Urteil des OLG Köln vom 14.03.2017

OLG Köln (treu und glauben, jagd, zur unzeit, betrag, nähe, grund, störung, wild, zeitpunkt, vertragsverletzung)

Oberlandesgericht Köln, 2 U 158/60
Datum:
15.03.1961
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 U 158/60
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 1 O 96/60
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 18. Oktober 1960
verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts in Aachen - 1 O
96/60 - wie folgt abgeändert und neugefaßt: Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
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Die Gemeinden I., E. und S. bilden den gemein-schaftlichen Waldjagdbezirk der
Klägerin. Der Be-klagte ist seit 1915 Pächter dieses Jagdbezirks. Laut § 4 des zur
Zeit gültigen Vertrages beträgt der Pachtpreis jährlich 1.600,-- DM. Auf Grund ei-ner
besonderen Vereinbarung zwischen den Parteien hat der Beklagte außerdem für die
Kälkungskosten einen jährlichen Pauschalbetrag von 300,-- DM zu-sammen mit dem
Pachtpreis jeweils im voraus bis zum 3. Werktage eines jeden Pachtjahres (1. April
bis 31. März) an die Gemeindekasse E. in I. zu entrichten. Nach § 7 des
Pachtvertrages muß der Beklagte den Wildschaden, der jährlich etwa 800,-- bis
1.000,-- DM beträgt, in vollem Umfange ersetzen. Zudem hat der Beklagte im Jahre
1951 den Betrag von 1.000,-- DM zur Errichtung von Krieger-denkmälern in I. und E.
und im Jahre 1955 den Be-trag von 2.000,-- DM für den Bau einer Kapelle zur
Verfügung gestellt.
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Vor Beginn der Hirschbrunft 1959 hatte der Jagd-aufseher der Beklag ten in der Nähe
eines Kahl-schlages einen Hochsitz errichtet. An dieser Stel-le des Reviers "z.S."
hatte ein I a-Hirsch seinen Einstand. Als sich der Beklagte am Tage nach sei-ner
Ankunft zur Hirschjagd zum Abschuß dieses Hir-sches auf dem Hochsitz befand,
begann die Klägerin damit, in der Nähe des Kahlschlages die Kulturen kälken zu
lassen. Der Hirsch wurde durch die Kälker beunruhigt und verscheucht. Er kam leicht
flüchtig über den Kahlschlag, so daß es dem Be-klagten nicht gelang, ihn
abzuschießen.
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Am 1. April 1960 überwies der Beklagte an die Kläger 700,-- DM für Kälkungskosten
und Jagdpacht 1960. Gleichzeitig teilte er mit, daß er im Wege der Aufrechnung
1.200,-- DM abgezogen habe, weil ihm in dieser Höhe ein Schadensersatzanspruch
we-gen der Störung der Jagdausübung durch die Kälker zustehe.
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Die Klägerin hält die Auffassung des Beklagten für verfehlt, und hat beantragt,
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den Beklagten zur Zahlung von 1.200,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Mai 1960
zu verurteilen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat behauptet, die Kälkungsarbeiten an dem fraglichen Morgen in der Nähe des
Kahlschlages seien als Schikane anzusehen. Der ihm durch die Behinderung seines
Jagdrechtes entstandene Schaden betrage mindestens 1.200,-- DM. Nach einem
Erlaß des Landwirtschaftsministers des Landes Nordrhein-Westfalen koste der
Abschuß eines guten Hirsches mit Kopfschmuck mindestens 1.700,-- DM.
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Das Landgericht hat durch Urteil vom 18. Oktober 1960 den Beklagten verurteilt, an
die Klägerin 1.200,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Mai 1960 zu zahlen.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei zur Zahlung der
Restpachtsumme verpflichtet, da ihm mangels Schadens kein zur Aufrechnung
verwendbarer Ersatzanspruch zustehe. Die Annahme eines Vermögensschadens
scheitere daran, daß dem Beklagten bis zum Ende des Jagdpachtvertrages am 31.
