Urteil des OLG Köln vom 23.03.2005

OLG Köln: versicherer, grobes verschulden, zahnarzt, unerlaubte handlung, falsche auskunft, patient, pauschal, versicherungsschutz, eingriff, widerklage

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 5 U 144/04
23.03.2005
Oberlandesgericht Köln
5. Zivilsenat
Urteil
5 U 144/04
Landgericht Köln, 3 O 431/02
Auf die Berufung der Drittwiderbeklagten wird das Urteil der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.7.2004 (3 O 341/02) teilweise
wie folgt abgeändert:
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten werden
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beklagten
tragen der Beklagte zu 69% und die Klägerin zu 31%. Die
außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin und der
Beklagte je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der
Drittwiderbeklagten trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 Abs.2, 313
a Abs.1 Satz 1 ZPO).
II.
1. Berufung des Beklagten:
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Die Berufung des Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat die Kammer der
Klage auf Zahlung des restlichen Honorars in Höhe von 50% stattgegeben. Die vom
Beklagten erhobene Widerklage ist in vollem Umfang unbegründet.
Das Behandlungsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Drittwiderbeklagten zu 1),
aus dem der Honoraranspruch der Drittwiderbeklagten resultiert, ist wirksam entstanden.
Der Honoraranspruch ist auch durch wirksame Abtretung auf die Klägerin übergegangen.
Dass die in der Rechnung vom 13.12.2001 aufgeführten Leistungen durch die
Drittwiderbeklagte zu 1 auch tatsächlich erbracht wurden, bestreitet der Beklagte ebenfalls
nicht.
Soweit der Beklagte Einwände hinsichtlich der Berechtigung der Gebühren und der
Gebührenhöhe erhebt, hat die Kammer sie zu Recht als zu pauschal unbeachtet gelassen.
Es reicht nicht aus, dass eine Partei unter Hinweis auf ihre Laienstellung eine
Zahnarztrechnung pauschal bestreitet oder die angesetzten Positionen pauschal bezweifelt
und die Gebührenhöhe als überzogen rügt. Damit genügt sie ihrer Substantiierungspflicht
nicht. Dies würde selbst dann gelten, wenn die im Arzthaftungsrecht allgemein anerkannten
Substantiierungserleichterungen hier Anwendung fänden, was nicht der Fall ist. Die
Gründe, die bei Arzthaftungsfällen zu erleichterter Darlegung führen, beruhen auf der
hohen Bedeutung der körperlichen Unversehrtheit und der Schwierigkeit, sich in komplexe
medizinische Fragen einzuarbeiten bei gleichzeitiger hoher Überlegenheit der
Behandlungsseite (BGHZ 98, 368). Hier aber geht es nur um Honoraransprüche, und der
Patient hat regelmäßig seinen Versicherer, der ihm die zur Substantiierung notwendigen
Informationen geben kann. Den von den Parteien vorgelegten Unterlagen ist nicht zu
entnehmen, welche Position aus welchem Grund nicht gerechtfertigt sein soll. Dies
erschließt sich insbesondere auch nicht aus den beigefügten Abrechnungsschreiben.
Soweit pauschal der 3,5-fache Satz gerügt wird, hat der Versicherer des Beklagten offenbar
selbst keine Einwände erhoben. Auch für den Senat sind durchgreifende Einwände nicht
ersichtlich. Die Positionen sind ausnahmslos in zwar kurzer, aber ausreichender Weise
begründet. Würde der Senat hier mit der Überprüfung der Rechnung einen
Sachverständigen beauftragen, liefe dies auf rechtlich unzulässige Ausforschung hinaus.
