Urteil des OLG Karlsruhe vom 28.10.2016

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OLG Karlsruhe Urteil vom 28.10.2016, 9 U 14/15
Zulässiger Ausbau von Kellerräumen durch den Wohnungseigentümer
Leitsätze
1. Ein Wohnungseigentümer ist grundsätzlich berechtigt, in seinem Sondereigentum stehende Kellerräume als
Wohnräume auszubauen, wenn die Teilungserklärung jedem Eigentümer erlaubt, die Zweckverwendung seiner
Räume zu ändern. Bezeichnungen wie "Hobbyraum" oder "Keller" im Aufteilungsplan sind in diesem Fall nur
unverbindliche Nutzungsvorschläge.
2. Sofern Bestimmungen der Teilungserklärung nicht entgegenstehen, ist es dem Wohnungseigentümer nicht
verwehrt, seine Wohnung faktisch in zwei selbständige Einheiten zu unterteilen.
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 23.12.2014 - D 4 O 192/14 -
im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Kläger je zur Hälfte; die Beigeladenen tragen ihre
außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können eine Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten
abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1 Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft „…“ in Ü. Sie streiten über die Frage,
welche Befugnisse dem Beklagten bei der Nutzung der zu seinem Sondereigentum gehörenden Räume
zustehen.
2 Der Beklagte war Bauherr des Anwesens. Mit notarieller Erklärung vom 14.07.2009 (Anlage K4, I 97 ff.)
ordnete der Beklagte die Begründung von Wohnungseigentum auf dem Grundstück an. Es erfolgte eine
Aufteilung des Eigentums in vier Miteigentumsanteile, die jeweils mit dem Sondereigentum an einer
Wohnung verbunden waren. Zum Sondereigentum an den Wohnräumen sollten gemäß § 2 der
Teilungserklärung auch bestimmte Kellerräume gehören, die jeweils den einzelnen Wohnungen zugeordnet
wurden. In § 5 der Teilungserklärung wurde die Nutzung der zum Sondereigentum gehörenden Räume wie
folgt festgelegt:
3
Die Bezeichnung einer Zweckverwendung der Räume im Aufteilungsplan ist nicht dinglicher Inhalt des
Sondereigentums. Das heißt, jeder Eigentümer kann die Zweckverwendung seiner Räume ändern.
4
Die Wohnungen dürfen grundsätzlich nur zu Wohnzwecken genutzt werden. Eine berufliche oder
gewerbliche Nutzung der Wohnungen ist nur gestattet, soweit das gegenüber einer Wohnnutzung keine
größere Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer oder des Gemeinschaftseigentums mit sich bringt. Eine
berufliche oder gewerbliche Nutzung einer Wohnung bedarf in jedem Falle der vorherigen schriftlichen
Zustimmung des Verwalters, die auch aus wichtigem Grund versagt werden kann.
5 Mit notariellem Vertrag vom 18.06.2010 (Anlage K 5) veräußerte der Beklagte die Wohnung Nr. 3 an die
Kläger. Der Beklagte blieb - bis heute - Eigentümer der Wohnung Nr. 4.
6 Zur Wohnung Nr. 4 gehören u.a. zwei Räume im Untergeschoss, die teilweise als „Keller“ und „Hobbyraum“
bezeichnet werden. Der Beklagte ließ in diesen zu seiner Wohnung gehörenden Räumen eine Küche, Bad
und Toilette mit Warmwasseranschluss und Heizkörper einbauen. In der Folgezeit vermietete der Beklagte
diese Räume im Untergeschoss zeitweise als Ferienwohnung.
7 Mit Urteil vom 26.09.2012 verurteilte das Amtsgericht Überlingen - 4 C 40/11 - in einem Vorprozess den
Beklagten auf Antrag der Kläger wie folgt:
8
Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, in der Wohnungseigentümergemeinschaft … in Ü. im
Untergeschoss, in dem mit Nr. 4 bezeichneten Hobbyraum und dem mit Nr. 4 bezeichneten größeren
Kellerraum (im Lageplan mit direktem Zugang zwischen Hobbyraum und Kellerraum gekennzeichnet), eine
Ferienwohnung zu betreiben.
