Urteil des OLG Köln vom 16.11.1999

OLG Köln: eintritt des versicherungsfalls, deklaration, versicherungsschutz, versicherer, datum, international, prämie, cmr, obliegenheit, mahnung

Oberlandesgericht Köln, 9 U 81/99
Datum:
16.11.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 81/99
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 O 52/98
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 9.03.1999 verkündete Urteil
der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O
52/98 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat
die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin
wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
21.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin betreibt ein Transportunternehmen. Mit Beginn 01. Februar 1996
versicherte sie bei der Beklagten ihre Haftung nach KVO und CMR gemäß
Versicherungs-Police vom 23.04.1996 (Anlage K 1 zur Klageschrift).
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Der Versicherung lagen "Versicherungs-Bedingungen" und "Besondere
Vereinbarungen" zugrunde. Beide stammten von dem Versicherungsmakler, dem
erstinstanzlich vernommenen Zeugen H.-P. B.. Die Versicherungspolice, die
"Besonderen Vereinbarungen" und die Versicherungsbedingungen zur
"Versicherungspolice für Haftung nach KVO und CMR" befanden sich auf dem
Geschäftspapier mit dem gedruckten Briefkopf des Versicherungsmaklers "H.-P. B. -
Verkehrs-Assekuranz".
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In den Versicherungsbedingungen heißt es unter Nr. 13:
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" Bleibt die Versicherungsnehmerin mit einer fälligen Prämienanmeldung und/oder
Prämienzahlung länger als zwei Wochen nach empfangener Mahnung mit Hinweis auf
die Rechtsfolgen in Verzug, so sind die Versicherer ebenfalls von der Leistung frei."
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In den "Besonderen Vereinbarungen" heißt es u.a.:
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" 1. Die Zifffer 16.3 der Versicherungs-Bedingungen erhält folgenden Wortlaut:
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Die Prämie (zuzüglich Versicherungssteuer) beträgt, bezogen auf das jeweilige Brutto-
Fachtentgelt,
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...
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c) für Transporte von und in Ostblockstaaten (GUS (europäischer Teil), ... 3,5 % ...
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... Die Versicherungsnehmerin hat die Prämienanmeldungen monatlich nachträglich
jeweils bis zum 10. des Folgemonats vorzunehmen. Es sind ausschließlich die
deklarierten Transporte versichert. ..."
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts der Vereinbarungen wird auf die Anlage
zur Klageschrift Bezug genommen.
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Am 26.07.1996 übernahm die Klägerin als Subunternehmerin von der H. International
GmbH in F. einen LKW - Transport von verschiedenen Parfumsorten nach Moskau. Die
Ladung des LKW geriet dort am 31.07.1996 in Verlust, nachdem der Fahrer von
Unbekannten durch Verabreichung von Betäubungsmitteln bewusstlos gemacht worden
war.
13
Unter dem Datum des 05.08.1996 meldete die Klägerin den Schaden bei dem Zeugen
B. telefonisch an.
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Mit Schreiben vom 19.09.1996 ( AH Bl. 2) erteilte der Versicherungsmakler auf seinem
Geschäftspapier der Klägerin eine Prämienrechnung (Nr. 11182) zur KVO / CMR -
Police für Juli 1996 über 632,-- DM und bat um Ausgleich. In dem Rechnungsschreiben
heißt es weiter: " Bitte geben Sie uns kurzfristig ihre Prämienanmeldung für die Monate
Februar und März 1996 auf..." Unter dem 10.02.1997 (Anlage K 8) mahnte die -
inzwischen gegründete - Verkehrs-Assekuranz GmbH, H., deren Geschäftsführer der
Makler B. ist, gegenüber der Klägerin den Ausgleich verschiedener
Prämienrechnungen, u. a. Rechnung Nr. 11182 vom 19.06.1996 betreffend den hier in
Rede stehenden Transport über 632,50 DM an. In der Folgezeit zahlte die Klägerin den
angemahnten Gesamtbetrag von 3.206,80 DM innerhalb der vorgegebenen Frist an die
Verkehrs - Assekuranz GmbH.
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Anfang August 1997 erhob die G. Incendie Accidents S.A., Paris, gegen die H.n
International GmbH Klage vor dem Landgericht Frankfurt am Main auf Ersatz des
Schadens unter anderem aus dem Parfum-Transport nach Moskau. In jenem
Rechtsstreit wurde der Klägerin der Streit verkündet.
