Urteil des OLG Karlsruhe vom 21.07.2016

kostenerlass, papst, bezirk, hauptsitz

OLG Karlsruhe Beschluß vom 21.7.2016, 2 VAs 24/16
Leitsätze
1. Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 30a Abs. 2 Satz 1 EGGVG besteht auch bei einem
Antrag nach § 27 Abs. 1 EGGVG wegen Untätigkeit der Behörde (hier: Kostenerlassgesuch). 2. Liegt die
Außenstelle der Landesoberkasse in einem anderen Amtsgerichtsbezirk als der Hauptsitz, ist das für den
Hauptsitz örtlich zuständige Amtsgericht auch für die Außenstelle zuständig.
Tenor
1. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist sachlich unzuständig.
2. Das Verfahren wird an das Amtsgericht Karlsruhe verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Amtsgericht Karlsruhe vorbehalten.
Gründe
I.
1 Der Antragsteller stellte mit am 04.05.2016 beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangenem Schreiben
Antrag nach § 27 EGGVG, da in den Verfahren des Landgerichts A 7 StVK 82/15, 7 StVK 144/15, 7 StVK
188/15 und 7 StVK 395/15 nicht innerhalb von drei Monaten über seinen unter dem 26.11.2015 gestellten
Antrag auf Kostenerlass entschieden worden sei. Das Landgericht A teilte mit Schreiben vom 23.06.2016 mit,
dass in den Verfahren 7 StVK 82/15 und 7 StVK 188/15 eine vollständige Löschung der Sollstellungen erfolgt
sei, nachdem den Erinnerungen des Antragstellers stattgegeben worden war, was ihm durch Schreiben vom
09.02.2016 mitgeteilt worden sei; seine Anträge auf Kostenerlass seien unter dem 14.12.2014 gestellt
worden. Über die in den beiden weiteren Verfahren eingelegten Erinnerungen sei noch nicht entschieden
worden; sofern ihnen nicht stattgegeben werde, werde anschließend über die Anträge auf Kostenerlass
entschieden werden. In der hierzu abgegebenen Stellungnahme des Antragstellers vom 11.07.2016 trägt
dieser vor, die Forderungen seien durch Hausgeldpfändungen vollständig befriedigt, jedoch nicht
zurückbezahlt worden; er fordere daher das Geld zurück. Die beiden (weiteren) Erinnerungen seien
zwischenzeitlich unter dem 29.06.2016 zurückgewiesen worden.
II.
2 1. Der Strafsenat ist für die Entscheidung sachlich nicht zuständig, da § 25 Abs. 1 Satz 1 EGGVG nicht
vorliegt.
3 Gegenstand des Antrages sind - so das Vorbringen - nicht verbeschiedene Anträge auf Kostenerlass (vgl. § 9
Abs. 2 LJKG bzw. §§ 59, 79 LHO). Die Entscheidung über einen Kostenerlassantrag stellt einen
Verwaltungsakt nach § 30a Abs. 1 Satz 1 EGGVG dar; der Anwendungsbereich wird eröffnet für die
Anfechtung von Justizverwaltungsakten, die beim Vollzug jeglicher Kostenvorschriften ergehen, sei es bei
gerichtlichen Verfahren oder - wie vorliegend - bei Verfahren der Justizverwaltung (MüKo-ZPO/Papst, 4. Aufl.
2013, EGGVG § 30a Rn. 5; Korintenberg/Fackelmann, 15. Aufl. 2015, EGGVG § 30a Rn. 10). Die Vorschrift
stellt eine umfassende (subsidiäre) Auffangregelung für den gesamten Gerichtskostenbereich dar; sie geht als
speziellere Norm den §§ 23 ff. EGGVG vor (Korintenberg/Fackelmann, aaO, Rn. 1).
4 Die Zuständigkeit des Strafsenats wird auch nicht dadurch eröffnet, dass es sich bei dem Antrag um einen
solchen nach § 27 EGGVG handelt. Zwar erfasst § 30a Abs. 1 EGGVG vom Wortlaut her lediglich bereits
erlassene Verwaltungsakte. Ungeachtet dessen sind jedoch im Übrigen die allgemeinen Bestimmungen der §§
23 ff. EGGVG heranzuziehen (MüKo-ZPO/Papst, aaO, Rn. 10); mithin wird auch eine Entscheidung nach § 27
EGGVG erfasst. Eine Aufspaltung der sachlichen Zuständigkeit (Amtsgericht bei verbeschiedenen und
Oberlandesgericht bei innerhalb von drei Monaten nicht verbeschiedenen Anträgen) widerspräche im Übrigen
der vom Gesetzgeber bei Kostenjustizverwaltungsakten getroffenen (Sonder-)Zuständigkeit der Amtsgerichte
wegen der größeren Sachnähe (vgl. MüKo-ZPO/Papst, aaO, Rn. 8).
5 2. Für die Entscheidung ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die zuständige Kasse ihren Sitz hat, sachlich
zuständig (§ 30a Abs. 2 Satz 1 EGGVG). Da die Landesoberkasse den Sitz in Karlsruhe hat, ist das Verfahren
in entsprechender Anwendung von §§ 17a Abs. 2 GVG, 83 VwGO an das Amtsgericht Karlsruhe zu
verweisen; der Sitz der für die Justiz zuständigen - bloßen - Außenstelle in Metzingen (Bezirk des
Amtsgerichts Bad Urach) ist für die örtliche Zuständigkeit unerheblich (vgl. auch BGHSt 28, 135 zu § 462a
Abs. 1 Satz 1 StPO).
6 3. Die Kostenentscheidung ist dem Amtsgericht Karlsruhe vorbehalten (§ 17b Abs. 2 GVG entsprechend).
7 4. Soweit der Antragsteller mit Schreiben vom 11.07.2016 vorträgt, zwei der Forderungen seien trotz
Aufhebung der Kostenansätze durch Pfändung in das Hausgeld vollstreckt worden, wird das Landgericht A
eine entsprechende Überprüfung vorzunehmen haben.