9 Das Amtsgericht Überlingen begründete seine Entscheidung damit, die Nutzung der Räume als
Ferienwohnung stelle eine gewerbliche Nutzung dar. Diese bringe gegenüber einer „bloßen Wohnnutzung“
größere Beeinträchtigungen der übrigen Eigentümer mit sich. Die Mehrbeeinträchtigung der Miteigentümer
sei erheblich. Daher sei der Beklagte - unter Berücksichtigung der Bestimmungen in der Teilungserklärung -
nicht berechtigt, in den zu seinem Sondereigentum gehörenden Räumen eine Ferienwohnung zu betreiben.
10 Das Urteil des Amtsgerichts Überlingen ist rechtskräftig. Die Frist zur Einlegung einer Berufung wurde vom
Beklagten versäumt.
11 Mit schriftlichem Mietvertrag vom 10.02.2013 (Beiakte AG Überlingen - 4 C 40/11 -, 583/585) vermietete
der Beklagte die genannten Räume im Untergeschoss an Frau J. V. Diese vermietete die ihr überlassenen
Räume zumindest zeitweise als Ferienwohnung. Die Räume wurden im Internet von Frau V. als
Ferienwohnung beworben.
12 Im vorliegenden Verfahren haben die Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, festzustellen, dass eine
regelmäßige Nutzung von den im Untergeschoss befindlichen Räumen, die zur Wohnung Nr. 4 gehören, als
„eigenständige Wohnung“ unzulässig ist. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dem Beklagten sei auf
Grund der Teilungserklärung eine Nutzung der im Untergeschoss befindlichen Räume nur als Hobbyraum
und als Kellerraum gestattet; jegliche Wohnnutzung widerspreche der Teilungserklärung. Der Beklagte sei
daher auch verpflichtet, die von ihm vorgenommenen Veränderungen in den betreffenden Räumen, die
ausschließlich im Hinblick auf eine Wohnnutzung erfolgt seien, zu beseitigen.
13 Die Kläger haben ihre Klage zunächst an das Amtsgericht Überlingen - Abteilung für
Wohnungseigentumssachen - gerichtet. Im Termin vom 03.06.2014 haben die Kläger erklärt, die Ansprüche
würden „auch auf den notariellen Kaufvertrag nebst Baubeschreibung“ gestützt. Daraufhin hat das
Amtsgericht das Verfahren „abgetrennt, soweit die Kläger ihre Klageanträge auf Ansprüche aus dem
Kaufvertrag nebst Baubeschreibung stützen“. Hinsichtlich der „wohnungseigentumsrechtlichen Ansprüche,
welche nicht Gegenstand des abgetrennten Verfahrens sind“, haben die Kläger Klagerücknahme erklärt. Das
abgetrennte Verfahren ist vom Amtsgericht Überlingen mit Beschluss vom 03.06.2014 auf Antrag der Kläger
wegen sachlicher Unzuständigkeit an das Landgericht Konstanz verwiesen worden. In diesem Verfahren hat
das Landgericht Konstanz sodann mit Urteil vom 23.12.2014 den Beklagten wie folgt verurteilt:
14 1. Der Beklagte wird verurteilt, das in dem mit Nr. 4 bezeichneten Hobbyraum und größeren Kellerraum im
Untergeschoss des Hauses …, Ü., eingebaute Bad und die eingebaute Küche zu beseitigen.
15 2. Es wird festgestellt, dass in dem mit Nr. 4 bezeichneten Hobbyraum und in dem größeren Kellerraum im
Untergeschoss des Hauses …, Ü., eine regelmäßige Nutzung als eigenständige Wohnung nicht zulässig ist.
16 Ungeachtet der Verfahrensweise des Amtsgerichts Überlingen hat das Landgericht die Ansprüche der Kläger
unter wohnungseigentumsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft. Dabei hat das Landgericht die Klage
lediglich in geringem Umfang insoweit teilweise abgewiesen, als die Kläger über die Beseitigung von Bad und
Küche hinaus auch eine Stilllegung der vorhandenen Anschlüsse an Heizung und Warmwasserversorgung
verlangt haben. Abgesehen von dieser Einschränkung sei die Klage jedoch begründet. Aus der
Teilungserklärung ergebe sich, dass der Beklagte zu einer Nutzung der in seinem Sondereigentum
stehenden Räume im Untergeschoss zu Wohnzwecken nicht berechtigt sei. Daraus ergebe sich gleichzeitig
ein Beseitigungsanspruch der Kläger hinsichtlich der Umbauten für Küche und Bad.
