
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Vollamortisation bedeutet, daß der Leasingnehmer mit den während einer festen,
grundsätzlich unkündbaren Grundmietzeit zu entrichtenden Raten mindestens die
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Lea-singgebers einschließlich aller
Nebenkosten deckt (vgl. Leasingerlaß des Bundesministers der Finanzen vom 19.
April 1971 - abgedruckt in BB 71, 506). Diese Vertragsgestaltung stellt darauf ab, daß
der Wert des Leasinggegenstandes innerhalb der Grund-mietzeit aufgezehrt wird, so
daß am Vertragsende eine wirtschaftliche Nutzung oder ein wesentlicher
verbleibender Wert als unwahrscheinlich anzusehen ist.
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Ist dies nicht der Fall, so wird in der Regel nur ein Teilamortisationsvertrag den
wirtschaftlichen Interessen des Leasingnehmers gerecht:
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Bei diesen Verträgen werden während der Grundmiet-zeit die Kosten des
Leasinggebers nur teilweise gedeckt. Die am Ende der Vertragszeit verblei-bende
Deckungslücke muß der Leasingnehmer zwar ausgleichen, jedoch wird in diesen
Ausgleich bei allen gängigen Vertragsgestaltungen - insbesondere soweit diese
steuerlich anerkannt sind (vgl. hierzu Leasingerlaß des Bundesministers der
Finanzen vom 22. Mai 1975 - abgedruckt in BB 76, 72) - der ver-bleibende Wert des
Leasinggegenstandes einbezogen. Beim sogenannten Vertrag mit Andienungsrecht
des Leasinggebers wird die bei Vertragsende fällige Schlußzahlung durch den
Verkauf des Leasinggegen-standes nach Belieben des Leasinggebers entweder an
einen Dritten oder den Leasingnehmer selbst finan-ziert. Im letzteren Fall erhält der
Leasingnehmer für seine Zahlung den Gegenstand selbst als Ge-genwert.
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Sowohl beim Vertrag mit Aufteilung des Mehrerlöses als auch beim kündbaren
Leasingvertrag mit Anrech-nung des Veräußerungserlöses wird der noch offene
Kostenanteil des Leasinggebers - zumindest teilwei-se - dadurch ausgeglichen, daß
der Wert des Leasing-gegenstandes durch Verkauf realisiert und verrechnet wird (vgl.
zu den einzelnen Vertragsgestaltungen: Gitter, Gebrauchsüberlassungsverträge,
Handbuch des Schuldrechts, Bd. 7 § 11 B 1 d).
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Das bedeutet für den Leasingnehmer, daß er - im Gegensatz zur Vollamortisation -
nicht die vollen Anschaffungskosten etc. tragen muß, sondern daß sich ein Teil
hiervon aus dem verbleibenden Wert des Ge-genstandes selbst finanziert.
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Damit wird aber deutlich, daß der Abschluß von Lea-singverträgen zu den neuen
Konditionen der Beklagten zumindest für solche Gegenstände uninteressant war,
deren Wert nach 36 Monaten - der danach maximal mög-lichen Laufzeit - noch nicht
aufgezehrt war.
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Besonders augenfällig wird dies im Bereich des Kfz.-Leasing:
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Nach den hier fraglichen Bedingungen müßte der Leasingnehmer innerhalb von drei
Jahren den vollen Kaufpreis zuzüglich aller Unkosten einschließlich der
Gewinnspanne des Leasinggebers zahlen, wäre aber an dem nach drei Jahren
unzweifelhaft vorhandenen Restwert des Fahrzeuges in keiner Weise beteiligt. Daß
ein potentieller Kunde unter diesen Umständen einen Teilamortisationsvertrag bei
einem anderen Leasingunternehmer oder sogar eine normale Bankfi-nanzierung
gegenüber der von der Beklagten angebo-tenen Vollamortisation vorziehen und
damit das Ge-schäft der Klägerin, jedenfalls auf dem Kfz.-Sektor zum Erliegen
kommt, liegt auf der Hand.
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Da aber, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, der Anteil der Kfz.-Verträge am
Geschäftsaufkommen der Kläger ca. 35 % betrug, ist allein unter diesem
Gesichtspunkt von einer erheblichen Einschränkung der Verdienstmöglichkeiten der
Klägerin durch diese Konditionsänderungen auszugehen.
