Urteil des OLG Köln vom 16.12.1997

OLG Köln (kläger, fristlose kündigung, firma, 1995, klage auf zahlung, höhe, mieter, mietvertrag, angebot, kündigung)

Oberlandesgericht Köln, 24 U 100/97
Datum:
16.12.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
24. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
24 U 100/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 15 0 511/96
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 15. April 1997 verkündete
Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 15 0 511/96 - wird
auf seine Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung aus dem Räumungstitel durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 DM und im übrigen durch
Sicherheitsleistung in Höhe weiterer 14.000,00 DM abwenden, wenn
nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leisten. Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse
oder Genossenschaftsbank erbracht werden.
T a t b e s t a n d
1
Die Kläger nehmen den Beklagten auf Mietzinszahlung sowie auf Räumung und
Herausgabe des an ihn in dem Geschäftszentrum H.straße in T.-S. vermieteten
Ladenlokals in Anspruch.
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Die Parteien schlossen am 17.02.1993 einen Mietvertrag über das vorbezeichnete
Ladenlokal zum Betrieb eines Backshops (Bl. 4 ff d.A.). Die monatliche Miete wurde mit
2.145,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. § 7 des Vertrages enthält
Vereinbarungen zur Aufrechnung und Mietminderung, § 19 eine
Konkurrenzschutzklausel mit folgendem Inhalt:
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"Konkurrenzschutz wird für den Mieter in dem Umfang gewährt, als im selben Objekt
der Vermieter kein weiterer Handel mit frischen Bäckereiwaren installieren darf.
Weitergehender Konkurrenzschutz ist ausgeschlossen."
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Der Beklagte bietet in dem Objekt frische Backwaren zum Verkauf an. Im selben
Gebäude betreibt die P.-Warenhandelsgesellschaft mbH & Co. oHG (im folgenden:
Firma P.) seit 1985 einen Verbrauchermarkt, in dem sie u.a. Backwaren zunächst nur
verpackt und konserviert anbot. Seit dem 16.08.1995 hat sie ihr Angebot auf frische
Backwaren erweitert. Mit Schreiben vom selben Tag (Bl. 26 d.A.) rügte der Beklagte
gegenüber den Klägern einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel; der von ihm
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eingeschaltete Verband des Rheinischen Bäckereihandwerks wiederholte die Rüge mit
Schreiben vom 19.10.1995 (Bl. 28 d.A.) und drohte unter dem 07.11.1995 (Bl. 50 d.A.)
eine Minderung der Miete rückwirkend ab November 1995 an. Der Beklagte zahlte ab
November 1995 einen um 500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer = 575,00 DM
verminderten monatlichen Mietzins. Die Kläger widersprachen der Minderung mit
Schreiben vom 22.12.1995 (Bl. 52 d.A.). Nach erfolglosen Einigungsbemühungen sowie
einer Androhung der Kündigung mit Schreiben vom 16.10.1996 (Bl. 53 d.A.) erklärten
die Kläger in der Klageschrift vom 02.12.1996 die fristlose Kündigung des
Mietverhältnisses.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Mietminderung sei nicht gerechtfertigt, da die
Ausdehnung des Sortiments durch die Firma P. auf frische Backwaren nicht von der
Konkurrenzschutzklausel in § 19 des Mietvertrages erfaßt sei und sie rechtlich keine
Möglichkeit der Einflußnahme auf die Firma P. hätten.
7
Die Kläger haben beantragt,
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1.
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den Beklagten zu verurteilen, das in T.-S., H.straße, gelegene Ladenlokal (Backshop)
zu räumen und geräumt an die Kläger als Gesamtgläubiger herauszugeben;
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2.
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den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 8.050,00 nebst 9 %
Zinsen aus je 575,00 DM seit dem 04.11.1995, dem 05.12.1995, dem 05.01.1996,
dem 05.02.1996, dem 03.03.1996, dem 04.04.1996, dem 06.05.1996, dem
05.06.1996, dem 04.07.1996, dem 05.08.1996, dem 05.09.1996, dem 05.10.1996,
dem 05.11.1996 und dem 05.12.1996 zu zahlen.
