Urteil des OLG Koblenz vom 07.02.2011

OLG Koblenz: geldstrafe, mitgliedstaat, eugh, verbotsirrtum, fahrlässigkeit, tschechien, verkehrssicherheit, form, besitz, inhaber

OLG
Koblenz
07.02.2011
2 Ss 222/10
1. Die ausländische Fahrerlaubnis gewährt in den Fällen des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV von Anffang an
kein Fahrrecht im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; einer konstitutiven
Aberkennungsentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde bedarf es nicht.
2. In den Fällen der unbewussten Fahrlässigkeit kommt ein Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB nur in Form
einer sog. Regelunkenntnis in Betracht, in den Fällen also, in denen dem Täter auch bei vorsätzlichem
Handeln die Unrechtseinsicht gefehlt hätte.
3. Beruht die Unkenntnis des Angeklagten von der Rechtswidrigkeit seines Tuns auf der irrtümlichen
Annahme, im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein, handelt es sich um bloße Tatsachenunkenntnis;
in einem solchen Fall ist im Bereich der unbewussten Begehung eines Fahrlässigkeitsdelikts für die
Annahme eines Verbotsirrtums gemäß § 17 StGB kein Raum. Das im Subjektiven geminderte Tatunrecht
wird hier schon durch die fahrlässige Begehungweise des Tatbestands (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 StVG) und
seiner deutlich herabgesetzten Rechtsfolgenandrohung erfasst.
Geschäftsnummer:
2 Ss 222/10
3 Ss 222/10 – GenStA Koblenz
8056 Js 9445/10 - StA Trier
In der Strafsache
gegen L.
- Verteidiger: Rechtsanwalt K. aus D. -
w e g e n Fahrens ohne Fahrerlaubnis
hier: Revision des Angeklagten
hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Koblenz in der Hauptverhandlung vom 7. Februar 2011,
für R e c h t erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts
– Strafrichter – Trier vom 14. September 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die
Liste der angewendeten Vorschriften wie folgt ergänzt wird:
Angewendete Vorschriften:
§§ 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG, 15 StGB
Die Kosten der Revision fallen dem Angeklagten zur Last.
Gründe:
I.
1.
Mit dem angegriffenen Urteil hat das Amtsgericht Trier den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens
ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20,- Euro verurteilt.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts war dem mehrfach wegen Verkehrsdelikten (Trunkenheit im
Verkehr, Fahren ohne Fahrerlaubnis u.a.) vorbestraften Angeklagten durch Urteil des Amtsgerichts Trier
vom 17. Oktober 1995 (Az. 8002 Js 4513/95) die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen worden. Am 14. Mai
2007 ließ er sich von der tschechischen Behörde Mag. M. Karlovy Vary eine tschechische Fahrerlaubnis
der Klasse B erteilen und den dazugehörigen Führerschein aushändigen; auf diesem ist als Wohnsitz des
Angeklagten sein - auch damals - alleiniger Wohnsitz in Deutschland ausgewiesen. Am 22. März 2010
gegen 9.00 Uhr führte der Angeklagte einen Pkw in der B.straße in T., wobei er sich im Rahmen einer
Verkehrskontrolle mit dem genannten Führerschein auswies. Dass dem Angeklagten zur Tatzeit bewusst
war, keine im Bundesgebiet gültige Fahrerlaubnis zu besitzen, hat das Amtsgericht nicht festgestellt. Es ist
jedoch davon ausgegangen, dass er sich bei der zuständigen Führerscheinbehörde oder anderweitig
nach seiner Fahrberechtigung hätte erkundigen müssen, worauf ihm mitgeteilt worden wäre, dass ihn die
erteilte tschechische Fahrerlaubnis nicht zur Teilnahme am Straßenverkehr berechtige.
2.
