Urteil des OLG Köln vom 18.01.2000

OLG Köln (klage auf zahlung, geltendmachung des anspruchs, einstellung der zahlungen, beschwerde, ausbildung, unterhalt, zahlung, bewilligung, beschränkung, umfang)

Oberlandesgericht Köln, 14 WF 3/00
Datum:
18.01.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 WF 3/00
Vorinstanz:
Amtsgericht Kerpen, 50 F 333/99
Schlagworte:
PKH Folgesache Ehescheidungsverbund
Normen:
ZPO § 114
Leitsätze:
1. Auch wenn eine Folgesache (hier: Anspruch auf Zahlung
nachehelichen Unterhalts) ohne vernünftige, nachvollziehbare Gründe
außerhalb des Ehescheidungsverbunds geltend gemacht wird, führt dies
nicht zur gänzlichen Versagung von Prozeßkostenhilfe wegen
Mutwilligkeit. Eine solche isolierte Rechtsverfolgung wirkt sich vielmehr
nur auf die vermeidbaren Mehrkosten aus (gegen OLG Köln, 4.
Zivilsenat, OLG Report 1999, 350). 2. Eine dahingehende Beschränkung
der Bewilligung muß bereits in der Grundentscheidung zum Ausdruck
kommen. Es reicht nicht, den Einwand vermeidbarer Mehrkosten dem
Kostenfestsetzungsverfahren vorzubehalten, weil dann ein Widerspruch
zwischen uneingeschränkter Prozeßkostenhilfebewilligung und
eingeschränkter Kostenfestsetzung auftreten kann.
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Prozeßkostenhilfe teilweise
verweigernden Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Kerpen
vom 30. November 1999 - 50 F 333/99 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Das Amtsgericht hat der Klägerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe für eine Klage
auf Zahlung rückständigen Trennungs- und Nachscheidungsunterhalts verweigert und
ihr Prozeßkostenhilfe für den zugleich geltend gemachten laufenden nachehelichen
Unterhalt ab Oktober 1999 nur im Umfang von monatlich 514,00 DM - statt erstrebter
883,62 DM - bewilligt. Ferner hat es die Bewilligung mit der Einschränkung versehen,
daß die Prozeßkostenhilfe nur für die Mehrkosten gewährt werde, die im Rahmen einer
Geltendmachung des nachehelichen Unterhalts im Scheidungsverbund entstanden
wären.
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Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen diesen Beschluß, soweit ihr
Prozeßkostenhilfe für die Klage auf nachehelichen Unterhalt verweigert worden ist.
4
II.
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Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Beschwerde der Klägerin bleibt in der Sache
ohne Erfolg.
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1. Ob die Klägerin auch die Beschränkung der Prozeßkostenhilfebewilligung auf die -
hypothetischen - Mehrkosten einer Rechtsverfolgung im Scheidungsverbund angreifen
will, wird aus der Beschwerde nicht ganz deutlich. Jedenfalls ist der angefochtene
Beschluß auch insoweit nicht zu beanstanden. Er steht im Einklang mit der ständigen
Rechtsprechung des Senats, wonach die Geltendmachung des Anspruchs auf Zahlung
nachehelichen Unterhalts außerhalb des Ehescheidungsverbunds ohne vernünftige,
nachvollziehbare Gründe nicht zur gänzlichen Versagung von Prozeßkostenhilfe wegen
Mutwilligkeit führt, sich eine solche isolierte Rechtsverfolgung vielmehr nur auf die
vermeidbaren Mehrkosten auswirkt (ebenso u.a. OLG Düsseldorf - 1. FamS., FamRZ
1994, 635f. - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung - ; im gleichen Sinne OLG
Düsseldorf - 1. FamS., FamRZ 1994, 312 - für Klage auf Trennungsunterhalt außerhalb
des Verbundes von Ehetrennungsverfahren und Unterhaltsverfahren nach italienischem
Recht -; OLG Köln - 25 FamS., MDR 1994, 1123f. - für die isolierte Klage auf
Zugewinnausgleich). Ob eine dahingehende Beschränkung der Bewilligung bereits in
der Grundentscheidung zum Ausdruck kommen muß - wie das Amtsgericht
angenommen hat - oder der Einwand vermeidbarer Mehrkosten erst im
Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. dazu OLG Düsseldorf - 1.
FamS., FamRZ 1994, 635f.), ist eine nachrangige Frage. Der vom Amtsgericht
gewählten Weg hat den Vorzug, daß damit ein Widerspruch zwischen
uneingeschränkter Prozeßkostenhilfebewilligung und eingeschränkter
Kostenfestsetzung vermieden wird (so auch Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs,
Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl. 1999, Rdn. 473, Fußn. 241
m.w.Nachweisen).
