Urteil des OLG Köln vom 24.01.1997

OLG Köln (1995, höhe, lasten, beschwerde, wohnung, anfechtung, erwerber, eigentumswohnung, antrag, nachforderung)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 2/97
Datum:
24.01.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 2/97
Normen:
WEG § 16 ABS. 2;
Leitsätze:
Haftung für Wohngeldrückstände des Wohnungsveräußerers
WEG § 16 Abs. 2 Der Erwerber einer Eigentumswohnung haftet
jedenfalls dann für Wohngeldrückstände des Veräußerers aus den
vergangenen Jahren, wenn diese Rückstände nicht nur im laufenden
Jahr des Erwerbers der Eigentumswohnung, sondern auch noch einmal
im darauffolgenden Jahr zu seinen Lasten in die ihn betreffende
Einzelabrechnung eingestellt wurden und wenn diese
Einzelabrechnung zusammen mit der jeweiligen Jahresabrechnung von
der Eigentümerversammlung beschlossen wurde und diese Beschlüsse
nicht fristgerecht angefochten wurden.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
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Die Antragstellerin ist WEG-Verwalterin des Objektes M.straße 2-20 in B.G.. Die
Antragsgegner sind Wohnungseigentümer der Wohnung Nr. 73 in diesem Objekt. Ihre
Eintragung erfolgte am 11. März 1994. Die Voreigentümerin der Antragsgegner, die
Firma C. GmbH, von der sie die Wohnung durch notariellen Kaufvertrag vom 2.
November 1993 erworben hatten, hatte für das Jahr 1993 einen Wohngeldrückstand in
Höhe von 3.622,59 DM, den sie nicht ausglich. Unter dem 3. Juni 1994 sandte die
Antragstellerin den Antragsgegnern eine Einzelabrechnung vom 1. Januar 1993 bis zum
31. Dezember 1993, betreffend die Wohnung Nr. 73, zu, in der es u.a. hieß:
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,Das ausgewiesene Abrechnungsergebnis ist in nachstehendem Stand des
Wohngeldkontos enthalten und wird fällig mit Beschlußfassung in der kommenden
Eigentümerversammlung."
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Diese Einzelabrechnung wies unter Berücksichtigung des Wohngeldrückstandes einen
Nachzahlungsbetrag zu Lasten der Antragsgegner in Höhe von 3.622,59 DM aus. Die
Jahresabrechnung 1993 einschließlich der Einzelabrechnung betreffend die Wohnung
Nr. 73 wurde in einer Eigentümerversammlung am 28. Juni 1994 beschlossen. Eine
Anfechtung dieses Beschlusses ist nicht erfolgt. Die Antragsgegner zahlten in der
Folgezeit den Rückstand des Jahres 1993 nicht. Er wurde deshalb in die unter dem 31.
Mai 1995 datierende Einzelabrechnung für das Jahr 1994 betreffend die Wohnung Nr.
73 wieder aufgenommen. Unter Berücksichtigung eines Rückstandes aus dem Jahre
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73 wieder aufgenommen. Unter Berücksichtigung eines Rückstandes aus dem Jahre
1994 in Höhe von 130,69 DM ergab sich in der Abrechnung ein Saldo zu Lasten der
Antragsgegner in Höhe von 3.753,28 DM. In der Einleitung zur Einzelabrechnung findet
sich folgender Hinweis:
,Das Abrechnungsergebnis ... wird fällig mit Beschlußfassung in der kommenden
Eigentümerversammlung."
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In der Eigentümerversammlung vom 27. Juni 1995 wurden dann die Jahresabrechnung
1994 sowie die Einzelwohngeldabrechnungen zum 31. Dezember 1994 beschlossen.
Eine Anfechtung dieser Beschlüsse fand nicht statt.
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Nach § 6 Ziff. 10 des Verwaltervertrages vom 19. November 1990 ist die Antragstellerin
berechtigt und bevollmächtigt, rückständige Wohnlasten außergerichtlich,
gegebenenfalls gerichtlich, unter Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes geltend zu
machen, wahlweise auch im eigenen Namen.
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Mit Antrag vom 1. Februar 1996, bei Gericht eingegangen am 5. Februar 1996, hat die
Antragstellerin gegen die Antragsgegner den Wohngeldrückstand in Höhe von 3.622,59
DM gerichtlich geltend gemacht. Die Antragsgegner sind diesem Antrag
entgegengetreten. Sie sind der Ansicht, daß sie für Wohngeldrückstände aus dem Jahre
1993 auch dann nicht haften, wenn diese zu ihren Lasten in die Jahresabrechnung 1994
aufgenommen worden sind.
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Durch Beschluß vom 3. Juni 1996 hat das Amtsgericht dem Antrag in Höhe von
3.610,59 DM nebst 4 % Zinsen ab dem 13. Januar 1996 stattgegeben. Das Landgericht
hat die Beschwerde gegen diesen Beschluß durch Beschluß vom 14. November 1996
zurückgewiesen. Der Beschluß ist den Antragsgegnern am 2. Dezember 1996 zugestellt
worden.