März 1964 das Aneignungsrecht an dem betref-fenden Hirsch zustehe. Daß der
Hirsch das Revier gewechselt habe, sei nicht vorgetragen. Wenn der Hirsch infolge
der zeitweiligen Störung erst in einem späteren Jagdjahr abgeschossen werden
könne, begründe dies ebenfalls keinen Vermögensschaden, da nicht mit einem
Preisrückgang Wildbret zu rech-nen sei. Für die bloße Störung des Jagdvergnügens
dürfe der Beklagten wegen § 253 BGB keinen Scha-densersatz verlangen.
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Gegen dieses am 25. Oktober 1960 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 25.
November 1960 Beru-fung eingelegt und diese nach Verlängerung der Be-
gründungsfrist am 5. Januar 1961 begründet.
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Er wiederholt sein Vorbringen des ersten Rechtszu-ges und trägt weiter vor, bei der
Verpachtung ei-ner Jagd habe der Verpächter nicht nur die Aneig-nung von Wildbret
als Vermögenswert zu gestatten, sondern vielmehr die ungestörte Ausübung des
Weid-werks in allen Richtungen einschließlich des Ab-schusses von Wild nach dem
Abschußplan. Die unge-störte Ausübung als solche ohne Rücksicht auf den Geldwert
des Wildbrets sei das Ausschlaggebende.
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Die Verpflichtung der Klägerin, ihm diese unge-störte Jagdausübung zu gestatten, sei
noch beson-ders in einem Briefwechsel zwischen den Parteien im Jahre 1932/33
zum Ausdruck gekommen, als man dem Beklagten Schwierigkeiten bei der
Jagdausübung gemacht habe. Die Klägerin habe ihm damals aus-drücklich
zugesichert, in Zukunft werde er die Jagd im ganzen Revier ungestört ausüben
können. Diese Verpflichtung habe die Klägerin durch das Kälken der Bäume
gröblichst verletzt. In früheren Jahren seien zur Brunftzeit im gesamten Revier keine
störenden Waldarbeiten ausgeführt worden.
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Der Revierförster Kr. der Klägerin, der das Kälken angeordnet habe, habe Kenntnis
sowohl von der Errichtung des Hochsitzes wie von dem Einstand des I a-Hirsches
gehabt. Wenn Kr. gleichwohl zur Brunftzeit habe kälken lassen, so nur als Schika-ne,
weil er, der Beklagte, sich geweigert habe, Kr. das kleine Jagdrecht einzuräumen.
Infolge dieser Störung habe der Hirsch in der damaligen Brunftzeit nicht mehr erlegt
werden können. Ein einmal vergrämter Hirsch kehre nicht mehr an seinen Standplatz
zurück. Er selbst habe keine Zeit gehabt, nochmals einen längeren Aufenthalt im
Jagdrevier nehmen zu können, um eine weitere Abschußmöglichkeit zu erkunden.
Auch in einem spä-teren Jagdjahr habe er den Hirsch nicht zusätzlich erlegen
können. Die ihm erlaubten Abschußzahlen würden von der Jagdbehörde festgesetzt;
da jedes Jahr nur drei Hirsche bestimmter Klasse zum Ab-schuß freigegeben
würden, sei der Abschuß eines nicht erlegten Hirsches zum Ende des Jagdjahres
verfallen.
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Der Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klägerin mit ihrer Klage
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abzuweisen; ihm not-falls Vollstreckungsschutz zu gewähren.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
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Unter Wiederholung ihres Vorbringens in erster Instanz hält sie das angefochtene
Urteil für zu-treffend. Sie trägt weiter vor, dem Beklagten sei schon deshalb durch die
Störung der Jagdausübung kein Schaden entstanden, weil er nur die viel zu geringe
Jahrespacht von 1.600,-- DM zahle. Nach heutigen Pachtpreisen sei die Jagd
10.000,-- bis 15.000,-- DM jährlich wert. Außerdem übersteige der Wildbret- und
Trophäenwert des jährlich vom Beklagten erlegbaren Wildes die gezahlte Jahres-
pacht um ein Vielfaches. Nach den für den Jagd-bezirk des Beklagten geltenden
Abschußplänen des Kreisjagdamtes M. seien dem Beklagten jährlich bis zu 5
Hirsche, bis 18 Stück Kahlwild, bis 9 Rehbök-ke und bis 15 Stück weiblichen
Rehwildes zum Ab-schuß freigegeben worden. Hinzu komme noch der Ab-schuß von
Schwarzwild, Hasen, Füchsen und Dachsen.