Gegen das ihm am 8. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat der Angeklagte unter dem 16. September 2010
ein zunächst nicht näher bestimmtes Rechtsmittel eingelegt, welches er am 12. Oktober 2010 als Revision
bezeichnet und unter dem 3. November 2010 näher begründet hat. Er beantragt, die angefochtene
Entscheidung aufzuheben, und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Er ist der Auffassung, er sei
mangels einer konstitutiven Aberkennungsentscheidung der deutschen Führerscheinbehörde aufgrund
seiner tschechischen Fahrerlaubnis zum Tatzeitpunkt im Bundesgebiet fahrberechtigt gewesen und
müsse deshalb freigesprochen werden.
Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des
Amtsgerichts Trier zurückzuverweisen.
II
Die als Sprungrevision gemäß § 335 Abs. 1 StPO statthafte Revision ist zulässig, insbesondere in der
gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist eingelegt und begründet worden.
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat – entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
1.
Die vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen eine Verurteilung des Angeklagten
wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StVG in objektiver
und subjektiver Hinsicht.
a) Rechtsfehlerfrei geht das Amtsgericht davon aus, dass auf Grundlage seiner Feststellungen die
objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG gegeben sind. Danach führte der
Angeklagte zum Tatzeitpunkt ein Kraftfahrzeug, obwohl er die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht
besaß. Die ihm am 14. Mai 2007 in Tschechien ausgestellte Fahrerlaubnis gewährte und gewährt ihm
kein Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland.
Zwar berechtigt § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV den Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, der
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland hat,
im Umfang seiner Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland zu führen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen
Union sind nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG verpflichtet, die von anderen Mitgliedstaaten
ausgestellten Führerscheine gegenseitig anzuerkennen. Aus diesem Grund darf ein Mitgliedstaat die
Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins nicht von einer
Formalität abhängig machen (EuGH NJW 2008, 2403 ff., Abs.-Nr. 50 f.). Es ist vielmehr Aufgabe des
Ausstellermitgliedstaats zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen,
insbesondere diejenigen des Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind, und ob somit die Erteilung –
gegebenenfalls die Neuerteilung - der Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist (EuGH aaO, Abs.-Nr. 52). Die
Mitgliedstaaten sind auch nicht befugt, die Beachtung der durch die Richtlinie aufgestellten
Ausstellungsvoraussetzungen einer Fahrerlaubnis nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem
Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist grundsätzlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der
Inhaber dieses Führerscheins am Tag der Erteilung des Führerscheins diese Voraussetzungen erfüllt hat
(EuGH aaO, Abs.-Nr. 53; BVerwG NJW 2009, 1689 <1691>).
Allerdings ist ein Mitgliedstaat berechtigt, den Führerschein eines anderen Mitgliedstaates dann nicht
anzuerkennen, wenn der Führerschein unter Missachtung der in Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie
91/439/EWG aufgestellten Wohnsitzvoraussetzung ausgestellt worden ist und sich dies auf der Grundlage
von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden
unbestreitbaren Informationen feststellen lässt (EuGH aaO, Abs.-Nr. 67-72; BVerwG, aaO; OLG Oldenburg
NZV 2010, 305). Dem trägt § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV Rechnung, wonach sich auf die Anerkennungspflicht
solche Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis nicht berufen können, die ausweislich des Führerscheins oder
vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt ihrer Erteilung
ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gilt die Anerkennung
ausländischer EU-Führerscheine auch nicht für Personen, denen die Fahrerlaubnis im Inland rechtskräftig
von einem Gericht entzogen worden ist. Diese Vorschriften sollen verhindern, dass sich Personen, denen
die Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik rechtskräftig entzogen wurde, unter Umgehung der für eine
Neuerteilung vorgesehenen strengen Anforderungen eine neue Fahrerlaubnis im EU-Ausland erteilen
lassen.
Die Voraussetzungen des – im Einklang mit europäischem Gemeinschaftsrecht stehenden – § 28 Abs. 4
Nr. 2 FeV sind vorliegend nach den Urteilsfeststellungen gegeben, da im tschechischen Führerschein des
Angeklagten dessen deutscher Wohnsitz Igel eingetragen ist. Dass der Angeklagte die Fahrerlaubnis als
Studierender oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV während eines mindestens sechsmonatigen
Aufenthaltes in Tschechien erworben haben könnte, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus liegen auch die
Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV vor, da sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt, dass dem
Angeklagten durch Urteil des Amtsgerichts Trier vom 17. Oktober 1995 die (deutsche) Fahrerlaubnis
rechtskräftig entzogen worden war. Seine tschechische Fahrerlaubnis berechtigt den Angeklagten mithin
nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland.
