Urteil des OLG Hamm vom 15.12.2010

OLG Hamm (einkünfte, auskunft, unbeteiligter dritter, höhe, einkommen, auskunftspflicht, zpo, teilurteil, ehevertrag, elternteil)

Oberlandesgericht Hamm, II-5 WF 157/10
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Hamm
Spruchkörper:
5. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
II-5 WF 157/10
Vorinstanz:
Amtsgericht Plettenberg, 10 F 61/09
Schlagworte:
Kindesunterhalt, Auskunftsanspruch, Familienunterhalt,
Zwangsvollstreckung
Normen:
§ 1605 BGB, § 888 ZPO
Leitsätze:
§ 1605 BGB gibt dem unterhaltsberechtigten Kind im Falle eines aus
eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen wieder
verheirateten barunterhaltspflichtigen Elternteils einen Anspruch auch
auf Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten.
Soll sich die Auskunftsverpflichtung des Unterhaltspflichtigen auch auf
die Einkünfte seines neuen Ehegatten erstrecken, muss dies im Tenor
des zur Auskunft verpflichtenden Beschlusses gesondert
ausgesprochen werden.
Tenor:
Auf die so¬for¬ti¬ge Be¬schwer¬de der Ver¬pflich¬te¬ten wird der
Be¬schluss des Amts-ge¬richts – Fa¬mi¬lien¬ge¬richt – Plet¬ten¬berg
vom 14.06.2010 ab¬ge¬än¬dert und der An¬trag der Be¬rech¬tig¬ten
vom 21.05.2010 zu¬rück¬ge¬wie¬sen.
Die Kos¬ten des Ver¬fah¬rens ers¬ter Ins¬tanz und des
Be¬schwer¬de¬ver¬fah¬rens wer-den den Be¬rech¬tig¬ten auf¬er¬legt.
Gründe:
1
I.
2
Im Ausgangsverfahren nehmen die minderjährigen Berechtigten die Verpflichtete, ihre
Mutter, im Wege der Stufenklage auf Abänderung eines Titels über Kindesunterhalt in
Anspruch.
3
Die Ehe der Kindeseltern ist geschieden. Die Berechtigten leben im Haushalt des
Kindesvaters. Die Verpflichtete ist erneut verheiratet. Sie verpflichtete sich durch die
4
Urkunden des Jugendamts der Stadt Q vom 3.11.2008, Urk.-Reg.-Nr. 98 und 99/2008
zur Zahlung von 100 % des Mindestkindesunterhalts der jeweiligen Altersstufe.
Die Berechtigten haben die Auffassung vertreten, die Verpflichtete sei im Hinblick auf
das Einkommen ihres neuen Ehegatten zur Leistung eines höheren Kindesunterhalts
verpflichtet.
5
Durch rechtskräftiges Teil-Urteil vom 17.2.2010 hat das Amtsgericht die Kindesmutter
umfänglich zur Auskunftserteilung über ihre Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit und
aus anderer Herkunft sowie zur Vorlage bestimmter Belege verpflichtet.
6
Die Verpflichtete erteilte in der Folge Auskunft zu ihren eigenen Einkünften und legte
u.a. die Steuerbescheide für 2007 und 2008 vor, in denen alle Angaben, welche die
Einkünfte ihres Ehemannes betreffen, geschwärzt sind. Zudem legte sie Auszüge aus
dem notariellen Ehevertrag vom 11.4.2008 vor. In diesem ist unter § 2 Ziff. 1 bestimmt
ist, dass der Unterhaltsbedarf der Beklagten "unwiderruflich auf maximal 1.300,-- EUR
festgelegt wird."
7
Die Berechtigten haben die Auffassung vertreten, die Verpflichtete habe infolge der
vorgenommenen Schwärzungen ihre Auskunftspflicht nicht erfüllt. Sie haben die
Festsetzung eines Zwangsgelds beantragt. Wegen der genauen Fassung des Antrags
wird auf die Antragsschrift vom 21.05.2010 Bezug genommen.
8
Die Verpflichtete hat die Zurückweisung des Zwangsgeldantrags beantragt.
9
Sie hat die Auffassung vertreten, sie sei durch das Teilurteil nicht verpflichtet, Auskunft
über die Einkünfte ihres Ehemannes zu erteilen.