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Dem Beklagten sei schon 1956 ein I a-Hirsch zum Abschuß freigegeben worden. Da
er ihn nicht geschossen habe, sei diese Freigabe jeweils auf das nächste Jahr
übertragen worden. Somit habe der Beklagte 4 Jahre Zeit gehabt, den I a-Hirsch zu
schießen. Wenn es dem Beklagten einmal nicht gelänge, die zum Abschuß
freigegebenen Tiere zu erlegen, wachse dadurch der Bestand an. Infol-gedessen
würden im nächsten Jahr entsprechend dem größeren Wildbestand auch die
Abschußziffern erhöht. Im übrigen sei es eine bekannte Tatsache, daß sich gerade
Rotwild durch Waldarbeiten nur sehr schwer vergrämen lasse. Kälkungsarbeiten, die
an jungen Kulturen zur Verhütung von Verbißschäden durchgeführt würden, könnten
auch nur im Herbst ausgeführt werden, um die jungen Pflanzen während des Winters
zu schützen, es sei allgemein üblich, daß der Jagdpächter sich deshalb mit dem
Revier-förster ins Benehmen setze, damit dieser auf die Wünsche des Pächters
Rücksicht nehmen könne, wenn der Pächter zu einem bestimmten Zeitpunkt die Jagd
ausüben wolle. Hätte der Beklagte dies getan, so hätte man sich leicht über die
Durchführung der Kälkungsarbeiten zu einem anderen Termin einigen können.
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Wegen aller Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die an sich statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt
und begrün-det worden. Ihr konnte der Erfolg nicht versagt bleiben.
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Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht für begründet erachtet, denn dem
Beklagten stand ge-genüber der Restpachtforderung der Klägerin eine
aufrechenbare Schadensersatzforderung in Höhe von 1.200,-- DM zu. Hiermit hat der
Beklagte der Klä-gerin gegenüber die Aufrechnug unstreitig erklärt. Die Klägerin ist
dem Beklagten wegen positiver Vertragsverletzung in entsprechender Anwendung
der §§ 325, 326 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie durch die von ihr
angeordneten Waldarbei-ten dem Beklagten die vertragsgemäße Ausübung der Jagd
vereitelt hat.
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Aufgrund des Jagdpachtvertrages war die Klägerin gemäß §§ 581, 536 BGB in
Verbindung mit § 1 Bun-desjagdgesetz verpflichtet, dem Beklagten die Aus-übung
des Jagdrechts in dem verpachteten Gebiet zu gewähren. Das hatte nach dem alle
und auch Jagd-pachtverträge beherrschenden Grundsatz der Ver-
tragserfüllungsflucht gemäß Treu und Glauben auch zum Inhalt, daß die Klägerin als
Verpächterin alle Waldarbeiten zu unterlassen hatte, die zu einer Vergrämung des
Wildes und damit zu einer Beein-trächtigung der Jagdausübung führen konnten, so-
fern solche Arbeiten auf eine andere Zeit verscho-ben werden konnten.
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Die durch den Revierförster Kr. handelnde Klägerin hat ohne triftigen Grund und zur
Unzeit im Jagdre-vier kälken lassen, so daß dem Beklagten der Ab-schuß eines I a-
Hirsches unmöglich wurde.
