Urteil des OLG Köln vom 10.01.1992

OLG Köln (abweisung der klage, kläger, mangel, bemessung, zpo, berechnung, bremen, benutzung, höhe, werkstatt)

Oberlandesgericht Köln, 20 U 158/91
Datum:
10.01.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 U 158/91
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 8 O 220/91
Schlagworte:
Wandlung Neufahrzeug Nutzungsvergütung Gebrauchsvorteil
Normen:
BGB §§ 459 ff., 346, 347, 100; ZPO § 287
Leitsätze:
Nach der Wandlung eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug ist bei
der Bemessung der Nutzungsvergütung ein Mangel des Fahrzeugs zu
berücksichtigen, der seine Nutzung beeinträchtigt hat. Der Mangel ist bei
der Ermittlung der Gebrauchsvorteile in der Weise zu berücksichtigen,
daß bei der Berechnung des nutzungsbedingten Wertverlustes
(normalerweise 0,67 % des Kaufpreises pro gefahrene 1.000 km) nicht
von dem Neupreis des Fahrzeugs, sondern von seinem
mangelbedingten Minderwert aus zugehen ist.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 13.06.1991 verkündete Urteil
der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen wie folgt abgeändert: Unter
Abweisung der Klage im übrigen wird der Beklagte verurteilt, an den
Kläger 6.870,21 DM nebst 13,5 % Zinsen von 5.248,12 DM seit dem
01.02.1991 zu zahlen. Die weitergehende Berufung wird
zurückgewiesen. Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger zu
40 % und der Beklagte zu 60 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens
trägt der Kläger zu 80 % und der Beklagte zu 20 %. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie mußte auch in der
Sache teilweise Erfolg haben. In Vollziehung der Wandelung des Kaufvertrages über
den PKW Marke P. kann der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von 6.870,21
DM verlangen (§§ 477, 346 BGB). In diesem Zusammenhang streiten die Parteien
nur noch über die Höhe der vom Kläger zu zahlenden Nutzungsvergü-tung (§§ 467,
347, 100 BGB).
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In Rechtsprechung und Lehre weden unterschiedliche Auffassungen zur Bemessung
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der Gebrauchsvorteile vertreten. Zum Teil werden als Berechnungsgrundlage für die
Bemessung der Nutzungsentschädigung die Tabellen von Sanden-Danner zur
Entschädigung von entzogenen Gebrauchsvorteilen (OLG Nürnberg DAR 1978, 324)
oder der Mietzins für ein entsprechendes Fahrzeug (vgl. OLG Nürnberg DAR 1978,
198) herange-zogen. Dabei wird übersehen, daß der private Auto-halter kein
potentieller Mieter oder Vermieter ist. Außerdem enthalten die Mietwagensätze
Berechnungs-faktoren, beispielswiese Gewinne, die außer Be-tracht bleiben müssen.
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Nach anderer Meinung sind als Nutzungsentschädigung 0,10 bis 0,20 DM pro
Kilometer anzusetzen (OLG Bremen DAR 1980, 373; OLG Zweibrücken DAR 1986,
89; OLG Hamburg VersR 1981, 138, 139; Palandt-Hein-richs, 50. Aufl., zu § 347
BGB; Rdr. 9).
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Schließlich wird auch die Auffassung vertreten, daß beim Kauf eines PKW`s der
durch die Fahrzeugbenut-zung entstehende Wertverlust der Maßstab für die
Bemessung der abzuziehenden Gebrauchsvorteile ist (OLG Köln DAR 1982, 403;
OLG Hamm NJW-RR 1988, 1140 jeweils m.w.N.). Danach ist der Wertverlust, der
nicht exakt berechnet, sondern nur geschätzt werden kann (§ 287 ZPO), auf der
Grundlage einer anteili-gen linearen Abschreibung zu ermitteln, weil die überaus
hohe Werteinbuße in den ersten Jahren nach dem Kauf nicht zu Lasten des Käufers
gehen darf, denn die Rückgabe des Fahrzeugs hat in der Regel nicht er, sondern der
Verkäufer zu verantworten. Anhaltspunkte für die vorzunehmende Schätzung sind
insbesondere der Neuwagenpreis, die durchschnitt-liche Lebensdauer des
betreffenden Fahrzeugs und die voraussichtliche Gesamtfahrleistung. Dabei wird bei
Neufahrzeugen wegen ihres hohen qualitativen und technischen Standards von einer
zu erwarten-den Lebensdauer vom Zeitpunkt der Erstzulassung bis zur
hypothetischen Verschrottung von 10 Jah-ren und einer voraussichtlichen
Gesamtfahrleistung von 150.000 km ausgegangen und der zu ersetzende
Gebrauchsvorteil mit 0,67 % des Kaufpeises pro ge-fahrene 1000 km angesetzt (OLG
Köln DAR 1982, 402, 403; OLG Köln NJW 1987, 2520; OLG Hamm NJW-RR 1988,
1140; OLG München NJW 1987, 3012; Reinking-Eggert, Der Autokauf, 3.Aufl., Rdn.