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Darüberhinaus geht aus der von der Klägerin vor-gelegten Auflistung aller von ihr an
die Beklagte vermittelten Geschäfte hervor, daß es sich bei den übrigen
Leasinggegenständen zum überwiegenden Teil um langlebige Wirtschaftsgüter
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handelte, deren Wert nicht bereits nach drei Jahren verbraucht ist. Dies gilt
insbesondere für die im großen Umfang vermit-telten Waagen und Maschinen, die
überwiegend von Fleischereibetrieben geleast wurden. Auch in diesem Bereich liege
es nahe, daß der Leasingnehmer nach drei Jahren den Wert des
Leasinggegenstandes - sei es durch Selbstnutzung, sei es durch Verkauf unter
Anrechnung auf seine Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten - realisieren
will. Insgesamt hält der Senat den Anteil der Güter, für die Leasing-verträge auf der
Basis der neuen Konditionen der Beklagten praktisch nicht mehr in Betracht kamen,
für so erheblich, daß dies zu einer drastischen Be-schränkung der
Absatzmöglichkeiten der Klägerin füh-ren mußte, die die Beklagte, wie bereits
ausgeführt, aufgrund ihrer sich aus § 86 Abs. 3 Satz 2 ergeben-den Pflichten
jedenfalls nicht von heute auf morgen provozieren durfte.
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Auf die Frage, ob durch die neuen Bedingungen für ausnahmslos alle
Geschäftszweige der Klägerin der Neuabschluß von Geschäften praktisch unmöglich
wurde, oder ob in Teilbereichen - etwa dort, wo Lea-singgegenstände einer hohen
technischen Innovation unterliegen und deshalb nach drei Jahren praktisch wertlos
sind, die Möglichkeit zu Neuabschlüssen in gewissem Umfang fortbestand, kommt es
daher für die Annahme einer Pflichtverletzung der Beklagten nicht an.
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Letztlich findet die Annahme, daß die Konditions-änderungen der Beklagten gemäß
Rundschreiben vom 18./19. Januar 1993 die Fortsetzung der Vermitt-lungstätigkeit
ihrer Repräsentanten weitgehend un-möglich machten, ihre Stütze im eigenen
Vortrag der Beklagten. Diese beruft sich nämlich zum Beleg ihrer Behauptung, daß
auch zu diesen Bedingungen durchaus noch Neuabschlüsse möglich gewesen
seien, auf ganze drei Geschäfte, die in der Folgezeit von einem ihrer Repräsentanten
angeboten worden seien und von denen sie - unstreitig - lediglich eines
angenommen hat.
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Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, eine
Pflichtverletzung liege bereits deshalb nicht vor, weil sie ohnehin berechtigt gewe-
sen sei, jedes ihr angebotene Geschäft nach Belieben abzulehnen, der Klägerin also
ohnehin kein Anspruch auf Abschluß weiterer Verträge zugestanden ha-be.
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Es entspricht ganz herrschender Auffassung, daß der Unternehmer auch nach
Einschaltung eines Handelsver-treters in seinen unternehmerischen Entscheidungen
völlig frei bleibt, er also sowohl das konkret angebotene Geschäft grundsätzlich frei
ablehnen kann (Baumbach/Hopt, zu § 86 a Rdnr. 31), als auch seine Entscheidung
über die Beschränkung oder Einstellung seines Geschäftsbetriebes frei treffen darf
(BGH WM 87 a.a.0.; BGHZ 26 a.a.0. 163, einschränkend: Brüg-gemann/Würdinger
a.a.0.). Dies besagt jedoch nicht, daß diese Entscheidungen auch im Verhältnis zum
Han-delsvertreter rechtlich folgenlos bleiben. Vielmehr ist der Unternehmer in
solchen Fällen dem Handels-vertreter gleichwohl zum Schadensersatz verpflich-tet,
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wenn er diesen - wie oben dargelegt - nicht rechtzeitig über seine - zulässigen -
unternehmeri-schen Dispositionen informiert.
