Urteil des OLG Köln vom 21.12.1995

OLG Köln (wichtiger grund, behandlung, grund, therapie, versicherer, versicherungsnehmer, hepatitis, gütliche einigung, erstattung, klausel)

Oberlandesgericht Köln, 5 U 77/94
Datum:
21.12.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 77/94
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 25 O 52/93
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 25. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 01.12.1993 - 25 O 52/93 - abgeändert. Die Klage
wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin, die
Kosten der Streithilfe der Streithelfer zu tragen. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
T a t b e s t a n d:
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Die 1951 geborene Klägerin ist bei dem Beklagten Krankheitskostenversichert. Seit Juni
1991 befindet sie sich in laufender ärztlicher Behandlung bei dem Streithelfer. Für den
Zeitraum von Juni 1991 bis 3. Quartal 1992 legte sie dem Beklagten Rechnungen des
Streithelfers über einen Gesamtbetrag in Höhe von rund 21.000,00 DM zur Erstattung
vor. Von diesem Rechnungsbetrag entfielen rund 10.800,00 DM auf Laborkosten. Als
Diagnosen werden in den Rechnungen vom 26.07., 12.08., 26.08., 3.10., 17.10. und
30.12.1991 sowie vom 30.01.1992 jeweils gleichlautend aufgeführt: Hypotonie, Vertigo,
hyperreagibles Bronchialsystem, Adnexitis, Mineralhaushaltsstörungen, rezidivierende
Harnwegsinfekte, Thyreoiditis unklarer Genese. Zusätzlich zu diesen Diagnosen
werden in der weiteren Rechnung vom 10.03.1992 aufgeführt: Zustand nach Hepatitis B
1991, Leberinsuffizienz, Antikörpermangelsyndrom, Dysbiose des Darmes, HWS-LWS-
Syndrom, Stenose. Diese Diagnosen finden sich auch in der Rechnung vom 06.05.1992
sowie ferner in der Rechnung vom 22.06.1992, in der zusätzlich auch noch als weitere
Diagnose: Migräne aufgeführt ist, dies ebenso in der Rechnung vom 18.08.1992.
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Als Behandlungsmaßnahmen wurden bei der Klägerin nach dem Inhalt der
Rechnungen u.a. durchgeführt: Inhalationstherapie mit intermittierender
Überdruckbeatmung, Dauertropfinfusionen, subkutane und intramuskuläre Injektionen
diverser Medikamente, Thymusspritzen, Aderlässe, Grenzstrang-, Sympathikus- oder
Stellatumblockaden, neben den Dauertropfinfusionen und Injektionen wurden weitere
Arzneimittel per parenteralem Katheter eingebracht, ferner wurde klassische
Körperakupunktur durchgeführt. Sämtliche vorbenannten Behandlungsmaßnahmen
erfolgten zum Teil in täglicher oder aber jedenfalls rascher zeitlicher Aufeinanderfolge,
wobei die vorgenannte Aufstellung nicht erschöpfend ist. An Medikamenten kamen
Thioctacid, Hepatofalk, Cebion, Lymphomyosot, Engystol, Traumeel, Gripp-Heel, BVK,
Crataegutt, Sulfur subl. D 30, Lachesis, Acid.formic. D 4, D 30, Bryonia D 30, Pascotox
forte, Esberitox, Procain, Ignatia D 30, Vitamin B 12, Meaverin, Buscopan u.a. zum
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Einsatz.
Der Beklagte äußerte - ebenso wie die in den Parallelfällen teilweise verklagte
Deutsche Krankenversicherung - Bedenken hinsichtlich des Umfangs von Diagnostik
und Therapie des Streithelfers und schloß im Ergebnis die Rechnungen desselben von
der Kostenerstattung aus.
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Gegen diesen Rechnungsausschluß richtet sich die Klage, mit welcher die Klägerin die
Feststellung der Unwirksamkeit des Rechnungsausschlusses begehrt.
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Sie hat im wesentlichen geltend gemacht, daß (1) c) MB/KK wegen Verstoßes gegen §§
9 und 3 AGBG unwirksam sei. Sämtliche vom Streithelfer im Zuge ihrer Behandlung
ergriffenen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen seien medizinisch
notwendig gewesen. Die Liquidationen seien korrekt. Sie müsse bestreiten, daß der
Streithelfer bei anderen Versicherungsnehmern des Beklagten nicht korrekt verfahren
sei. Im übrigen komme es darauf aber auch nicht an. Wenn der Beklagte davon
ausgehe, daß die in Rechnung gestellten Leistungen das medizinisch notwendige Maß
übersteigen würden, sei er gehalten, die Erstattung zu beschränken. Dies würde dann
ein gerichtliches Verfahren nach sich ziehen, das zur Klärung führen müsse. Es sei nicht
mit dem Ultima ratio-Prinzip vereinbar, sofort von § 5 (1) c) MB/KK Gebrauch zu machen.