Allerdings kann der Beklagte von der Drittwiderbeklagten zu 1) Freistellung von der Hälfte
der ihn treffenden Honorarbelastungen aus dem Gesichtspunkt der positiven Verletzung
des Behandlungsvertrages verlangen, denn die Drittwiderbeklagte zu 1) hat ihre Pflicht zur
wirtschaftlichen Aufklärung - eine vertragliche Nebenpflicht im Sinne von § 241 Abs.2 BGB
n.F. - schuldhaft verletzt, indem sie ohne genaue Kenntnis der Sachlage gegenüber dem
Beklagten äußerte, die umfangreiche Implantatbehandlung werde vollständig von seinem
Versicherer getragen, und indem sie die Behandlung begann, ohne die Stellungnahme des
Versicherers des Beklagten abzuwarten. Grundsätzlich gilt zwar, dass die Überprüfung der
Erstattungspflicht des eigenen Versicherers Sache des Patienten und nicht die des Arztes
ist. Die Pflicht zu wirtschaftlicher Aufklärung umfasst nicht die Aufgabe, anstelle des
Patienten zu klären, ob und in welchem Umfang der Versicherer eintritt und demnach
Kosten beim Patienten verbleiben. Der Arzt bzw. Zahnarzt ist nicht verpflichtet, von sich aus
Details des Versicherungsschutzes eines Patienten zu erfragen. Es ist auch nicht
grundsätzlich Pflicht des Arztes abzuwarten, bis die Frage der Kosten zwischen Patient
und Versicherer geklärt ist. Aufklären muss der Arzt bzw. Zahnarzt nur über die anfallenden
Kosten, hier durch Erstellen eines Heil- und Kostenplanes, wie es auch durch die
Drittwiderbeklagte zu 1) geschehen ist. Wenn zu befürchten ist, dass der Patient selbst
Kosten zu tragen hat (was bei Implantatbehandlung regelmäßig der Fall sein dürfte),
besteht ferner eine entsprechende Hinweispflicht des Arztes jedenfalls dann, wenn
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Fehlvorstellungen des Patienten erkennbar sind. Insgesamt beurteilt sich die Pflicht zu
wirtschaftlicher Aufklärung nach den Einzelfallumständen (so zuletzt Senat im Urteil vom
17.11.2004 - 5 U 44/04). Allerdings verhält sich ein Arzt/Zahnarzt fehlerhaft, wenn er quasi
"ins Blaue hinein" Auskünfte zur Frage der Erstattungsfähigkeit von bestimmten Kosten
abgibt, ohne dass dies auf einer sorgfältigen Abklärung der individuellen Situation des
Patienten beruht. Der Arzt/Zahnarzt ist aus Sicht des Patienten auch in
versicherungstechnischen Dingen (in Grenzen) Fachmann. Er wird häufig recht gut
einschätzen können, ob bestimmte Kosten von einer privaten Versicherung getragen
werden oder nicht, und zwar möglicherweise besser als der Patient selbst, der bestimmte
kostenträchtige Behandlungen nur einmal im Leben vornehmen wird. Gibt ein Arzt/Zahnarzt
eine persönliche Einschätzung zur Kostenerstattung ab, stellt er sie gar als gesicherte
Erfahrung oder Erkenntnis hin, muss er damit rechnen, dass der Patient sich auf ihn
verlässt. Eine Auskunft muss daher entweder richtig sein oder unterbleiben. Eine insoweit
falsche Auskunft muss umgekehrt zur Haftung führen. Gleiches gilt für den Beginn einer
Behandlung, wenn er erkennt, dass die Kostenfrage noch nicht hinreichend geklärt ist,
insbesondere eine Antwort auf einen eingereichten Heil- und Kostenplan noch nicht
vorliegt, der Patient aber ersichtlich von einer vollen Kostenerstattung ausgeht, ohne dass
dies auf sicherer tatsächlicher Grundlage beruht. Hier muss der Arzt/Zahnarzt auf etwaige
Risiken hinweisen und notfalls zu einer Verschiebung des Behandlungsbeginns raten.
Keinesfalls aber darf er den Patienten in seiner Fehlvorstellung bestärken und seinerseits
zu einem verfrühten Behandlungsbeginn raten.
Gegen diese Grundsätze hat die Drittwiderbeklagte zu 1) verstoßen. Nach der Anhörung
des Beklagten und der Drittwiderbeklagten zu 1) sowie der Vernehmung der Zeugin L. ist
der Senat davon überzeugt, dass die Drittwiderbeklagte zu 1) den Beklagten und seine
Ehefrau hinsichtlich der Erstattungspflicht nicht richtig aufgeklärt und insbesondere
pflichtwidrig mit der Behandlung begonnen hat, bevor eine Stellungnahme des
Versicherers des Beklagten vorlag. Die Drittwiderbeklagte hat bei ihrer mündlichen
Anhörung mehrfach angegeben, sie wisse sicher, dass ein privater Versicherer die Kosten
der von ihr vorgeschlagenen Implantatbehandlung in vollem Umfang übernehmen werde.