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Rechtzeitig bedeutet in diesem Zusammenhang, daß der Klägerin die beabsichtigte
Änderung der Abschluß-praxis zu einem Zeitpunkt hätte mitgeteilt werden müssen,
zu dem es ihr möglich gewesen wäre, für den Teil ihrer Abschlüsse, die sie aufgrund
der be-schriebenen Konsequenzen nicht mehr mit der Beklag-ten tätigen konnte,
entsprechende Geschäftsbeziehun-gen zu anderen Leasingunternehmen
aufzubauen. Da die Klägerin sowohl aufgrund der Erstanbietepflicht, die unstreitig zu
einer 100 %-igen Plazierung ihrer Ver-träge bei der Beklagten geführt hatte, als auch
auf-grund ihrer äußeren Präsentation - mag diese nun von der Beklagten gewünscht
oder nur geduldet gewesen sein - ausschließlich auf die Beklagte ausgerichtet war,
bedarf es keiner näheren Darlegung, daß ihr nicht von heute auf morgen andere
Leasingunternehmen als neue Geschäftspartner im gleichen Umfang wie bisher die
Beklagte zur Verfügung standen. Für eine solche Neuorientierung, die aus Sicht der
Klägerin wiederum auf eine dauerhafte Beziehung zu einem oder mehreren anderen
Unternehmen gerichtet sein mußte, erscheint - jedenfalls mitten in einem laufenden
Ge-schäftsjahr - eine Umstellungsfrist von einem halben Jahr angemessen.
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Die Klägerin trifft hinsichtlich des Schadensein-tritts auch nicht der Vorwurf
mitwirkenden Ver-schuldens.
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Die Beklagte kann dem Ersatzanspruch der Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten,
daß diese sich nicht ausreichend bemüht habe, Neuabschlüsse sofort bei anderen
Leasingunternehmen zu plazieren. Wie so-eben ausgeführt, war die Klägerin
aufgrund ihrer en-gen Bindung an die Beklagte nicht in der Lage, ihre Geschäfte in
gleichem Umfang sofort mit anderen Un-ternehmen fortzusetzen. Insoweit wird zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die vorangegangenen Ausfüh-rungen Bezug
genommen.
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Unter diesen Umständen obliegt es aber der für den Mitverschuldensvorwurf
darlegungs- und beweispflich-tigen Beklagten (vgl. BGHZ 91, 260, BGH NJW-RR 86,
1083) im einzelnen vorzutragen, welche zumutbaren und erfolgversprechenden
Aktivitäten die Klägerin unterlassen haben soll.
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Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitert schließlich auch nicht unter dem
Gesichtspunkt der eigenen Vertragsuntreue, die die Beklagte etwa zu sofortigen
fristlosen Kündigungen des Vertragsver-hältnisses berechtigt hätte.
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Soweit die Beklagte wiederholt andeutet, die un-ter Vermittlung der Klägerin
zustandegekommenen Leasingverträge seien aufgrund eines kollusiven
Zusammenwirkens zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten, Herrn M., zu
für sie wirtschaftlich unvertretbaren Konditionen abgeschlossen worden, be-schränkt
sich dies auf pauschale Vorwürfe, so etwa, Herr M. habe der Klägerin die günstigsten
Leasing-konditionen überhaupt gewährt. Konkreter Sachvor-trag, aus dem sich - etwa
anhand einzelner Verträ-ge - der Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens
schlüssig und einer Beweisaufnahme zugänglich er-gibt, fehlt jedoch.
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Bezüglich der Höhe des durch diese Pflichtverletzung bei der Klägerin eingetretenen
Schadens war der Rechtsstreit gemäß § 538 Ziffer 3 ZPO zur weiteren Verhandlung
und Entscheidung an das Landgericht zu-rückzuverweisen. Eine eigene
Sachentscheidung hier-über (§ 540 ZPO) hält der Senat nicht für sachdien-lich, da
die Höhe des eingetretenen Schadens noch eingehender Sachaufklärung bedarf.
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1. Die weitergehende Berufung der Klägerin bleibt ohne
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Erfolg. Ihr steht gegen die Beklagte kein Aus-gleichsanspruch nach § 89 b HGB zu.