17 Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Er hält die erstinstanzliche Entscheidung
aus Rechtsgründen für unzutreffend. Die Nutzung der Räume im Untergeschoss zu Wohnzwecken sei
entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts mit den Bestimmungen in der Teilungserklärung
vereinbar. Auf die Frage, in welchem Umfang die Mieterin J. V. die Räume als Ferienwohnung untervermiete,
komme es nicht an. Die Nutzung einer Wohnung durch Feriengäste führe für die Miteigentümer im Haus
nicht zu Störungen, die über eine anderweitige Wohnnutzung hinausgingen.
18 Der Beklagte beantragt,
19 unter Abänderung des am 23.12.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Konstanz - D 4 O 192/14 - die
Klage abzuweisen.
20 Die Kläger beantragen,
21 die Berufung zurückzuweisen.
22 Die Kläger verteidigen das Urteil des Landgerichts. Sie ergänzen und vertiefen ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Sie weisen darauf hin, dass eine Wohnnutzung der Räume im Untergeschoss auch öffentlich-
rechtlich unzulässig sei. Sie machen zudem geltend, die verfahrensgegenständlichen Ansprüche sollten auch
auf die Regelungen im Kaufvertrag vom 18.06.2010 gestützt worden. Diese Argumentation sei bereits
Gegenstand der Klagebegründung im erstinstanzlichen Verfahren gewesen.
23 Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
24 Der Senat hat im Berufungsverfahren die weiteren Wohnungseigentümer Ingrid und Kurt Friedrich gemäß §
48 Abs. 1 WEG beigeladen.
25 Die Kläger haben während der Anhängigkeit des vorliegenden Verfahrens eine weitere Klage zum
Amtsgericht Überlingen erhoben. Mit dieser Klage sollte der Beklagte verurteilt werden, es zu unterlassen,
die seiner Eigentumswohnung im Anwesen …, Ü. zugeordneten streitgegenständlichen Räume im
Untergeschoss „als Wohnraum zu nutzen oder nutzen zu lassen“. Mit Urteil vom 12.05.2016 hat das
Amtsgericht diese Klage als unbegründet abgewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Kläger
Berufung zu dem in Wohnungseigentumssachen zuständigen Landgericht Karlsruhe eingelegt haben.
II.
26 Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist nicht begründet. Der Beklagte ist - soweit
nicht die Wirkungen des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Überlingen im Vorprozess vom 26.09.2012
entgegenstehen - berechtigt, die zu seiner Wohnung gehörenden Räume im Untergeschoss des Anwesens …
in Ü. regelmäßig als eigenständige Wohnung zu nutzen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, Bad und Küche
in diesen Räumen zurückzubauen.
27 1. Die Berufung des Beklagten zum Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - ist zulässig. Das
Oberlandesgericht Karlsruhe ist für die Berufung gemäß § 119 Abs. 1 Ziffer 2 GVG zuständig, da
erstinstanzlich das Landgericht entschieden hat. Der Umstand, dass gemäß § 43 Ziffer 1 WEG für den
Rechtstreit die Verfahrensvorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes gelten, ändert daran nichts.
28 2. Die Klage ist zulässig. Die Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts Überlingen vom 26.09.2012 im
Vorprozess (Az.: 4 C 40/11) steht der Klage nicht entgegen. Denn über den Streitgegenstand des
vorliegenden Verfahrens hat das Amtsgericht Überlingen nicht entschieden. Die - streitgegenständliche -
Untersagung einer generellen Wohnnutzung geht über die Entscheidung vom 26.09.2012, mit welcher der
Beklagte lediglich verpflichtet wurde, das Betreiben einer Ferienwohnung zu unterlassen, hinaus. Das
Feststellungsbegehren der Kläger und die Tenorierung im erstinstanzlichen Urteil sind dahingehend zu
verstehen, dass lediglich solche Nutzungen des Beklagten untersagt werden sollen, die über das „Betreiben
einer Ferienwohnung“, welches Gegenstand des Vorprozesses war, hinausgehen.