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Sie hat beantragt,
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festzustellen, daß der mit Schreiben des Beklagten vom 8. Oktober 1992 erfolgte
Ausschluß der Rechnungen des Arztes Dr. med. F. B., K. 51, von der Er-stattung,
unwirksam sei.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat behauptet, der Streithelfer habe in vielen zeitgleichen Parallelverfahren seine -
des Beklagten - Versicherungsnehmer in einem Umfang behandelt, der das medizinisch
notwendige Maß erheblich übersteige. Dies gelte auch für die Behandlung der Klägerin.
Nachdem eine gütliche Einigung unter Einbeziehung des Streithelfers an dessen
Uneinsichtigkeit gescheitert sei, sei ihm im Interesse der Versichertengemeinschaft
nichts anderes übrig geblieben, als § 5 (1) c) MB/KK anzuwenden. Es könne ihm nicht
zugemutet werden, immer wieder ärztliche Gutachter zur Rechnungsprüfung
einzuschalten, was erhebliche Kosten verursache. Die Liquidationen seien regelmäßig
auch aus sich heraus nicht nachvollziehbar. Der Versuch, eine unabhängige
Schlichtung vornehmen zu lassen, sei gescheitert.
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§ 5 (1) c) MB/KK sei mit den Vorschriften des AGBG ver-einbar. Die Oberlandesgerichte
Köln (recht und schaden 1990, 135), Hamm (VersR 1988, 687) und München (VersR
1977, 43) hätten insoweit keine Bedenken geäußert. Eine Gegenmeinung sei nicht
ersichtlich.
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Das Landgericht hat durch Urteil vom 1. Dezember 1993 festgestellt, daß der Beklagte
gegenüber der Klägerin nicht berechtigt sei, Leistungen auf Aufwendungen für ärztliche
Behandlungen durch den Arzt Dr. med. F. B. wegen des von dem Beklagten unter dem
8. Oktober 1992 mitgeteilten Ausschlusses der Rechnun-gen dieses Arztes von der
Erstattung auszuschließen, § 5 (1) c) MB/KK - so hat das Landgericht zur Begründung
ausgeführt - dürfe nur als äußerstes Mittel angewandt werden, wenn eine
vorangegangene Rechnungskürzung nach § 5 (2) MB/KK fruchtlos geblieben sei. Daran
habe es hier gefehlt.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er meint, die Klage
sei mangels Fest-stellungsinteresses bereits unzulässig. Jedenfalls sei sie
unbegründet. Es sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, die Rechnungen eines
betroffenen Arztes aus wichtigem Grund von der Erstattung auszuschließen, ohne zuvor
von § 5 (2) MB/KK Gebrauch zu machen. Der Streithelfer habe in einem Umfange
Übermaßbehandlungen betrieben und abgerechnet, daß der Erstattungsaus-schluß
notwendig geworden sei, nachdem die vorangegan-genen Beanstandungen ohne
Erfolg geblieben seien.
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Er beantragt,
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die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt
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unter Zurückweisung der Berufung festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei,
der Klägerin Versicherungsleistungen für zukünftige Behandlungen durch Dr. med.
F. B., K., zu gewähren,
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hilfsweise, festzustellen, daß der Beklagte nicht berechtigt sei, dem Kläger und
seinen mitversicherten Personen Leistungen auf Rechnungen von Dr. med. F. B. zu
verweigern,
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hilfsweise, nach Maßgabe des angefochtenen Urteils zu erkennen,
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höchsthilfsweise, nach Maßgabe des ursprünglichen Klageantrages zu erkennen,
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die Revision zuzulassen.
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Der Streithelfer beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
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Klägerin und Streithelfer wiederholen und vertiefen die im ersten Rechtszuge vom
Kläger vorgebrachten Rechtsan-sichten und verteidigen das angefochtene Urteil. Sie
behaupten unter Bezugnahme auf die zu den Akten ge-reichte
Behandlungsdokumentation sowie veröffentlichte medizinisch-wissenschaftliche
Erkenntnisse, daß die Be-handlung der Klägerin medizinisch notwendig und überdies
auch erfolgreich gewesen sei.
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Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des ange-fochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug ge-
wechselten Schriftsätze verwiesen.
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Der Senat hat zur Frage der medizinischen Vertretbarkeit der durchgeführten Diagnostik
und Therapie des Streithelfers Beweis durch Einholung von
Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. H. erhoben. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten vom 21.02.1995
sowie das schriftliche Ergänzungsgutachten vom 21.09.1995 Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung ist in der Sache gerechtfertigt, weil der Beklagte die
Rechnungen des Streithelfers mit Recht aus wichtigem Grund von der Erstattung ausge-
schlossen hat.
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I.