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Zwar ist auch diese Vorschrift grundsätzlich auf das Verhältnis der Parteien
anwendbar, da die Klägerin, wie oben ausgeführt, als Handelsvertreterin der
Beklagten tätig war, die Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 Ziff. 1 und 2 HGB liegen
jedoch nicht vor.
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Die Klägerin stützt ihren Anspruch zum einen darauf, daß die in der Vergangenheit
von ihr vermittelten Verträge mit einem Restforderungswert von 4,9 Mil-lionen DM bei
der Beklagten verblieben seien und da-mit ein einen fortdauernden Wertvorteil
darstellten, dessen Realisierung durch Verkauf die Beklagte sogar ausdrücklich
angekündigt habe.
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Die Frage, ob der der Beklagten verbleibende Wert der von der Klägerin
angebahnten Verträge ei-nen ausgleichungspflichten erheblichen Vorteil dar-stellt,
bedarf keiner Entscheidung, denn jedenfalls werden hierdurch die Voraussetzungen
des § 89 b Abs. 1 Ziff. 2 HGB nicht erfüllt. Unter diesem Ge-sichtspunkt hat nämlich
die Klägerin durch die Ver-tragsbeendigung keinerlei Provisionsverluste erlit-ten.
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Hinsichtlich dieser Altverträge waren im Zeitpunkt - sowohl der faktischen als auch
der rechtlichen - Vertragsbeendigung sämtliche Provisionsansprüche der Klägerin
bereits verdient und fällig (Ziff. 6.1 des Vertrages vom 5. Februar 1990), bzw. bereits
verdiente und fällige Provisionen wurden unstreitig auch noch an sie ausgezahlt.
Damit waren aber die Verdienstmöglichkeiten der Klägerin aus diesen Geschäften
erschöpft - auch bei unveränderter Fort-dauer der Geschäftsbeziehungen der
Parteien hätten ihr hieraus keinerlei weitere Ansprüche mehr zuge-standen. Vielmehr
hätte die Beklagte - vorbehaltlich eines der Klägerin zustehenden Vorkaufsrechts -
den Wert dieser abgeschlossenen Verträge nach Belieben wirtschaftlich realisieren
können, ohne daß hier-durch ein neuer Provisionsanspruch der Klägerin ent-standen
wäre.
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Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Februar 1995 vorträgt, die Beklagte habe
auch noch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Geschäfte un-mittelbar mit
ihren Kunden getätigt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung:
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Ausweislich des von der Klägerin hierzu vorgelegten Schriftverkehrs handelt es sich
insoweit nicht etwa um Neuverträge, die die Beklagte mit früheren Kunden der
Klägerin geschlossen hat, sondern um den Verkauf von Leasinggegenständen durch
die Beklagte an den jeweiligen Leasingnehmer, also wiederum um Vorgänge im
Rahmen der Abwicklung von Altverträgen.
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Eine Provisionspflicht wäre für die Beklagte aus dieser Art von Geschäften auch bei
Fortdauer des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin aber eben-falls nicht
erwachsen.
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Soweit die Parteien darum streiten, ob in dem Verkauf der Leasinggegenstände an
den jeweiligen Leasingnehmer ein Verstoß gegen das Vorkaufsrecht der Klägerin zu
sehen ist, mag dies gegebenenfalls Schadensersatzansprüche der Klägerin
begründen, nicht jedoch einen Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB.
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Ein solcher Ausgleichsanspruch der Klägerin ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt
der Fortführung des Leasinggeschäftes der Beklagten durch die Firma A. Maschinen-
und Autoleasing GmbH begründet.
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Insoweit hat die Klägerin nämlich nicht schlüssig vorgetragen, daß hierdurch ein
erheblicher Vorteil der Beklagten im Sinne des § 89 b Abs.1 Ziff. 1 HGB eingetreten
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ist.
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Dafür, daß insoweit eine Veräußerung des Unterneh-mens an die Firma A.
Maschinen- und Autoleasing GmbH stattgefunden hat, bei der die Beklagte im
Hinblick auf den von der Klägerin geschaffenen Kundenstamm einen höheren
Kaufpreis erzielt und somit einen er-heblichen Vorteil im Sinne des § 89 b HGB
realisiert hat (vgl. Baumbach/Hopt, zu § 89 b Rdnr. 18; Heymann zu § 89 b Rdnr. 32;
BGHZ 49, 39, 43), liegen keiner-lei Anhaltspunkte vor.