29 3. Gemäß § 43 Ziffer 1 WEG i.V.m. § 23 Ziffer 2 c GVG war erstinstanzlich nicht das Landgericht, sondern
das Amtsgericht Überlingen sachlich zuständig. Dies hindert eine Entscheidung des Senats in der Sache
jedoch nicht. Denn die vom Landgericht zu Unrecht angenommene Zuständigkeit ist im Berufungsverfahren
gemäß § 513 Abs. 2 ZPO ohne Bedeutung.
30 4. Der Feststellungsantrag der Kläger ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht begründet. Der
Beklagte ist berechtigt, die im Untergeschoss des Anwesens gelegenen Räume, die zu seinem
Sondereigentum gehören, regelmäßig als eigenständige Wohnung zu nutzen. Die Berechtigung des
Beklagten folgt aus § 903 BGB i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG. Die Kläger haben als Miteigentümer des Anwesens
weder aus § 1004 Abs. 1 BGB noch aus § 15 Abs. 3 WEG einen Anspruch gegen den Beklagten, die Nutzung
seiner Räume im Untergeschoss als Wohnung zu unterlassen.
31 a) Gemäß § 903 BGB kann der Beklagte grundsätzlich mit den Räumen im Untergeschoss, die in seinem
Sondereigentum stehen, nach Belieben verfahren. Das bedeutet, dass der Beklagte insbesondere die
Nutzungsart für diese Räume selbst bestimmen kann. Dazu gehört die Möglichkeit einer Wohnnutzung und
die Befugnis, die Räume so zu gestalten, dass sie den Charakter einer „eigenständigen Wohnung“
aufweisen.
32 b) § 15 Abs. 1 WEG steht der Wohnnutzung nicht entgegen. Denn es gibt keine Vereinbarung im Sinne der
Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes, welche der Wohnnutzung entgegenstehen würde.
33 aa) Als „Vereinbarung“ im Sinne der Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes kommt nur die
Teilungserklärung vom 14.07.2009 in Betracht. Die Teilungserklärung (I 97 ff.) enthält kein Verbot für den
Beklagten als Miteigentümer, im Untergeschoss eine „eigenständige Wohnung“ einzurichten. Daher ist dem
Beklagten diese Nutzung erlaubt.
34 bb) Es kann dahinstehen, ob sich in dem der Teilungserklärung beigefügten Aufteilungsplan Beschreibungen
für die Nutzungsmöglichkeiten der Räume im Untergeschoss wie „Keller“ und „Hobbyraum“ befinden. Denn
aus einer solchen Bezeichnung einer Zweckverwendung ergibt sich keine - die Nutzungsmöglichkeiten
einschränkende - Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG. Dies folgt aus der Regelung in § 5 der
Teilungserklärung. Die Miteigentümer dürfen danach sämtliche zu ihrem Sondereigentum gehörenden
Räume „zu Wohnzwecken“ nutzen unabhängig davon, ob der Aufteilungsplan Bezeichnungen einer
Zweckverwendung für bestimmte Räume enthält, die nur im Sinne von unverbindlichen
Nutzungsvorschlägen zu verstehen sind (vgl. zu unverbindlichen Nutzungsvorschlägen BGH, NJWRR 2015,
1037; OLG Hamm, NZM 2007, 294). Soweit die Rechtsprechung in bestimmten Fällen aus der Bezeichnung
von Räumen als „Hobbyraum“ eine verbindliche Nutzungsbeschränkung abgeleitet hat, waren die
maßgeblichen Teilungserklärungen nicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Eine
nutzungsbeschränkende Vereinbarung ließe sich aus der Bezeichnung „Hobbyraum“ in der Teilungserklärung
oder im Aufteilungsplan nur dann herleiten, wenn eine ausdrückliche Nutzungsregelung, wie vorliegend in §
5 der Teilungserklärung, fehlt (vgl. zu solchen Fallgestaltungen BGH, NJW-RR 2015, 781; BGH, Beschluss
vom 16.06.2011 - V ZA 1/11 -, zitiert nach juris; OLG Schleswig, MDR 2004, 1178). Eine „eigenständige
Wohnung“, welche die Kläger beanstanden, ändert nichts am Charakter der nach der Teilungserklärung
zulässigen Wohnnutzung.
