Urteil des OLG Köln vom 12.03.2008

OLG Köln: einstweilige verfügung, unternehmen, ware, versuch, zustellung, form, nachahmung, obliegenheit, berechtigung, auflage

Oberlandesgericht Köln, 6 W 21/08
Datum:
12.03.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 21/08
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 139/07
Normen:
ZPO § 890
Tenor:
1.) Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der
1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 139/07 SH
I – vom 7.12.2007, durch den gegen sie wegen Verstoßes gegen das in
der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 24.5.2007 – 81 O 139/07
– ausgesprochene Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld in Höhe von
50.000 € festgesetzt worden ist, wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Schuldnerin zu
tragen.
G R Ü N D E
1
Die gem. §§ 793, 890 Abs.1, 891 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat
aber in der Sache keinen Erfolg.
2
Die Einwände der Schuldnerin, wonach die einstweilige Verfügung zu Unrecht
ergangen ist, können der sofortigen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Im
Zwangsvollstreckungsverfahren ist die materielle Berechtigung des zugrundeliegenden
Titels nicht zu überprüfen.
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Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zunächst Bezug genommen wird, hat
das Landgericht einen – erheblichen - Verstoß der Schuldnerin gegen das ihr auferlegte
Verbot darin gesehen, dass sie die gewerblichen Abnehmer der Schrank- und
Vitrinenelemente, deren Vertrieb ihr untersagt worden war, nicht dazu angehalten hat,
diese aus ihrem Sortiment zu nehmen. Es obliegt dem Unterlassungsschuldner nicht
nur, keine weiteren Handlungen vorzunehmen, die eine Verletzung des
Unterlassungsgebotes darstellen. Er muss vielmehr auch aktiv tätig werden, um die
drohende Verwirklichung eines Verletzungsfalles nach Kräften abzuwenden, die auf
Grund einer von ihm bereits vorgenommenen Handlung droht (vgl. BGH NJW 93, 1076 f
– "Straßenverengung"; Senat MD 99, 881 f; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche
Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage, Kap. 57 Rz. 26; Ahrens/Spätgens, Der
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Wettbewerbsprozess, 5. Aufl. Kap. 64, Rz 61; Hefermehl/Köhler/Bornkamm 26. Aufl., §
12 Rz 6.7). In dem hier gegebenen Falle des Vertriebsverbotes hat der
Unterlassungsschuldner, soweit ihm dies möglich ist, auch dafür Sorge zu tragen, dass
solche Exemplare der streitgegenständlichen Ware, die sich bereits auf dem Absatzweg
befinden, aber auf der letzten Handelsstufe noch nicht abgesetzt sind, dem
Endverbraucher nicht mehr angeboten werden. Diese Obliegenheit entfällt nicht von
vornherein deswegen, weil die Abnehmer der Schuldnerin nicht in deren
Vertriebsorganisation eingebunden und als eigenständige Unternehmen auch nicht von
ihr weisungsabhängig sind. Denn es ist naheliegend, dass die Handelspartner einen
Hinweis der Schuldnerin darauf, dass ihr der weitere Vertrieb gerichtlich untersagt sei,
zum Anlass genommen hätten, ihrerseits die Ware aus dem Sortiment zu nehmen, auch
wenn sie hierzu angesichts der Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen gerade
gegenüber der Schuldnerin nicht verpflichtet waren. Sie mussten angesichts der
parallelen Rechtslage nämlich damit rechnen, dass die Gläubigerin sonst mit Erfolg
auch gegen sie vorgehen würde. Ihrer Verpflichtung, ihren Abnehmern die Rechtslage
deutlich vor Augen zu führen und den Versuch zu unternehmen, sie von einem weiteren
Vertrieb abzuhalten, ist die Schuldnerin nicht nachgekommen. Ihr bestrittener Vortrag,
sie habe "unter dem 5.10.2007 den Möbelhandel entsprechend informiert", genügt den
insoweit zu stellenden Anforderungen nicht: Die Schuldnerin hätte umgehend nach
Zustellung der Verbotsverfügung am 30.5.2007 – und nicht erst gut vier Monate später
und nach Einleitung des vorliegenden Bestrafungsverfahrens - im vorbeschriebenen
Sinne tätig werden müssen. Es kommt daher nicht darauf an, dass sich aus dem
vorzitierten unsubstantiierten Vortrag nicht entnehmen lässt, dass die Schuldnerin in der
gebotenen Weise auf einzelne Abnehmer eingewirkt habe. Anhaltspunkte dafür, dass
ihre Abnehmer die geschuldeten rechtlichen Hinweise und eine nachhaltige Bitte, von
dem Weitervertrieb abzusehen, ignorieren würden, hat die Schuldnerin nicht
substantiiert vorgetragen. Ihr Vortrag, das als Anlage AG 2 zur Beschwerdebegründung
vorgelegte Schreiben der Gläubigerin an verschiedene Möbelhändler vom 11.7.2007 sei
erfolglos gewesen, ist insoweit unergiebig, weil das dort – als beigefügte Anlage - allein
angesprochene Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten an die Gläubigerin vom
10.7.2007 nicht vorgelegt worden ist. Überdies hat die Gläubigerin unwidersprochen
vorgetragen, bei ihr seien (bezüglich der Rechtmäßigkeit des Vertriebs) diverse
Anfragen eingegangen. Dies legt es nahe und lässt es jedenfalls nicht von vornherein
ausgeschlossen erscheinen, dass die Abnehmer zumindest in erheblicher Anzahl den
Vertrieb bis zu einer endgültigen Klärung eingestellt hätten, wenn die Schuldnerin als
ihre Lieferantin sie in angemessener Form darauf hingewiesen hätte, dass ihr wegen
des – in der Sache auch sie als Vertreiber treffenden - Vorwurfes der unlauteren
Nachahmung der weitere Vertrieb untersagt worden sei.
Auch der Höhe nach ist das festgesetzte Ordnungsgeld nicht zu beanstanden. Die
Schuldnerin, die selbst eingeräumt, sie habe sich (zunächst) "hinsichtlich irgendwelcher
Aufklärungen zurückgehalten", will unter dem 5.10.2007 in nicht näher beschriebener
Weise "den Möbelhandel entsprechend informiert" haben. Zumindest gut vier Monate
lang nach dem Verbot hat sie damit dem weiteren Absatz der Möbel nicht
entgegengewirkt. In diesem Zeitraum sind – zumindest zeitweilig - die Schrank- und
Vitrinenelemente in den gerichtsbekannt großen Möbelhäusern Q Möbel, und zwar in
ca. 22 Filialen, SB-Möbel C, dort sogar in ca. 77 Filialen, und dem S Möbelzentrum
sowie dem Einrichtungshaus Möbel T in U und u.a. den Möbelhäusern der D-Gruppe
ausgestellt gewesen. Angesichts dieser erheblichen Breitenwirkung entspricht die Höhe
des Ordnungsgeldes von 50.000 € dem Zweck des Ordnungsmittelverfahrens, nicht nur
die Schuldnerin zu einer zukünftigen Befolgung des Verbotes zu veranlassen, sondern
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auch das in dem bewussten Dulden des weiteren Abverkaufs liegende Unrecht zu
ahnden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Beschwerdewert: 50.000 €.
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