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Die Frage, ob auch die unentgeltliche Nutzung des Kundenstamms durch ein
Schwesterunternehmen einen überwiegend dem Unternehmer zuzurechnenden
Vorteil im Sinne dieser Vorschrift darstellen kann (so: OLG Braunschweig NJW 76,
2082, 2083; offengelassen: BGH NJW 86, 1931, 1932) bedarf letztlich keiner Ent-
scheidung, denn jedenfalls kann nicht festgestellt werden, daß die A. Maschinen- und
Autoleasing GmbH tatsächlich ein externes Leasinggeschäft betreibt und hierbei
insbesondere die von der Klägerin auf-gebauten Geschäftsbeziehungen weiterhin
nutzt. Die Klägerin stützt sich insoweit vielmehr lediglich auf Vermutungen, die sie
insbesondere aus einem Rechts-streit zwischen der Beklagten und einem anderen
Repräsentanten herleitet. Selbst wenn man den Tatsa-chen aus diesem Verhältnis
gewisse Indizwirkung für das vorliegende Verfahren beimessen wollte, reicht dies
nach Beurteilung des Senats zur Begründung ei-nes entsprechenden
Ausgleichsanspruchs der Klägerin nicht aus:
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Auch in dem von der Klägerin herangezogenen Rechts-streit vor dem Landgericht
Hannover sind nämlich keinerlei Feststellungen darüber getroffen worden, daß die A.
Maschinen- und Autoleasing GmbH über die Abwicklung alter Verträge hinaus
tatsächlich neue Abschlüsse auf dem Gebiet des externen Leasing tätigt und dabei
auf den Kundenstamm ihrer Repräsen-tanten zurückgreift.
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Als greifbarer Anhaltspunkt für eine werbende Tätig-keit der A. Maschinen- und
Autoleasing GmbH auf dem Gebiet des externen Leasing bleibt damit ein Schrei-ben
dieser Gesellschaft, das angeblich den früheren Vermittlern der Beklagten -
offensichtlich jedoch mit Ausnahme der Klägerin - übersandt worden sein soll und in
dem die unveränderte Fortsetzung der Ge-schäfte der Beklagten angekündigt wird.
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob dieses Schreiben allein den Schluß rechtfertigt,
daß nach wie vor von der A. Maschinen- und Autoleasing GmbH externe Geschäfte
getätigt werden. Insoweit fällt nämlich auf, daß die Klägerin - trotz des offensichtlich
zwischen ihr und den übrigen Repräsentanten bestehenden Informations-flusses
weder in der Lage ist, konkret vorzutragen, daß überhaupt noch entsprechende
Neuabschlüsse ge-tätigt werden, noch daß hierbei auf alte Geschäfts-beziehungen
zurückgegriffen wird. Substantiierten Sachvortrag zu dieser Frage hält der Senat aber
ins-besondere deshalb für erforderlich, weil das ange-sprochene Schreiben vom
März 1993 datiert, während die Beklagte behauptet, der Entschluß zur Aufgabe des
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externen Leasinggeschäftes sei erst im Sommer 1993 gefaßt worden.
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Unter diesen Umständen kann aber allein aus diesem Schreiben keinesfalls sicher
geschlossen werden, daß die A. Maschinen- und Autoleasing GmbH gerade die von
der Klägerin vermittelten Geschäftsbeziehungen weiter für Neuabschlüsse verwertet
und hieraus er-hebliche Vorteile zieht.
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Der Hinweis der Klägerin auf die Existenz einer wei-teren mit der Beklagten
verbundenen Leasinggesell-schaft beinhaltet im Hinblick auf einen Ausgleichs-
anspruch nach § 89 b HGB keinen substantiierten Vortrag.
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Die Kostenentscheidung war dem Schlußurteil erster Instanz vorzubehalten.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 340.806,01 DM.
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Beschwer der Klägerin: 121.640,79 DM Beschwer der Beklagten: 219.165,22 DM.
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