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Für Handlungen des Revierförsters Kr. hat die Klä-gerin einzustehen. Der Förster Kr.
ist Revierför-ster der die klagende Jagdgenossenschaft bildenden Gemeinden, die
ihrerseits Gebietskörperschaften und damit juristische Personen des öffentlichen
Rechts sind. Ob der Gemeindeförster in Angelegen-heiten der der Gemeinde
gehörenden Waldparzellen verfassungsgemäßer Vertreter der Klägerin ist, weil ihm
eine mehr oder weniger umfassende Ver-tretungsmacht auf einem größeren
sachlichen und örtlichen Geschäftsbereich übertragen ist, kann dahinstehen. Denn
selbst wenn keine verfassungs-mäßige Vertretung gegeben wäre, würde der Revier-
förster als Erfüllungsgehilfe der Jagdgenossen-schaft zu gelten haben. Aufgrund der
durch den Anstellungsvertrag mit dem die Jagdgenossenschaft bildenden
Gemeinden begründeten Dienststellung ist ein Revierförster beauftragt, Waldarbeiten
für die Gemeinde anzuordnen, vornehmen zu lassen und zu beaufsichtigen. In
diesem Rahmen hängt von seiner Tätigkeit weitgehend ab, ob und wie die aus den
Gemeinden bestehende Jagdgenossenschaft die sich aus dem Jagdpachtvertrag
ergebenden Un-terlassungspflichten erfüllt. Es ist gerade Sache des die
Waldarbeiten leitenden Revierförsters, diese Arbeiten mit den vertraglichen
Jagdgestal-tungspflichten der Jagdgenossenschaft in einer den Interessen des
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Waldeigentümers und des Jagdberech-tigten gerecht werdenden und Treu und
Glauben entsprechender Weise abzustimmen. Die Jagdgenos-senschaft bedient sich
somit hinsichtlich ihrer Unterlassungspflichten dem Jagdpächter gegenüber ihres
Revierförsters als eines Erfüllungsgehilfen i.S. von § 278 BGB, dessen
Handlungsweise und Ver-schulden demgemäß ihr selbst angerechnet werden.
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Das Verhalten des Revierförsters Kr. ist aber eine schuldhafte Vertragsverletzung.
Infolge seiner Re-viergänge war dem Revierförster die Errichtung des Hochsitzes in
der Nähe des Kahlschlages bekannt. Auf Grund seiner Stellung und Tätigkeit kannte
er auch die Gewohnheiten des Wildes, wie auch dessen Stand und Wechsel. Er
wußte somit auch, daß sich auf dem Kahlschlag und in der Nähe des Hochsitzes
Wild aufzuhalten pflegte, möglicherweise auch Hir-sche. Er wußte auch, daß durch
Waldarbeiten Hir-sche vergrämt werden konnten.
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Die Klägerin behauptet zwar, Rotwild lasse sich durch Waldarbeiten nur sehr schwer
vergrämen; es ist aber eine Erfahrungstatsache, daß Wild nicht austritt, wenn an der
Austrittsstelle Waldarbeiten vorgenommen werden. Deshalb hatte der Revierför-ster
während der Hirschbrunft in der Nähe des Hochsitzes die Waldarbeiten zu
unterlassen. Es bestand auch keine Notwendigkeit, gerade jetzt und dort zu kälken.
Die Kälkungsarbeiten hätten auch noch zu einem späteren Zeitpunkt, etwa nach
Beendigung der verhältnismäßig kurzen Hirschbrunft bis zum Eintritt des Winters
durchgeführt werden können.