35 cc) Die Teilungserklärung enthält in § 5 Einschränkungen nur für eine „berufliche oder gewerbliche
Nutzung“, die nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattet ist. Daraus ergibt sich für den Beklagten
kein Hindernis, die Räume im Untergeschoss als „eigenständige Wohnung“ zu nutzen. Dabei spielt es keine
Rolle, ob der Beklagte die Räume vermietet. Denn die Vermietung einer Wohnung stellt keine „gewerbliche
Nutzung“ im Sinne der Teilungserklärung dar, und zwar auch dann nicht, wenn die Wohnung als
Ferienwohnung vermietet wird. Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt (vgl. BGH,
NJW 2010, 3093; BGH, Urteil vom 12.11.2010 - V ZR 78/10 -, zitiert nach Juris).
36 dd) Entgegen der Auffassung der Kläger ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass der Beklagte seine Wohnung
faktisch in zwei selbstständige Wohnungen aufgeteilt hat, so dass sich in dem Anwesen nun fünf
Wohnungen befinden, wobei die vom Beklagten vermietete Wohnung im Souterrain (Untergeschoss) für die
Nutzung durch Bewohner den gleichen selbstständigen Charakter aufweist, wie er den anderen Wohnungen
zukommt.
37 Der Umstand, dass die Teilungserklärung lediglich vier Wohnungen vorgesehen hat, hindert einen
Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht daran, seine Wohnung in zwei selbstständige Einheiten
aufzuteilen. Es gibt keine Bestimmungen im Wohnungseigentumsgesetz, die dies verbieten würde. In der
Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein einzelner Wohnungseigentümer auf diese Weise - sogar - neues
grundbuchfähiges Wohnungseigentum bilden kann (vgl. BGH, NJW 1968, 499; BGH, NJW 1979, 870; BGH,
NJW 2012, 2434). Zwar ist es möglich, die Unterteilung einer Wohnung in der Teilungserklärung an
bestimmte Voraussetzungen - beispielsweise die Zustimmung anderer Wohnungseigentümer - zu binden
(vgl. BGH, NJW 1968, 499). Eine solche Beschränkung ergibt sich aus der Teilungserklärung vom 14.07.2009
jedoch nicht. Da der Beklagte - wohnungseigentumsrechtlich - grundsätzlich berechtigt gewesen wäre,
neues Wohnungseigentum für die Wohnung im Souterrain zu bilden und im Grundbuch eintragen zu lassen,
kann es ihm auch nicht verwehrt sein, eine solche Unterteilung ohne Eintragung im Grundbuch
herbeizuführen.
38 Entgegen der Auffassung der Kläger gibt es keine abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,
wonach einem Wohnungseigentümer - ohne Zustimmung der Miteigentümer - die Bildung einer zusätzlichen
(faktischen) Wohnung generell untersagt wäre. Soweit die Rechtsprechung in bestimmten Fällen einem
Wohnungseigentümer die Unterteilung seiner Wohnung untersagt hat, ging es jeweils ausschließlich um
Fallgestaltungen, in denen eine Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG der Nutzungsänderung
entgegenstand (vgl. beispielsweise BGH, NJW-RR 2015, 645; BGH, NJW 2014, 2640). Wenn sich hingegen -
wie im vorliegenden Fall - aus der Teilungserklärung oder einer anderweitigen Vereinbarung keine
Einschränkung der Nutzungsart für bestimmte Räume ergibt, kann der einzelne Wohnungseigentümer
grundsätzlich seine Wohnung in zwei Einheiten unterteilen, solange für beide Wohnungen der Charakter
der Wohnnutzung erhalten bleibt (siehe oben; vgl. insbesondere die Ausführungen des Bundesgerichtshofs
in NJW-RR 2015, 645, 646). Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich auch aus der zitierten
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.05.2015 (NJW-RR 2015, 781) nichts anderes. Denn in der
zitierten Entscheidung war die Vergrößerung der Anlage um eine weitere Wohneinheit nur deshalb
unzulässig, weil es für die fraglichen Räume im Souterrain - anders als vorliegend - in der Teilungserklärung
eine verbindliche Nutzungsbeschränkung gab.
