Urteil des OLG Köln vom 03.05.2000

OLG Köln: örtliche zuständigkeit, rechtliches gehör, bindungswirkung, anschrift, betriebsstätte, verfügung, adresse, firma, bezirk, datum

Oberlandesgericht Köln, 2 W 94/00
Datum:
03.05.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 W 94/00
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 97 IN 15/00
Tenor:
Für die Bearbeitung des Antrages auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens ist das Amtsgericht S. zuständig.
G r ü n d e
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Nachdem sich sowohl das Amtsgericht B. als auch das Amtsgericht S. für unzuständig
erklärt haben, ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, der nach § 4 InsO im
Insolvenzverfahren entsprechend anzuwenden ist (vgl. Senat, NZI 2000, 75; KG NJW-
RR 2000, 500; Nerlich/Römermann/Becker, InsO, 1999, § 3, Rdn. 51; Kirchhof in
Heidelberger Kommentar zur InsO, § 3, Rdn. 21), das zuständige Gericht zu
bestimmen. Diese Entscheidung hat gemäß § 36 Abs. 2 ZPO das Oberlandesgericht
Köln zu treffen, weil das mit der Sache zuerst befaßte Gericht, das Amtsgericht B., zu
seinem Bezirk gehört.
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Zuständig ist das Amtsgericht S.. Das folgt aus dem Verweisungsbeschluß des
Amtsgerichts B. vom 9. Februar 2000, durch den nach der - im Insolvenzverfahren
entsprechend anwendbaren (vgl. KG, NJW-RR 2000, 500 [501];
Nerlich/Römermann/Becker, a.a.O., § 3, Rdn. 49) Bestimmung des § 281 Abs. 2 Satz 5
ZPO - die örtliche Zuständigkeit bindend festgelegt worden ist. Wegen dieser
Bindungswirkung durfte das Amtsgericht S. die Sache nicht an das Landgericht B.
zurückverweisen (vgl. Nerlich/Römermann/Becker, a.a.O.). Ein Verweisungsbeschluß
bindet zwar dann nicht, wenn er objektiv willkürlich ergangen ist (vgl. KG, a.a.O.;
Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 58. Aufl. 2000, § 281, Rdn. 39 ff mit weiteren
Nachweisen), wobei als willkürlich Verweisungsbeschlüsse angesehen werden, die
auf einer offensichtlich unzureichenden Erfassung des Sachverhalts (vgl. BGH NJW
1996, 3013 [3014]) beruhen oder unter Verletzung des Anspruchs eines Beteiligten auf
die Gewährung rechtlichen Gehörs ergangen sind (vgl. BGHZ 71, 69 [62]; KG, a.a.O.).
Ein solcher Fall ist hier indes entgegen der im Beschluß des Amtsgerichts S. vom 10.
April 2000 vertretenen Auffassung nicht gegeben. Den Anspruch eines Beteiligten auf
rechtliches Gehör hat das Amtsgericht B. nicht verletzt. Vielmehr hat es die
Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin als der - bislang - einzigen
Verfahrensbeteiligten vor dem Erlaß des Verweisungsbeschlusses vom 9. Februar
2000 angehört, und die Verweisung entspricht dem in ihrem Schriftsatz vom 7. Februar
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2000 gestellten Antrag. Auch von einer offensichtlich unzutreffenden Erfassung des
Sachverhalts kann nicht gesprochen werden. Der Verweisungsbeschluß des
Amtsgerichts B. ist auf die Angaben zur Tätigkeit der Antragstellerin im
Betriebsprüfungsbericht des Finanzamts S. vom 17. Dezember 1999 gestützt. Daß die
Anschrift in S. dort nur aufgeführt sei, "weil in S. eine weitere Firma ansässig war", wie
das Amtsgericht S. in seinem Beschluß vom 10. April 2000 im Anschluß an die
entsprechenden Ausführungen im Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der
Antragstellerin vom 23. Februar 2000 angenommen hat, ist schon inhaltlich nur schwer
nachvollziehbar und jedenfalls nicht mit den Allgemeinen Angaben unter lit. A, Ziff. 1
des genannten Betriebsprüfungsberichts zu vereinbaren, wo die Anschrift Koblenzer
Straße 8 in S. als Adresse einer "Betriebsstätte" angegeben und weiter vermerkt ist,
daß "div. Zweigstellen" vorhanden seien. Zu weiteren Ermittlungen bestand für das
Amtsgericht B. bereits deshalb kein Anlaß, weil die Verfahrensbevollmächtigten der
Antragstellerin dem Hinweis der Verfügung des Amtsgerichts vom 2. Februar 2000 auf
die Angaben des Betriebsprüfungsberichts nicht entgegen getreten sind, sondern
selbst die Verweisung an das Amtsgericht S. beantragt haben. Darauf, daß sich bei
weiteren Ermittlungen andere Erkenntnisse ergeben hätten, kommt es deshalb nicht
an. Hieraus ergibt sich nämlich nicht, daß der Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts
B. auf einer - im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses - offensichtlich
unzureichenden Erfassung des Sachverhalts beruht. Vielmehr ist es gerade der Sinn
der von § 281 Abs. 2 Satz 5 ZPO angeordneten Bindungswirkung, zur Vermeidung von
Zuständigkeitsstreitigkeiten, welche die Erledigung der Sache selbst nicht fördern,
auch solche Verweisungsbeschlüsse als verbindlich zu behandeln, die sich bei
ergänzenden Ermittlungen als sachlich unzutreffend erweisen könnten (vgl. auch BGH
NJW-RR 1992, 902 [903]; BGH NJW 1993, 1273; Senat, Beschluß vom 22. März 2000
- 2 W 49/00 -).