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Es war nicht etwa Sache des Beklagten, der Kläge-rin mitzuteilen, daß und wann er
zur Hirschjagd eintreffen werde, zumal die Hirschbrunft sich auf eine verhältnismäßig
kurze überschaubare Zeit er-streckt. Kr. als Organ bzw. Erfüllungsgehilfe der Klägerin
war darüber, daß der Beklagte möglicher-weise - hier mit Rücksicht auf die
Hirschbrunft - zur Jagd erscheinen würde, auf Grund seiner Sach-kunde als Förster
unterrichtet. Der Klägerin mag dahin gefolgt werden müssen, daß sie nicht immer auf
die Bejagung aller Wildarten Rücksicht zu nehmen braucht. Anders aber ist es, wenn
es um die Jagd auf das im großen und ganzen größte hier heimische Wild, um die
Hirschjagd geht. Die Durch-führung der Kälkungsarbeiten zur Brunftzeit in der Nähe
des Hochsitzes bedeutet somit eine mindestens fahrlässige Vertragsverletzung. Sie
verpflichtet schon zum Schadensersatz, ohne daß es darauf ankommt, ob diese
Vertragsverletzung vorsätzlich begangen wurde, um dem Beklagten die Jagd zu ver-
leiden. Ebenfalls ist es aber auch unerheblich, ob der Beklagte den Hirsch zu einem
anderen Zeitpunkt im Jagdjahr 1959/60 hätte schießen können. Es muß dem
Jagdpächter überlassen bleiben, welchen Tag er zur Jagd auswählt, sofern er nicht
einen ungewöhn-lichen Zeitpunkt bestimmt. Ein solcher Vorwurf ist aber nicht zu
erheben, da die Hirschbrunft un-streitig eingesetzt hatte. Daß der Hirsch vergrämt
worden ist, hat die Klägerin nicht bestritten.
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Zu Unrecht hat das Landgericht das Vorliegen eines Vermögensschadens verneint.
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Auch die Verletzung eines immateriellen Gutes kann einen Vermögens-schaden
bewirken, nämlich bei Beeinträchtigung von Genußmöglichkeiten und
Ausschließlichkeitsrechten, die nur gegen Entgelt zu erlangen sind und bei de-ren
Fortfall die entgeltlichen Aufwendungen gegen-standslos werden. Bei Schädigungen
dieser Art ist daher derjenige Geldwert auszugleichen, der für die Genußmöglichkeit
oder den anderweitigen Erwerb des Rechts auf Ausübung des Ausschließlichkeits-
rechtes aufzuwenden ist. Dieser Grundsatz ist vom Reichsgericht insbesondere für
die Verletzung von Urheber- und Patentrechten entwickelt worden (vgl. RGZ 95, 223;
130, 108).
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Der Bundesgerichtshof spricht diesem Prinzip der Schadensberechnung
gewohnheitsrechtlichen Rang zu, da es der Interessenlage bei allen Eingriffen in
Ausschließlichkeitsrechte, die üblicherweise nur gegen Entgelt gestattet werden,
entspricht (vgl. BGHZ 20, 345 ff). Zu den Ausschließlichkeitsrech-ten gehört aber
auch das Jagdrecht, d.h. das Recht, in einem bestimmten Gebiet die Jagd aus-
zuüben.
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In Geld berechenbarer und deshalb zu ersetzender Vermögensnachteil ist auch hier
der Schaden, der durch die Verletzung des nur gegen Entgelt erworbenen
immateriellen Güter, hier der Freude des Klägers an der Ausübung der Jagd,
entstanden ist. Ist hierfür aber Ersatz zu leisten, so hat der Schädiger den Betrag zu
zahlen, mit dessen Hilfe allein der Jagdpächter den verloren gegange-nen Genuß
hätte wieder beschaffen können. Dieser Betrag ist auf 1.200,-- DM zu veranschlagen.
Er-fahrungsgemäß werden in der Eifel für das Recht, einen I a-Hirsch d.h. einen
Hirsch bester Quali-tät abschießen zu dürfen, bis 1.500,-- DM oder sogar noch mehr
gezahlt. Nach einem Runderlaß des Minster für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten vom 10. Mai 1960 (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1960,
Seite 1 479/80) hat der Jagdgast für die Erlaubnis, in den Staatsforsten einen Hirsch
abschießen zu dürfen, je nach der Qualität des geschossenen Hirsches bis zu 1.700,-
- DM an Jagdbetriebskostenbeitrag zu zah-len. Dieser Betrag wird auf Grund eines
Punktesy-stems berechnet.
