Urteil des OLG Koblenz vom 16.08.2004

OLG Koblenz: nicht vertretene partei, gütliche einigung, jugendamt, gespräch, beratung, eltern, unternehmen, quelle, familienrecht, datum

Erbrecht
Familienrecht
OLG
Koblenz
16.08.2004
9 WF 791/04
Ein Umgangsverfahren ist in der Regel mutwillig im Sinne von § 114 ZPO eingeleitet, wenn nicht vorher
mit Hilfe des Jugendamts versucht worden ist, eine gütliche Einigung zwischen den Eltern des Kindes zu
erzielen.
Geschäftsnummer:
9 WF 791/04
20 F 65/04
AG Trier
OBERLANDESGERICHT
KOBLENZ
BESCHLUSS
in der Familiensache
B….. M…,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen
gegen
H…-J…. M…,
Antragsgegner,
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
Der 9. Zivilsenat – 2. Senat für Familiensachen – des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch die Richterin
am Oberlandesgericht Peters als Einzelrichterin
am 16. August 2004
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Trier vom
19. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat es der Familienrichter abgelehnt, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für das von ihr
angestrengte Umgangsverfahren zu bewilligen, weil diese es nicht zuvor versucht hat, eine
einverständliche Regelung mit dem Antragsgegner mit Hilfe des Jugendamtes zu erzielen.
Der Senat teilt die Auffassung des Familiengerichts, die Anhängigmachung des Umgangsverfahrens sei
mutwillig gewesen. Mutwillig handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend
bemittelte Partei in einem gleich liegenden Fall tun würde. Eine solche Partei, die das Verfahren aus
eigenen Mitteln zahlen müsste, würde zunächst einmal versuchen, eine Einigung mit dem Antragsgegner
in kostengünstiger Weise zu erreichen. Zwar ist die Inanspruchnahme außergerichtlicher Beratung durch
das Jugendamt nicht Voraussetzung für das Entstehen eines Rechtschutzinteresses für ein gerichtliches
Umgangsverfahren. Jedoch besteht ein Rechtsanspruch auf Beratung durch das Jugendamt nach § 18
SGB VIII. In vielen Fällen wird das Jugendamt in der Lage sein, zwischen den Eltern zu vermitteln. Einer
Partei ist deshalb, bevor sie staatliche Prozesskostenhilfe in Anspruch nimmt, zuzumuten, zunächst auf
diese Weise den Versuch einer gütlichen Einigung zu machen.
Im Einzelfall mag dies eine bloße Förmlichkeit sein. So liegt der Fall hier aber nicht. Zwar hat vor
Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ein Gespräch in den Büroräumen der Verfahrensbevollmächtigten
der Antragstellerin zwischen den Parteien stattgefunden. In diesem Gesprächhaben die Parteien sich
nicht geeinigt. Indes bedeutet dies nicht, ein Vermittlungsversuch des Jugendamts sei von vornherein
aussichtslos (a.A. OLG Hamm FamRZ 2004, 1116). Gerade durch die Einschaltung eines neutralen Dritten
wie das Jugendamt ist oftmals erst ein offenes Gespräch zwischen getrennten Ehepartnern möglich. So
war es offenbar auch hier, denn bei dem Jugendamt, welches auf Veranlassung des Familiengerichts tätig
geworden ist, wurde eine Einigung erzielt. Völlig anders ist die Situation aber, wenn, wie in diesem Fall,
die Verhandlungen in den Räumen der Prozessbevollmächtigten einer Partei geführt werden und der
andere nicht durch einen Rechtsanwalt hierbei unterstützt wird. Es liegt nahe, dass die nicht vertretene
Partei sich hierdurch in den Defensive gedrängt fühlt und ihr Einigungswille schwindet. Deshalb durfte die
Antragstellerin nicht von vorne herein davon ausgehen, dass Vermittlungsversuche des Jugendamts
seien sinnlos. Bevor sie ein Umgangsverfahren im Wege der Prozesskostenhilfe anstrengt, wäre es ihr
daher zumutbar gewesen, zunächst diesen Vermittlungsversuch zu unternehmen.
Peters