39 c) Für die Entscheidung über den Klageantrag kommt es nicht darauf an, ob im Einzelfall von Bewohnern der
Räume des Beklagten im Untergeschoss bestimmte Störungen ausgehen, welche über das Maß der
Störungen durch die Nutzer anderer Wohnungen hinausgehen. Es ist in einer
Wohnungseigentümergemeinschaft unvermeidlich, dass das Zusammenleben für alle Bewohner erheblich
geprägt wird von individuellen Eigenheiten und Lebensgewohnheiten der anderen Bewohner. Eine konkrete
Nutzung der Räume im Untergeschoss wäre daher nur dann unzulässig, wenn sie bei einer typisierenden
Betrachtungsweise stärker stört als eine übliche Wohnnutzung (vgl. Palandt/Bassenge, Bürgerliches
Gesetzbuch, 75. Auflage 2016, § 15 WEG, RdNr. 17 ff.). Für die rechtlich entscheidende typisierende
Betrachtung kommt es allein darauf an, dass eine regelmäßige Nutzung bestimmter Räume als
eigenständige Wohnung nichts an der - grundsätzlich zulässigen - Wohnnutzung ändert.
40 d) Es kommt auch nicht darauf an, ob und inwieweit die Nutzung von Räumen im Untergeschoss
bestimmten öffentlich-rechtlichen Einschränkungen unterliegt. Die Feststellung, dass der Beklagte den
Hobbyraum und dem größeren Kellerraum als eigenständige Wohnung nutzen darf, hat ausschließlich
zivilrechtlichen Charakter und hängt nicht davon ab, ob die Nutzung baurechtlich zulässig ist. Eine mögliche
Entscheidung der Baurechtsbehörde ist von der Entscheidung des Senats unabhängig.
41 e) Die Parteien streiten über die Frage, ob der in der Teilungserklärung festgelegte
Kostenverteilungsschlüssel noch angemessen ist, wenn der Beklagte die in seinem Eigentum stehenden
Räume im Untergeschoss als eigenständige Wohnung nutzt. Diese Frage spielt für die Zulässigkeit der
Wohnnutzung keine Rolle. Der Senat trifft vorliegend keine Entscheidung darüber, ob die vom Beklagten
vorgenommenen Veränderungen im Untergeschoss Auswirkungen auf die Verteilung der Kosten zwischen
den Wohnungseigentümern haben müssen.
42 5. Die Kläger machen geltend, die streitgegenständlichen Ansprüche sollten auch auf den Kaufvertrag vom
18.06.2010 gestützt werden. Insoweit ist die Klage unschlüssig. Denn der notarielle Kaufvertrag vom
18.06.2010 enthält keine Verpflichtungen des Beklagten gegenüber den Klägern, bestimmte Nutzungen der
in seinem Eigentum verbliebenen Wohneinheit Nr. 4 zu unterlassen. Die Kläger haben ihre Wohnung zudem
in Kenntnis der Teilungserklärung erworben, aus welcher sich die Berechtigung des Beklagten ergibt, die zu
seiner Wohnung gehörenden Räume im Souterrain zu Wohnzwecken und als „eigenständige Wohnung“ zu
nutzen (siehe oben).
43 6. Der Senat stellt klar, dass die Wirkungen dieses Urteils begrenzt werden durch das Urteil des
Amtsgerichts Überlingen vom 26.09.2012 - 4 C 40/11 -.