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Mit Schreiben vom 23.09.1997 informierte die Klägerin die Verkehrs-Assekuranz GmbH
über die Streitverkündung. Diese teilte daraufhin unter dem Datum des 24.09.1997
(Anlage K 13) der Klägerin mit, dass die "von uns vertretenen Versicherer" sich nicht mit
dem Schadenfall befassen könnten, weil Prämienverzug vorliege und die Versicherer
keine Deklaration erhalten hätten. Gleichzeitig wurde im Auftrag der Beklagten eine
Kündigung der Police zum 22.10.1997 ausgesprochen.
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Am 16.01.1998 verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main die H. International GmbH
zur Zahlung von Schadensersatz an die G. Incendie Accidents S.A., und zwar wegen
dieses Schadens in Höhe von 298.938,96 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Inhalt der beigezogenen Akte (LG Frankfurt am Main - 3-14 O 22/97) Bezug genommen.
Die H. International GmbH kündigte darauf die Geltendmachung von
Rückgriffansprüchen gegenüber der Klägerin an (Anlage K 16).
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Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Beklagte habe ihr Versicherungsschutz zu
gewähren und sie von Ansprüchen der H. GmbH freizustellen. Die Klägerin hat
behauptet, sie habe dem Zeugen B. unter dem Datum des 05.08.1996 den Schaden
schriftlich angezeigt. Zusammen mit der schriftlichen Schadenmeldung vom 05.08 1996
habe sie die Prämienanmeldung für Juli 1996 (Anlage K 5) vorgelegt. Im übrigen habe
es weder eine Mahnung durch den Versicherer noch einen Hinweis auf die
Rechtsfolgen des Verzuges mit der Prämienanmeldung gegeben.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, sie gegenüber
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der Firma H. International GmbH, Spedition und
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Logistik, E.str., F., von Ver-
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bindlichkeiten in Höhe von DM 298.938,96 und 5 %
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Zinsen hieraus seit 02.08.96 aus dem Verlust von
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9.269 kg Substanzen für die Erzeugung von Parfum
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am 31.07./01.08.96 in Moskau freizustellen
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sowie
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festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin
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gegenüber Versicherungschschutz auch hinsichtlich
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etwaiger weiterer, aus diesem Schadensfall
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resultierender Verbindlichkeiten zu
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gewähren hat.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat sich darauf berufen, dass der fragliche Transport nicht, jedenfalls nicht
rechtzeitig deklariert gewesen sei. Die Prämienanmeldung für Juli 1996 sei erst am
19.09.1996 bei dem Versicherungsmakler eingetroffen. Im übrigen sei dort ein Transport
vom 30.07.1996 erwähnt, während die Übernahme der Ware bereits am 26.07.1996
erfolgt sei.
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Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B. und Ba..
Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften des Amtsgerichts Tostedt
vom 12.10.1998 (Bl. 79 f) und des Landgerichts Aachen vom 26.01.1999 (Bl. 104 ff)
verwiesen.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, wobei der Feststellungsantrag im
Tatbestand und in den Gründen unerwähnt blieb. Zur Begründung hat es im
Wesentlichen ausgeführt, die rechtzeitige Deklaration habe nach dem Vertragsinhalt
konstitutive Bedeutung für den Versicherungsschutz. Eine rechtzeitige Deklaration habe
die Klägerin nicht nachgewiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil erster Instanz und seine
Verweisungen Bezug genommen.
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Gegen dieses ihren Prozeßbevollmächtigten am 19.03.1999 zugestellte Urteil des
Landgerichts hat die Klägerin am 19.04.1999 Berufung eingelegt, die sie nach
Fristverlängerung bis zum 19.16.1999 mit am 21.06.1999 (Montag) bei Gericht
eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
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Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus der ersten Instanz und macht im
Wesentlichen geltend, das Landgericht habe die nicht eindeutigen "Besonderen
Vereinbarungen" unrichtig ausgelegt. Diese hätten nur Bedeutung für die Abrechnung
angemeldeter Transporte. Die Regelung in Ziffer 13 der Versicherungsbedingungen sei
nicht abgeändert worden. Die Beklagte sei vorprozessual auch davon ausgeG.gen, da
sie die Prämien in Rechnung gestellt habe. Schließlich sei eine solche Erweiterung der
Leistungsfreiheit nach § 9 Abs. 2 Satz 2 AGBG unwirksam.