10
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 14.06.2010 gegen die Verpflichtete ein
Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 € und ersatzweise Zwangshaft festgesetzt und zur
Begründung ausgeführt, zu einer Schwärzung der Angaben zu den Einkünften des
Ehemannes sei die Verpflichtete nicht berechtigt gewesen. Die Einkünfte des
Ehemannes seien zu offenbaren, da diese für die Höhe des der Verpflichteten
zustehenden Unterhaltsanspruchs, insbesondere des Taschengeldanspruchs,
ausschlaggebend seien.
11
Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Verpflichtete geltend, eine Verpflichtung,
auch die Einkünfte ihres Ehemannes mitzuteilen, bestehe nicht. Zum einen ergebe sich
die Höhe ihres Unterhaltsanspruchs bereits aus dem vorgelegten Ehevertrag, zum
anderen sei sie zu einer Offenlegung auch nicht in der Lage, da ihr Ehemann in diese
nicht einwillige.
12
Die Berechtigten treten der sofortigen Beschwerde entgegen.
13
II.
14
1. Für das Verfahren ist nach Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz das seit dem 1.9.2009
geltende Verfahrensrecht anwendbar, auch wenn der zu vollstreckende Titel noch auf
der Grundlage des alten Verfahrensrechts ergangen ist. Für das
Vollstreckungsverfahren enthält das Gesetz keine gesonderte Übergangsregelung, so
dass sich das anwendbare Verfahrensrecht nach der allgemeinen Vorschrift des Art.
15
111 FGG-Reformgesetz bestimmt. Beim Verfahren zur Vollstreckung einer
Endentscheidung –hier des Teilurteils vom 17.02.2010 – handelt es sich um ein
selbständiges Verfahren i.S. des Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-Reformgesetz (vgl. OLG
Karlsruhe, FamRZ 2010, 1366; OLG Koblenz, FamRZ 2010, 1930; Keidel/Engelhardt,
FamFG, 16. Aufl., Art. 111 FGGRG, Rn. 5; Johannsen/Henrich/Büte, Familienrecht, 5.
Aufl., Art. 111 FGG-RG, Rn. 8; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl., Vorbemerkung vor § 86
FamFG, Rn. 4). Dies gilt nach Auffassung des Senats nicht nur in den Fällen, in denen
die Vollstreckung nach den §§ 86 FamFG erfolgt, sondern auch dann, wenn – wie
vorliegend –über § 120 Abs. 1 FamFG im Ergebnis wiederum die Vorschriften der ZPO
Anwendung finden.
Das vorliegende Vollstreckungsverfahren ist erst nach Inkrafttreten des FamFG
eingeleitet worden, da der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes erst am
25.5.2010 gestellt worden ist.
16
In entsprechender Anwendung des §113 Abs. 5 FamFG verwendet der Senat daher im
folgenden anstelle der Bezeichnungen "Gläubiger" und "Schuldnerin" die Begriffe
"Berechtigte" und "Verpflichtete".
17
2. Die nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 793, 567 ZPO statthafte und insbesondere
form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Verpflichteten ist auch in der
Sache begründet.
18
1. Bedenken gegen die Entscheidung des Amtsgerichts bestehen schon deswegen,
weil der Beschluss weder im Tenor noch in den Gründen die von der Verpflichteten
vorzunehmende Handlung hinreichend genau bezeichnet (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., §
888 Rn. 12). Dies gilt umso mehr, als die Berechtigten die Zwangsgeldfestsetzung nur
wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen aus den Ziff. 2., 3. und 4. a) des Teilurteils
vom 17.02.2010 beantragt haben.
19
2. Dies kann im Ergebnis jedoch dahinstehen, weil die Kindesmutter ihren
Verpflichtungen aus den Ziff. 2., 3. und 4. a) des Teilurteils vollständig nachgekommen
ist. Der Einwand der Erfüllung ist im Fall der Zwangsvollstreckung zur Erzwingung der
Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung zu beachten (KG, KGReport 2008, 167;
OLG Köln, Beschl. v. 29.08.2008 – 2 W 66/08, zitiert nach juris; Zöller/Stöber, a.a.o., §
888 Rn. 11).
20
a) Durch Ziff. 1 bis 3 des Teilurteils vom 17.02.2010 ist die Verpflichtete – entsprechend
dem von den Berechtigten gestellten Anträgen - ausschließlich zur Erteilung von
Auskünften bezüglich ihrer eigenen Einkünfte verurteilt worden. Eine Verurteilung, auch
zu den Einkünften ihres Ehemannes Auskunft zu erteilen, ist von den Berechtigten nicht
beantragt und durch das Teilurteil auch nicht ausgesprochen worden.