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Die Klage betrifft jedenfalls in der vom Landgericht zulässigerweise vorgenommenen
Auslegung die Klärung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO und
ist deshalb insoweit zulässig. Ob für sie auch das Feststellungsinteresse besteht, woran
der Beklagte mit durchaus erwägenswerten Gründen zweifelt, mag offen-bleiben. Das
Feststellungsinteresse ist echte Prozeß-voraussetzung nur für das stattgebende Urteil
(vgl. BGH NJW 1978, 2031), so daß es nicht eigens festgestellt zu werden braucht,
wenn das Klagebegehren - wie hier - oh-nehin materiell nicht gerechtfertigt ist und die
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Klage deshalb in jedem Fall abgewiesen werden muß (vgl. BGH NJW 1969, 2015).
II.
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Die in § 5 (1) c) MB/KK zugunsten des Versicherers vorgesehene Möglichkeit des
Erstattungsausschlusses ist weder überraschend (§ 3 AGBG) noch nach § 9 AGBG
nichtig. Der Senat schließt sich der Auffassung der Ge-richte an, die die Klausel bisher
für wirksam erachtet haben, ohne dies auch nur gesondert zu problematisieren (vgl.
OLG Hamm VersR 1988, 687; OLG Düsseldorf sowie Nichtannahmebeschluß des BGH
VersR 1984, 278, 275; OLG München VersR 1977, 43; LG Bonn VersR 1991, 54 ff.; Se-
nat Recht und Schaden 1990, 135).
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Die Klausel ist nicht überraschend. Der Bundesge-richtshof hat eine Unwirksamkeit
nach § 3 ABGB nur dann angenommen, wenn die Klausel nach den Umständen so
ungewöhnlich ist, daß der Kunde mit ihrem Vorhandensein keinesfalls zu rechnen
braucht, ihr gleichsam ein "Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt" zukommt (vgl.
BGH NJW 1990, 577). Davon kann hier keine Rede sein. Der durchschnittliche
Versicherungskunde, auf dessen Erkenntnismöglichkeiten es ankommt, wird
grundsätzlich mit sogenannten sekundären Risikobegrenzungen, zu denen Leistungs-
/Risikoausschlüsse gehören, rechnen. Es liegt auf der Hand, daß der Versicherer den
für Krankheiten angebotenen Versicherungsschutz in seinem Bedingungswerk durch
allgemeine Leistungsbeschreibungen primär und durch Ausschlüsse sekundär
begrenzt.
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Der Regelungsgehalt der Klausel ist auch nicht im Hinblick auf die in § 4 (2) MB/KK
vereinbarte Freiheit des Versicherten, unter den niedergelassenen approbierten Ärzten
zu wählen, überraschend im Sinne von § 3 AGBG. Der Versicherungsnehmer kann
vernünftigerweise nicht annehmen, daß sich der Versicherer den sich aus der
Wahlfreiheit ergebenden Folgen einschränkungslos unterwirft, indem er etwa
Rechnungen des in Anspruch genommenen Arztes ungeprüft erstattet und auch
Mißbrauchsfälle sanktionslos hinnimmt.
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Darauf, ob die Klausel aus anderen Gründen unwirksam ist, kommt es für § 3 AGBG
nicht an.
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Die Klausel ist auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 9 Abs. 1
AGBG unwirksam.
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Allerdings kann sich eine unangemessene Benachteiligung ergeben, wenn die
Regelung für den Versicherungsnehmer unklar oder undurchschaubar ist (Verstoß
gegen das Transparenzgebot), was der Fall sein kann, wenn sich der Versicherer
Gestaltungsmöglichkeiten vorbehält, bei denen der Versicherungsnehmer nicht
abschätzen kann, unter welchen Voraussetzungen sie zum Tragen kommen (vgl. dazu
Palandt/Heinrichs, 54. Aufl., § 9 AGBG Rdn. 15). Diese Fallgestaltung ist in bezug auf §
5 (1) c) MB/KK nicht von vornherein von der Hand zu weisen, denn der Versicherer
behält sich danach im Ergebnis vor, Rechnungen bestimmter Ärzte von der Erstattung
aus wichtigem Grund auszuschließen, ohne daß näher substantiiert ist, wann ein
"wichtiger Grund" vorliegt. Diese Unklarheit allein ist indessen noch nicht geeignet, den
Ver-sicherungsnehmer unangemessen zu benachteiligen, weil eine Klarheit insoweit
weder möglich noch zu Wahrung der Rechte des Versicherungsnehmers nötig ist.
Einerseits ist eine abschließende Beschreibung dessen, was einen wichtigen Grund
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darstellen kann, schlechterdings nicht möglich; andererseits ist dem Betroffenen dieser
unbestimmte Rechtsbegriff auch sonst nicht fremd (Kündigungs- oder Rücktrittsrecht
"aus wichtigem Grund" bei Dauerschuldverhältnissen aller Art), so daß er ohnehin die
Vorstellung hat, daß hierunter nur schwerwiegende Umstände fallen, die der andere Teil
zumutbarerweise nicht hinzunehmen braucht. Eine weitere Klarheit ist auch nicht nötig,
weil die dem Versicherungsnehmer hierdurch erwachsenen Nachteile (Herbeiführung
einer gerichtlichen Klärung) für ihn nicht schlechthin unzumutbar sind. Schwebt ein
Versicherungsfall, ist er durch § 5 (1) c) Satz 2 MB/KK hinreichend geschützt. Art und
Umfang der Beitragszahlungspflicht bleiben ohnehin unberührt. Der sich
möglicherweise aus wirtschaftlichen Gründen ergebende Zwang, den behandelnden
Arzt zu wechseln, wenn der Versicherer von der Ausschlußklausel Gebrauch gemacht
hat, ist im Hinblick auf die allgemeine Versorgung der Bevölkerung mit gut qualifizierten
Ärzten und Krankenhäusern hinnehmbar.