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Die Klägerin beantragt unter Rücknahme des Festellungsantrages,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils,
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die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin gegenüber
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der Firma H. International GmbH, Spedition und
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Logistik, E. 83, F., von
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Verbindlichkeiten in Höhe von DM 298.938,96 und 5 %
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Zinsen hieraus seit 02.08.1996 aus dem Verlust von
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9.269 kg Substanzen für die Erzeugung von Parfums am
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31.07./01.08.1996 in Moskau freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend,
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die "Besonderen Vereinbarungen" seien als Risikobegrenzung anzusehen, die bei nicht
rechtzeitiger Deklaration den Versicherungsschutz entfallen ließen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
Schriftsätze nebst vorgelegten Urkunden ergänzend Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Landgericht hat zu Recht
die Klage abgewiesen.
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I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Versicherungsschutz auf
Grund des Versicherungsvertrages vom 23.04.1996 (Versicherungs-Police Nr. ........
21470/20/1036) zu.
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Die Beklagte kann sich mit Erfolg auf Leistungsfreiheit im Hinblick auf die Regelung der
Deklarationspflicht in Nr. 1 der "Besonderen Vereinbarungen" berufen. Die Klägerin hat
nämlich den Transport nach Moskau nicht rechtzeitig im Sinne der "Besonderen
Vereinbarungen" deklariert, was zur Leistungsfreiheit der Beklagten führt.
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1. Bei der zwischen den Parteien abgeschlossenen Versicherung handelt es sich um
eine laufende Schadensversicherung mit Generalpolice im Sinne einer Versicherung
nach § 187 VVG, bei der die einzelnen Transporte anzumelden sind und die Prämie
nach den Anmeldungen berechnet wird (vgl. Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl.,
§ 187 Rn 11 m. w. N.).
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Die Vereinbarung einer Leistungsfreiheit für den Fall der nicht ordnungsgemäßen
Deklaration im Rahmen einer solchen Versicherung begegnet im vorliegenden Fall
keinen Bedenken.
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Die Deklaration der einzelnen Transporte kann einerseits als Obliegenheit ausgestaltet
sein und an ihre Verletzung Leistungsfreiheit geknüpft werden, sei es mit oder ohne
Geltung des § 6 Abs. 1 VVG (vgl. zur Obliegenheit Kollhosser in Prölss/Martin, a.a.O.,
Rn 17). Andererseits kann ein Risikoausschluss vereinbart sein. Maßgebend für die
Abgrenzung ist der materielle Gehalt der Klausel, nicht Wortlaut und Stellung im
Bedingungswerk (vgl. BGH, r+s 1990, 230 = VersR 1990, 482). Entscheidend ist, ob die
Klausel in erster Linie ein bestimmtes vorbeugendes Verhalten des
Versicherungsnehmers fordert (zum Beispiel Bewachung der Ladung), von dem der
Deckungschutz abhängt - dann Obliegenheit - oder ob sie eine individualisierende
Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das allein der
Versicherungsschutz gewährt werden soll - dann Risikoausschluss -. So liegt der Fall
hier.
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Die Klausel, dass ausschließlich die deklarierten Transporte versichert sind, ist so zu
verstehen, dass nur für die angemeldeten Transporte Versicherungsschutz besteht. Es
handelt sich nicht um die Beschreibung eines vorbeugenden Verhaltens in Bezug auf
den Eintritt des Versicherungsfalls, sondern es wird klargestellt, dass für nicht
deklarierte Transporte kein Deckungsschutz gewährt wird.
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In diesem Zusammenhang gewinnt dann die Vereinbarung in dem unmittelbar
vorhergehenden Satz Bedeutung, dass die Versicherungsnehmerin die
Prämienanmeldung monatlich nachträglich jeweils bis zum 10. des Folgemonats
vorzunehmen hat. Damit wirkt sich die dort genannte Frist auch auf den
Versicherungsschutz aus. Der Versicherer soll nur für die fristgerecht deklarierten
Transporte Deckungsschutz gewähren. Er will sein Risiko durch eine genaue
Fristregelung eingrenzen. Der Versicherungsnehmer soll gezwungen sein, innerhalb
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der Zehntagesfrist zu deklarieren. Damit sollen Manipulationen des
Versicherungsnehmers verhindert werden. Er könnte nämlich sonst, um die Prämien
gering zu halten, nicht alle Transporte deklarieren und erst, nachdem ein Schadenfall
eingetreten ist, diesen Transport nachmelden.
Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass nach dem Vertragstext die Besonderen
Vereinbarungen Ziffer 13 der vereinbarten allgemeinen Versicherungsbedingungen
unberührt lassen, weil nach dem Wortlaut der Besonderen Vereinbarungen nur Ziffer
16.3 der Versicherungsbedingungen ersetzt wird. Dem in Ziffer 13 geregelten
Erfordernis der qualifizierten Mahnung bei Verzug mit der Prämienanmeldung gehen die
"Besonderen Vereinbarungen" vor. Die Auslegung im Gesamtzusammenhang ergibt,
dass hinsichtlich der Prämienanmeldung die "Besonderen Vereinbarungen" spezieller
sein sollen, wenn dies auch - möglicherweise durch ein Redaktionsversehen beim
Abfassen der Bedingungen durch den Makler - in den Besonderen Vereinbarungen
nicht ausdrücklich erwähnt ist. Im Vordergrund stand zunächst die spezielle Regelung
der Höhe der Prämie abweichend von Ziffer 16.3 der allgemeinen Bedingungen.
Gleichzeitig sollte aber ebenfalls nach dem Sinn und Zweck dort die Deklaration, auch
im Hinblick auf Ziffer 16 Nr. 7 der allgemeinen Bedingungen, die sich mit der
Anmeldung befasst, speziell und abschließend geregelt werden. Ziffer 13 der
allgemeinen Bedingungen läuft im übrigen auch nicht völlig leer. Die Frage der
rückständigen Prämienzahlung ist weiterhin dort geregelt.
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Im übrigen würde sich ein etwaiger Widerspruch auch zu Lasten der Klägerin
auswirken, da beide Bedingungswerke vom Makler stammen, wie im Folgenden noch
ausgeführt wird.
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Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die "Besonderen
Vereinbarungen" nach § 9 AGBG unwirksam seien.
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Denn es handelt sich jedenfalls um sogenannte Maklerbedingungen, die nicht der
Versicherer, sondern der Makler wiederkehrend verwenden will. Diese Frage hat der
Senat in der mündlichen Verhandlung ausführlich mit den Parteien erörtert. Zwischen
den Parteien ist es unstreitig gewesen, dass der Zeuge B., auch wenn er in Vollmacht
der beklagten Versicherung unterschrieben hat, als Versicherungsmakler tätig
geworden ist und die verwendeten Versicherungsbedingungen und besonderen
Vereinbarungen von ihm erstellt worden sind.
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Bei solchen Maklerbedingungen ist der Versicherungsnehmer und nicht der Versicherer
Verwender im Sinne des AGBG, auch wenn der Makler sie formuliert hat und
wiederkehrend verwenden will (vgl. Kollhosser in Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 49, Rn
6). Entscheidend für die Einordnung und Zurechnung ist nämlich, dass die Bedingungen
nicht von dem Versicherungsunternehmen aufgestellt sind. Sie sind ausschließlich von
dem Makler formuliert. Damit hat sie nicht die Versicherung "gestellt" im Sinne von § 1
Abs. 1 Satz 1 AGBG, so dass sie nicht Verwender ist.
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Im übrigen ist zweifelhaft, ob für die "Besonderen Vereinbarungen" der AGBG
anzuwenden ist, weil ungeklärt blieb, ob der Makler diese Bedingungen möglicherweise
nur für die Klägerin formuliert hat (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 AGBG).
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Demnach konnte der Senat offenlassen, ob die von dem Makler formulierten
Versicherungsbedingungen im Zusammenhang mit den besonderen Vereinbarungen
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eine unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 9
AGBG darstellen.
2. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass sie den Transport nach Moskau rechtzeitig
deklariert hat, innerhalb der in den "Besonderen Vereinbarung" bestimmten Frist.
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Die telefonische Schadenmeldung vom 05.08.1996 reichte nicht aus. Sie stellt noch
keine Deklaration im Sinne der Vereinbarungen der Parteien dar. Die telefonische
Meldung betrifft nur den Schadenfall. Eine Deklaration bedeutet aber die Angabe von
Beförderungsmonat, Jahr, Datum, Start und Ziel des Transports, Kennzeichen des LKW,
Gewicht, Brutto und Fracht in DM sowie Prämienbetrag. Dies geht auch aus dem von
dem Versicherungsmakler der Klägerin zur Verfügung gestellten Formular der
Prämienanmeldung zur KVO/CMR - Police (Anlage K 5) hervor, in dem die
entsprechenden Eintragungen laut Vordruck vorgesehen sind.