Es bedurfte - entgegen der mit der Revision vertretenen Rechtsansicht - auch keiner förmlichen
Aberkennung seiner tschechischen Fahrerlaubnis nach § 46 FeV, auch wenn ein gesondertes
verwaltungsrechtliches Aberkennungsverfahren grundsätzlich durchgeführt werden kann (BVerwG, aaO;
OLG Oldenburg, aaO; vgl. auch Koehl, SVR 2010, 377 <383>). Nach der - auch vom Senat vertretenen
(vgl. OLG Koblenz 2 Ws 206/10 v. 21.12.2010) - überwiegenden Auffassung der Obergerichte (vgl. OVG
Koblenz SVR 2009, 396; BayrVGH, Beschl. 11 Cs 08.832 v. 11.08.2008 - juris Rdnr. 21; OLG Oldenburg
aaO.; OLG Celle NStZ-RR 2009, 110) wie auch des Schrifttums (vgl. Janker, in:
Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl. 2010, § 21 Rdnr. 6a; König, in:
Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 21 Rdnr. 2a) entfaltet die ausländische
Fahrerlaubnis in den Fällen des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV bereits vom Zeitpunkt ihrer Erteilung an keine
Rechtswirkungen in der Bundesrepublik Deutschland, ohne dass es einer konstitutiven
Aberkennungsentscheidung in Gestalt eines Verwaltungsaktes bedarf. Dies folgt schon aus dem Wortlaut
von § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV, nach dem die Berechtigung nach Absatz 1, Kraftfahrzeuge im Inland zu
führen, in den dort aufgeführten Fällen nicht gilt. Aus § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV in der seit dem 19. Januar
2009 geltenden Fassung folgt nichts anderes: Danach kann (nicht: muss) die Behörde in den Fällen des §
28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 FeV einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Fahrberechtigung
erlassen. Der vom Oberverwaltungsgericht Münster (SVR 2009, 433 ff.) vertretenen Auffassung, wonach
die Nichtanerkennung der bis zum 19. Januar 2009 erworbenen EU-/EWR-Fahrerlaubnisse durch den
Aufenthaltsstaat – bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen – der Umsetzung in Gestalt einer
konstitutiven Einzelfallentscheidung bedarf, folgt der Senat nicht. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift
des § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV ersichtlich die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der
Interpretation der herrschenden Auffassung in Rechtssprechung und Schrifttum kodifizieren, wonach die
Durchführung eines förmlichen Aberkennungsverfahrens nicht zwingend vorgeschrieben ist. Sinn und
Zweck von § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV, im allgemeinen Interesse der öffentlichen Verkehrssicherheit die
Umgehung der im deutschen Recht vorgesehenen besonderen Voraussetzungen für die Neuerteilung
einer entzogenen Fahrerlaubnis zu verhindern, kann nur dann verwirklicht werden, wenn ausländische
Fahrerlaubnisse in den Fällen des § 28 Abs. 4 Nr. 2 und 3 FeV bereits vom Zeitpunkt ihrer Erteilung an
unwirksam sind. Andernfalls müsste in Kauf genommen werden, dass Personen bis zur Rechtskraft der
Aberkennungsentscheidung ein Kraftfahrzeug führen dürften, ohne dass die auf die Fahrtauglichkeit
abzielenden besonderen Voraussetzungen für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach deutschem
Recht geprüft worden wären. Dies würde aber ersichtlich dem Allgemeininteresse an der öffentlichen
Verkehrssicherheit zuwiderlaufen.
b) Der Angeklagte hat auch den subjektiven Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG erfüllt. Er hat zwar
nicht vorsätzlich gehandelt, denn Vorsatz setzt gemäß § 16 Abs. 1 StGB die Kenntnis der zum
gesetzlichen Tatbestand gehörenden Umstände voraus. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts kann
hingegen nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte davon ausging, aufgrund seiner
tschechischen Fahrerlaubnis auch im Bundesgebiet fahrberechtigt zu sein. Er unterlag damit einem
Tatbestandsirrtum gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB, der eine Bestrafung wegen vorsätzlicher
Begehungsweise ausschließt.