Der Senat vermag schließlich auch nicht zu erkennen, daß durch § 5 (1) c) MB/KK
wesentliche Rechte der Versicherungsnehmers derart eingeschränkt werden, daß der
Vertragszweck gefährdet ist (vgl. dazu BGH NJW 1993, 335). Der
Krankheitskostenversicherungsvertrag bezweckt die Absicherung des Krankheitsrisikos.
Dieser Zweck ist ersichtlich nicht schon dadurch gefährdet, daß der Versicherer die
Rechnungen eines einzelnen Arztes von der Erstattung ausschließt. Das wesentliche
Recht des Versicherungsnehmers besteht nach Maßgabe des Versicherungsvertrages
nicht in einer schrankenlos freien Arztwahl, die ohnedies nicht vorgesehen ist, weil § 4
(2) Satz 1 MB/KK eine (primäre) Risikobegrenzung darstellt, indem der Kreis der Ärzte,
aus denen gewählt werden kann, auf die approbierten und niedergelassenen
beschränkt werden. Im übrigen wird ein verständiger Versicherungsnehmer
vernünftigerweise anerkennen, daß ein Versicherer nicht jedwedes, seinen
wohlverstandenen Interessen gröblich zuwiderlaufendes Verhalten eines Arztes
hinzunehmen verpflichtet sein kann. Durch § 5 (2) MB/KK sind diese Interessen allein
nicht hinreichend geschützt, denn hierdurch ist lediglich geregelt, wie im Einzelfall eines
Abweichens von § 1 (2) MB/KK zu verfahren ist.
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III.
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Der Beklagte hat die Rechnungen des Streithelfers mit Recht aus wichtigem Grund von
der Erstattung ausge-schlossen.
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Sinn und Zweck des § 5 (1) c) MB/KK bestehtdarin, besonders schweren oder
dauerhaften Störungen des versicherungsvertraglichen Vertrauensverhältnisses,
verursacht durch einen Arzt oder eine Klinik, wirksam begegnen zu können. Der
Versicherer hat dadurch die Möglichkeit, sich vor ärztlichen Manipulationen und
kostenverursachenden Fehlleistungen des Arztes zu schützen (vgl. OLG München
a.a.0.). Er ist bei der Rechnungserstattung darauf angewiesen, daß der Arzt redlich
behandelt und abrechnet (vgl. OLG Hamm, LG Bonn, jeweils a.a.0.), weil anderenfalls
der mit der Rechnungsprüfung verbundene Aufwand ein Ausmaß annehmen würde, das
wirtschaftlich schlechthin nicht tragbar wäre und insbesondere die
Versichertengemeinschaft über Gebühr belasten würde. Entsprechend diesem Zweck
der Klausel ist wichtiger Grund ein Verhalten des Arztes, das die wirtschaftlichen
Interessen des Versicherers erheblich und nachhaltig gefährdet und geeignet ist, das
Vertrauensverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zu erschüttern
(vgl. Prölss-Martin/Prölss, 25. Aufl., § 5 MB/KK Anm. 4).
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Im Streitfall sind diese Voraussetzungen gegeben.Der Streithelfer hat wiederholt und in
einer Vielzahl von Abrechnungsfällen Rechnungen erstellt, bei denen die angegebenen
Leistungen in jedenfalls erheblichem Umfange den aufgeführten Diagnosen nicht
zuzuorden sind, so daß der Versicherer gezwungen war, eine kostenträchtige
Überprüfung unter Hinzuziehung eines ärztlichen Gutachters zu veranlassen und ferner
fortlaufend überhöhten Behandlungsaufwand abgerechnet. Nachdem der Beklagte
solches Vorgehen des Streithelfers bei etwa zwanzig Versicherungsnehmern
festgestellt und vergeblich versucht hatte, eine Änderung zu erwirken, hat er
berechtigterweise von § 5 (1) c) MB/KK Gebrauch gemacht. Im Laufe des anhängigen
Rechtsstreits hat er sich ferner auf gleichgelagertes Verhalten des Streithelfers bei der
Behandlung von Versicherungsnehmern eines anderen Versicherers (DKV) berufen.