21
aa) Allerdings gibt § 1605 BGB dem Unterhaltsberechtigten nicht allein einen
Auskunftsanspruch hinsichtlich der Einkünfte und des Vermögens des
Unterhaltsverpflichteten selbst. Im Falle eines aus eigenen Einkommensverhältnissen
nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten Elternteils kann das unterhaltsberechtigte
Kind vielmehr auch Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten verlangen
(BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08 – zitiert nach juris, Tz. 14).
22
(1) Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander
23
verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen,
soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer
Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die
Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche genau zu berechnen und
Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu können sowie das Kostenrisiko für
das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei ist der Auskunftsanspruch auf die
Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen
Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen
weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen
aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen,
Vermietung und Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben.
Gleichermaßen von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des
Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die
seinen Eigenbedarf decken.
Der unterhaltsverpflichtete Elternteil hat daher nicht nur über seine eigenen
Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, sondern - auf Verlangen - zusätzlich
Angaben über die Einkünfte seines Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich
sind, um den Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können. Der an den
Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich zwanglos unter die nach
dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und
Vermögensverhältnisse fassen (BGH, a.a.O.). Da der Anspruch auf Familienunterhalt
nach seiner Ausgestaltung allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren -
laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger
Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag
entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet
(BGH, FamRZ 2004, 24/25; FamRZ 2006, 26/29) wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu
seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen.
24
(2) Ein Geheimhaltungsinteresse des Ehegatten des Unterhaltspflichtigen steht dem
nicht entgegen. Das Interesse des Auskunftbegehrenden geht dem
Geheimhaltungsinteresse des Auskunftspflichtigen oder eines Dritten grundsätzlich vor
(BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08 – zitiert nach juris, Tz. 16). Wenn und soweit die
Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine
Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte
akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden. Der
Ehegatte steht zwar außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf
Auskunft in Anspruch genommen werden kann. Er ist aber kein unbeteiligter Dritter,
sondern mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet, und schuldet diesem seinerseits
Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine
Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er
gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen der
Erteilung von Auskünften über bezogene Steuererstattungen beide Ehegatten
betreffende Steuerbescheide nach den vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.
25
(3) Der Umfang der dem unterhaltsberechtigten Kind geschuldeten Auskunft reicht
allerdings nicht weiter, als dem unterhaltspflichtigen Elternteil seinerseits ein Anspruch
auf Information gegenüber seinem Ehegatten zusteht. Ehegatten haben nach den §§
1360, 1360 a BGB einen Anspruch auf Familienunterhalt. Dieser kann aber nur bei
genauer Kenntnis der Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten beziffert
26
werden. Aus der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 Satz 2
BGB) folgt deshalb auch der wechselseitige Anspruch, sich über die für die Höhe des
Familienunterhalts und eines Taschengeldes maßgeblichen finanziellen Verhältnisse
zu informieren. Seinem Umfang nach geht dieser Anspruch nicht nur auf eine
Unterrichtung in groben Zügen, da eine derart eingeschränkte Kenntnis den Ehegatten
nicht in die Lage versetzten würde, den ihm zustehenden Unterhalt zu ermitteln.
Geschuldet wird deshalb die Erteilung von Auskunft in einer Weise, wie sie zur
Feststellung des Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Die Auskunftspflicht entspricht
damit derjenigen, wie sie nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht (BGH, Urt. v. 2.6.2010
– XII ZR 124/08 – zitiert nach juris, Tz. 22). Eine solche Verpflichtung läuft nicht etwa
dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme der Ehegatten zuwider; diese erfordert
vielmehr gerade, den anderen ausreichend über die eigenen Einkommensverhältnisse
zu unterrichten (BGH, a.a.O.).
Nicht geschuldet wird allerdings die Vorlage von Belegen oder die eidesstattliche
Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Eine solche
Kontrollmöglichkeit wäre mit dem in einer Ehe herrschenden Vertrauen nicht zu
vereinbaren (BGH, Urt. v. 2.6.2010 – XII ZR 124/08 – zitiert nach juris, Tz. 23).