Dieser Irrtum des Angeklagten über die Fahrberechtigung im Bundesgebiet lässt seine Strafbarkeit wegen
fahrlässiger Begehung des Tatbestandes gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 StVG jedoch nicht
entfallen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 StGB). Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Täter einen Tatbestand
rechtswidrig verwirklicht, indem er objektiv gegen eine Sorgfaltspflicht verstößt und durch diesen
Pflichtverstoß eine Rechtsgutverletzung verursacht, die er nach seinen subjektiven Kenntnissen und
Fähigkeiten vorhersehen und vermeiden konnte (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 15 Rdnr. 12 mwN).
Dass der Angeklagte in diesem Sinne pflichtwidrig und damit fahrlässig handelte, ergibt sich aus den hier
festgestellten Tatumständen mit hinreichender Deutlichkeit. Er hat ein Fahrzeug im Bundesgebiet geführt,
ohne sich zuvor nach der Gültigkeit seiner in Tschechien ausgestellten Fahrerlaubnis erkundigt zu haben.
Eine Erkundigung musste sich ihm nach den konkreten Umständen des Falles aber schon deshalb
aufdrängen, weil der Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis – nach den Urteilsfeststellungen
offensichtlich – der Umgehung der strengen Voraussetzungen für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
in der Bundesrepublik Deutschland nach Ablauf der verhängten Fahrerlaubnissperre dienen sollte. Unter
diesen Umständen war eine Erkundigungspflicht unabweisbar. Im Falle einer Erkundigung bei der für ihn
zuständigen Führerscheinbehörde wäre ihm, wie das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, auch die
Auskunft erteilt worden, aufgrund seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet gerade nicht
fahrberechtigt zu sein. Soweit – wie oben dargestellt – in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung
von einer Mindermeinung vertreten wird, dass es zur Aberkennung des Fahrrechts eines entsprechenden
feststellenden Verwaltungsaktes bedurfte (vgl. OVG Münster aaO), lässt dies den Sorgfaltspflichtverstoß
des Angeklagten nicht entfallen, selbst wenn ihm diese Rechtssprechung bekannt gewesen wäre und er
sich hierauf berufen hätte. Zum einen handelt es sich um eine vereinzelt gebliebene Mindermeinung, die
nicht geeignet ist, entsprechenden Vertrauensschutz zu begründen. Im allgemeinen Interesse der
Verkehrssicherheit wäre dem Angeklagten vielmehr zumutbar gewesen, von einem auf Grundlage einer
einzigen Rechtsmeinung beanspruchten Fahrrecht keinen Gebrauch zu machen, bis die Rechtsfrage
endgültig geklärt ist. Zum anderen wäre dem Angeklagten im Falle einer Erkundigung bei der für seinen
Wohnsitz zuständigen Führerscheinbehörde (hier: die Kreisverwaltung T.) die für ihren
Zuständigkeitsbereich maßgebliche, mit der herrschenden Auffassung in Einklang stehende
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz mitgeteilt worden, wonach die von ihm erworbene
tschechische Fahrerlaubnis ohne weiteres ungültig ist (vgl. OVG Koblenz aaO).
Der Eintritt des tatbestandlichen Erfolges war für den Angeklagten auch vorhersehbar und vermeidbar; da
jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass er schon die Tatbestandsverwirklichung nicht voraussah,
handelte er unbewusst fahrlässig.
c) Ein Verbotsirrtum gem. § 17 StGB scheidet in der vorliegenden Fallkonstellation aus.