Auch das ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Der Versicherer kann sich
grundsätzlich auch auf anderweitig festgestellte Ausschlußgründe berufen, er braucht
nicht abzuwarten, bis er selbst geschädigt worden ist. Eine solche Bezugnahme findet
freilich ihre Grenzen, wenn dem Versicherungsnehmer dadurch die Möglichkeit
abgeschnitten wird, den Rechnungsausschluß darauf (gerichtlich) überprüfen zu lassen,
ob er rechtmäßig war, insbesondere, ob ein wichtiger Grund vorlag (vgl. OLG Hamm
a.a.0.). Letzteres würde regelmäßig der Fall sein, wenn dem Versicherungsnehmer im
Rahmen der Überprüfung Gesundheitsdaten anderer Versicherungsnehmer zugänglich
gemacht werden müßten. Anders liegt es, wenn in anderweitigen gerichtlichen
Verfahren ein Fehlverhalten des Arztes festgestellt worden ist, das allein oder im
Zusammenwirken mit anderen einen wichtigen Grund im Sinne von § 5 (1) c) MB/KK
darstellt. In einem solchen Fall hat der Versicherungsnehmer keinen Anspruch darauf,
überprüfen zu lassen, ob die anderweitige Entscheidung richtig ist, sondern nur darauf,
ob die dort getroffene Feststellung einen wichtigen Grund für den Erstattungsausschluß
bildet. Für die hier zu treffende Entscheidung bedeutet dies, daß der Senat
selbstverständlich die in den Parallelvefahren gewonnenen Erkenntnisse verwerten und
zur Begründung heranziehen darf, ohne daß die Klägerin daran beteiligt war und
demzufolge auch keine Möglichkeit hatte, sich zum Streitstand in jenen Fällen zu
äußern und den Erkenntnisprozeß zu beeinflussen.
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Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Erstattungsausschluß nicht deswegen
rechtswidrig, weil es der Beklagte unterlassen hat, zuvor in einem abgestuften Verfahren
gegen den Streithelfer vorzugehen (Beanstandung, stärkere Kontrolle mit Einholung von
Gutachten, Kürzung in Einzelfällen, pauschale Kürzungen). Abgesehen davon, daß
sowohl der Beklagte als auch die DKV in den Parallelfällen zuvor zahlreiche
Beanstandungen erhoben, Rechnungsprüfungen durch Gutachter durchgeführt und
Kürzungen vorgenommen und weitere Kürzungen angedroht hatten, ist ein abgestuftes
Vorgehen nur zumutbar, wenn eine nachhaltige Änderung des Verhaltens des Arztes
wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Das war aber im
Zeitpunkt des Aus-schlusses schon nicht mehr der Fall. Der Streithelfer hatte sowohl die
Art seiner Rechnungserstellung als auch den von ihm betriebenen
Behandlungsaufwand (insbesondere die Labordiagnostik) als richtig und notwendig
verteidigt, was er auch prozessual nachhaltig so vertreten hat. Bei einer solchen
Sachlage würde es bloßer Förmelei entsprechen, den Versicherer zuvor auf das Mittel
der Rechnungskürzung im Einzelfall oder pauschal zu verweisen, zumal in diesen
Fällen eine gerichtliche Auseinandersetzung darüber, ob das Verhalten des Streithelfers
gerechtfertigt war, mit einiger Sicherheit zu erwarten gewesen wäre.
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Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. steht auch im vorliegenden Fall
zur Überzeugung des Senats fest, daß der Streithelfer in medizinisch nicht vertretbarer
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und nicht gerechtfertigter Weise Übermaßdiagnostik und -thera- pie betrieben hat und
demzufolge seine Rechnungen unangemessen überhöht waren.
Medizinisch notwendig ist eine Behandlungsmaßnahme - und hierzu gehören auch
Diagnosemaßnahmen - nur dann, wenn es nach den objektiven medizinischen
Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung
vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen.
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Gegen diese Grundsätze hat der Streithelfer nach den überzeugenden Ausführungen
des Sachverständigen umfänglich verstoßen.
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Dies gilt zum einen und insbesondere hinsichtlich der auch im vorliegenden Fall
wiederum vom Streithelfer veranlaßten extrem umfangreichen Labordiagnostik. Auch im
vorliegenden Fall hat der Sachverständige beanstandet, daß der Streithelfer eine
medizinisch nicht angezeigte, breitgefächerte Labordiagnostik durchgeführt hat, obwohl
nach Symptomen und Befunderhebung hierzu keine Veranlassung bestanden hat,
sowie ferner, daß diese Umfangsdiagnostik zudem auch noch in rascher
Wiederholungsabfolge durchgeführt worden ist.
