Urteil des OLG Köln vom 27.05.1998

OLG Köln (zpo, antrag, beweisverfahren, beschwerde, rücknahme, brandenburg, rechtsverhältnis, halten, begründung, beweisaufnahme)

Oberlandesgericht Köln, 16 W 18/98
Datum:
27.05.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 W 18/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 3 OH 11/97
Schlagworte:
Kostenentscheidung nach Rücknahme des Antrags auf selbständiges
Beweisverfahren
Normen:
ZPO §§ 485, 269 Abs. 3
Leitsätze:
Im selbständigen Beweisverfahren außerhalb eines bereits anhängigen
Rechtsstreits ergeht, wenn der Antrag zurückgenommen wird,
Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß der 3.
Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 31.03.98 - 3 OH 11/97 -
abgeändert und werden die Kos-ten des Verfahrens antragsgemäß der
Antragstellerin auferlegt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die
Antragstel-lerin zu tragen. Beschwerdewert: 775,00 DM.
G r ü n d e :
1
Die Antragstellerin hat nach Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens und
anschließend erfolgter Beauftragung des Sachverständigen ihren Antrag wieder
zurückgenommen. Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Antrag
der Antragsgegnerin, die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen,
zurückgewiesen. Gegen diesen ihr am 16.04.98 zugestellten Beschluß hat die
Antragsgegnerin unter dem 23.04.98 Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht
abgeholfen und die sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
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Das entsprechend § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO als sofortige Beschwerde zulässige
Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Auf den Antrag der Antragsgegnerin ist
auszusprechen, daß die Antragstellerin entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 + 3 ZPO die
Kosten des Beweisverfahrens zu tragen hat.
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Die Frage, ob im selbständigen Beweisverfahren außerhalb eines bereits anhängigen
Rechtsstreits eine Kostengrundentscheidung ergehen kann, wenn wie hier der Antrag
zurückgenommen wird, ist nicht unumstritten. Der Senat teilt indes die inzwischen ganz
herrschende Meinung, daß bei Antragsrücknahme vor Beendigung des
Beweisverfahrens dem Antragsteller auf den Antrag des Antragsgegners die Kosten des
Verfahren gemäß § 269 Abs. 3 ZPO aufzuerlegen sind (so beispielsweise OLG Köln -
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19. ZS - OLGR 93, 359 = VersR 94, 957 = MDR 94, 315; 3. ZS - OLGR 93, 143 = MDR
93, 1131 = OLGZ 94, 236; 12. ZS - OLGR 93, 248; 22. ZS - OLGR 93, 188 = OLGZ 94,
237; OLG Hamm OLGZ 94, 233; OLG Düsseldorf OLGR 95, 44; OLG Hamburg OLGR
97, 403; OLG Brandenburg OLGR 96, 115; OLG Frankfurt OLGR 96, 83; OLG Nürnberg
MDR 94, 623; OLG Stuttgart BauR 95, 278; OLG Celle OLGR 95, 16 + 136;
Zöller/Herget, ZPO, 20. Aufl., § 91 Rdnr. 13 "Selbständiges Beweisverfahren" m.w.N.;
Schreiber in MünchKomm: § 485 ZPO Rdnr. 21; Thomas/Putzo, ZPO, § 494 a Rdnr. 5;
Jagenburg NJW 95, 1710, 1715 m.w.N.; Notthoff/Buchholz JB 96, 5, 8 m.w.N.; a.A.: OLG
Köln - 27. ZS - OLGZ 92, 493 = OLGR 92, 125 = VersR 92, 638 = JB 92, 632; OLG
Koblenz MDR 96, 101; OLG Düsseldorf - 22. ZS - OLGR 95, 32).
Die für die Ausschluß einer Kostenentscheidung jeweils angeführte Begründung,
zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehe kein Prozeßrechtsverhältnis, läßt sich
spätestens nach der Einführung des § 494 a ZPO, der gerade eine Kostenentscheidung
vorsieht, nicht mehr halten (vgl. etwa OLG Hamm a.a.O.). Ferner sehen die Vorschriften
über das selbständige Beweisverfahren (§§ 485 ff ZPO) zwar in der Tat nur unter den
Voraussetzungen des neuen § 494 a ZPO, die hier nicht gegeben sind, einen
Kostenentscheidung vor. Das rechtfertigt indes nicht den Schluß, daß dadurch jedwede
Anwenung der allgemeinen Kostenregeln der §§ 91, 91 a und 269 Abs. 3 ZPO
ausgeschlossen sein soll, etwa bei Antragsrücknahme oder Zurückweisung eines
unzulässigen Antrags. Die Ansicht, der neue § 494 a ZPO sei eine eng auszulegende
Ausnahmevorschrift, die eine Kostengrundentscheidung in allen anderen Fällen
ausschließe, tritt nicht zu. Vielmehr erlaubt die gesetzliche Regelung in bestimmten
Fällen die Anwendung der allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen hinsichtlich
der Kostentragungspflicht. Mit der Einführung der vorgenannten Bestimmung ist - nichts
anderes ergibt sich aus der Gesetzesentstehung (vgl. näher dazu OLG Köln OLGR 93,
248 und OLG Brandenburg a.a.O.) - nur ein Sonderfall geregelt worden, nämlich wenn
das Beweisverfahren durchgeführt wird und ein Hauptprozeß nicht anhängig ist. Wird
dagegen die Beweiserhebung abgelehnt oder der Antrag zurückgenommen oder für
erledigt erklärt, so ermöglichen die hierfür geltenden allgemeinen Bestimmungen eine
Kostengrundentscheidung, wie insbesondere § 269 Abs. 3 ZPO im Fall der
Antragsrücknahme. In dem Fall findet ein Hauptprozeß, in dem über die Kosten der
Beweisaufnahme entschieden würde, nicht statt. Der Antragsgegner hat somit auch
nicht die Möglichkeit, gemäß § 494 a ZPO auf eine Erledigung des Rechtsstreits
hinzuwirken. Danach hat sich hier die Antragstellerin durch die Rücknahme ihres
Antrags - aus welchen Gründen auch immer - in die Rolle der Unterlegenen begeben
und daher entsprechend § 269 Abs. 3 ZPO auch die Verfahrenskosten der
Antragsgegnerin zu tragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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