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Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Er hat die Mietminderung mit Wirkung ab Januar 1996 für gerechtfertigt erachtet und
behauptet, infolge des Verkaufs frischer Backwaren durch die Firma P. entstehe ihm ein
Schaden von monatlich ca. 1.700,00 DM. Gegenüber dem sich aus der Minderung für
November und Dezember 1995 ergebenden restlichen Mietzinsanspruch in Höhe von
1.150,00 DM hat er die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erklärt, der
sich daraus ergebe, daß die Firma P. am 21., 23., 24. und 25.09.1996 eigenmächtig und
ohne vorherige Information im Zusammenhang mit Umbaumaßnahmen das gesamte
Objekt geschlossen und damit seinen Betrieb behindert habe; dadurch sei ihm ein
Rohertrag von 2.385,00 DM entgangen.
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Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im wesentlichen
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ausgeführt, die fristlose Kündigung sei gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB gerechtfertigt, da
der Beklagte zu Unrecht 14 Monate lang den Mietzins um monatlich 575,00 DM
gemindert habe. Die Konkurrenzschutzklausel könne nicht dahin ausgelegt werden, daß
der Beklagte von einem Handel mit frischen Backwaren durch einen Mieter geschützt
werde, der seinen Mietvertrag zeitlich früher als der Beklagte geschlossen habe und
dessen Mietvertrag insoweit keine Einschränkung enthalte. Der Rückstand mit den
Minderungsbeträgen sei vom Beklagten auch zu vertreten, obwohl der Verband des
Rheinischen Bäckerhandwerks die Auffassung des Beklagten zur Auslegung der
Konkurrenzschutzklausel geteilt und ihn unterstützt habe. Die restliche
Mietzinsforderung sei nicht durch die erklärte Aufrechnung in Höhe von 1.150,00 DM
erloschen, da die Gegenforderung streitig und damit die Aufrechnung gemäß § 7 des
Mietvertrags unzulässig sei.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 02.05.1997 zugestellte Urteil am 30.05.1997
Berufung eingelegt und diese in einem weiteren Schriftsatz begründet, der - nach
Fristverlängerung bis 30.07.1997 - am 28.07.1997 bei Gericht eingegangen ist.
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Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt unter Vorlage von
Fotos (Bl. 143, 144 d.A.) ergänzend vor, in welcher Weise die Firma P. ihre frischen
Backwaren anbietet. Er vertritt die Auffassung, diese Sortimentserweiterung der Firma P.
stelle einen Mangel der eigenen Mietsache im Sinne von § 537 BGB dar. Das
Landgericht habe den Begriff "installieren" in der Konkurrenzschutzklausel falsch
interpretiert, indem es darunter nur eine aktive Tätigkeit des Vermieters verstanden
habe. Der Begriff müsse auch beinhalten, daß z.B. die Firma P. keine Erweiterung ihres
Sortiments auf "frische Bäckereiwaren" durchführe, weil dies von der Erlaubnis
abhänge, die die Kläger aufgrund des dem Beklagten gewährten Konkurrenzschutzes
nicht erteilen dürften, sofern der Vertrag mit der Firma P. überhaupt in dieser Richtung
eine Einschränkung beinhalte. Da er das Risiko eines künftigen Verkaufs frischer
Bäckereiwaren, sei es durch die Firma P. oder andere Mieter im Objekt, gesehen habe
und mit Rücksicht darauf, daß ihm bei Abschluß des Mietvertrags der Vertrag der Kläger
mit der Firma P. nicht bekannt gewesen sei - was zwischen den Parteien unstreitig ist -,
habe er alles Erforderliche getan, um sich vor der befürchteten Entwicklung und auch
generell zu schützen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts beinhalte die
Konkurrenzschutzklausel eine Garantie in diesem Sinne.
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Der Beklagte beantragt,
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in Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
24
Die Kläger beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen
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und ihnen zu gestatten, Sicherheit auch durch die Bürgschaft einer deutschen
Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu leisten.