Davon sei sie auch beim Beklagten ausgegangen. Deshalb habe sie auch keine Reaktion
des Versicherers auf den Heil- und Kostenplan abwarten müssen. Der Beklagte und
deutlicher und detaillierter noch die Zeugin L. haben bekundet, die Drittwiderbeklagte zu 1)
habe ihnen gegenüber erklärt, die private Versicherung des Beklagten werde (zum
versicherten Prozentsatz) alle Kosten übernehmen, worauf sie sich verlassen hätten. Die
Drittwiderbeklagte zu 1) habe ferner zu einem schnellstmöglichen Behandlungsbeginn
geraten unter Hinweis auf die Kostenfreiheit des Beklagten. Im Kern unterscheiden sich
damit die Darstellungen beider Seiten nicht, so dass schon deshalb, aber auch aufgrund
des von den Beteiligten gewonnen persönlichen Eindrucks der Senat keinen Zweifel an
der Richtigkeit der Aussage der Zeugin L. hat.
Daraus folgt, dass die Drittwiderbeklagte zu 1) letztlich auf ungesicherter Grundlage einen
falschen Eindruck erweckte. Richtig ist zwar, dass ein privater Versicherer nach heutiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung die Übernahme von Kosten für eine
Implantatbehandlung nicht mehr unter Hinweis auf preiswertere Alternativlösungen
verweigern darf. Doch handelt es sich um eine Rechtsprechung, die auf einem Urteil des
Bundesgerichtshofs beruht (VersR 2003, 581 f.), das erst deutlich später ergangen ist als
die hier streitige Behandlung. Selbst danach ist aber noch eine genaue Prüfung geboten im
Hinblick auf die medizinische Notwendigkeit gerade auch des Umfangs der Behandlung,
so dass ein Zahnarzt auch heute nicht sicher davon ausgehen darf, ein privater Versicherer
werde eine umfangreiche Behandlung in jedem Fall vollständig übernehmen. Zum
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Zeitpunkt der Behandlung des Beklagten konnte davon erst recht nicht ausgegangen
werden. Der mit Arztsachen und mit Krankenversicherungssachen ständig befasste Senat
weiß vielmehr aus langjähriger Befassung gerade mit solchen Fällen, dass auch private
Versicherer seit jeher die Übernahme von hohen Implantatkosten ganz oder teilweise,
berechtigt oder unberechtigt verweigern. Insofern war es nicht angebracht, die Übernahme
der Kosten im vorliegenden Fall als sicher hinzustellen. Dies gilt selbst für den Fall, dass
ein vollständiger normaler privater Versicherungsschutz bestand. Der Drittwiderbeklagten
zu 1) musste aber zudem damit rechnen, dass es sich bei dem Beklagten um einen
Beamten handelte, für den weitere Einschränkungen galten. Seine unstreitig erfolgte
Äußerung, er sei "privat versichert" konnte keinen Vertrauenstatbestand im Sinne einer
100%igen "normalen" privaten Versicherung begründen, sondern erforderte entweder
entsprechende Nachfragen oder - weit besser - Zurückhaltung bei der Einschätzung der
Kostenübernahme. In keinem Fall aber war es sachgerecht oder nur vertretbar, den
Behandlungsbeginn vor die Antwort des Versicherers zu legen, ohne den Beklagten
nachdrücklich auf entsprechende Risiken hinzuweisen.
Gleichwohl führt dies nicht etwa zu einer völligen Befreiung des Beklagten von seinem
Eigenanteil. Ihn trifft ein ganz erhebliches Mitverschulden, das die Kammer zu Recht mit
50% angesetzt hat. Es ist und bleibt zunächst Aufgabe des Patienten, sich um seine
Versicherungsangelegenheiten zu kümmern. Wenn er selbst nicht die Stellungnahme des
Versicherers abwartet, dem er ja immerhin den Heil- und Kostenplan zugesandt hat, ist dies
ein grobes Verschulden gegen sich selbst. Auch wusste er selbst besser als die
behandelnde Zahnärztin, dass er Beamter war und damit nicht ohne weiteres einem
sonstigen zu 100% privat Versicherten vergleichbar. Es ist Allgemeinwissen, dass teure
Zahnbehandlungen für Kassen- wie für Privatpatienten regelmäßig mit eigenen Kosten
verbunden sind. Es ist auch dem durchschnittlichen Patienten klar, dass
Versicherungsschutz höchst unterschiedlich ausgestaltet sein kann. Dass ein Arzt oder
Zahnarzt, der dem Patienten eine aufwändige Behandlung empfiehlt, an der der Arzt nicht
zuletzt auch selbst verdienen will und muss, nicht eine verlässliche Aussage zu jeder
erdenklichen Form von privatem Versicherungsschutz treffen kann, insbesondere dann
nicht, wenn beamtenrechtliche Besonderheiten eine Rolle spielen können, muss einem
sorgfältig überlegenden und handelnden Patienten klar sein. Warum der Beklagte
angesichts solcher sich aufdrängenden Zweifel sich rundum auf die Einschätzung der
Drittwiderbeklagten zu 1) verlassen und noch nicht einmal die Antwort seines Versicherers
abgewartet hat, ist nicht verständlich. Das hierin liegende Verschulden gegen sich selbst ist
nicht geringer zu bewerten als dasjenige der behandelnden Ärztin, aber auch nicht höher.