399). Diese Methode zur Bewertung des Gebrauchsvorteils erscheint bei einem
Neufahrzeug der gehobenen Mittelklasse sachgerecht. Der vom Kläger benutzte
PKW war ein solches Fahr-zeug. Allerdings ist im vorliegenden Fall bei der
Berechnung des Wertverlustes infolge der Benutzung des Fahrzeugs nicht von dem
Neupreis auszugehen, weil der PKW mit einem Fehler behaftet war, der seinen Wert
und seine Tauglichkeit zu dem gewöhli-chen Gebrauch gemindert hat (§ 459 BGB).
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Der Senat teilt die in der Rechtsprechung vertre-tene Auffassung, wonach bei der
Bemessung der Nut-zungsvergütung ein Mangel des Fahrzeugs berücksich-tigt
werden kann (OLG Hamburg, VersR 1981, 138, 139; OLG Bremen DAR 1980, 373).
Es muß sich aber um einen Mangel handeln, der die Nutzung des Fahrzeugs
beeinträchtigt. Das war hier der Fall. Nach den Feststellungen des Sachverständigen
B. traten bei dem hier in Rede stehenden P. PKW in nahe-zu sämtlichen Fahrphasen
Ruckelerscheinungen auf, die "äußerst störend" waren und sich dadurch nach-teilig
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auf die Benutzung des Fahrzeugs, insbesonde-re den Fahrkomfort ausgewirkt haben.
Dieser Mangel des PKW`s ist bei der Ermittlung der dem Kläger an-zurechnenden
Gebrauchsvorteile in der Weise zu be-rücksichtigen, daß bei der Berechnung des
nutzungs-bedingten Wertverlustes nicht von dem Neupreis des Fahrzeugs, sondern
von seinem mangelbedingten Min-derwert auszugehen ist. Die Wertminderung
wegen des Mangels schätzt der Senat auf 5.000,00 DM (§ 287 ZPO). Der für die
Berechnung des nutzungsbeding-ten Wertverlustes maßgebende Preis beträgt
danach 40.250,00 DM (45.250,00 DM - 5.000,00 DM). Davon hat der Kläger 0,67 %
(= 269,67 DM) pro 1.000 km als Nutzungsvergütung zu zahlen. Er braucht aber nicht
die Gesamtfahrleistung von 23.663 km zu ver-güten, weil darin auch die Fahrten zur
Werkstatt des Beklagten und einmal zum Herstellerwerk nach S. enthalten sind, um
das Ruckeln des Fahrzeugs beheben zu lassen. Für diese Fahrtstrek-ken ist keine
Nutzungsentschädigung zu zahlen.
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Wegen der Ruckelerscheinungen ist das Fahrzeug mindestens zehnmal in die
Werkstatt des Beklagten und einmal zum Herstellerwerk nach S. gebracht worden.
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Für die Fahrten vom Wohnort des Klägers in H. -U. zum Betrieb des Beklagten in H.
und der von dort aus unternommenen Probefahrten sind 150 km anzusetzen.
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Die Strecke für die Hin- und Rückfahrt zum Herstel-lerwerk - sei es nach B. oder in
den Umkreis von U. - einschließlich der Probefahrten dürfte wenigstens 1.000 km
betragen haben (§ 287 ZPO). Da-durch verringert sich die maßgebende
Gesamtfahrlei-stung auf abgerundet 22.500 km.
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Danach beträgt der nutzungsbedingte Wertverlust des Fahrzeugs und damit der vom
Kläger zu ersetzende Gebrauchsvorteil 6.067,68 DM (22,5 x 0,67 % x 40.250,00 DM).
Daraus ergibt sich für den Klageanspruch folgende Abrechnung:
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Kaufpreis einschließlich der Kosten für einen nachträglich eingebauten
Lautsprecher
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45.375,00 DM
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vom Beklagten anerkannte Kosten und Zinsen einschließlich der vom Landgericht
für die Zeit vom 29.12.1990 bis 31.01.1991 zuerkannten Zinsen
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1.952,89 DM
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Zwischensumme 47.327,89 DM
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abzüglich Nutzungsvergütung für 22.500 km 6.067,68 DM
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abzüglich bereits gezahlter
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34.390,00 DM
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verbleibende Restforderung
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6.870,21 DM
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Die nach Abzug der Zinsbeträge (1.078,92 DM und 543,17 DM) verbleibender
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Hauptforderung von 5.248,12 DM hat de Beklagte seit dem 01.02.1991 mit 13,5 % zu
verzinsen (§§ 284, 286, 288 BGB). Hin-sichtlich des Verzugszeitpunktes und der
Höhe des Zinssatzes mußte es bei der Entscheidung des Land-gerichts verbleiben,
weil nur der Kläger gegen des-sen Urteil Berufung eingelegt hat.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92,708 Ziff. 10, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.776,24 DM
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Beschwer beider Parteien: jeweils unter 60.000,00 DM
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