Urteil des OLG Köln vom 10.08.1994

OLG Köln (unterhalt, rückübertragung, zukunft, sozialhilfe, entmündigung, partei, subsidiarität, prüfung, bedürftigkeit, ermächtigung)

Oberlandesgericht Köln, 27 WF 81/94
Datum:
10.08.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 WF 81/94
Vorinstanz:
Amtsgericht Geilenkirchen, 2 bF 92/94
Schlagworte:
PKH Unterhaltsberechtigter Forderungsübergang Sozialamt
Normen:
§ 114 ZPO; § 91 BSHG
Leitsätze:
Die treuhänderische Rückübertragung von auf das Sozialamt
übergegangenen Unterhaltsansprüchen auf den Unterhaltsberechtigten
zwecks gerichtlicher Geltendmachung ist zulässig. Das PKH-Gesuch
des Unterhaltsberechtigten in bezug auf diese Ansprüche ist nicht
wegen Mitwilligkeit oder mangels "Armut" des Sozialamtes
zurückzuweisen.
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zur
erneuten Entscheidung an das Amtsgericht Geilenkirchen
zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, die nachgesuchte
Prozeßkostenhilfe nicht mit der im angefochtenen Beschluß gegebenen
Begründung zu verweigern.
G r ü n d e
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Die zulässige Beschwerde hat vorläufig Erfolg.
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Soweit es um die Unterhaltsansprüche der Klägerin für die Zukunft geht, ist sie aktiv
legitmiert, da insoweit die Ansprüche noch nicht auf das So- zialamt der Gemeinde M.
übergegangen sind. Für die rückständigen Unterhaltsansprüche ist die Klägerin infolge
der treuhänderischen Abtretung ebenfalls aktiv legitimiert. Gegen die Rückabtretung
bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Rückübertragung zum
Zweck der prozessualen Durch- setzung durch den ursprünglichen Rechtsinhaber ist in
der Regel nicht rechtsmißbräuchlich, sondern prozeßökonomisch, da im Rahmen der
Prüfung der zukünftigen noch nicht übergegangenen Unterhalts- ansprüche die bereits
fälligen Unterhaltsansprüche mitgeprüft werden können (so auch OLG Stuttgart FamRZ
1994, 384; KG FamRZ 1988, 300 für den Fall der gewillkürten Prozeßstandschaft).
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Soweit es um die zukünftigen Unterhaltsansprüche geht, kommt es für die Frage, ob
Prozeßkostenhilfe zu gewähren ist, allein auf die Vermögenslage der Klägerin an. Der
Senat hält die Rechtsver- folgung auch nicht im Hinblick darauf für mutwil- lig, daß das
Sozialamt nach der Neufassung des § 91 Abs. 3 S. 2 BSHG den Unterhalt für die
Zukunft selbst einklagen kann (so aber OLG Köln 10. Zi- vilsenat FamRZ 1994, 970). Es
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muß grundsätzlich dem Unterhaltsberechtigten überlassen bleiben zu entscheiden, ob
er den zukünftigen Unterhalt selbst gerichtlich durchsetzen will. Abgesehen davon, daß
nicht davon ausgegangen werden kann, eine verstän- dige, auf Prozeßkostenersparnis
bedachte Partei werde es von vornherein dem Sozialhilfeträger überlassen, den
zukünftigen Unterhalt geltend zu machen, führt die gegenteilige Auffassung zu einer Art
der Entmündigung des Unterhaltsberechtigten, der sich nicht auf die Inanspruchnahme
subsidiärer staatlicher Hilfe verweisen lassen muß.
Der Klägerin ist auch die Prozeßkostenhilfe für die rückständigen auf sie
zurückübertragenen Unter- haltsansprüche nicht zu versagen (im Anschluß an OLG
Stuttgart a.a.O.). Von einer rechtsmißbräuch- lichen Ausnutzung der Prozeßkostenhilfe
durch die Rückübertragung der rückständigen Unterhalts- ansprüche auf die Klägerin
kann keine Rede sein, da es sich aus prozeßökonomischen Gründen anbietet,
rückständigen und zukünftigen Unterhalt in einem Rechtsstreit geltend zu machen und
der Klägerin im Hinblick auf die Subsidiarität staatlicher Hilfe das Interesse an der
Durchsetzung der ursprünglich ihr zustehenden Unterhaltsansprüche nicht abgespro-
chen werden kann. Mit Recht weist das OLG Stuttgart darauf hin, daß die Regelungen
der Prozeßkostenhil- fe den im BSGH getroffenen Regelungen vorgehen und die
Kostentragung im Prozeßfall bei Bedürftigkeit abschließend regeln. Dementsprechend
kann aus Mit- teln der Sozialhilfe eine Beihilfe zu den Kosten eines Zivilprozesses auch
dann nicht verlangt wer- den, wenn der Hilfeempfänger den Prozeß im Interes- se des
Trägers der Sozialhilfe führt, weil ihm die Unterhaltsansprüche treuhänderisch
zurückübertragen worden sind (OVG Hamburg FamRZ 1988, 529 für den Fall der
Ermächtigung nach Überleitung). Mit Rück- sicht hierauf ist der Klägerin die
Prozeßkostenhil- fe nicht zu versagen.
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Das Amtsgericht wird daher zu prüfen haben, ob die Klage im übrigen hinreichende
Aussicht auf Erfolg hat und ob die subjektiven Voraussetzungen für die Gewährung von
Prozeßkostenhilfe bei der Klägerin gegeben sind.
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