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Im einzelnen hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt,
daß schon bei der am 24.06. durchgeführten Laboruntersuchung nur
Kontrolluntersuchungen erforderlich gewesen wären, weil nach den eigenen
Diagnoseangaben des Streithelfers bereits im Februar 1991 eine Laboruntersuchung
vorausgegangen war, deren Ergebnisse dem Streithelfer vorgelegen haben müssen, so
daß es sich erübrigte, eine erneute umfangreiche Laboruntersuchung durchzuführen;
vielmehr hätte man sich auf eine Kontrolle etwaiger pathologischer Werte aus der
Voruntersuchung beschränken können und müssen. Demzufolge sei schon bei der
Untersuchung vom 24.06. die Durchführung einer Lipid-Elektrophorese, LDL, HDL,
Kupfer, Immunglobuline, Tumormarker, Hypophysen-Hormo-ne, Ahmoniak,
Gallensäure, Tripsin, HBA 1 HBA 1 C, Vitamin D 3, Quick, Eiweiß im Urin nicht
nachvollziehbar. Falls schon in der Untersuchung aus Februar 1991 eine Hepatitis B
diagnostiziert worden sein sollte, wäre eine nachfolgende umfangreiche Hepatitis B-
Serologie, wie am 31.07.1991 durchgeführt, bis auf die Kontrolle von HbsAG und Anti-
HBe unnötig gewesen. Auch für die weitere umfangreiche Labordiagnostik vom
09.10.1991 mit Untersuchung aller Parameter habe keine Veranlassung bestanden,
wobei im übrigen unverständlich sei, daß anläßlich dieser Untersuchung ausgerechnet
das Anti-HBe trotz voraufgegangener Hepatitis B-Diagnose nicht untersucht worden sei.
Dies gelte auch für alle weiteren Hepatitis B-Untersuchungen. Auch die zweite große
Laboruntersuchung des Streithelfers vom 23.08.1991 sei jedenfalls in diesem Umfange
in Bezug auf die bereits vorbenannten Parameter nicht nachvollziehbar, weil insoweit
keine Symptome und auch keine Befunderhebungen ersichtlich seien. Für die
Durchführung zahlreicher Komplement-Bindungsreaktionen am 09.10. auf Adenoviren,
Campylobacter, Chlamydien, Coxsackie, Echoviren, FSME-Virus, Herpes, LCM-Virus
und Masern sei kein erkennbarer Grund ersichtlich. Im übrigen seien diese sämtlichen
Untersuchungen normal ausgefallen, weshalb unverständlich sei, inwiefern am
11.11.1991 erneut Untersuchungen auf Adenoviren, Campylobacter und Coxsackie
durchgeführt worden seien. Außerdem seien unter dem 11.11.1991 im Rahmen einer
dritten "großen Flöte" (umfäng- liche Laboruntersuchung auf nahezu sämtliche in
Betracht kommende Parameter) wieder zahlreiche nicht erforderliche Parameter
untersucht worden einschließlich des Zusatzprogramms mit Vitamin D 3, B 12 usw.
Entsprechendes gelte für die vierte große Flöte am 23.01.1992.
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Ebenso wie den Umfang und die Dichte der Abfolge der Laboruntersuchungen hat der
Sachverständige auch Zahl und rasche Wiederholung diverser physikalischer
Untersuchungen beanstandet, so die zahlreichen Blutgasanalysen, die zum Teil vor und
nach einer ebenfalls nicht medizinisch begründbaren PEEP-Inhalationsbeatmung
durchgeführt worden seien, dies meist mit Feststellung einer respiratorischen Alkalose.
Auch für die in kurzen Abständen, zum Teil zweimal am Tag geschriebenen
Elektrokardiogramme, für die im übrigen zum Teil nicht einmal Befunde ersichtlich
seien, sei jedenfalls in diesem Umfang keine medizinische Veranlassung erkennbar.
Außerdem fehle insoweit der Originalbefund ebenso wie für die spiro-ergometrische
Untersuchung vom 21.08.1991, die Wiederholung der letzten beiden Untersuchungen
am 17.02.1992. Nicht nachvollziehbar seien auch die im Prüfungszeitraum, also im
Zeitraum von ca. 1 Jahr, insgesamt siebenmal durchgeführten Oberbauchsonographien
in ihrer Frequenz und in ihrem Umfang. Insbesondere seien sie zur Kontrolle einer
möglicherweise irrtümlich angenommenen Hepatitis jedenfalls in dieser Zahl nicht
erforderlich gewesen. Eine medizinische Indikation für die zahlreich durchgeführten
Oberbauchsonographien, die Doppler-Untersuchungen, die Venenverschluß-
Plethysmogra- phie, die Binokular-Mikroskopie und die Larygnoskopie sei auch schon
deshalb nicht nachvollziehbar, weil insoweit größtenteils die Befunde nicht vorlägen
bzw. nicht verzeichnet seien. Ebenso fehle eine nachvollziehbare medizinische
Veranlassung für das am 21.10.1991 veranlaßte Osteo-CT bei der zu diesem Zeitpunkt
erst 40-jährigen Patientin.
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Diese Ausführungen des Sachverständigen erweisen bereits zur Genüge, daß der
Streithelfer häufig ohne konkrete Indikation in rascher Wiederholungsfolge eine
Umfangsdiagnostik (Labordiagnostik und physikalische Diagnostik) betrieben hat, die
der gesundheitlichen Situation der Klägerin in keiner Weise angepaßt war und für die
medizinisch keine vertretbare Veranlassung angenommen werden kann.
