Urteil des OLG Köln vom 01.09.2003

OLG Köln: rechtskraft, tod, erlass, aussetzung, beendigung, unterbrechung, versorgung, handbuch, scheidungsverfahren, eherecht

Oberlandesgericht Köln, 4 UF 71/03
Datum:
01.09.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 UF 71/03
Vorinstanz:
Amtsgericht Brühl, 31 F 276/02
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
Das als befristete Beschwerde gemäss § 621 e Abs. 1 i. V. m. § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
statthafte und auch im übrigen zulässige, insbesondere entsprechend § 517, § 520 Abs.
2 Satz 1 ZPO fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsmittel des Antragstellers hat
in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen hat das
Amtsgericht den Antrag, den familiengerichtlichen Beschluss von 28. Juni 1995
aufzuheben, abgelehnt. Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine
abweichende Entscheidung.
2
Auf § 1587 e Abs. 2 BGB, wonach mit dem Tode des Ausgleichsberechtigten der
Anspruch auf Versorgungsausgleich erlischt, vermag der Antragsteller sein
Aufhebungsbegehren nicht mit Erfolg zu stützen. Zwar ist in Bezug auf die vorgenannte
Bestimmung anerkannt, dass im Falle des Todes des - vorab rechtskräftig geschiedenen
- ausgleichsberechtigten Ehegatten nach Erlass, aber vor Rechtskraft der
Versorgungsausgleichsentscheidung die Rechtsfolge des Erlöschens der
Ausgleichsansprüche auf Antrag des Ausgleichspflichtigen im Wege eines gerichtlichen
(Ergänzungs-)Beschlusses ausgesprochen werden kann (vgl. OLG Frankfurt FamRZ
1990, 296, 297; Soergel/Lipp, BGB 13. Aufl. § 1587 e Rdn. 26; MünchKomm/Gräper,
BGB 4. Aufl. § 1587 e Rdn. 12). Um eine solche Fallgestaltung geht es indes im Streitfall
nicht. Die Ehe des Antragstellers und seiner früheren Ehefrau ist nämlich bereits durch
Urteil des Familiengerichts Brühl vom 17. Februar 1981 rechtskräftig geschieden
worden. Über den Versorgungsausgleich, der im Scheidungsverfahren abgetrennt
worden war, hat das Oberlandesgericht Köln durch Beschluss vom 27. September 1984
(14 UF 51/84) rechtskräftig befunden. Der Beschluss des Amtsgerichts Brühl vom 28.
Juni 1995 (30 [14] F 398/89), dessen Aufhebung der Antragsteller nunmehr unter
Hinweis darauf begehrt, dass seine von ihm geschiedene Ehefrau vor Eintritt der
Rechtskraft dieser Entscheidung - nämlich am 13. Juli 1995 - verstorben ist, ist daher
nicht im ursprünglichen Versorgungsausgleichsverfahren, sondern vielmehr in einem
durch Antrag der Beteiligten zu 2) vom 26. Juni 1989 in Gang gesetzten selbständigen
3
Abänderungsverfahren gemäss § 10 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAHRG (vgl. Bl. 1 d. BA 30
[14] F 398/89 AG Brühl) ergangen. Auf eine solche Fallkonstellation findet § 1587 e Abs.
2 BGB allgemeiner Auffassung zu Folge keine Anwendung. Die Vorschrift hat vielmehr
Bedeutung nur für den Fall, dass die Ehe zwar rechtskräftig geschieden, über den
Versorgungsausgleich indes noch keine rechtskräftige Entscheidung getroffen worden
ist (vgl. MünchKomm/Gräper a. a. O. § 1587 e Rdn. 12). Stirbt der Ausgleichsberechtigte
dagegen - wie hier - erst nach rechtskräftig durchgeführtem Versorgungsausgleich,
bleibt die Entscheidung wirksam und führt zu einer fortdauernden Kürzung der
Versorgungsbezüge des Verpflichteten (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht 3.
Aufl. § 1587 e Rdn. 8; Schwab/Hahne, Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. Teil VI.
Rdn. 215; Palandt/Brudermüller, BGB 62. Aufl. § 1587 e Rdn. 7).
