Urteil des OLG Köln vom 30.04.1998

OLG Köln (entlastung, 1995, verwalter, beschwerde, verwaltung, meinung, eigentümer, gerichtskosten, kostenverteilung, anfechtung)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 43/98
Datum:
30.04.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 43/98
Normen:
WEG § 21 ABS. 3;
Rechtskraft:
unanfechtbar
Entlastung des Verwalters; Sonderumlage für Reparaturarbeiten
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WEG § 21 Abs. 3 1) Hat der Verwalter auch keinen Anspruch darauf, daß ihm für seine
Arbeit Entlastung erteilt wird, so liegt ein derartiger Beschluß dennoch im Rahmen
ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn keine Pflichtverletzungen des Verwalters
ersichtlich sind. 2) Ob größere Reparaturarbeiten aus der hierfür wahrscheinlich
ausreichenden Instandhaltungsrücklage bezahlt werden sollen, oder ob insoweit
sogleich eine Sonderumlage durchgeführt wird, um eine Erschöpfung der Rücklage zu
vermeiden, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinschaft. Es besteht kein
Anspruch darauf, immer zunächst die Rücklage auszuschöpfen.
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16 Wx 43/98 29 T 223/97 LG Köln 16 UR II 26/95-a-WEG AG Leverkusen
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OBERLANDESGERICHT KÖLN
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B E S C H L U S S
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In dem Wohnungseigentumsverfahren
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pp.
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hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch seine Mitglieder Dr.
Schuschke, Becker und Dr. Ahn-Roth
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am 30.April 1998 b e s c h l o s s e n :
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Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner vom 10.2.1998 wird der
Beschluß der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 16.Januar 1998 - 29 T 223/97
- teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Leverkusen
vom 18.7. 1997 - 16 UR II 26/95a-WEG - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß
die Antragsgegner 5% der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und der 1. Instanz
tragen; die Antragstellerin hat 95 % der Gerichtskosten 1. und 2. Instanz zu tragen.
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Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
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Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet - auch in 1. und 2. Instanz - nicht statt.
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Gründe
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Beide weiteren Beschwerden sind zulässig (§ 45 WEG, §§ 27, 29 FGG). In der Sache
hat lediglich das Rechtsmittel der Antragsgegner Erfolg, während die
Rechtsbeschwerde der Antragstellerin unbegründet ist. Die beantragte
Ungültigkeitserklärung verschiedener Beschlüsse aus der Eigentümerversammlung
vom 16.6.1995 ist unbegründet. Dies gilt auch -entgegen der Meinung des Landgerichts
- hinsichtlich der Entlastung des Verwalters in Bezug auf die Jahresabrechnung 1994
(TOP 3 ). Soweit auf sofortige Beschwerde die Entscheidung hinsichtlich der Kosten des
übereinstimmend für erledigt erklärten Antrags zu 2)(Beseitigung von
Feuchtigkeitsschäden ) zugunsten der Antragstellerin abgeändert worden ist, haben die
Antragsgegner diese sie belastende Kostenverteilung akzeptiert und ihre
Rechtsbeschwerde nicht auf diese Kostenentscheidung erstreckt.
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Die Entscheidung des Landgerichts zum Beschluß der Eigentümerversammlung zu
TOP 3 ist nicht rechtfehlerfrei, ÜÜ 27 FGG, 550 ZPO. Entgegen der Meinung des
Landgerichts ist der zu TOP 3 gefaßte Beschluß rechtlich nicht zu beanstanden.
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Das Landgericht hat hierzu sinngemäß ausgeführt, dem Verwalter stehe ein Anspruch
auf Entlastung nicht zu, da sein Vertrag dies ebensowenig wie die Teilungserklärung
vorsehe. Im übrigen ergäbe sich auch aus weiteren Erwägungen kein solcher
Rechtsanspruch: Sei ihm kein Fehlverhalten vorzuwerfen , so bedürfe es keiner
Entlastung. Läge ein noch nicht bekanntes Fehlverhalten vor, so sei das Verlangen
nach Entlastung treuwidrig. Schließlich könne - als weitere Alternative -ein Verzicht der
Wohnungseigentümer auf etwaige Rückgriffsansprüche allenfalls einstimmig erfolgen.
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Diese Meinung ist nicht rechtsfehlerfrei. Zwar geht das Beschwerdegericht zu Recht
davon aus, daß dem Verwalter ein Rechtsanspruch auf Entlastung nicht zusteht, wenn
die vertraglichen Regelungen einen solchen nicht ausdrücklich vorsehen. Das
Landgericht übersieht jedoch bei seinen Überlegungen, daß daraus nicht der
Umkehrschluß zu ziehen ist, eine Entlastung dürfe ihm dann auch durch
Mehrheitsbeschluß nicht erteilt werden. Eine solche Entlastung ist vielmehr immer
zulässig, wenn sie sich im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des Ü 21
Abs. 3 WEG hält (vgl. Senat v. 27.3.1998, 16 Wx 42/98; Senat v. 13.9.1996 - 16 Wx
190/96 ). Das ist hier der Fall. Für eine Unrichtigkeit in der Jahresabrechnung 1994
bestehen keine Anhaltspunkte. Die Angriffe der Antragstellerin gegen die bisherige
Abrechnungspraxis der Verwaltung, so auch bezüglich des Jahres 1994, gehen ins
Leere. Denn - wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat -, basiert diese auf den
Vorgaben der Teilungserklärung ( Ü 11 der Teilungserklärung v. 16.9.1974), die bislang
mangels anderweitiger Regelungen für die Verteilung der Lasten verbindlich ist, § 16
WEG. Dem Verwalter ist es deshalb verwehrt, einen anderen Verteilungsschlüssel
zugrunde zu legen. Die von der Antragstellerin behauptete Veränderung in der
Aufteilung der Wohnflächen, die eine Änderung der anteiligen Kostentragungspflicht zur
Folge haben könnte, müßte gegebenenfalls in einem gesonderten Verfahren auf
Änderung des Verteilungschlüssels geltend gemacht werden, § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG.