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Vernünftige Gründe für die isolierte Geltendmachung des nachehelichen Unterhalts hat
die Klägerin nicht dargetan. Was ihre Hoffnung hätte rechtfertigen können, sich mit dem
Beklagten wegen eines zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruchs einigen zu können (Bl.
25), ist angesichts der von dem Beklagten bereits ab März 1998 eingestellten
Unterhaltszahlungen nicht ersichtlich. Es ist nicht einmal vorgetragen, daß nach
Einstellung der Zahlungen überhaupt irgendwelche Verhandlungen der Parteien um
eine außergerichtliche Einigung über den Unterhalt geführt wurden. Ebensowenig
nachvollziehbar ist das Vorbringen der Klägerin, sie habe zunächst gehofft, mit dem vom
Arbeitsamt gezahlten Unterhaltsgeld "über die Runden zu kommen" (Bl. 25, 27, 41). In
Anbetracht der ihr bekannten Zahlungsverpflichtungen - Miete, Kreditraten - mußte der
Klägerin von vornherein klar sein, daß sie allein mit dem Unterhaltsgeld keinesfalls
ihren gesamten Lebensbedarf würde abdecken können. Daß sich etwa ihre
Erwartungen über die Höhe des Unterhaltsgeldes nicht erfüllt hätten, hat die Klägerin
nicht behauptet.
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2. Ein höherer nachehelicher Unterhalt als monatlich 514,00 DM steht der Klägerin nach
dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht zu. Das Amtsgericht hat zu Recht
ausgeführt, daß bei der Unterhaltsberechnung nicht von dem derzeitigen
Eigeneinkommen der Klägerin auszugehen ist, weil die Voraussetzungen für einen
Anspruch auf Ausbildungsunterhalt - nach §§ 1573, 1574 Abs. 3 BGB oder nach § 1575
BGB - nicht gegeben sind.
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Die Klägerin hat nicht substantiiert vorgetragen, daß sie sich vergeblich mit der
erforderlichen Intensität um eine vollschichtige Arbeitsstelle - in ihrem bisherigen
Tätigkeitsfeld oder anderen angemessenen Berufsbereichen - bemüht hat oder daß
derartige Bemühungen ohnehin aussichtslos gewesen wären. Sie hat vor allem nicht
dargelegt, daß die von ihr in der Vergangenheit ausgeübten Tätigkeiten nicht als
angemessen im Sinne von § 1574 Abs. 2 BGB anzusehen sind und es deshalb gemäß
§ 1574 Abs. 3 BGB einer Ausbildung bedurfte. Die Notwendigkeit hierzu läßt sich auch
nicht mit der Erwägung rechtfertigen, daß mit einer vollschichtigen Tätigkeit der Klägerin
- ohne die jetzige Ausbildung - möglicherweise nicht der volle Unterhaltsbedarf hätte
abgedeckt werden können. Übt der Berechtigte bereits eine angemessene
Erwerbstätigkeit aus, mit der sein Unterhaltsbedarf nicht in vollem Umfang befriedigt
werden kann, so kann - wie auch das Amtsgericht angenommen hat - ein Anspruch auf
Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB gegeben sein, nicht aber eine
Berechtigung zur Ausbildung (Wendl/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der
familienrichterlichen Praxis, 4. Auflage 1997, Rdn. 144 zu § 4).
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Daß die von der Klägerin begonnene Ausbildung zur Chemikantin wegen des
Ausgleichs ehebedingter Nachteile im Sinne von § 1575 BGB erfolgt, ist nicht
ersichtlich. Schon aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin ergibt sich nicht, daß sie
durch die Ehe der Parteien in irgendeiner Weise in ihrer beruflichen Entwicklung
gehemmt worden ist. Sie kann daher nicht früher Versäumtes - mag die Ausbildung
auch für sich genommen durchaus vernünftig und anerkennenswert erscheinen - auf
Kosten des Beklagten nachholen.
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3. Ohne Erfolg bleibt die Beschwerde schließlich auch, soweit sie sich gegen die
Versagung von Prozeßkostenhilfe für den Antrag auf Zahlung rückständigen
Nachscheidungsunterhalts richtet. Eine verzugsbegründende Mahnung vor
Klageerhebung ist unstreitig nicht erfolgt. Für die Entbehrlichkeit einer Mahnung fehlt
hinreichender Sachvortrag der Klägerin.
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4. Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen. Ergänzend bemerkt der Senat,
daß im Hinblick auf den Sozialhilfebezug der Klägerin § 91 BSHG zu beachten sein
wird.
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