Auch auf die Bestimmung des § 10 a Abs. 10 VAHRG kann der Antragsteller sich nicht
erfolgreich berufen. Nach Satz 1 dieser Vorschrift endet das (Abänderungs-) Verfahren
nach § 10 a VAHRG mit dem Tod des antragstellenden Ehegatten, wenn nicht ein
Antragsberechtigter binnen drei Monaten gegenüber dem Familiengericht erklärt, das
Verfahren fortsetzen zu wollen. Vorliegend war indes Antragstellerin des Verfahrens 30
[14] F 398/89 AG Brühl nicht die im Jahr 1995 verstorbene Ehefrau des (jetzigen)
Antragstellers, sondern die Beteiligte zu 1) als Versorgungsträger. § 10 a Abs. 10 Satz 1
VAHRG ist daher schon deshalb als Beendigungsgrund für das damalige
Abänderungsverfahren nicht einschlägig, ohne dass es entscheidend auf die weiteren
Tatbestandsmerkmale der Norm, insbesondere also darauf ankommt, ob nicht das
seinerzeitige Abänderungsverfahren durch den Antragsteller - der als Ehegatte
antragsberechtigt im Sinne von § 10 a Abs. 4 VAHRG war und der gegen die
Abänderungsentscheidung des Amtsgerichts Brühl vom 28. Juni 1995 Beschwerde zum
Oberlandesgericht Köln, gegen dessen Entscheidung weitere Beschwerde zum
Bundesgerichtshof und sodann gegen die ihm ungünstige Entscheidung des
Bundesgerichtshofs noch eine gleichfalls erfolglos gebliebene Verfassungsbeschwerde
zum Bundesverfassungsgericht eingelegt hat - im Sinne von § 10 a Abs. 10 Satz 1
VAHRG fortgesetzt worden ist. Einschlägig ist vorliegend vielmehr allein § 10 a Abs. 10
Satz 2 VAHRG, wonach nach dem Tode des Antragsgegners das Verfahren gegen
dessen Erben fortgesetzt wird. Da im Streitfall das seinerzeitige Abänderungsverfahren
durch die Beteiligte zu 2) als Versorgungsträger eingeleitet worden war, waren sowohl
der (jetzige) Antragsteller als auch dessen geschiedene Ehefrau Antragsgegner im
Sinne des § 10 a Abs. 10 Satz 2 VAHRG (vgl. BGH FamRZ 1990, 1339, 1340;
Palandt/Brudermüller a. a. O. Anhang zu § 1587 d, § 10 a VAHRG Rdn. 41). Stirbt aber
nicht der Antragsteller, sondern vielmehr der Antragsgegner bzw. - wie hier - einer der
beiden Antragsgegner, führt dieser Umstand nach der ausdrücklichen gesetzlichen
Anordnung des § 10 a Abs. 10 Satz 2 VAHRG gerade nicht zur Verfahrensbeendigung.
Da die geschiedene Ehefrau des (jetzigen) Antragstellers im damaligen
Abänderungsverfahren 30 [14] 398/89 AG Brühl, wie sich aus der vom Senat
beigezogenen Verfahrensakte ergibt, anwaltlich vertreten war, ist aufgrund ihres Todes
auch keine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten (vgl. Hahne FamRZ 1987, 217,
230; Staudinger/Rehme, BGB 13. Bearbeitung § 10 a VAHRG Rdn. 99;
Johannsen/Henrich/Hahne a. a. O. § 10 a VAHRG Rdn. 60). Ein Antrag auf Aussetzung
des Abänderungsverfahrens entsprechend §§ 239, 246 ZPO (vgl. dazu
Johannsen/Hahne a. a. O.) ist ausweislich der Beiakte seinerzeit nicht gestellt worden.
Der Tod der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers nach Erlass des
Abänderungsbeschlusses des Amtsgerichts Brühl vom 28. Juni 1995 hat deshalb den
Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung nicht gehindert.
4
Auch die Vorschrift des § 4 VAHRG verhilft dem Beschwerdeanliegen nicht zum Erfolg.
Wie sich aus der Beiakte 30 [14] 398/89 AG Brühl (dort Bl. 5) ergibt, war die nach dem
durchgeführten Versorgungsausgleich ausgleichsberechtigte geschiedene Ehefrau des
Antragstellers bei Einleitung des Abänderungsverfahrens im Jahre 1989 schon 74 Jahre
alt. Nichts spricht deshalb dafür, dass in ihrer Person die tatbestandlichen
Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 2 VAHRG für einen - ggfls. auch nur anteiligen -
Wegfall der Kürzung der Versorgung des Ausgleichspflichtigen gegeben waren bzw.
sind.
5
Da eine Aufhebung des Beschlusses vom 28. Juni 1995 mithin nicht in Betracht kommt
bzw. die Beendigung des seinerzeitigen Abänderungsverfahrens aufgrund des Todes
der geschiedenen Ehefrau des Antragstellers nicht ausgesprochen werden kann, muss
das Beschwerdebegehren des Antragstellers insgesamt erfolglos bleiben.
6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG (vgl. auch
Johannsen/Henrich/Thalmann a. a. O. § 621 ZPO Rdn. 97).
7
Beschwerdewert: bis 500,00 EUR
8