44 a) Das Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 26.09.2012 ist rechtskräftig. Soweit die Wirkungen der
Rechtskraft reichen, kommt eine direkte oder indirekte Abänderung des Urteils im vorliegenden Prozess
nicht in Betracht. Der Umstand, dass das Amtsgericht Überlingen im Urteil vom 26.09.2012 die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nutzung von Wohnräumen in einer Wohnungseigentumsanlage
als Ferienwohnung nicht berücksichtigt hat (vgl. BGH, NJW 2010, 3093; BGH, Urteil vom 12.11.2010 - V ZR
78/10 -, zitiert nach juris; OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.05.2012 - 8 U 183/11 -, zitiert nach juris), ändert
an den Wirkungen der Rechtskraft nichts.
45 b) Im Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 26.09.2012 ist dem Beklagten rechtskräftig untersagt worden,
in den beiden Räumen, welche auch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, „eine Ferienwohnung zu
betreiben“. Mit der Rechtskraft dieses Urteils steht fest, dass der Beklagte nicht berechtigt ist, die Räume im
Untergeschoss auf eine Art und Weise zu nutzen, welche sich im Verhältnis zum Unterlassungsausspruch im
Urteil des Amtsgerichts Überlingen als Verletzungshandlung darstellen würde (vgl. zum Umfang der
Rechtskraft eines Unterlassungsurteils Zöller/Vollkommer, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 322
ZPO, RdNr. 13). Mit der Abweisung des Feststellungsantrags der Kläger im Urteil des Senats wird zwar
gleichzeitig gemäß § 322 Abs. 1 ZPO zu Gunsten des Beklagten festgestellt, dass eine regelmäßige Nutzung
der Räume im Untergeschoss als eigenständige Wohnung zulässig ist (vgl. zu den Rechtskraftwirkungen des
Urteils, welches eine negative Feststellungsklage abweist, Zöller/Vollkommer a.a.O., § 322 ZPO, RdNr. 11);
diese Feststellung kann den Beklagten jedoch nur insoweit begünstigen, als die Nutzung sich nicht als
Verletzung der im Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 26.09.2012 rechtskräftig festgestellten
Unterlassungspflicht darstellt.
46 c) Der Senat verkennt nicht, dass die Reichweite der Unterlassungspflicht im Urteil des Amtsgerichts
Überlingen vom 26.09.2012 im Einzelfall nicht ganz unproblematisch sein kann. Das betrifft zum einen die
Frage, welchen Umfang eine bestimmte Nutzung annehmen muss, um vom „Betreiben einer
Ferienwohnung“ zu sprechen. Zum anderen kann es um die Frage gehen, in welchem Umfang der Beklagte
für das Verhalten Dritter verantwortlich ist, welche die Wohnung nutzen bzw. in welchem Umfang er - als
Bestandteil der Unterlassungspflicht - auf Dritte bei deren Nutzung der Räume im Untergeschoss einwirken
muss. Von dieser Abgrenzung hängt aus den oben erörterten Gründen ab, wie weit auf Grund der
Entscheidung des Senats im vorliegenden Verfahren die Berechtigung des Beklagten reicht, die Räume im
Untergeschoss als „eigenständige Wohnung“ zu nutzen. Da die Abgrenzung allein von einer Auslegung der
Vorentscheidung des Amtsgerichts Überlingen abhängt, ist der Senat nicht befugt, die Abgrenzung der
Entscheidungswirkungen verbindlich zu definieren. Vielmehr ist ein Streit der Parteien über den Gegenstand
der Unterlassungspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts Überlingen vom 26.09.2012 grundsätzlich mit den
im Vollstreckungsverfahren gegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu klären (vgl. für die Vergangenheit dazu
den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 23.12.2015 - 7 T 11/15 -).
47 7. Der Beklagte ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verpflichtet, Küche und Bad in den
Räumen im Untergeschoss zu beseitigen. Weder aus § 1004 Abs. 1 BGB noch aus § 15 Abs. 3 WEG steht
den Klägern ein Beseitigungsanspruch zu. Da der Beklagte die Räume im Untergeschoss grundsätzlich als
eigenständige Wohnung nutzen darf (siehe oben), war er auch berechtigt, die Räumlichkeiten mit den
notwendigen Einrichtungen für Bad und Küche zu versehen.
48 8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
49 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
50 9. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die für die
Entscheidung des Senats maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
51 Büchler
Rösch
Schulte-Kellinghaus
Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht
Richter
am Oberlandesgericht