Urteil des OLG Koblenz vom 07.02.2011

OLG Koblenz: form, besucher, wechsel, höchstgeschwindigkeit, rechtskraft, zutritt, rlg, zuschauer, erschwerung, ausschluss

OLG
Koblenz
07.02.2011
2 SsBs 144/10
Ds Fehlen eines Aushangs am Sitzungssaal, mit dem auf eine bestimmte Verhandlung hingewiesen wird,
verletzt den Grundsatz der Öffentlichkeit nicht, wenn sich mögliche Interessenten ohne besondere
Schwierigkeiten von dem Ort der Sitzung Kenntnis verschaffen und Zutritt nehmen können. Das ist der
Fall, wenn das Gericht insgesamt nur über drei Sitzungssäle verfügt und die Verhandlung lediglich von
dem vorgesehenen in den gegenüberliegenden Saal verlegt worden ist.
Geschäftsnummer:
2 SsBs 144/10
3 SsBs 144/10 – GenStA Koblenz
2080 Js 26213/10 – 3 OWi – StA Koblenz
In der Bußgeldsache
g e g e n
A. C.
- Verteidiger: Rechtsanwalt Sch. -
w e g e n Ordnungswidrigkeit nach der StVO
hier: Rechtsbeschwerde des Betroffenen
hat der 2. Strafsenat – Senat für Bußgeldsachen - des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Richter am
Oberlandesgericht Pott als Einzelrichter
am 7. Februar 2011 b e s c h l o s s e n :
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 17. August
2010 wird als unbegründet verworfen.
Die Kosten der Rechtsbeschwerde werden dem Betroffenen auferlegt.
G r ü n d e :
I.
Das Amtsgericht Linz hat den Betroffenen am 17. August 2010 wegen vorsätzlicher Überschreitung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit beim Führen eines Kraftfahrzeugs um 53 km/h zu einer Geldbuße in
Höhe von 400 € verurteilt und ihm für die Dauer von 1 Monat verboten, im Straßenverkehr Fahrzeuge
jeder Art zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils
in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von 4 Monaten seit Eintritt der Rechtskraft
des Urteils.
Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 30. November 2009 in der Gemarkung N. die
Bundesautobahn A 3 in Fahrtrichtung Frankfurt/Main mit einer Geschwindigkeit von 153 km/h, obgleich in
diesem Bereich die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch wiederholt beidseitig der Fahrbahn
angebrachte Verkehrszeichen (Zeichen 274) auf 100 km/h beschränkt war. Die Messung erfolgte mit Hilfe
des Messsystems ES3.0 des Herstellers Eso GmbH. Von dem gemessenen Wert von 158 km/h wurde ein
Toleranzabzug von 5 km/h vorgenommen.
Gegen das Urteil hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit der Verfahrensrüge macht er die
Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens geltend (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 338 Nr. 6
StPO), da die Sitzung aus den von ihm im Einzelnen dargelegten Gründen nicht in dem ursprünglich dazu
bestimmten Saal I des Amtsgerichts Linz, sondern in dem direkt gegenüberliegenden Sitzungssaal
stattgefunden habe, ohne dass an der an Saal I angebrachten Sitzungsrolle auf den Raumwechsel
hingewiesen worden sei. An dem an dessen Stelle genutzten gegenüberliegenden Saal sei überhaupt
kein Aushang angebracht worden. Aufgrund dessen wäre es einem unbeteiligten Zuhörer, der an der
Hauptverhandlung gegen den Betroffenen hätte teilnehmen wollen, unmöglich gewesen, die Sitzung zu
verfolgen.
Die Sachrüge ist nur in allgemeiner Form erhoben worden.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1.
Die in zulässiger Weise erhobene Verfahrensrüge greift im Ergebnis nicht durch. Zwar ist dem Verteidiger
zuzugeben, dass ein Hinweis auf eine bestimmte Verhandlung grundsätzlich in Form eines Aushangs zu
erfolgen hat, damit jeder interessierte Zuschauer die Möglichkeit erhält, die gewünschte Verhandlung zu
verfolgen (vgl. OLG Zweibrücken in NJW 1995, 333; Beck OK StPO § 338 2.-beck-online). Für den Fall,
dass die Verhandlung in einem anderen als dem ursprünglich bestimmten Sitzungssaal stattfindet, folgt
daraus, dass nicht nur an dem neuen Saal ein Aushang anzubringen ist, sondern dass darüber hinaus auf
den Wechsel auch an dem ursprünglich vorgesehenen Raum hinzuweisen ist. Der Vortrag des
Verteidigers, dass vorliegend beides von dem Vorsitzenden wohl versehentlich nicht veranlasst worden
sei, wird gestützt durch die hierzu abgegebenen dienstlichen Stellungnahmen des RLG B. und des JOW
Br. vom 1. Dezember 2010.
Indes stellt eine nur geringfügige Erschwerung der Informationsmöglichkeiten noch keinen rechtswidrigen
Ausschluss der Öffentlichkeit im Sinne des § 338 Nr. 6 StPO dar. Vielmehr reicht es zu Wahrung der
Öffentlichkeit aus, wenn sich mögliche Interessenten ohne besondere Schwierigkeiten von dem Ort der
Sitzung Kenntnis verschaffen und im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten Zutritt nehmen können.
Diesbezügliche Erkundigungen sind einem Besucher zuzumuten (vgl. BVerfG in NJW 2002, 814; BGH in
NStZ 1983, 208 und in BGHR StPO § 338 Nr. 6 Ortstermin 1 und 3; OLG Hamm in NJW 1974, 1780;
Kukein in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 338 Rdn 85).
So lag der Fall hier. Bei dem Amtsgericht Linz handelt es sich um ein relativ kleines und überschaubares
Gerichtsgebäude. Die Sitzung fand innerhalb desselben Gebäudes in einem der insgesamt nur drei
Sitzungssäle statt. Der nach dem Wechsel genutzte Saal lag direkt gegenüber dem ursprünglich
vorgesehenen Saal I (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Angesichts der dargelegten räumlichen Gegebenheiten
hätte für einen interessierten Besucher zweifelsfrei die Möglichkeit bestanden, sich ohne größere
Schwierigkeiten entweder selbst oder über die Gerichtspforte bzw. mit Unterstützung eines diesbezüglich
angesprochenen Wachtmeisters die erforderlichen Auskünfte zu verschaffen, und zwar selbst dann, wenn
der Vorsitzende eine Anweisung zum Aushang eines neuen Terminzettels an Saal II zuvor weder an die
Geschäftsstelle noch an die Wachtmeister gegeben hatte (vgl. BGH in NStZ 1982, 476). Dass tatsächlich
konkreten Personen aufgrund der Verlegung der Sitzung die Anwesenheit in der Hauptverhandlung nicht
möglich gewesen wäre, legt der Beschwerdeführer zudem selbst nicht dar (vgl. BVerfG, a. a. O.).
2.
Die nur in allgemeiner Form erhobene Sachrüge deckt einen sachlich-rechtlichen Fehler zum Nachteil
des Betroffenen ebenfalls nicht auf.
Danach war die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1
StPO als unbegründet zu verwerfen.