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Zweifel bestehen auch hinsichtlich der vom Streithelfer durchgeführten Therapie, ohne
daß es auf diese entscheidend ankommt. Hierzu ist festzustellen, daß der Streithelfer
z.B. die Inhalationstherapie mit intermittierender Überdruck-Beatmung bei einer Reihe
von Patienten, deren Klagen beim Senat anhängig sind, die an psychisch verursachten
Atemnotsyndromen litten, durchgeführt hat. Der Sachverständige ist nachvollziehbar zu
dem Ergebnis gelangt, daß die Notwendigkeit dieser Therapie nicht nachvollzogen und
vertreten werden kann, wenn eine organische Ursache der Erkrankung fehlt. Zu folgen
ist dem Sachverständigen weiter bei seinen Ausführungen zur mangelnden
Notwendigkeit der Einbringung von Arzneimitteln durch parenteralen Katheter, was der
Streithelfer ebenfalls bei einer Vielzahl von Patienten veranlaßt hat, obwohl häufig orale
Arzneimittelgabe oder Spritzen ausgereicht hätten. Überzeugend sind auch die
Ausführungen des Sachverständigen dazu, daß die im August 1991 eingeleitete
Infusionstherapie mit Lebertherapeutika zum einen schon wegen nicht gesicherter
Diagnose einer Hepatitis B nicht nachvollziehbar ist, zum anderen aber auch deshalb
nicht vertretbar war, weil sie nach Maßgabe der Ergebnisse der
Leberwertuntersuchungen zu keiner positiven Veränderung der Hepatitis-Serologie
geführt hat, weshalb auch die zu diesem Zweck eingesetzte Therapie mit Beriglobin und
Humanalbuminen nicht als vertretbar bezeichnet werden könne.
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Die gesamte Therapie des Streithelfers, nicht nur im Fall der Klägerin, sondern auch in
den Fällen anderer Patienten, krankt insgesamt daran, daß nahezu sämtliche
Therapiemaßnahmen über einen Zeitraum von mehreren Monaten oder Jahren
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durchgeführt worden sind, obwohl sich an den Diagnosen der vermeintlich
zugrundeliegenden Erkrankungen trotz Dauertherapie nichts geändert hat. Eine
medikamentöse Dauertherapie, die ersichtlich keine Erfolg zeigt, kann aber nicht als
medizinisch vertretbar erachtet werden. Insgesamt läßt sich einem Vergleich sämtlicher
Fälle beim Senat entnehmen, daß das gleichförmige Behandlungsprogramm des
Streithelfers sich insgesamt dadurch auszeichnet, daß im Ergebnis eine Vielzahl von
Verdachtsdiagnosen laufend fortgeführt wird und einer nahezu gleichförmigen Therapie
zugeführt wird unbeschadet dessen, daß diese jedenfalls nach der Dokumentation im
Ergebnis zu keiner merkbaren Veränderung der erhobenen Diagnosen führt.
Im Falle der Klägerin hat der Sachverständige zudem nachvollziehbar dargelegt, daß
eine Vielzahl der Beschwerden der Klägerin vermutlich psychosomatischer Natur sind,
was auch der Streithelfer selbst nicht verkannt hat, da er die Klägerin einer intensiven
Behandlung durch klassische Körperakupunktur und therapeutische Gespräche
zugeführt hat. Auch vor dem Hintergrund der Erkenntnis, daß bei der Klägerin eine
Vielzahl von Symptomen Ausfluß psychischer Probleme waren, ist sowohl die
durchgeführte Umfangsdiagnostik als auch die ausufernde Therapie nicht zu vertreten,
da diese insgesamt nicht geeignet sein konnte, die psychischen Probleme der Klägerin
und damit die Ursache der physischen Symptome nachhaltig zu beeinflussen. Dies
ergibt sich mit Deutlichkeit auch daraus, daß die meisten Labor- und physikalischen
Untersuchungen im Ergebnis keine nennenswerten pathologischen Befunde erbracht
haben. Dies hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten
ebenfalls bestätigt, sowie ferner auch in diesem Fall wiederum hervorgehoben, daß die
gesamten in den Rechnungen auftauchenden Verdachtsdiagnosen ersichtlich nie
eindeutig verifiziert oder ausgeschlossen wurden und auch keiner genau gezielten
Behandlung zugeführt worden sind. Als Beispiel hat er u.a. darauf hingewiesen, daß
z.B. Mineralhaushaltsstörungen im Sinne einer Hypocalzumie nie vorgelegen hätten
und infolgedessen z.B. auch nie ein Rezept über Calziumgaben ausgestellt worden sei.
Auch rezidivierende Harnwegsinfekte seien nie durch einen pathologischen Harnbefund
dokumentiert und auch nie antibiotisch therapiert worden. Ebenfalls sei eine als
Verdachtdiagnose in den Rechnungen auftauchende Thyreoiditis nie nachgewiesen
und dementsprechend auch nie behandelt worden.