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Auch die Kläger wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertreten weiterhin
die Auffassung, die Sortimentserweiterung der Firma P. sei von der
Konkurrenzschutzklausel nicht erfaßt. Ferner legen sie ihren Mietvertrag mit der Firma
P. vom 06.12./09.12.1985 vor, dessen § 1 Abs. 2 wie folgt lautet:
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"Der Vermieter unterliegt keiner Gebrauchsbeschränkung, insbesondere dürfen in
den Mieträumen Nahrungs- und Genußmittel aller Art ebenso wie alle Waren des
täglichen Ge- und Verbrauchs verkauft/ gelagert werden."
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Die Kläger sind der Meinung, der Beklagte habe sich mit der restlichen Mietzinszahlung
in Verzug befunden; er müsse sich das Verschulden des Assessors D. vom Verband
des Rheinischen Bäckereihandwerks ebenso zurechnen lassen wie die falsche
Rechtsauskunft eines von ihm bevollmächtigten Rechtsanwalts. Der Rechtsirrtum bei
der Auslegung der Konkurrenzschutzklausel sei nicht entschuldbar, da der Beklagte mit
einer abweichenden Beurteilung durch das zuständige Gericht ernsthaft habe rechnen
können und damit auf eigenes Risiko gehandelt habe. Für ihn wäre es ein leichtes
gewesen, seine Rechtsauffassung gerichtlich überprüfen zu lassen, ohne damit das
Risiko der fristlosen Kündigung einzugehen. So habe er beispielsweise unter Vorbehalt
zahlen und Feststellungsklage erheben können.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den
Parteien eingereichten Schriftsätze, Urkunden und Fotos Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Die Klage auf
Zahlung des restlichen Mietzinses in Höhe von 8.050,00 DM ist ebenso begründet wie
die Klage auf Räumung und Herausgabe des angemieteten Ladenlokals.
36
I.
37
Der Beklagte schuldet gemäß §§ 535 Satz 2, 580 BGB i.V.m. § 4 des von den Parteien
geschlossenen Mietvertrags vom 17.02.1993 die Zahlung des restlichen Mietzinses für
die Monate November 1995 bis Dezember 1996 in Höhe von 8.050,00 DM.
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1.
39
Er war nicht gemäß § 537 BGB zu der von ihm vorgenommenen Mietminderung um
monatlich 500,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer berechtigt, da die Kläger weder den in §
19 des Mietvertrags vertraglich vereinbarten noch den vertragsimmanenten
Konkurrenzschutz (§ 536 BGB) verletzt haben.
40
a)
41
Der Vermieter gewerblich zu nutzender Räume ist auch ohne Bestehen einer
vertraglichen Regelung verpflichtet, den Mieter gegen Konkurrenz im selben Hause zu
schützen. Dieser Schutz besteht aber nur, soweit Artikel des Geschäftes des Mieters im
Konkurrenzunternehmen in einem Umfang angeboten werden, der über den Vertrieb
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eines Nebenartikels hinausgeht (vgl. BGH ZMR 1968, 248, 250; BGH WM 1975, 163,
164; BGH ZMR 1985, 374). Einen die Ertragslage in der Regel nicht wesentlich
beeinträchtigenden Wettbewerb in bloßen Nebenartikeln muß der Mieter hinnehmen, es
sei denn, seinem Geschäftsbetrieb würde dadurch so starker Abbruch getan, daß die
Mieträume zum Vertragszweck nur noch vermindert brauchbar wären. Als Hauptartikel
gilt diejenige Ware, die den Stil des Geschäfts bestimmt und diesem das ihm
eigentümliche Gepräge gibt (vgl. BGH ZMR 1985, 374, 375).