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Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Antragsgegner mit ihrer
weiteren sofortigen Beschwerde vom 11. Dezember 1996. Sie vertreten weiterhin die
Ansicht, daß sie unabhängig von den Beschlüssen in den Eigentümerversammlungen
vom 28. Juni 1994 und 27. Juni 1995 für Wohngeldrückstände aus dem Jahre 1993
nicht haften, auch wenn diese in die folgenden Jahresabrechnungen zu ihren Lasten
aufgenommen worden seien.
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Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig. Sie ist form- und
fristgerecht eingelegt worden (§§ 45 Abs. 1 WEG, 20, 22 Abs. 1, 27, 29 FGG). In der
Sache hat die Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Der angefochtene Beschluß des
Landgerichts beruht jedenfalls im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§
27 Abs. 1 WEG, 550 ZPO). Die Antragsgegner sind verpflichtet, an die Antragstellerin
als Verwalterin des Objektes M.straße 2-20 in B.G. den offenen Restbetrag aus der
Jahresabrechnung 1994 in Höhe von 3.610,59 DM zu zahlen. Der Anspruch ergibt sich
aus § 16 Abs. 2 WEG i.V.m. dem Beschluß der Eigentümerversammlung vom 27. Juni
1995. Die Anspruchsberechtigung der Antragstellerin ergibt sich aus § 6 Nr. 10 des
Verwaltervertrages. Entgegen der Ansicht der Antragsgegner kommt es insoweit nicht
auf die Frage an, ob Erwerber von Wohnungseigentum für Wohngeldrückstände des
Voreigentümers neben dem Voreigentümer haften oder ob sie nur für
Wohngeldrückstände einzustehen haben, die in der Zeit ihres Eigentums entstanden
sind. Die Frage wäre unter Umständen zu beantworten gewesen, wenn allein um die am
28. Juni 1994, also zu einem Zeitpunkt, als die Antragsgegner bereits Eigentümer der
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Wohnungseinheit Nr. 73 waren, beschlossene Jahresabrechnung 1993 gestritten
würde. Insoweit wäre es unter Umständen auf die Frage angekommen, ob diese sich
allein mit dem Jahre 1993, also mit einer Zeit, als die Antragsgegner noch nicht
Eigentümer der fraglichen Wohnungseinheit waren, befassende Abrechnung überhaupt
als Beschluß zu ihren Lasten gemeint war, oder ob er sich eigentlich nur mit der
Voreigentümerin befaßte, so daß für die Antragsgegner auch keine Notwendigkeit
bestand, ihn anzufechten. Würde man letzteres bejahen, so käme es auf die von den
Antragsgegnern aufgeworfene Frage an, ob der Bundesgerichtshof nicht mit seinem
Beschluß vom 30. November 1995 (WE 1996, 144) inzident, obwohl er diese Frage
nicht offen angesprochen hat, seine alte Rechtsprechung aus dem Jahre 1988
(Beschluß vom 21. April 1988, NJW 1988, 1910 = BGHZ 104, 197 ff.) aufgegeben hat,
wonach der Erwerber einer Eigentumswohnung auch dann, wenn es sich um
Nachforderungen aus Rechnungen für frühere Jahre handelt, für diese haftet, wenn nur
die Jahresabrechnung, die diese Nachforderung feststellt, erst nach dem
Eigentumserwerb gefaßt worden war (für diese Auslegung des Beschlusses vom 30.
November 1995: Demharter, FGPrax 1996, 50; Niedenführ, LM § 16 WEG Nr. 16). Daß
sich gegen eine solche Auslegung der neueren BGH-Rechtsprechung auch
überzeugende Gründe darlegen lassen, hat das Landgericht in seiner angefochtenen
Entscheidung ausführlich dargelegt. Die Frage ist für den vorliegenden Fall jedoch
letztlich ohne Bedeutung, da die Eigentümerversammlung vom 27. Juni 1995 mit der
Beschlußfassung über die Wohngeldabrechnung zum 31. Dezember 1994 ausdrücklich
den Rückstand aus dem Jahr 1993 jetzt als eine Schuld der Antragsgegner beschlossen
hat. Ob ein solcher Beschluß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht
oder ob er unter Zugrundelegung der Rechtsansichten von Demharter und Niedenführ
anfechtbar gewesen wäre, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, da eine
Anfechtung jedenfalls nicht erfolgt ist. Daß ein solcher Beschluß nichtig ist, weil er
greifbar außerhalb jeder vernünftigen Gesetzesauslegung läge, kann sicher nicht
festgestellt werden. Ebensogut wie die Auffassung von Demharter und Niedenführ ist
sicher auch die in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts ausgeführte
Auffassung vertretbar, die sich immerhin auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom
21. April 1988 (NJW 1988, 1910) stützen kann. Mit der Bestandskraft des Beschlusses
der Eigentümerversammlung vom 27. Juni 1995 war die Schuld der Antragsgegner
unanfechtbar festgestellt worden, selbst dann, wenn sie diese Verpflichtung zuvor durch
Anfechtung hätten beseitigen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, die
Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde den unterlegenen
Antragsgegnern aufzuerlegen. Hingegen besteht keine Veranlassung für eine Erstattung
außergerichtlicher Kosten.
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes entspricht dem zwischen den Parteien
streitigen Betrag der Nachforderung.
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