Zwar enthält die Vorschrift keine Beschränkung auf Vorsatztaten, so dass sie grundsätzlich auch auf
fahrlässig begangene Delikte Anwendung finden kann (vgl. Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB,
Bd. 1, § 17 Rdnr. 73 mwN). Nach allgemeiner Auffassung, der sich der Senat anschließt, kommt ein
Verbotsirrtum in den Fällen einer – wie hier vorliegenden – unbewussten Fahrlässigkeit jedoch
ausschließlich in Form der sog. Regelunkenntnis in Betracht, in den Fällen also, in denen dem Täter auch
bei vorsätzlichem Handeln die Unrechtseinsicht gefehlt hätte (Sternberg-Lieben, in: Schönke-Schröder,
StGB, 28. Aufl. 2010, § 17 Rdnr. 9; Vogel, in: Leipziger Kommentar zum StGB, Bd. 1., 12. Aufl. 2006, § 17
Rdnr. 109). Wie bei einer vorsätzlichen Tatbestandsverwirklichung kann ein solcher auf einer
Regelunkenntnis beruhender Verbotsirrtum auch bei fahrlässigem Handeln zu einer Strafmilderung
führen (Joecks, aaO). Eine Regelunkenntnis kann beim Angeklagten jedoch ausgeschlossen werden. Sie
läge vor, wenn er das Verbot, ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr zu führen, nicht
kannte. Eine derartige Annahme liegt allein aufgrund der Tatsache, dass er bereits wegen Fahrens ohne
Fahrerlaubnis vorbestraft ist, so fern, dass der Tatrichter entgegen der Auffassung der
Generalstaatsanwaltschaft dazu keine näheren Untersuchungen anstellen musste.
Die Unkenntnis des Angeklagten von der Rechtswidrigkeit des Tuns beruhte vielmehr auf der irrtümlichen
Annahme, im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein, mithin auf einer bloßen Tatsachenunkenntnis. In
einem solchen Fall ist im Bereich der unbewussten Begehung eines Fahrlässigkeitsdelikts für die
Annahme eines Verbotsirrtums mit der Möglichkeit einer Strafmilderung gem. § 17 StGB kein Raum
(Sternberg-Lieben, aaO). Denn der Irrtum über das Verbotensein ist dann nur die Kehrseite der
subjektiven Fahrlässigkeit. Das im Subjektiven geminderte Tatunrecht wird schon durch die fahrlässige
Begehungsweise des Tatbestands und seiner deutlich herabgesetzten Rechtsfolgenandrohung erfasst
(vgl. Joecks, aaO).
2.
Auch die Strafzumessung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Zwar ist das Amtsgericht vom Strafrahmen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG – Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder Geldstrafe - ausgegangen und hat hierbei verkannt, dass dieser nur für die vorsätzliche
Begehungsweise gilt. Der Strafrahmen für die fahrlässige Verwirklichung des Straftatbestandes sieht
hingegen nur Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen vor (§ 21 Abs. 2
hingegen nur Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen vor (§ 21 Abs. 2
Nr.1 StVG).
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch erkennbar nicht. Das Gericht hat mit der Verhängung
einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen eine Rechtsfolge festgesetzt, die sich trotz einer Vielzahl
einschlägiger Vorverurteilungen – wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, aber auch wegen anderer
Verkehrsdelikte – ohnehin schon im Bereich der gesetzlichen Mindeststrafandrohung für Geldstrafen (§ 40
Abs. 1 Satz 2 StGB) bewegt. Der nach unten verschobene Strafrahmen ändert an der
Mindeststrafandrohung nichts, er setzt nur das Höchstmaß der möglichen Strafen um jeweils die Hälfte
herunter; an diesem Höchstmaß hat sich das Amtsgericht aber erkennbar nicht ausgerichtet. Der Senat
kann deshalb ausschließen, dass das Amtsgericht, selbst wenn es zutreffend vom Strafrahmen des § 21
Abs. 2 Nr. 1 StVG ausgegangen wäre, zum Ausspruch einer noch milderen Geldstrafe gelangt wäre.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.