Für einen Verbrauchermarkt wie den der Firma P., der nach seinem mit den Klägern
geschlossenen Mietvertrag Nahrungs- und Genußmittel aller Art, ebenso wie alle Waren
des täglichen Ge- und Verbrauchs, verkaufen darf, stellen frische Backwaren einen
Hauptartikel nur dann dar, wenn sie in einer Vielfalt, Auswahlmöglichkeit,
Geschlossenheit und Übersichtlichkeit dargeboten werden, die dem Angebot eines
Fachgeschäftes entsprechen, weil der Zweck und das Gepräge des Geschäfts von
Waren dieser Art zumindest mitbestimmt wird (vgl. zu diesen Voraussetzungen BGH,
a.a.O.). Nach dem Vortrag beider Parteien sowie den vom Beklagten zu den Akten
gereichten Fotos (Bl. 143, 144 d.A.) kann nicht davon ausgegangen werden, daß diese
Voraussetzungen in bezug auf die von der Firma P. angebotenen frischen Backwaren
erfüllt werden. Auf den Fotos ist erkennbar, daß das gesamte Angebot an frischen
Backwaren, bestehend aus sieben Brotsorten - größtenteils geschnitten und in
unbeschrifteter durchsichtiger Plastikfolie abgepackt - sowie zwei Brötchensorten, auf
einem nach Schätzung des Senats ca. 1 m breiten und 1,50 m bis 1,70 m hohen Regal
mit fünf Böden untergebracht ist. Insbesondere im Hinblick auf das sich unmittelbar
daran anschließende, wesentlich längere Brotregal für industriemäßig abgepackte, nicht
frische Backwaren läßt sich nicht feststellen, daß das verhältnismäßig geringe Angebot
an frischen Backwaren dem Angebot eines Fachgeschäfts, wie dem des Beklagten,
entspricht. Ein Vergleich mit der Vielzahl der Brot- und Brötchensorten, die auf dem Foto
Bl. 144 d.A. unten im Backshop des Beklagten zu erkennen sind, zeigt deutlich den
Unterschied in der Vielfalt des Sortiments und der damit gegebenen
Auswahlmöglichkeit.
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Der Beklagte hat auch nicht schlüssig dargetan, daß infolge des Angebots von frischen
Backwaren im P.-Markt seine Mieträume zum Vertragszweck nur noch vermindert
brauchbar sind. Die von ihm vorgelegte Ermittlung des Gewinnausfalls (Bl. 147 ff d.A.)
auf der Grundlage eines Vergleichs des Umsatzes mit Backwaren im Zeitraum 01.09.
1995 bis 31.08.1996 einerseits und 01.09.1994 bis 31.08. 1995 andererseits sowie die
Angaben zur Umsatzentwicklung in den Jahren 1994, 1995 und 1996 sind nicht
hinreichend aussagekräftig zur Frage einer Umsatzreduzierung allein aufgrund der
Konkurrenzsituation.
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b)
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Der in § 19 des Mietvertrags vereinbarte Konkurrenzschutz geht nur insoweit über den
vertragsimmanenten Konkurrenzschutz hinaus, als er sich auch auf Nebenartikel
erstreckt. Da durch die Formulierung der "Handel mit frischen Bäckereiwaren" ganz
allgemein und ohne Einschränkung geschützt wird, sind von dem Schutz auch in
Konkurrenzunternehmen nur als Nebenartikel angebotene frische Bäckereiwaren erfaßt.
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Das Verbot, weiteren Handel mit frischen Backwaren zu installieren, betraf zukünftige
Verträge, die die Kläger nach Abschluß des Mietvertrags mit dem Beklagten mit anderen
Mietern abschließen würden. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß eine
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weitergehende Auslegung der Konkurrenzschutzklausel dahin, daß der Schutz auch
gegenüber dem bereits installierten P.-Markt gelten sollte, nicht möglich ist. Die Firma P.
hat mietvertraglich keinerlei Konkurrenzschutzpflichten übernommen und ist nach § 1
Ziffer 2 ihres Mietvertrags zum Verkauf von Nahrungs- und Genußmitteln aller Art - und
damit auch von frischen Backwaren - berechtigt. Gerade weil der Beklagte bei Abschluß
seines Mietvertrags bereits das Risiko eines künftigen Verkaufs frischer Bäckereiwaren
durch den P.-Markt oder andere Mieter im Objekt gesehen hat, war es seine Sache, sich
nach einer Konkurrenzschutzklausel im Mietvertrag der Kläger mit der Firma P. zu
erkundigen. Er hatte keinen Anlaß, von dem Bestehen einer solchen Klausel
auszugehen. Den Klägern ist nicht anzulasten, daß sie den Beklagten nicht von sich
aus auf das Fehlen von Konkurrenzschutzpflichten im Mietvertrag mit der Firma P.