27
bb) Diesem Auskunftsanspruch der Berechtigten könnte die Verpflichtete auch nicht die
im Ehevertrag vom 11.04.2008 getroffene Regelung hinsichtlich der Höhe ihres
Unterhaltsanspruchs entgegenhalten.
28
(1) Die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils ist unterhaltsrechtlich
beachtlich, da es sich zum Vorteil des Kindes auswirken kann, dass der aus eigenen
Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat.
29
Entgegen der offenbar von den Berechtigten vertretenen Auffassung ist der dem
barunterhaltspflichtigen Elternteil gegen seinen neuen Ehegatten zustehende Anspruch
auf Familienunterhalt jedoch nicht in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen
und für den Kindesunterhalt zu verwenden (BGH, FamRZ 2006, 1827, zitiert nach juris
Rn. 35 ff.). Der Anspruch erlangt für den Kindesunterhalt nur in zweierlei Hinsicht
Bedeutung: Zum einen insoweit, als durch den Familienunterhalt der eigene
Selbstbehalt des barunterhaltspflichtigen Elternteils abgedeckt wird. Ist dies der Fall, hat
er ihm verbleibende Einkünfte vollständig für den Kindesunterhalt einzusetzen. Zu
diesen weiteren Einkünften kann zum anderen auch der Taschengeldanspruch zählen,
wenn der notwendige Selbstbehalt auch ohne den als Taschengeld geschuldeten Anteil
des Anspruchs auf Familienunterhalt bereits abgedeckt ist (BGH, FamRZ 2006, 1827,
zitiert nach juris Rn. 37 f.).
30
(2) Vorliegend kann aufgrund der bereits erteilten Auskunft der Antragstellerin davon
ausgegangen werden, dass ihr eigener notwendiger Selbstbehalt durch ihren Anspruch
auf Familienunterhalt vollständig abgedeckt wird. Nicht beurteilen lässt sich indes, in
welcher Höhe der Verpflichteten ein Taschengeldanspruch gegen ihren Ehemann
zusteht. Dieser beläuft sich auf 5 bis 7 % des Nettofamilieneinkommens (BGH, FamRZ
1998, 608/609).
31
Die im Ehevertrag getroffene Festlegung der Unterhaltshöhe entbindet die Verpflichtete
nicht von ihrer Auskunftspflicht. Nach § 1614 BGB kann für die Zukunft auf Unterhalt
nicht verzichtet werden. In den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt auch der
Anspruch auf Familienunterhalt (§ 1360a Abs. 3 BGB). Ohne die Offenlegung der
32
Einkünfte ihres Ehemannes lässt sich nicht beurteilen, ob sich der festgelegte
Unterhaltsbetrag noch in dem den Ehegatten zustehenden Ermessensspielraum bewegt
oder ob dieser überschritten und damit ein nach § 134 BGB nichtiger Teilverzicht
vorliegt (vgl. dazu Johannsen/Henrich/Grabe, Familienrecht, 5.Aufl., § 1614 Rn. 3).
cc) Auch der Umstand, dass die Verpflichtete bereits den Mindestunterhalt für die
Berechtigten hat titulieren lassen, lässt die Auskunftspflicht nicht entfallen. Denn erst
aufgrund der erteilten Auskunft kann abschließend beurteilt werden, in welcher Höhe
ein Unterhaltsanspruch der Berechtigten besteht.
33
dd) Dennoch ist die Festsetzung eines Zwangsgeldes nicht gerechtfertigt, da bisher kein
vollstreckungsfähiger Titel vorliegt, der die Verpflichtete auch zu Angaben über
Einkünfte ihres Ehemannes verpflichten würde.
34
Das Teilurteil vom 17.03.2010 verpflichtete die Verpflichtete lediglich zur Erteilung von
Auskünften über ihre eigenen Einkünfte. Hiervon sind Angaben zu den Einkünften des
Ehemannes nicht umfasst. Soll der Unterhaltsverpflichtete auch Angaben zu den
Einkünfte seines Ehegatten machen, setzt dies vielmehr ein hierauf bezogenes
ausdrückliches Verlangen des Unterhaltsberechtigten voraus (vgl. BGH, Urt. v. 2.6.2010
- XII ZR 124/08, zitiert nach juris Rn. 13). Dementsprechend muss die Verpflichtung zur
Erteilung diesbezüglicher Auskünfte auch gesondert im Tenor des zur Auskunft
verurteilenden Titels ausgesprochen werden. Hieran fehlt es vorliegend.