Der Senat teilt die Auffassung der Kammer von einem hälftigen Ursachenbeitrag und einem
hälftigen Verschulden.
Weitergehende Schadensersatzansprüche, die der Beklagte dem Honoraranspruch
entgegensetzen könnte, bestehen nicht. Behandlungsfehler sind nicht geltend gemacht.
Sie sind auch nicht ersichtlich. Gleiches gilt für eine fehlerhafte Eingriffsaufklärung.
Behandlungsrisiken haben sich nicht verwirklicht, so dass etwaige Aufklärungsmängel (die
auch nicht konkret behauptet werden) insoweit nicht ursächlich geworden wären. Aber
auch unter dem Gesichtspunkt der Nichtaufklärung über Behandlungsalternativen sind
keine Ansprüche begründet. Der Beklagte behauptet zwar wiederholt, nicht über die
verschiedenen in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden zu
sein, gibt andererseits aber zu, dass die Widerbeklagte durchaus einen herausnehmbaren
Zahnersatz angesprochen, ihn lediglich nicht empfohlen habe. Damit ist schon nicht von
einer unterlassenen Aufklärung über Alternativen auszugehen. Jedenfalls hat die
Entscheidung des Beklagten, die Implantatbehandlung durchführen (oder nicht
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durchführen) zu lassen, nichts mit medizinischen Aspekten, insbesondere nichts mit
unterschiedlichen Chancen und Behandlungsrisiken zu tun. Einziger Grund, eine andere
Alternative zu wählen, wären wirtschaftliche Gesichtspunkte gewesen. Dass der Beklagte
sich im Hinblick auf den körperlichen Eingriff selbst durch unzureichende Aufklärung in
seiner körperlichen Integrität oder in seinem Selbstbestimmungsrecht verletzt fühlte - nur
darum geht es bei der Pflicht zu ordnungsgemäßer Eingriffsaufklärung -, ist angesichts der
Bereitwilligkeit, mit der er sich der auch aus seiner Sicht bestmöglichen Behandlung
unterzogen hat, gerade nicht anzunehmen. An einer wirksamen Einwilligung in den mit der
Behandlung verbundenen körperlichen Eingriff fehlt es somit nicht.
Schmerzensgeldansprüche des Beklagten gegen die Drittwiderbeklagten hat die Kammer
daher auch zutreffend abgelehnt. In die Körperverletzung hat der Beklagte, wie gerade
aufgezeigt, wirksam eingewilligt. Die unzureichende Aufklärung über die wirtschaftlichen
Folgen macht den Eingriff nicht rechtswidrig. Sie stellt sich nur als Verletzung einer rein
vertraglichen Nebenpflicht dar, nicht aber als unerlaubte Handlung. Auf den vorliegenden
Fall ist das Recht vor Inkrafttreten des neuen Schuldrechts anwendbar, mithin § 847 BGB
a.F.§ 253 Abs.2 BGB n.F., wonach auch vertragliche Nebenpflichtverletzungen
Schmerzensgeldansprüche begründen können, findet hingegen keine Anwendung.
Schadensersatzansprüche wegen der Kosten der Suprakonstruktion stehen dem Beklagten
überhaupt nicht zu (siehe dazu sogleich unten zu 3.), erst recht kommen im Hinblick auf die
vorstehenden Erwägungen keine über 50% hinaus gehenden Ansprüche in Betracht, wie
sie der Beklagte mit der Berufung weiterverfolgt hat.