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Auch dies erweist, daß die umfangreiche Labor- und physikalische Diagnostik zumeist
nicht vor dem Hintergrund einer exakten Befunderhebung und einer nachfolgenden
gezielten Therapierung durchgeführt worden ist, sondern sich an in keiner Weise
belegten Verdachtsdiagnosen orientiert hat. Auch diese Besonderheit ergibt sich in
mehreren zu entscheidenden Fällen von Patienten des Streithelfers. Beispielsweise sei
hier nur auf die Ausführungen in der Sache 5 U 268/93 hingewiesen, in welchem
hinsichtlich zweier versicherter Personen Laborkosten in Höhe von mehreren Tausend
DM veranlaßt worden sind, ohne daß eine diagnoseorientierte Behandlung erfolgt ist.
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Auch im vorliegenden Fall besteht somit nach den überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen eine nicht vertretbare Diskrepanz zwischen Diagnostik, Therapie und
gesundheitlicher Situation der Klägerin. Auch in diesem Falle ist darauf hinzuweisen,
daß der Senat sich nicht veranlaßt sieht, zu sämtlichen unter den Parteien streitigen
Detailfragen, was die Einzelheiten der Behandlung der Klägerin anbetrifft, Stellung zu
nehmen. Für die Entscheidung ausschlaggebend ist vielmehr auch vorliegend, daß der
Sachverständige durchgehend und mit überzeugender Begründung die Behandlung
des Streithelfers in gerade den Punkten beanstandet hat, in denen er sie auch in den
Parallelfällen als überzogen bezeichnet hat. Als Kernpunkt der Beanstandungen sind
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auch hier die zu umfangreiche und nicht sachgerecht abgestufte und zudem zu oft und
zu rasch wiederholte Diagnostik zu nennen sowie ferner die nicht an den konkreten
Ergebnissen orientierte Therapie, die ebenfalls in ihrem Umfang nicht nachvollziehbar
und nicht zu rechtfertigen ist.
Der Sachverständige, an dessen fachlicher Qualifikation angesichts langjähriger
Tätigkeit als Kliniker und als niedergelassener Facharzt sowie Prüfer bei der
Facharztprüfung für Internisten, keine Zweifel bestehen, war - dies ist im Hinblick auf
den Schriftsatz vom 05.12.1995 anzunehmen - nicht gehalten, die Klägerin einer
Untersuchung zu unterziehen, wie sie von einem eine Akut-Behandlung betreibenden
Arzt zu verlangen gewesen wäre. Aufgabe des Sachverständigen war es vielmehr
lediglich, die zurückliegende Diagnostik und Therapie des Streithelfers einer kritischen
Würdigung zu unterziehen, woraus sich hinsichtlich der gebotenen Untersuchung eine
andere Schwerpunktsetzung ergibt und die Fehldeutung eines einzelnen Symptoms bei
mehrdeutigen Beschwerdebildern die Zuverlässigkeit der Beurteilung im ganzen nicht in
Frage stellt.
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Ebenfalls ist darauf hinzuweisen, daß auch vorliegend der Senat nicht über die
medizinisch ethische Frage zu entscheiden hatte, ob der Arzt sich aus Kostengründen
Beschränkungen auferlegen darf. Zu prüfen und zu entscheiden war lediglich, ob der
Streithelfer wiederholt eine medizinisch nicht vertretbare Übermaßdiagnostik und -
behandlung betrieben hat, die weder im Interesse des jeweiligen Patienten noch in dem
der Versichertengemeinschaft steht.
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Eben dies hat aber die Beweisaufnahme auch im vorliegenden Fall - wie auch in den
Parallelfällen - mit Deutlichkeit zur Überzeugung des Senats ergeben. Gesundheitliche
Situationen des Patienten sowie Diagnostik und Therapie müssen in einem medizinisch
zu rechtfertigenden Verhältnis zueinander stehen. Hieran fehlt es vorliegend auch bei
der Behandlung der Klägerin durch den Streithelfer.
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Der Streithelfer hat diesem Grundsatz nicht nur im Fall der Klägerin, sondern auch in
denen anderer Patienten nicht entsprochen, wie der Senat auch in den
Parallelverfahren hervorgehoben hat.
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Nach allem ist der Ausschluß der Rechnungen des Streithelfers von der
Kostenerstattung berechtigt, so daß auf die Berufung hin die Klage abzuweisen war.
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Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, da der Rechtsstreit keine
Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, sondern die Entscheidung sich letztlich
an den konkreten Gegebenheiten des vorliegenden Einzelfalles sowie der Parallelfälle
orientiert. Außerdem hat der Bundesgerichtshof in seiner Revisionsentscheidung über
die eigene Klage des Streithelfers gegen den Rechnungsausschluß nicht einmal
andeutungsweise zum Ausdruck gebracht, daß Bedenken gegen die Wirksamkeit der
Bestimmung des § 5 Ziffer 1 c AVB bestehen könnten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 100, 101 ZPO und die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
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Berufungsstreitwert und Wert der Beschwer der Klägerin: 20.000,00 DM.
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