hingewiesen haben. Wer einen Vertrag schließt, hat sich grundsätzlich selbst darüber
zu vergewissern, ob er für ihn von Vorteil ist oder nicht. Hierauf darf sich der andere
Vertragsteil einstellen und braucht deshalb nicht auf Umstände hinzuweisen, von denen
er annehmen darf, daß er nach ihnen gefragt wird, falls auf sie Wert gelegt wird (vgl.
BGH NJW 1982, 376). Der Beklagte konnte aber nicht ohne entsprechende Nachfrage
erwarten, daß die Kläger ihm einen Konkurrenzschutz gewährten, zu dem sie andere
Mieter in bereits früher geschlossenen Mietverträgen nicht ihrerseits verpflichtet hatten.
Unter Berücksichtigung der Interessenlage beider Parteien war es dem Beklagten
vielmehr zumutbar, insoweit bei Vertragsabschluß eine eindeutige Klärung
herbeizuführen. Da er dies nicht getan hat und die Frage einer nachträglichen
Sortimentserweiterung durch bereits in dem Geschäftszentrum ansässige Mieter, die
keine Konkurrenzschutzpflichten übernommen hatten, nicht Gegenstand der
Vertragsverhandlungen war, kann nicht festgestellt werden, daß sich nach dem Willen
beider Vertragsparteien das Verbot der Kläger, in dem Objekt weiteren Handel mit
frischen Bäckereiwaren zu installieren, auf die von der Firma P. vorgenommene
Sortimentserweiterung erstreckt.
2.
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Die restliche Mietzinsforderung für November und Dezember 1995 in Höhe von
1.150,00 DM, die der Beklagte in erster Instanz anerkannt hat, ist nicht durch die von ihm
erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch, den der Beklagte wegen
einer angeblichen Schließung des gesamten Mietobjektes aufgrund von der Firma P.
durchgeführter Umbaumaßnahmen an vier Tagen im September 1996 geltend macht,
erloschen. Der Beklagte hat eine Gegenforderung nicht schlüssig dargetan. Es ist nicht
ersichtlich, aus welchem Rechtsgrund die Kläger für eine eigenmächtig von der Firma P.
veranlaßte Schließung des Geschäftszentrums, von der die Kläger unbestritten nichts
gewußt haben, schadensersatzpflichtig sein sollen. Falls die Schließung zu einem
Mangel der Mietsache im Sinne der §§ 537, 538 BGB geführt hat, fehlt es an einem
ursächlichen Umstand, den die Kläger zu vertreten hätten, da die Firma P. nicht ihr
Erfüllungsgehilfe gegenüber dem Beklagten ist.
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II.
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Der Anspruch auf Räumung und Herausgabe des vom Beklagten gemieteten
Ladenlokals ist gemäß § 556 Abs. 1 BGB begründet, da das Mietverhältnis durch die
Kündigungserklärung der Kläger in der Klageschrift beendet worden ist.
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Die Kläger waren gemäß § 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigt, da
der Beklagte sich in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit
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der Entrichtung des Mietzinses in Höhe eines Betrages in Verzug befand, der den
Mietzins für zwei Monate erreicht. Die Leistung ist nicht infolge eines Umstandes
unterblieben, den der Beklagte nicht zu vertreten hat (§ 285 BGB), da die von ihm
vorgenommene Mietminderung nicht auf einem unverschuldeten Rechtsirrtum beruhte.