2. Berufung der Klägerin:
Die Berufung der Klägerin ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin erstrebt
volle Verurteilung zur Zahlung des geltend gemachten Honorars der Drittwiderbeklagten zu
1). Die Klage auf den vollen Honoraranspruch ist aber entsprechend dem zu 1. Gesagten
nicht begründet. Vielmehr ist der Anspruch, soweit es um Eigenleistungen des Beklagten
geht, um 50% zu kürzen.
3. Berufung der Widerbeklagten zu 1 und 2:
Die Berufung der Widerbeklagten ist zulässig und begründet. Ein Anspruch auf
Schadensersatz wegen der Kosten der Suprakonstruktion ist nicht schlüssig dargetan. Der
Beklagte macht geltend, dass er einen Eigenanteil von 3.648,55 EUR aus der
Fertigstellung der Versorgung durch seine Nachbehandler selbst tragen müsse. Die
Kammer hat entsprechend einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 50% dieser
Kostenzuerkannt. Diese Kosten können indes nicht als Schaden angesehen werden, der
durch die Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht entstanden ist. Es ist
offenkundig und auch nicht streitig, dass der Beklagte eine Suprakonstruktion fertigen
lassen musste, unabhängig davon, ob diese implantatgetragen war oder nicht. Ob und
inwieweit eine andere Konstruktion, als sie nunmehr erfolgte, günstiger gewesen wäre, und
ob und inwieweit insoweit ein Eigenanteil nicht angefallen oder niedriger ausgefallen wäre,
lässt sich weder dem Vortrag des Beklagten entnehmen noch den vorgelegten Unterlagen,
insbesondere nicht den Rechnungen über die erfolgte Behandlung. Es ist auch in keiner
Weise einleuchtend. Nach dem Vortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung und
der Aussage der Zeugin L. ist vielmehr davon auszugehen, dass der private Versicherer
des Beklagten allenfalls zu 80% eintrittspflichtig gewesen wäre, es in jedem Fall also einen
Eigenanteil des Beklagten gegeben hätte. Eine vollständige Erstattung käme also von
vornherein nicht in Betracht, denn die sowieso anfallenden Kosten stellen keinen Schaden
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des Beklagten dar. Dass der Eigenanteil des Beklagten jedenfalls niedriger gewesen wäre,
ist ebenfalls nicht einleuchtend. Der Beklagte hat selbst mehrfach vorgetragen, dass die
Kosten der Nachbehandler deutlich unter denen geblieben seien, die die
Drittwiderbeklagte zu 1) veranschlagt habe. Inwieweit dann aber eine Alternativlösung
(durch herausnehmbaren Zahnersatz) noch einmal günstiger geworden wäre, hätte der
insoweit darlegungspflichtige Beklagte konkret aufzuzeigen. Notwendig wäre eine genaue
Gegenüberstellung der Kosten, die im alternativen Fall gegenüber den nunmehr
angefallenen entstanden wären. Eine solche Gegenüberstellung hat der Beklagte nicht
vorgelegt und kann er auch nicht vorlegen. Daher ist es auch ohne Bedeutung, dass in den
von ihm vorgelegten Rechnungen einzelne Positionen vollständig unter Hinweis auf die
Begrenzung der Implantatkosten gekürzt wurden. Es ist auch ohne Bedeutung, ob es dem
Beklagten möglich und zumutbar gewesen wäre, die einmal vorhandenen Implantate
ungenutzt im Kiefer ruhen zu lassen.
Im Hinblick auf die Drittwiderbeklagte zu 2) (Frau Dr. M. P.) kommt es nach alledem auch
nicht darauf an, ob sie nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen für die Ansprüche gegen
die Drittwiderbeklagte zu 1) ebenfalls haftet, wovon die Kammer in der erstinstanzlich
unbestrittenen Annahme, es handele sich um eine Gemeinschaftspraxis, grundsätzlich zu
Recht ausgegangen ist. Der nunmehr erfolgte Vortrag, wonach zwischen den
Drittwiderbeklagten angeblich keinerlei vertragliche Beziehungen bestehen sollen (was
kaum vorstellbar ist), wäre im übrigen auch verspätet gewesen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs.2 ZPO) liegen nicht vor.
Streitwert: für die Berufung des Beklagten 7.059,82 Euro,
für die Berufung der Klägerin: 4.035,60 Euro,
für die Berufung der Drittwiderbeklagten: 1.824,22 Euro.