35
b) Dass die Verpflichtete im Übrigen den titulierten Anspruch nicht erfüllt hätte, kann
nicht festgestellt werden.
36
aa) Soweit die Berechtigten die Schwärzungen in den Einkommenssteuerbescheiden
beanstanden, ist nicht ersichtlich, dass die Unkenntlichmachung Angaben betreffen
würde, auf die sich die Verpflichtung der Kindesmutter zur Vorlage von Belegen
erstreckt.
37
Auch im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten muss der Auskunftspflichtige
dem Berechtigten diejenigen Angaben aus dem Steuerbescheid zugänglich machen,
die seine Einkünfte betreffen. Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur
Einkommensteuer nach § 26 EStG werden zwar die Einkommen der Ehegatten für die
Besteuerung zusammengefasst, jedoch werden zunächst wie bei der getrennten
Veranlagung die Einkünfte jedes Ehegatten gesondert ermittelt. Der Steuerbescheid
kann danach je nach Lage des Falles neben Angaben, die die Verhältnisse allein des
Unterhaltspflichtigen betreffen, auch solche Angaben enthalten, die nur die Einkünfte
seines Ehegatten betreffen oder in denen Beträge für Ehemann und Ehefrau
zusammengefasst sind. Die Angaben, die ausschließlich denn Ehegatten betreffen,
werden vom Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht umfasst, da – wie oben dargelegt -
bezüglich der Einkünfte des Ehegatten des barunterhaltspflichtigen Elternteils keine
Belegpflicht besteht. Auch zusammengefasste Beträge, aus denen keine für den
Auskunftspflichtigen maßgebenden Werte entnommen werden können, brauchen nicht
offenbart zu werden, weil sie für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs keine
Grundlage bilden können und danach insoweit auch nicht erforderlich sind im Sinne des
§ 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hieraus folgt, dass bei der Vorlegung des
Einkommensteuerbescheids Betragsangaben, die ausschließlich die Verhältnisse
(insbesondere die Einkünfte) des Ehegatten betreffen, sowie solche Betragsangaben, in
denen die Werte für beide Ehegatten zusammengefasst sind, ohne dass der Anteil des
38
Auskunftspflichtigen daraus entnommen werden kann, abgedeckt oder in sonstiger
Weise unkenntlich gemacht werden dürfen (BGH, FamRZ 1983, 680). Beträge, die nur
den Auskunftspflichtigen oder beide Ehegatten gleichmäßig treffen, müssen hingegen
angegeben werden, weil andernfalls der Anteil des Auskunftspflichtigen nicht ersichtlich
gemacht werden kann.
Da die Verpflichtete hinsichtlich der Einkünfte ihres Ehegatten bisher keine
Auskunftspflicht - und erst recht keine Pflicht zur Vorlage von Belegen - trifft, durfte sie
die Angaben zu den Einkünften ihres Ehemannes unkenntlich machen. Dass die
Schwärzungen auch Angaben betreffen, bei denen nach den oben dargelegten
Grundsätzen eine Unkenntlichmachung nicht statthaft war, wird von den Berechtigten
nicht dargelegt.
39
bb) Soweit die Berechtigten beanstanden, die Verpflichtete habe keine Belege über
Unterhaltszahlungen und über ihr Einkommen aus Kapitalvermögen vorgelegt, ist
festzustellen, dass das Teilurteil vom 17.03.2010 eine solche Verpflichtung auch nicht
ausspricht. Die Pflicht zur Vorlage von Belegen erstreckt sich auf die abgegebenen
Einkommenssteuererklärungen für die Jahre 2006 bis 2008 mit allen amtlichen Anlagen
und alle dazugehörigen Steuerbescheide (Ziff. 4a), das Einkommen aus
nichtselbständiger Arbeit (Ziff. 4b) und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Ziff.
4c), jedoch nicht auf empfangene Unterhaltsleistungen oder auf Einkünfte aus Kapital.
Insoweit ist die Beklagte lediglich durch Ziff. 2 und 3 zur Auskunftserteilung verpflichtet.
Diese Verpflichtung hat sie mit der Auskunft vom 25.4.2010 erfüllt.
40
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 91 ZPO.
41