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Der Beklagte hat für das Recht, die Jagd auszu-üben, nicht unerhebliche
Vermögensaufwendungen ge-macht. So zahlt er jährlich neben den 1.600,- DM
Pacht und den 300,-- DM für Kälkungskosten noch etwa 800,-- DM bis 1.000,-- DM an
Ersatz für Wild-schäden. Außerdem hat er im Jahre 1951 den Betrag von 1.000,-- DM
von Errichtung von Kriegerdenkmä-lern in I. und E. und im Jahre 1955 2.000,-- DM für
den Bau einer Kapelle zur Verfügung gestellt, Beträge deren Leistung ihren
wirtschaftlichen Grund allein in der Anpachtung des Jagdbezirks der Klägerin durch
den Beklagten findet, wie die Klägerin selbst nicht verkennt. Diese Vermögens-
aufwendungen sind für den Beklagten aber nutzlos vertan, wenn ihm nicht die
entsprechende Gegen-leistung, nämlich das Recht, die Jagd ungestört ausüben zu
können, gewährt wird. Bei diesem Recht, ungestört dem Jagdvergnügen nachgehen
zu können, handelt es sich nicht um einen rein immateriellen, ideellen Wert im Sinne
des § 253 BGB. Vielmehr ist ein solches Vergnügen angesichts dessen, daß es in
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der Regel durch entsprechende Vermögensauf-wendungen erkauft werden kann und
hier tatsächlich auch erkauft worden ist, in gewissem Umfang Ge-genstand des
Geschäftsverkehrs, so daß eine Beein-trächtigung dieses Genusses auch eine
Beeinträch-tigung des mit den gemachten Vermögensaufwendungen erstrebten
Vermögenswerten Gegenwertes darstellt (vgl. BGH in NJW 1956, 1235). Der
erstrebte ver-mögensrechtliche Gegenwert war der Abschuß eines Hirsches und die
damit verbundene Freude an der Ausübung der Jagd.
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Der Betrag von 1.200,-- DM wird auch nicht deshalb gemindert, weil wie die Klägerin
behauptet, im Jagdjahr 1959/60 im Revier des Beklagten ein I a-Hirsch als Fallwild
gefunden worden ist. Ein-mal steht schon nicht fest, wann der Hirsch gefun-den
worden ist und welche näheren Umstände zu dem Verenden des Hirsches geführt
haben. Entscheidend aber ist, daß dem Beklagten durch den Beauftragten der
Klägerin im Jagdjahr 1959/60 der Abschuß eines festgestellten Hirsches und damit
die Jagd als solche vereitelt worden ist. Dieser Abschuß ist mit dem oben
festgestellten Betrag von 1.200,-- DM zu veranschlagen. Dahinstehen kann auch, ob
der Jagdhüter des Beklagten im Jagdjahr 1960/61 einen Zwölfender erlegt hat. Diese
Jagdbeute entfällt auf ein hier nicht interessierendes Jagdjahr, in welchem die
Klägerin demnach die ungestörte Jagd-ausübung gewährt hat. Es ist unerheblich, ob
der vom Jagdhüter erlegte Hirsch sich auch bereits im Jagdjahr 1959/60 im Revier
des Beklagten aufgehal-ten hat. Ist der Jagdpächter nach geltendem Recht auf die
nur für das jeweilige Jagdjahr erteilte, zahlenmäßig bestimmte Abschußerlaubnis
angewiesen, so kommt es allein darauf an, ob er sie in dem fraglichen Jahr hat
ausnutzen können. Dies ist in-folge des Vorgehens des Beauftragten der Klägerin im
Jagdjahr 1959/60 nicht der Fall gewesen.
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Abweichend von dem angefochtenen Urteil war dem Beklagten nach alledem ein
aufrechenbarer Ersatz-anspruch zuzubilligen. Die Klageforderung ist in-folge der
Aufrechnungserklärung erloschen, so daß die Klage abzuweisen war. Die Berufung
hat mithin Erfolg.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 7 ZPO.
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