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Daß schriftlich rechtzeitig deklariert worden sei, hat die insoweit beweispflichtige
Klägerin (vgl. Prölss in Prölss/Martin,a.a.O, § 1 Rn 41 mit weiteren Nachweisen) nicht
beweisen. Dies ergibt sich aus der vor dem Landgericht durchgeführten
Beweisaufnahme. Der Senat sah keine Veranlassung, die Zeugen erneut zu
vernehmen.
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Der Zeuge B. hat nach seiner Bekundung vor dem Landgericht die Prämienanmeldung
erst am 19.09.1996 erhalten, also nicht fristgerecht. Auf dem Schriftstück befindet sich
ein Eingangsstempel mit Datum 19.09.1996. Nach der Art des in kaufmännischer Weise
eingerichteten Geschäftsbetriebes und seiner von ihm beschriebenen Organisation des
Maklerbüros ist davon auszugehen, dass die eingehenden Schriftsücke sorgfältig
kontrolliert werden. Außerdem spricht auch der Inhalt des Schreibens des Zeugen B.
vom 19.09.1996 für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Wenn die Deklaration früher
erfolgt wäre, hätte es nahegelegen, die Prämie früher geltend zu machen. Im übrigen
sind ebenfalls die Prämienanmeldungen für April, Mai und Juni 1996 erst verspätet am
19.07. 1996 bei dem Zeugen eingegangen wie das Landgericht aus der vorgelegten
Akte und den Eingangsstempeln des Zeugen B. entnommen hat. Schließlich deutet der
Inhalt der Telefongespächsnotiz vom 02.09.1996, die Klägerin habe sich nicht melden
können, darauf hin, dass eine schriftliche Schadenanzeige nicht erfolgt ist, also auch
keine gleichzeitige Prämienanmeldung.
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Demgegenüber sind die Angaben des Zeugen Ba. nicht glaubhaft. Seine Angaben sind
widersprüchlich. Einerseits bekundet er, dass er den Fahrer F. als Hilfe hinzugezogen
habe , als er das Schreiben vom 05.08.1996 und die Prämienanmeldung geschrieben
habe. Andererseits gibt er an, er habe immer das Datum der Gutschrift des Spediteurs
angegeben. Insoweit konnte der Fahrer aber keine Hilfe leisten. Es spricht nichts dafür,
dass das Schreiben vom 05.08.1996 zusammen mit der Prämienanmeldung
abgeschickt worden ist.
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Eine Vernehmung des Zeugen F. durch den Senat kam nicht in Betracht. Gemäß § 528
Abs. 3 ZPO bleibt dieses Beweismittel ausgeschlossen, weil die Zurückweisung im
ersten Rechtsszug nach § 296 Abs. 2 ZPO zu Recht erfolgt ist. Der Zeuge F. ist erst in
der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 26.01.1999 benannt worden. Wie das
Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hätte die Zulassung die Erledigung des
Rechsstreits verzögert, weil ein neuer Termin erforderlich geworden wäre. Beweisantritt
ist auch infolge grober Nachlässigkeit verspätet gewesen, weil der Klägerin nach dem
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Stand des Verfahrens die Wichtigkeit des zusätzlichen Beweismittels hätte einleuchten
müssen.
3. Der Beklagten ist auch nicht eine Berufung auf Leistungsfreiheit nach § 242 BGB
verwehrt.
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Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten ist nicht zu erkennen.
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Dass der Makler mit Schreiben vom 19.09.1996 an die Prämienanmeldungen für
Februar und März erinnert hat, ohne fehlenden Versicherungsschutz sogleich geltend zu
machen, kann der Beklagten gegenüber nicht eingewandt werden. Im übrigen waren zu
diesem Zeitpunkt die näheren Einzelheiten zu dem Schadenfall bei der Beklagten noch
nicht bekannt.
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Auch der Umstand, dass der Versicherunsmakler mit Schreiben vom 10.02.1997 die
Prämienzahlung verlangt hat und diese auch gezahlt worden ist, führt nicht zu einer
anderen Beurteilung im Verhältnis der Klägerin zu der Beklagten. Die Verkehrs -
Assekuranz GmbH hat im übrigen mit Schreiben vom 14.01.1998 auch die
Rückerstattung der jeweiligen Prämien an die Klägerin angekündigt. Der Beklagten ist
es nicht verwehrt, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen.
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II. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10,
711 ZPO. Die Beschwer ist nach
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§ 546 Abs. 2 ZPO festzusetzen.
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Streitwert für die Berufungsinstanz: zunächst bis
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310.000,-- DM, ab 28.09.1999: 298.938,96 DM
85
Wert der Beschwer der Klägerin: 298.938,96 DM.
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