Urteil des OLG Köln vom 23.12.2010

OLG Köln (günstige prognose, prognose, körperverletzung, verurteilung, straftat, stgb, freiheitsstrafe, beschwerdeführer, auskunft, einwirkung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 834/10
Datum:
23.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 834/10
Leitsätze:
Dem Bewährungswiderruf wegen neuer Straftat steht die positive
Prognose des Tatrichters nicht entgegen, wenn sich die Aufklärung des
(hier : negativen) Bewährungsverlaufs aufdrängen mußte
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers
verworfen.
G r ü n d e:
1
Das Rechtsmittel ist nach § 453 Abs. 2 S. 3 StPO statthaft und auch im Übrigen
zulässig, in der Sache aber ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Strafaussetzung zur
Bewährung zu Recht gemäß § 56 f Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 und S. 2 StGB widerrufen. Wegen
der Unschuldsvermutung kann der Widerruf zwar nicht auf den Vorwurf des neuerlichen
Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 25.6.2010 gestützt werden, da insoweit noch keine
rechtskräftige Verurteilung erfolgt ist. Eine Ausnahme ist nur im Falle eines richterlichen
Geständnisses gerechtfertigt, das hier nicht vorliegt, denn das Landgericht hat den
Verurteilten, wie es der Weisungsverstoß nahegelegt hätte, nicht angehört. Darauf
kommt es aber nicht entscheidend an, denn bereits die Verurteilung durch das
Amtsgericht Ke. vom 4.6.2010 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zeigt, dass der
Beschwerdeführer sich allein durch die Verurteilung nicht von der Begehung neuer
Straftaten abhalten lässt. Das Amtsgericht hat ihm zwar nochmals eine
Bewährungschance eingeräumt. Die bessere Erkenntnismöglichkeit des die neue
Straftat aburteilenden Tatrichters, die es regelmäßig gebietet, sich dessen Prognose
anzuschließen, steht dem Bewährungswiderruf dann nicht entgegen, wenn sie auf einer
unzureichenden Tatsachenbeurteilung beruht. Im vorliegenden Verfahren erreichte die
verhängte Freiheitsstrafe von 2 Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung die
Höchstgrenze, die nach § 56 Abs. 2 StGB überhaupt noch eine
Bewährungsentscheidung zulässt. Weniger als 3 Monate, nachdem dem Verurteilten
diese Chance eingeräumt worden ist - was nicht selbstverständlich war, nachdem er
zuvor schon in 4 Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung in 2 Fällen, wegen
Körperverletzung und Beihilfe zur Körperverletzung belangt worden war -, ist der
Verurteilte erneut straffällig geworden. Es hätte sich daher, zumal das Amtsgericht selbst
Bedenken an der Prognose geäußert hat, aufgedrängt, eine Auskunft des
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Bewährungshelfers zu dem bisherigen Bewährungsverlauf einzuholen. Diese hätte
ergeben, dass der Verurteilte den Bewährungsauflagen gar nicht bzw. nur sehr
zögerlich nachgekommen war, was entscheidend gegen eine günstige Prognose
sprach. Das Amtsgericht ist zudem davon ausgegangen, der
Bundeszentralregisterauszug des Verurteilten weise nur 4 Eintragungen auf.
Tatsächlich ergibt der Auszug vom 1.7.2010 bis zum Jahre 2009 neun Voreintragungen,
wobei hervorzuheben ist, dass die Vorverurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
vom 6.4.2009 datiert und damit gerade mal ein halbes Jahr vor der erneuten
einschlägigen Straftat liegt. Dazwischen liegt die Verurteilung zu einer
Bewährungsstrafe von 2 Jahren im vorliegenden Verfahren. Das alles hat den
Verurteilten offensichtlich unbeeindruckt gelassen. Unter diesen Umständen kann die
Prognose des Amtsgerichts nicht überzeugen. Es bedarf offensichtlich der Einwirkung
des Strafvollzugs, um dem Verurteilten klar zu machen, dass er sich ändern muss.