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Hierzu bedürfte es gegenüber der anwaltlich vertretenen Beteiligten keines
ausdrücklichen Hinweises mehr, § 12 FGG.
Schließlich ist nicht ersichtlich, daß der Verwalter oder die Eigentümergemeinschaft
bisher ein entsprechendes Begehren der Antragstellerin in rechtsmißbräuchlicher Weise
abgelehnt hätten. Eine Beschlußfassung zu diesem Punkt in der
Eigentümerversammlung v. 16.6.1995, wie es die Antragstellerin mit ihrem Schreiben
vom 6.6.1995 beantragt hat, kam schon deshalb nicht in Betracht, weil die Aufnahme
dieses -beantragten- TOP in der Einladung v. 31.5.1995 fehlte, § 23 Abs. 2 WEG.
Spätere Anträge aus dem Jahre 1996 sowie diesbezügliche Reaktionen des Verwalters
sind hier ohne Belang, da die 1995 beschlossene Entlastung für die Abrechnung 1994
Gegenstand des Anfechtungsverfahrens ist.
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Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Anfechtung des
Beschlusses zu TOP 4 für unbegründet erachtet. Bezüglich der Verbindlichkeit des
Verteilungsschlüssels wird auf die obigen Ausführungen zu TOP 3 verwiesen. Ebenfalls
ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin gegen die Nichterhöhung der
Instandhaltungsrücklage. Die hier von der Wohnungseigentümergemeinschaft
getroffene Regelung, zu erwartende Reparaturkosten durch eine einmalige
Sonderumlage und nicht durch eine Erhöhung der Instandsetzungsrücklage
auszugleichen, ist nicht zu beanstanden. Dieser Beschluß hält sich im Rahmen einer
ordnungsgemäßen Verwaltung, § 21 Abs. 3 WEG ( Vgl. Bärmann/Merle, WEG, 7. Aufl., §
28 Rz. 35, § 16 Rz. 47 ). Daß aufgrund andauernder und wiederholt erforderlicher
Instandsetzungsarbeiten die 1995 geltende Instandsetzungsumlage vorhersehbar
dauerhaft nicht ausreichend sein wird, ist nicht erkennbar. Soweit die Antragstellerin auf
finanzielle Engpässe der Gemeinschaft im Jahre 1996 hinweist, sind dies einmalige
Gegebenheiten, die im übrigen zeitlich nach der angegriffenen Beschlußfassung liegen.
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Hieraus ergibt sich bereits, daß die Anfechtung der Beschlußfassung zu TOP 9 ohne
Erfolg bleibt. Im übrigen wird auch die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme der
Eigentümer wegen der Reparaturmaßnahmen von der Antragstellerin nicht bestritten.
Die Berechnung der Höhe der Sonderumlage erschließt sich nach Auslegung der
Beschlußfassung am 16.6.1995, nämlich in Höhe eines Jahresbetrages der auf den
jeweiligen Eigentümer entfallenden Instandhaltungsrücklage.
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Der Beschluß zu TOP 10 a, der eine Anpassung des Balkonanstrichs vorsieht, ist
ebenfalls rechtsfehlerfrei. Die Durchführung eines Fassadenneuanstrichs findet seine
rechtliche Grundlage in der Beschlußfassung v. 21.5.1993 (TOP 8a ). Dabei spielt es
keine Rolle, ob zuvor den Wohnungeigentümern oder lediglich dem Verwalter von der
ausführenden Firma Farbmuster vorgelegt worden sind. Die jetzige Farbausführung, die
im üblichen Rahmen liegt, wird von der Mehrheit der Eigentümer gebilligt und
widerspricht nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung, § 21 Abs. 3 WEG. Die farbliche
Angleichung der Fassade des Balkons der Antragstellerin, die diese selbst anders
gestaltet hat, auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft ist dementsprechend
nicht zu beanstanden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf Ü 47 WEG. Da die Beschwerde der Antragstellerin
hinsichtlich der Kostenverteilung, die den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil
betraf, Erfolg hatte, sind den Antragsgegnern insoweit anteilig Kosten aufzuerlegen.
Gründe, von dem Grundsatz des Ü 47 S. 2 WEG abzuweichen, lagen nicht vor.
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Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 18.500,- DM (5.000-DM ; 5000,- DM;
8.000,-DM; 500,- DM ), § 48 Abs. 3 WEG. Die vom Landgericht vorgenommene
Geschäftswertfestsetzung ist von beiden Parteien nicht in Frage gestellt worden.
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Dr. Schuschke Becker Dr. Ahn-Roth
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