Urteil des OLG Köln vom 24.04.1998

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Oberlandesgericht Köln, 19 U 234/97
Datum:
24.04.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 234/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 O 239/96
Schlagworte:
Gesamtwandlungsrecht Erwerb Hardware Software
Normen:
BGB §§ 459, 462
Leitsätze:
Ein Gesamtwandlungsrecht (Hard- und Software) erstreckt sich nicht auf
solche Standardsoftware, die der Käufer unabhängig von der
erworbenen Hardwarekonfiguration auf jedem anderen PC nutzen kann
und auch will.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 20. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 10.9.1997 - 20 O 239/96 - unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels teilweise dahingehend abgeändert,
daß die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 12.939,01 DM nebst 4 %
Zinsen seit dem 2.4.1996 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe der
im Tenor des landgerichtlichen Urteils aufgeführten Gegenstände mit
Ausnahme der Software "MS Office Pro '95 Schulversion". Im übrigen
wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben
der Kläger 5,87 %, die Beklagte 94,13 % zu tragen. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur geringfügigen Erfolg.
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Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung ein Wandlungsrecht (§§ 459, 462
BGB) des Klägers wegen eines Hardwaredefektes am Motherboard bejaht. Daß ein
solcher Defekt vorlag, ergibt sich aus den schriftlichen Gutachten des Sachverständigen
Dipl. Inf. M. vom 4.12.1996 und 20.3.1997 sowie seinen Ausführungen anläßlich seiner
Anhörung vor dem Landgericht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist auch
davon auszugehen, daß die Ursache hierfür jedenfalls nach Gefahrübergang von der
Beklagten gesetzt worden ist.
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Der Kläger hatte seinen PC wegen Systemabstürzen am 4.1.1996 zur Beklagten
gebracht, die feststellte, daß der Computer - auch von Diskette - nicht mehr zu starten
war. Die Beklagte hat deshalb veranlaßt, daß der Rechner ihrem Lieferanten vorgestellt
wurde; hierbei wurde das Motherboard herausgenommen und von dem Zeugen van H.,
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dem Ehemann der Beklagten nach der Reparatur wieder eingebaut, wobei offen ist, was
der Lieferant hinsichtlich des Motherboards veranlaßt hat. Jedenfalls zeigten sich
unmittelbar nach Auslieferung des Gerätes am 22.2.1996 erneut Fehler
(Schwarzbleiben des Monitors, Nichterkennen der Tastatur), die auch der
Sachverständige M. beim Ortstermin am 4.12.1996 beobachtet hat. Er stellte fest, daß
das Motherboard nicht paßgenau eingebaut war, so daß die Einsparung für den
Tastaturstecker versetzt und der Stecker beim Einstecken ohne Kraftaufwand keinen
ausreichenden Kontakt hatte; nur unter deutlicher Krafteinwirkung mit Druck zu
Aussparungsmitte war es möglich, den Tatstaturstecker unter Abrieb der
Plastikumhüllung bis zum Anschlag einzuschieben. In seinem weiteren Gutachten vom
20.3.1997 hat der Sachverständige erneut festgestellt, daß das System beim
Einschalten dunkel blieb, desweiteren, daß das Motherboard unfachmännisch und
unzureichend befestigt war, so daß es zu Biegespannungen kommen konnte. Durch
Einsetzen garantiert fehlerfreier Speicher hat der Sachverständige ausschließen
können, daß der Fehler in den Speicherbausteinen liegen konnte. Er ist deshalb zu dem
für ihn eindeutigen Ergebnis gelangt, daß das Motherboard fehlerhaft war.
Aufgrund der Tatsache, daß das Motherboard nach dem 4.1.1996 bei der Beklagten
aus- und wieder eingebaut worden ist, der Feststellungen des Sachverständigen im
ersten Termin, das Motherboard sei nicht paßgenau eingebaut und im Folgetermin, es
sei unfachmännisch mit nur einer Schraube befestigt gewesen, so daß es im Gehäuse
einen unzulässigen Bewegungsspielraum von ca. 3 cm besaß und daß die
Distanzstücke nicht wie vorgesehen befestigt waren, kann kein vernünftiger Zweifel
daran bestehen, daß dies und damit der Hardwarefehler von der Beklagten zu vertreten
ist. Die im ersten Termin festgestellte Paßungenauigkeit des eingebauten Motherboards
läßt sich mühelos in Einklang bringen mit dem vom Sachverständigen im nächsten
Termin festgestellten falschen Einbau desselben, ohne daß es zu diesem Schluß noch
der Bekundung des Zeugen van H. bedurft hätte, der ausgesagt hat, den falschen
Einbau schon im ersten Termin gesehen zu haben, ohne daß er die Beteiligten hierauf
aufmerksam gemacht hat. Deshalb hat das Landgericht seiner Aussage zu Recht eine
geringere Glaubwürdigkeit als der des Zeugen M. beigemessen, der bekundet hat, bei
seinen Arbeiten die Rückwand nicht abgeschraubt zu haben und insbesondere nicht
das Motherboard ausgebaut zu haben. Das läßt nur die Schlußfolgerung zu, daß der
Zeuge H. das Motherboard fehlerhaft eingebaut hat.
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Dem Kläger steht allerdings kein Gesamtwandlungsrecht (§ 469 S. 2 BGB) auch
hinsichtlich der für seinen Sohn bestellten "Office Professional '95 Schulversion" zu.
Daß mehrere Sachen als zusammengehörig [mit der Folge eines
Gesamtwandelungsrechts gem. § 469 BGB] verkauft worden sind, kann sich auch aus
der Absicht der Vertragsteile und dem Vertragszweck ergeben. Danach ist
Zusammengehörigkeit regelmäßig anzunehmen, wenn die Parteien den Kauf mehrerer
Sachen nur in ihrer durch einen bestimmten gemeinschaftlichen Zweck hergestellten
Verbindung abschließen wollen, so daß die Sachen dazu bestimmt erscheinen,
zusammenzubleiben (RGZ 66, 154 [156]; BGH DB 1970, 341; NJW 1987, 2435 [2437];
BGH - VIII ZR 49/88 - 25.01.89; DRsp-ROM Nr. 1992/2099).
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Hinsichtlich der übrigen Hard und Software liegt der gemeinschaftliche Zweck auf der
Hand und wird von der Beklagten auch nicht bestritten. Die Office-Software dagegen
benötigte der Kläger für Multimedia-Zwecke nicht. Insbesondere aber kann der Kläger
bzw. sein Sohn diese Standardsoftware auf jedem anderen PC nutzen und hat auch
diese Absicht, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat.
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Deshalb ist es gerechtfertigt, die Beklagte nur zur Rückzahlung der in der Rechnung
vom 27.9.1995 ausgewiesenen 12.939,01 DM, statt der vom Landgericht zuerkannten
13.746,31 DM zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Beschwer für beide Parteien: unter 60.000,-- DM
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