Nach herrschender Meinung braucht der Schuldner für einen unverschuldeten
Rechtsirrtum nicht einzustehen. An den Entlastungsbeweis sind jedoch strenge
Anforderungen zu stellen (BGH NJW 1994, 2755). Es genügt nicht, daß der Schuldner
die Rechtslage sorgfältig prüft und sich nach sachgemäßer Beratung eine eigene
Rechtsauffassung gebildet hat. Unverschuldet ist der Irrtum vielmehr nur dann, wenn der
Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen
im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte (vgl. BGH NJW 1951, 398; BGH NJW-RR
1990, 160, 161). Von dem Vorwurf fahrlässigen Verhaltens kann er sich nicht schon
dann befreien, wenn er sich auf seine eigene Rechtsauffassung, mag sie auch noch so
sorgfältig erwogen sein, verläßt, sondern nur, wenn er auch die Möglichkeit einer
abweichenden Beurteilung durch die Gerichte in Betracht zieht (vgl. BGH NJW 1951,
398).
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Diesen Anforderungen genügt das Verhalten des Beklagten nicht. Zwar hat er bei einem
Rechtskundigen Rechtsrat eingeholt, indem er den Geschäftsführer des Verbandes des
Rheinischen Bäckerhandwerks in die Auseinandersetzung mit den Klägern
einschaltete. Dieser vertrat gegenüber den Klägern die Ansicht, das Angebot frischer
Backwaren im P.-Markt verstoße gegen den Konkurrenzschutz in § 19 des von den
Parteien geschlossenen Mietvertrags. Dieser Standpunkt konnte jedoch auch aus der
Sicht des Beklagten nicht zwingend sein, da der Wortlaut der Konkurrenzschutzklausel
nicht so eindeutig war, daß nicht auch eine Auslegung in Betracht kam, wie sie die
Kläger vornehmen. Zweifel an der Richtigkeit der vom Beklagten vertretenen Auffassung
mußten sich ihm spätestens dann aufdrängen, als die Kläger ihm unter dem 20.09.1995
(Bl. 48 d.A.) mitteilten, die Firma P. unterliege aufgrund ihrer mietvertraglichen
Vereinbarungen keiner "Verbrauchseinschränkung". Damit war - für den Beklagten
erkennbar - gemeint, daß der Mietvertrag zwischen den Klägern und der Firma P. keine
Konkurrenzschutzklausel enthielt, die den Klägern die rechtliche Möglichkeit gegeben
hätte, gegen das Angebot frischer Backwaren im P.-Markt vorzugehen. Unter diesen
Umständen war zumindest zweifelhaft, ob die Kläger sich - ohne ausdrücklich hierüber
gesprochen zu haben - gegenüber dem Beklagten zu einem Konkurrenzschutz
verpflichten wollten, den sie ihrerseits gegenüber dem Konkurrenten nicht durchsetzen
konnten. Bei dieser Zweifelhaftigkeit, die Auslegungsfragen bereits von der Sache her in
der Regel anhaften und die hier im Meinungsstreit der Parteien evident wurde, mußte
der Beklagte mit einer von seiner Auffassung abweichenden Beurteilung durch die
Gerichte rechnen. Hierbei handelt es sich um das normale Prozeßrisiko einer nicht ganz
klaren Sachlage. Dieses Risiko trägt der Schuldner einer Leistung jedenfalls dann,
wenn die Leistung für ihn nicht unzumutbar ist (vgl. BGH NJW-RR 1990, 160, 161).
Nachdem die Kläger der Mietzinsminderung ab Dezember 1995 mehrfach
widersprochen und unter dem 16.10.1996 die fristlose Kündigung angedroht hatten, falls
ein ohne Anerkennung einer Rechtspflicht von ihnen unter Berücksichtigung einer
Minderung von monatlich 75,00 DM errechneter Mietzinsrückstand bis Oktober 1996 in
Höhe von 5.376,25 DM nicht bis zum 25.10.1996 ausgeglichen würde, war dem
Beklagten zumindest eine Zahlung dieses Betrages unter Vorbehalt zumutbar. Er
konnte sodann eine gerichtliche Klärung herbeiführen, ohne das Risiko einer wirksamen
fristlosen Kündigung einzugehen.
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Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergehen nach §§ 708 Nr. 10, 711,
108 ZPO.
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Berufungsstreitwert: 37.651,00 DM
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Beschwer des Beklagten: über 60.000,00 DM (§ 8 ZPO)
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